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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 221 - Nr. 230 (24. September - 4. Oktober)
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Jahrgang

Heidelberg, Samstag, den 29. September 1923

Nr. 226

v^b«-irtige Mk. 8».-, Reklame-
DeunA»" rnn> breit) Mk. SSV.—.
y-undprcrs malder Schlüssclzahld,
derb L .' Zt. W0M Mk. «er Wie-
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Nach Verhängung des
Ausnahmezustands.
o Berlin, 28. September.
Wir Sozialdemokraten sehen in dem Aus-
"^hme zustand kein ideales Mittel
«l'Sen Putsche und wir wissen auch, daß er leicht zu
^>Ner zweischneidigen Waffe werden kann.
- ber es ist nicht zu verkennen, daß die Reichsregie-
^stitg inr gegeitwärrigeu Augenblick nicht anders
" a ndeln konnte, daß sie den militärischen
Ausnahmezustand verhängen mußte, nur Schlinune-
für das Reich durch eine selbständige Aktion
Bayerns zu verhüten. Solange die innere Ruhe
stNd Ordnung aufrechterhalten bleibt, werden
°ie staatserhaltenden Bevölkerungsteile praktisch
"c-n der vorübergehenden Außerkraslsetzung bestimm-
ler Paragraphen der Reichsverfafsung überhaupt
^'chts spüren. Die Wehrlreiskommandcure sind
uv» der Negierung angewiesen, äußerste Zu-
rückhaltung zu üben und ohne Aufsehen nur
vorbereitende Maßnahmen zu treffen, um auf alle
^alle gewappnet zu sein. Viel kann natürlich die
Arbeiterschaft dazu beitragen, daß die mili-
^rischea Verbände überhaupt nicht in Tätigkeit tre-
ieh.dZie mutz zunächst in ihren e ig e n e n R e i h e n
^r Ruhe und Ordnung sorgen und dort, wo
Kommunisten glauben, mit der Weltrevo-
wtion durch Verstöße gegen das Gesetz den Anfang
üstichen zu können, ebenso ihren Mannstehen,
gegen Gewaltangriffe von rechts.
lieitzt in diesen Tagen auf Passen, aber nicht
^e Ruhe verlieren und tatbereft zu sein, falls die
Mepubl« ruft. Reichen die staatlichen Organe nicht
«W, dann wird von dem aktiven Abwehr-
villen der versa ff u,ng streuen Arbei-
terschaft Gebrauch gemacht werden müssen.

Die Verhängung des Ausnahmezustandes scheint
kühl end auf die Putschisten gewirkt zu haben,
ie lange, läßt sich allerdings nicht sagen, wenn
kWh ho» München eine gewisse Entspan-
nung gemeldet wird, die allerdings nicht lange
dauern wirb, wenn nicht die Reichsregierung sowohl
"rr Richtung Hitler als dem Menten Luden-
dvrffs, wie der Richtung v. Kahr als denk Platz-
halter Rupprechts deutlich zu verstehen gibt, daß
'' cHer r i mLande ist. Denn die Arbeiterschaft
blitzte schärfsten Protest erheben, wenn etwa
K?r Ausnahmezustand dazu dienen sollte, die Ar-
hciterregierungen in Sachfen und Thüringen zu
üstonieren und so die Reaktion erst recht vorzube-
^iten. Unsere V ertreter in der Regierung
Bussen daher ebensosehr auf der Hut sein, wie für
Arbeiterschaft und für alle Republikaner
^>e Bereitschaft notwendig ist.

Richt minder Beachtung als die innere Lag« er-
lischt jedoch auch die außenpolitische Si-
tuation. Der Ruhrkrieg hat mit einer neuen
Niederlage Deutschlands geendet, nachdem man
wiederum unter deutschnationalem Einfluß sich all-
^ttange der wahren Sachlage verschloß. Die Ver-
sündigung mit Frankreich mutz jetzt
H leunigst angebahnt werden, wenn nicht wet -
lreZunhetl kommen soll. Noch sind wir auch

Außenpolitisch nicht ttberm Berg. Die rheinischen
Separatisten arbeiten fieberhaft, die Kom-
'uu nfst e n appellieren durch Generalstreikshetze an
ene Elenrente, die Freude an jenem nicht gerade
Unangenehmen Beruf gefunden haben, den sie wäh-
*end dos passiven Widerstandes ausgeübt hatten,
schnelle Vorschläge zur Reparations»
rage und zur Sicherheitfrage zu machen,
ü'-Uß daher die Aufgabe Stresemanns, der bereits
te Ententebolschafter empfing, lein, damit wir nicht
vicder, wie schoir so oft, zu spät kommen.

Zur Lage in München.
München, 38. Sept. Der heute morgen früh
4 Uhr angcsetst gewesene Generalappell
hkr Rotzbachleute ist wegen des Polizeiver-
^'ks abgesagt werden.
Dagegen wurde von Kahr die Abhaltung des
8g u t s ch e nT a g e s" in B a y r e u 1 h am 29. und
§ ' September gestattet. An dieser Veranstal-
>3 werden Hitler, General Ludendorff und
Uim Bührer der nationalsozialistischen Bewegung
der vaterländischen Verbände teilnehmen.
kcst^ " " chen, 28. Sept. Ueber die Vorgänge des
Hh/^n Tages weiß die „München-Augsburger
udzeitung" noch nutzuteilen, daß Herr v. Kahr
Führer der Vaterländischen Verbände
stch gebeten hat, um sich mit ihnen zu besprechen.
H > tler wurde ebenfalls eingeladen, erschien
«ch nicht. Dagegen war an seiner Stelle Dr. v.
tz ? e« bner - Richter zugegen, der erklärte, eine
tau, antie dasür, daß die inzwischen verbotenen
ti w^'sozialistischen Versammlungen am Abend
evi zu einer Explosion führen würden,

An die Partei!

Deutschland steht vor schwerste« autzen-
und innenpolitischen Entscheidungen.
Der passive Widerstand, den die Bevölke-
rung neun Monate lang gegen fremde Gewalt aus-
rechterhalten hat, mutzte abgebrochen werde«. Außen-
politisch steht die Reichsregierung, in der die Sozial-
demokratische Partei vertreten ist, vor den Entschei-
dungen über die Herbeiführung vertragsmäßi-
ger Zu stände in dem besetzten Gebiet und vor
der Verhandlung von Vorschlägen zur Lösung
der Reparationsfrage. Innenpolitisch be-
reitet die Regierung Maßnahmen vor, die uns wie-
der zu geordneten Währungsverhältnissen
führen sollen.
Selten hat das deutsche Volk vor so schwerwie-
genden Entschlüssen gestanden, wie in diesen
Tagen. In dieser Zeit aber, in der alle, die zu Volk
und Staat halten, wieder Kräfte sammeln müßten,
mit denen zu helfen, die die Deutsche Republik und
die deutsche Wirtschaft vor dem Verfall bewahren
wollen, setzen die Reaktionäre aller Richtungen
zu einem Stotz gegen die Deutsche Repu-
blik an. In München, seit langem Sammel-
punkt aller in Nationalismus wetteifernden grotz-
dcutschcn Militaristen und blau-weißen Partikula-
risten, hat die bayerische Regierung wegen der dro-
henden Gefahr des Bürgerkrieges Herrn v. Kahr,
einen ausgesprochenen Feind der Sozialdemokratie,
zum Generalkommtssar ernannt und Ver-
ordnungen erlassen, die indie Befugnisse
des Reichs eingreifcn. Die Reiichs re-
gierung hat zur Wahrung von Recht und Ver-
fassung ihre Maßnahmen getroffen. Sie hat über
das Reich den BelageruNgsKUstan« wer-
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könne Hitler nicht übernehmen. Sollten
aber die Versammlungen- kein derartiges Ergebnis
zeitigen, so könne Hitler keine weitere Garantie
geben. Er müßte sich vielmehr in diesem Falle au
die Spitze der Bewegung stellen. Das ge-
nannte Blatt bemerkt, es vermöge nicht zu sagen,
inwieweit diese Darstellung zutreffe.
M ü n chen , 28. Sept. Der „Völkische Be-
obachter" wendet sich gegen die Verhängung des
Ausnah m ezust« ndes in Bayern und insbe-
sondere gegen die Person Dr. v. Kahrs. Das
Blatt vergleicht Dr. v. Kahr mit Cuno und er-
klärt, es sehe in den jetzigen Maßnahmen nur einen
ersten separatistischen Putschversuch.
Die nächsten Tage müßten zeigen, nach welcher
Richtung Hem von Kahr zu arbeiten gedenke.
Im übrigen teilt das Blatt mit, daß sich Abg. Auer,
soweit bekannt sei, nach Lindau begeben habe.
M ünchen, 28. Sept. Die „Münchener Neue-
sten Nachrichten" teilen mit, daß einige Führer
auf das ernsthafteste versichert haben, sie hätten
keinen Putsch gegen die bayerische Regierung
beabsichtigt. Vor allem gelte dies auch von General
Ludendors f.
München, 28. Sept. Bei der „Münchener
P o st" und im Gewerkschaftshaus sind heute
abend H aussuchungen nach Waffen vorge-
nommen worden. Sie sind, wie man hört, ergeb-
nislos verlaufen.
Berlin, 28. Sept. Die Besprechungen der
Reichsregierung und der bayerischen
Regierung über die beiderseitigen Verordnun-
gen bezüglich des Ausnahmezustandes gehen Wetter.
Inzwischen ist der Kommandeur des Wehrkreises
München, General Lossow, mit dem Vollzug der
Gewalt in Bayern von der Reichsregierung beauf-
tragt worden.
Berlin, 28. Sept. Der ReichSwehrmi-
nister hat i« seiner Eigenschaft als Inhaber der
vollziehenden Gewalt den in München erscheinenden
„Völkischen Beobachter" für da» Reichsge-
biet verboten.
Mit abgesägten Hosen heimgeschickt
München, 28. Sept. Das Vcrsammlungsvcr-
bot ist befolgt worden, keine der nationalsozialisti-
schen Versammlungen hat stattgesunden. Die Ein-
gänge dre Lokale werden von Schutzpolizei bewacht,
der Eintritt wird nicht gestattet, aber auch nur sel-
ten gesuchtt. Schutzpolizei durchfährt mit
Lastautos die Straßen, die stark belegt sind. Hie
und da machen sich kleine Trupps junger Leute be-
merkbar, die schwär zweitzrote Fahnen tragen. Z u-
sam men stütze sind nicht erfolgt. Nach den
großsprecherischen Mkündigungen der aiaiional-
fozialistifchen Partei bedeutet dieser Verlaus de»
Abends für sie ein totales Fiasko.
Vor dem Hofbräu h aus war ein Aufgebot
der blauen Polizei zur Stelle. Hier hatten sich
mehrere hundert Leute zu einem Zuge formiert,
der Wer die Maximilianstraße hinweg marschieren
wollte. Der Zug wurde aber durch eingesetzt« Lan-
despolizei sehr schnell und ohne wettere Zwi-
schenfälle zerstreut. Die „Münch Post"
ist, wie immer an solchen kritischen Abenden durch
die sozial ist tfchß DturMavfeilung ge-

hängt. Die Reichsregierung wird gegen jede«,
der Ruhe und Ordnung der Republik zu störe» ver-
sucht, ihre Machtmittel anwenden. Wir müs-
sen wünschen, datz ihr dies voll gelingt; denn
niemand würde die Deutsche Republik für gefestigt
hatten, wenn sie nicht den Beweis lieferte, daß sie
Herr derer wird, die ihren Bestand gefährden.
I« Bayern geben die Rechtsradikalen das Sig-
nal. Es ist nicht ausgeschlossen, datz kn den nächsten
Tagen die „völkischen" Volksverderber auch in an -
deren Teilen des Reiches ihr zersetzendes Werk
zu beginnen versuchen. Die Parteigenossen haben
diesen Bestrebungen ihre volle Aufmerksam-
keit zu schenken. In gewohnter Disziplin müssen
sie bereit srin, zu folgen, wenn die Partei
sie ruft. Aber auch nur, wenn die Partei sie
ruft! Die Parteileitung wird in steter Fühlung
mit der Reichsregierung und mit den Organisatio-
nen bleiben, die bereit sind, die Republik zu schützen.
Deshalb mutz jede Sonderaktion unbe-
dingt unterbleiben. Jedes Gegenein-
anderarbciten mutz unter allen Umständen ver-
mieden werden. Es gilt, Disziplin zu üben.
Nur so kann es möglich sein, den Ansturm der Feinde
des heutigen Staates abzuwehrcn.
Die Arbeiterklasse wird die Deutsche Republik zu
verteidigen wissen, sobald der Ruf der Parte« an
sie ergeht. In diesem Sinne heißt die Parole: Be-
reit sein!
Berlin, 27. September 1923.
Dkl VMM dki kvziMWkrMchen Mtei.
Der VMM der Reichsragsfraltion.

sichert, ebenso hat das G ew er k sch« f t s h au s
Schutz durch die eigene Organisation evhwlten. An
diesen Posten »der Sozialisten sind die kleinen Grup-
pen der Dcutfwböl tischen vorHeimarfchiert, ohne
datz Reibereien oder Zusammenstöße erfolgten.
Nürnberg, 28. Sept. Die Nürnberger Par-
teiorganisation deahtet uns: In Nürnberg ist
alles ruhig. Ernste Leute sehe» leinen Anlaß zu
Befürchtungen in den nächest «Tagen.
Intimes aus den „Kampfverbänden"
Aus München wird uns geschrieben:
Die „Vaterländischen Kampsver-
bände" unter der Leitung Hitler-Ludendorsf wei-
sen etwa eine Stärke von 4V—50 000 Mann auf.
Ihr Oberkommandant ist der Oberstleutnant Krie -
<b e l. Die Tapferkeit dieses Oberkommandanten ist
zweifellos eine unverbrauchte Größe. Er ist wäh-
lend des Weltkrieges ab August 1914 nur in
Stabs st ellungen tätig gewesen. Es wird alber
bereits edn Nachfolger für ihn genannt, der Oberst-
leutnant H. v. Kißling. Eine Glanznummer der
vaterländischen Kampfbewegung ist der politische
Bevollmächtigte der Verbände, ein Herr v. Sche u b-
ner-Richter, der bis zum Schluß des Welt-
krieges ein kleiner Beamter m Auswärtigen Amt
war. Er hat es dann aber nicht verschmäht, den
„November-Verbrechern" alsbald seine
Dienste anfzudrängen. Heute streut er die Be-
hauptung aus, er sei in Riga deutscher Gesandter
gewesen. Däs ist unwahr. Wahr ist, Datz er
heute nicht nur Bevollmächtigter der
bayerischen Faszisten ist, sondern seit 1920
a uch Vertrauensmann der zaristischen
Russen. Er habe an der Abhaltung der 1921 in
Reichenhall einberufeneu russischen monarchistischen
Konferenz wefentlichen Anteil. Am Donnerstag früh
war er der Wortfüh rer der Kampfvcrbände in
der Besprechung mit Kahr. Hitler war nicht er-
schienen. Verbindungsmann zu den Nationalsozia-
listen war fett langem der Russe Rosenberg,
Architekt aus Reval. Rosenberg, seinem Aussehen
nach typisch lettischer Abstammung, hat noch 1918
sehr gebrochen deutsch gesprochen. Heute ist cr der
Hauptschrift lei 1er des „Völkischen Beob-
achter".

Eine Erklärung Sachsens.
Dresden, 27. Sept. Die L« nd e s inst an -
zen und Landtagsfraktion der V.S.P.D. Sachsen
sowie der A.D.G.B. haben am Donnerstag folgende
Entschließung einstimmig angenommen:
Die Reichsregierung hat den Ausnahme-
zustand über das ganze Reich verhängt. Nach
den bisher vorliegenden Meldungen richtet sich diese
Aktion gegen Me Bestrebnugen, die stch gegen den
Bestand des Reiches und der Republik aus Anlaß
der Beendigung des Ruhrkonfliktes wenden. Die
Sozialdeniokrate tritt mit aller Entschiedenheit für
die Etnheitdes Reiches und für dieErhal -
tuns der Republik ein. Sie kämpft daher
auch staatlich gegen alle separatistischen Bestrebungen.
Von dem Ausnahmezustand ist auch Sachsen
betroffen. Landesarbeitsausschutz und Fraktion sind
sich einig, daß die sächsische Regierung die
Gewähr dafür bietet, daß die Republik erhalten
und Ruhe und Ordnung gewährleistet werden. Sie
sind daher der Auffassung, daß die Verhängung des
Ausnahmezustandes über Sachsen sticht

erforderlich war. Die Bedenken gege«
diese Handlung werden noch dadurch gestärkt, datz
die vollziehende Gewalt in Sachsen aus-
schließlich der Reichswehr: übertragen worden
ist, während für Preußen ein Zidilkommissar ernannt
Wurde. Die bezeichneten Parteiinstauzen fordern da-
her, datz auch für Sachsen ein Z i v i l k om m i s sar
bestimmt und dieser Posten mit einem Mitglied der
sächsischen Regierung besetzt wird. Landesarbeits-
ausschuß und Fraktionsvorstand werden daher be-
auftragt, sofort und mit allem Nachdruck auf die Er-
nennung eines Zivilkommissars für Sachsen hinzu-
wirken.
Dresden, 28. Sept. General v. Müller
hat eine in die Kompetenzen der Verwaltungsbehör-
den sehr tief eingreifende Verordnung erlassen,
die das Vereins- und Versammlmrgsrecht und an-
dere Arten politischer Betätigung stark einengt. An-
scheinend wollen die Herren von rechts die jetzige
Situation ausnutzen. Sie werden jedoch auf Granit
beißen.
Weimar, 28. Sept. Das thüringische
Staatsmint sterl um fordert aus, im Inter-
esse Ser Reichsetnheit alles zu tun, um die Anord -
nungen der Reichsregierung zu unter-
stützen.
Die Haltung des Beamtenbundes.
Berlin, 27. Sept. Eine gestern abend durch
die Leitung des Deutschen Beamtenbun-
des einberufene FunMonärversammlung, an der
auch alle in Berlin anwesenden Mitglieder des
Bundesvorstandes tetlnah-men, beriet eingehend die
gegenwärtige politische Lage. Die gab dem
einhelligen Willen der Beamtenschaft Ausdruck, die
R e tchs v e r f a s s u chg bis zum äußersten
zu schützen in vor Ueberzeugung, daß nur durch
Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, Recht
und Gesetz die Einheit und Freiheit des Reiches
gesichert werden kann.
Hamburg fordert zur Ruhe auf.
H a mburg, 28. Sept. Der hamburgische
Senat erläßt einen Aufruf, sich entschlossen hinter
die verfassungsmäßige Regierung zu
stellen und alle Versuchungen derjenigen zurück)n--
weisen, die eigenmächtige Pläne unter dem Deck-
mantel der Vaterlandsliebe verfolgen.
Die von der D eu t s ch n a t i o nal e n Volks«
Partei geplante Protestkundgebung gegen
die Aufgabe des passiven Widerstandes ist vom Re-
gieruugskoinmissar Hense verboten worden.
Ebenso wurden die kommunistischen Versamm-
lungen verboten.

Berlin, 28. Sept. Die sozialdemokmtisch,
Reichstagsfraktion trat am Mittwoch,
Donnerstag und Freitag zur Beratung der Wäh-
rungsfrage im Zusammenhang mit der allge-
meinen politischen Lage zusammen.

Reichstag.
Berlin. 28. Sept.
Ein erneuter Antrag der Dßeutschnat-tot-
nalen auf sofortige Eröfjnung einer a l l -g em e t-
Nen polltitNstchen AfuHspache wird ujach
längerer Gefchästsordnungsdebatte gegen die Stim-
men der Antragsteller und den Kommunisten ab g c-
lehn t.
Dann genehmigt das Haus ohne Erörterung
eine formelle Aenderung des Bankge-
setzes, die durch die Einführung wertbeständiger
Kredite bei der Netchsbank erforderlich wird.
Ein Antrag des Zentrums, das Reich möge für
die Wiederbelebung von Industrie, Handel «. Ge-
Iverbe iim besetzten Gebiet durch schleunige Ertei-
lung öffentlicher Aufträge sorgen, wird
Nach kurzer Aussprache saft einstimmig lange-
n o m m e n.
Hierauf vcgiimt die gemeinsame Beratung der
von den Deuts -ch natio n a l e n und den K o m-
m u n.i st en gestellten
Anträge auf Beseitigung des Ausnahmezustandes
im Reiche
und des kommunistischen Antrages, den Ausnahms-
znstaiw in Bayern aufzuhebrn.
Abg. Koen en (Komm.) begründet die An-
träge seiner Partei. Gerade in Sachsen und Thü-
ringen, wo es am ^nötigsten gewesen wär, habe man
in wohlüberlegter Absicht keine Zivilkom-
miss« re ernannt, um die Militärdiktatur nicht
zu stören. Dr. Getzler, so behauptet der Redner,
noch vor weirigeu Wochen entschlossen^ im Einver-
ständnis mit Reichskanzler Dr. Cuno den sächsischen
Ministerpräsidenten zu verhaften. Jetzt ist der
Reichswehrntiutster Befehlshaber auch über Zetg-
ner und kann ihn ja wegen Landesverrats vor das
Standgericht stellen lassem. (Heiterkeit.)
Abg. Gräf-Thüringen (D.N.) erklärt, grund-
sätzlich fei seine Partei für die Diktatur, da
die Veranlagung der Deutschen dazu zwinge. Eins
solche Machtbefugnis könne aber der jetzigen
Reichsregierung^ der die nationalen Kreise
mit Mißtrauen gegenüberstünden, ui ein als ZU-
gesiehem Dagegen dürfe man der bayerischen Re-
 
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