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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 301 - Nr. 303 (28. Dezember - 31. Dezember)
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Heidelberg, Montag, den 31. Dezember 1923

Nr. 30-Z

6. Jahrgang


M ^8 E
«e,o«-vrels clnschliesiNch TrSacr- 4^W »rick>IMs«»ndei:»—e Uhr. Sprech,
lohn wöchentlich :o iSalüpicnnige. EMe W«i «A. 'WM» stunden dcr RcLaktton: Il—lLUtzr.
Anzeigentarif:Die einlp.Petit,eile N^AM MrW W8U LW> M-L Wsqi-W^ MW «Wch UM MM MA Poirlchecllonro «Lrlprphc SIr.LiN.
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Vorwärts!
Eine NeujahrsbeLrachtung.
Von S. Grünebaum.
Vielleicht mögen unsere Urenkel uns beneiden,
das; wir Zeitgenossen der weUhistorischen Epoche von
1914 bis ..... waren. Wir lebenden ZAigen dieser
»Großen Zett" finden jedenfalls kein besonderes
Glück tn diesem Schicksal. Im Gegenteil; mrzählige
Flüche und Verwünschungen wettern gogen die Be-
stimmung, die dieses Verhängnis auf uns geladen.
Viel lieber als Mitkämpfer'dieser sturmbewegten Ge-
genwart zu sein, würden die meisten Erdenbürger
zivischen süßem Nichtstun und animalischem Dahin-
dössn ein Herdendasein verträumen, würden sie zeit-
tds und kampflos ihre Tage in Sand verrinnen las-
sen,
Umsomehr ist es notwendig —, was heute leider
viel zu wenig geschieht — der Nagenden Menschheit
.mit ehernen Letten« einzuhämluem» daß alles
große Geschehen, alles gewaltige Werden
aus Sturm und Drang wurde, aus Jam-
mer und Not, daß ebenso wie im Einzelleben
auch neue Menschheitsepockxn unter furchtbaren
Schinerzen geboren werden. St« u-n-s Niederdrücken
zu lassen von der Wucht der Ereignisse sollten und
«rüsten wis stolzen und aufrechten Schrittes unseres
Weges gehen, freudig der Zukunft, deren Keime
Mr in uns tragen, entgegewsshend. So wie die
Mutter dir Schmerzen tapfer erträgt in der Hoss-
nung, mit ihrem Kind ihren tiefsten Daseinszweck
cMA M haben, indem sie von dem Gefühl getragen
wird, chr Bestes dem aus iHv gewordene» Kinde ge-
opfert zu habech so muß auch unsere Zeit sich au» cm
«etzärerrn neuer Entwicklungssor-
m e n tzerufeu fühlen- Not tut dazu jedoch vor allem
eins-: Erkenntnis Wer die Entwt cktungs-
richtung der Gegenwart und klare Ziel-
setzung, auf daß diese Neugestaltung ein Vor-
wärts rn der Menschheitsgeschichte darstellt.
WaS uns heute vor allem fehlt, das ist das Ziel,
dem wir zusteuern sollen. Vor dem Kriege gab es
i'.ir die fortgeschrittenen Geister des modemen Eu-
ropa ein solches. Es lag in der Richtung eins der
Völkervechrüderung dienenden EuropäertumS, das
geworden aus dem Rousseaulchen Gedanken der
VoAAsouveränMt und fußend auf dem Reichtum der
Wirtschaft stetiger sozialer Fortentwicklung und
kulturellem Aufstieg entgegensteuerte. Dte-
iem Ideal dienten vor dem Kriege ungeachtet man-
cherlei- Meinungsverschiedenheiten die besten und
sortgefchnAtcinsten Geister aller'Nationen, an eine or-
ganische im geistigen Wettkampf sich durchsetzende
Aufwärtsentwicklung glaubend.
Der Krieg, das fürchterlich grausame nimmer-
endende Morden hat diese stolze und hosfnungssreu-
dige Entwicklung jäh unterbrochen. An die Melle
intevparlamentariischer Konferenzen, die ein neues'
Europa sollten vovbereiten Helsen, traten Granaten
und giftige Gase, an die Stelle selbsttätiger und zur
Selbstregterung sich heranenrwickelter VEsmafsen
trat das nur Objekte, keine Menschenscheu kennende
militärische Ldamniastdo, statt friedlichen Warenaus-
tauschs Verkehrs froher Völker grüßte» bouOenibela-
dene Flugzeuge verängstigte Menschenkinder, statt
Umstellung der Produktion in Höchstleistung erzeu-
gende und Güterfülle bringende Genteinwivischast,
war uw» stolz daraus, eine Art Gemevswirtschast
Hervorgebeacht zu haben, die richtiger „GÄmeimabsüt-
ieruug" hieß und einzig deit Zweck hatte, dem Ma-
gen so viel Nahrung bcizubvingon, daß jeder nur
haMvegS arbeitsfähige Arm kräftig genug war,
MorUwevkzeuge hervorzubvi-ngen. Und die Kultur
schließlich, einst dazu bestimmt, die Segnungen des
Friedens zu bringen und zu besingen, lieferte höch-
stens dir Unterlage dazu, daß sich die Wortführer
der feindlichen Heerschauen in Wort und Schrift bald
auf gehässige und giftige, bald auf gemeine und bru-
tale Art gegenseitig mit Schmach und Kot bewerfen
konnten.
Das Ende des Krieges schien schnell in höherer
Form wieder aufleben zu lassen, was Blut und Ge-
walt zerstört. So sehr auch menschliche Vem-wnft zur
Skepsis neigt, so gern läßt sich das Gefühl in frohem
Glauben an Heilsbotschaften einfangen. So fanden
denn die neuen Messiasse rasch willige Ohren, als sie
der lauschenden Menschheit die Schalmeiet einer bes-
seren, schöneren Zeit bliesen: Wilson mit seinem
Bund der Völker, Rußland mit seinen neuen
Wirtschaft, Deutschland mit seinem freien Volks-
staat. Wundersame herzerfrischende Träume; aber
leider Träume nur.
Der Friede von Versailles zerschlug rasch und
gewalttätig, was der ebenso hoffuuugsfrohe wie
schwache Wilson glaubte der europäischen Menschheit
als Geschenk darbieten! zu können; und was schließ-
lich Versailles noch gelassen, zerstörte französischer
Machtwahnsinn und mangelnder deutscher Opfermut.
Barbarische Gewalttätigkeit der Sowjetherren ließ
jäh den Glauben an die Mission des Ostens als Ge-
stalterin eines neuen Wirtschaftssystems zerflattern;
und was aus den Hetakomiben von Mut und Gewalt
doch übrig blieb, zerfloß im Lichte der wirt-
schaftspolitischen Wirklichkeit. Ein
von vaterländischen und sittlichen Rücksichten freier
Egoismus der alten Privilegierten ».Unbelehrbarkeit
des deutschen Bürgertums ließen in immer stärkerem

Maße Pfeiler vom deutschen Volksstaat abbröckeln;
und was an starken Bollwerken noch vorhanden, be-
ramnte der durch die Zerrissenheit der Arbeiterklasse
ermöglicht« militärische Ausnahmezustand.
So ist die Welt und allem voran das arme deut-
sche Volk in einen Zustand der Hoffnungslosigkeit
geraten, wie er nur einer untersetzenden Epoche zu
eigen. Trauernden Wiekes muß der auf größere
Sicht eingestellte Beobachter feststellen, wie ein gan-
zes Volk nicht nur körperlich, sondern auch geistig
vegetie rt, wie es nicht vermag, über den näch-
sten Tag hinausWtifishen. Viel kann ein Volk ertra-
gen, Hunger und Not, Jammer und Schmerz. Un-
möglich alber ist es, sowohl für den Einzelmenschen
wie für eine VoASg^amtheit, zu letzen, wenn nicht
Hoffnung auf Aufstieg, Glaube an einen großen Ge-
danken, Herz und Geist erfüllen.
Was das Elend des deutschen Volkes heute un-
endlich vergrößert, was den Jammer der deutschen
Politik heute uns täglich vor Augen führt, das ist
vor allein jener Mangel an Zukunftsglauben, jenes
Vermissen eines großen Gedankens, der Berge ver-
setzend mit der Macht der Begeisterung das deutsche
Volk Wieder auf jene Höhe fuhr, die es zum gleich-
wertigen Faktor unter den Völkern der Erde macht.
Will das deutsche Volk wieder den Weg nach
aufwärts finden, so umß es sich ebenso wie seine
Parteien losreiße-n von kleinlicher Nörgelsucht
und geistigen Verirrwie wir sie in den polin-
schen Extremen der Kochten und Limen ssivven, muß
es statt in faktische Manöver und eintägige Effekt-
haschereien zu verlieren, aufrechten Schrittes den
Weg nach vorwärts gehen, der einzig allein auf der
> re( 1 ,i, 1 »M,< 1 ' -1— 1'1"- 1 IM-

Linie moderner Demokratie und aufrich-
tiger Völkerverständigung liegt.
Bahnbrecher auf diesem Wege nach auf-
wärts zu sein ist dis Sozialdemokratie allen
Lästerungen ihrer Gegner zum Trotz in erster Linie
berufen. Mag es auch der Reaktion gelungen sein,
ihr mmiche Scharten tzeizutz-.iinge», mag auch die po-
litische Indifferenz ihr stark Abbruch getan haben,
»lögen auch die Risse in der Arbeiterschaft ihr gefähr-
liche Schrammen beigebracht haben, und mögen
schließlich manchevlei Fehler, wie sie jeglichem Men-
schenwerk sich beigesellen, manche Erfolgsmöglichkei-
ten abgeschwächt haben, so ist doch der demokratische
Sozialismus der berufene Gestalter eurer kommen-
den Höherentwicklung der Menschheit.
So sehr auch gutbezahlte Schreiberseelen das Lob
der feudal-militaristischen Vergangenheit singen, die
Zukunft gehört ihr nimmer. Der Gedanke der
VolkSsouverSnttäthat dis Welt erobert
wird macht, mögen auch Gewaltnature» kurze Zeit
! Vorpostensiellui^en besetzen, keinen Halt, ebenso wie
'die Demokratisierung der Wirtschaft die logische
Folge der politische» Demokratie ist, nm einst in einer
sozialistischen Welt die Erfüllung dessen zu
bringen, was wir unter der Fuchtel des Kapitalis-
mus littem Arbeite» wir so in positiver Mitarbeit
am Staate stoben Glaubens au unseren demokratisch-
sozialistischen Ziels» der Befreiung der Menschheit
aus de» Fesseln einer vergangenen Epoche, dann
Wird schnell aller Mißmut Wieds« schwinden und
neue Lebensfreude wird das heute oft ver-
zagen wollende Herz wieder in frohem Glauben an
Misere Zukunft durchbohren.

Wahljahr 1S24.
Wähler und Wählerinnen! SozisldemskrsLen!

ENbfcheidnngSschiver naht das Jckhrl Wenige i
Monate, vielleicht nun einig« Wochen, und in den
R e ich s La asw ah l e n werdet Ihr über die Po-
litik der Zukunft zu bestimmen Hatzen. Früher iwch
werden in mehreren Einzelstaaten die Wahlen über
den soziald-emokrattschen Einfluß auf Verwaltung
und Politik der Länder entscheide«. Zurückdrüngung
der Sozialdemokraibr, Ausschaltung ihres Einflusses
ist die Parole der Reaktion. In Thür, Ingen
haben sich alle bürgerlichen Parteien zufammeuge-
schlosssu, um die Wiederkehr der sozialistischen Re-
gierung zu verhindern. In Sachsen verfolgen sie
dasselbe Ziel, in beiden Ländern unterstützt durch die
Spaltungsarbeit und Katastrophenpolitik der Kom-
munisten. Von den ReichstagZwahlsn aber erhofft
die Reaktion die Krönung ihres Werkes.
Um Großes geht der Kampf!
Jin alten System staich eine starre Reg'erungsge-
walt dem ohnmächtigen Parlament gegenüber. In
der Republik bestimmte der Reichstag, bestimmen
die Landisg: die Zusammensetzung der Regierun-
gen. Die Wrchlcn errtfchrideu rmnrittelSar di- Poli-
tik, das Volk regiert sich selbst, von seiner Einsicht,
von seinem polilischrn Bewußtsein hängt sei» Schick-
sal ab.
Furchtbar hart und grausam lasten die Zeiten aus
Euch, Arbeiter, Angestellte und Beamte I Je schwerer
aber der ökonomische Druck, desto wichtiger wird
Erier politischer Widerstand!
Der Krieg und die Friedensschlüsse, die den Krieg
mit anderen Mitteln sortgefiihrt Hatzen, Hetze», ulit
riesiger Zerstörung voll Produktionskrüften, mit der
Vernichtung der Kmisumfcchigkeit Mittel- und Ost-
europas, mit ungeheuren Vsrulögensiivertragungeu
und der Zerrüttung der Weltwirtschaft geendet. Das
stets durch Krisen gestörte Gleichgewicht der kapitaN-
slischen Produktion ist in schwere, langdauernde Un-
ordnung geraten. In bisher unerhörtem Matze
wurde
die Produktion brachgelcgt
und Arbeitskräfte freigesetzt, zur selben Zeit, da die
Wiedergutlnach'tlhg der KriegsverwG n-r.gen die höch-
ste Anspannung der Produktion ersodert hätte.
Für Deutschland bedeutete die Okkupation
der Ruhr die Zerschneidung seines Wirtschaftsgebie-
tes, die Abtrennung van dein wichtigsten Rohstoss-
und Industriegebiet, die Stillegung seines wichtig-
sten und ertragreichsten Eisenbahnnetzes. Eine furcht-
bare Krise mußte die Folge der französischen An-
nexionspolitik fein. Solange der passive Widerstand
dauerte, trug das Reich die Kosten. Viel zu lange
setzte die bürgerliche Regierung Cuno trotz der War-
nungen der Sozialdemokratie den Widerstand fort.
Sie verschüttete die anfangs vorhandene Möglichkeit,
zu außenpolitischen Verhandlungen zu gelangen.
Sie unterließ jede energische Finanzpolitik.
Auf Euch, Arbeiter, Angestellte und Bealnte, wurden
durch die verderbliche Inflation die Kosten atzge-
wälzt, auf Euch, die Ihr im besetzten Gebiet die
Hauptträger des Widerstandes gewesen seid!
Der Verlust einer halben Milliarde Reichsdankgold,
das Anwachsen der schwebenden Schuld auf 192 Tril-
lionen Papiermark, die Maffenverelendung infolge

Die Poliift des pgfsiven Widerstandes mußte lt-
quidierl werden. Dir bürgerlichen MittÄparteien
allein erklärten sich dazu außerstande, sie forderten
die Mitwirkung der Sozialdemokratie. Um dem Po-
litischen und wirtschaftlichen El erd Einhalt zu tu»,
um eine en-rgische Finanzpolitik durchzusetzcn, ent-
schlotz sich die Sozialdemokratie, di« Mitverant -
w ort» ngzu Mcrnobmen.
Der passive.WützerM» wurde beendet, eine
WährungZ- und Finmnzressrm in Angriff gensrn-
men. AVer der Starrsinn des französischen Minister-
präsidenten verhinderte jede Verhandlung über die
Wiederherstellung drS Wirtschaftslebens im besetzten
Gebiet. Er steigerte das wirtschaftliche Chaos und
die Politische Erregung. Mit furchtbarer Wucht
brach die Krise über die scheitend«» Waffen herein.
Zwei Millionen Arbeiter wurdsn im besetzten Gebiet
arbeitslos, gegen 1Z4 Millionen im unbesetzten, zu
denen die gleiche Zahl von Kurzarbeitern
kam. 58 Prozent seiner Mitglieder zählte der Metall-
arbeiterver-Saud, 68 Proz. der Textilarbeiter- und
gar 75 Pro», der SchuHarbeitervertzarrd als Kurz-
arbeiter. Von. den IS Millionen erwechStättgsr Ar-
beiter und Angestellten »mißte etwa ei» Dsitiel Ui«-
terstützung in Anspruch nehmen. Zugleich vodnzierie
die Geldrntwrriunll Löhne und Unterstützung auf
Sätze, nicht hiuroichend, um mit dein Wochenlohn
ein Pfund Margarine zu kaufen-.
Es ist diese schwere Krise und nicht die eine oder
die andere taltischr M-rß«ch«re, die die politischen
Ereignisse der letzten Zeit erklärt. Sie
erschütterte di« ölsnomisch« Widerstandskraft der
Arbeiterklasse
und schwächte damit ihren politische» Einfluß.
Denn der parlamentarische Einfluß ist mir die Wi-
der spiegelung der realen sozialen MachtverHältnisse
der Klaffen autzerhcklS des Parlausonts Die Krise
bersptogeluug der realen sozialen Machtverhältnisse
zu Ungnnsten der ArHeiteoschaft.
Mit großer Wucht säugen jetzt die großkapitalisti-
schen und grotzagrartschen Kreise zum Angriff Wer.
! Ebe» noch hatte alles die Opferfähigkeit und die
Hingabe der NiSeiter, Angestellten und Beamten ge-
priesen, dir die Stütz«» de» Abwethrkainpfes gewesen,
an deren Reichstreue alle Lockungen abgeprallt
waren. Jetzt sollte«! sie die Opfer jener Cuno Po-
lttik werden, deren Hanptträger Deutschnartonalc
und Deutsche Vovkspaeteiler gewesen waren.
Schwerindustrie und Agrariertum gingen jetzt aufs
Ganze:
Abbau der Löhne, Verlängerung der Arbeitszeit, Be-
seitigung der Demobilmachungsvorschristen, äußerste
Einschränkungen jeder Sozialpolitik, Beseitigung der
sozialdemokratischen Minister, gewaltsame Nieder-
haftung der Arbciiermassen, Preisgabe von Rhein
und Ruhr, Beseitigung des Parlaments und
Diktatur, das waren die Parolen!
Die Deutsche VoLksparter, unterstützt von den
Deurschuationalen und einem Tetl des Zentrums,
war das politische Werkzeug des kapitalistisch-agra-
rischen Vorstoßes. Er erschütterte zuerst und sprengte
schließlich die Koalitionsregiemu'g Stresemcmn. Nicht
ar» der Volkspariei, sondern nur an den maßlosen
Forderungen der Deutschnatioualei» hat es gelegen,

dcr Wkhrungszerrüttung, das ist die Bilanz der bür-
gerliche», vor» den Deutschnasionalen untersiütrüw
Regierung Cunot '

daß diese Feinde der Revublik und der Demokratie,
die Befürworter der GewalidMalur, die Organisato-
lren der illegalen Verbände und des Bürgerkrieges,

Wahlkampf
gilt eS deshalb unsere Organisationen, die Arbeit der
Partei einzustellenk Früher als sonst müssen diesmal
die Vorbereitungen beginne». Geldentwertung u»d
Krise habe» die Zcch'k der Leser unserer Pa-r.teipresse,
zum Teil di« Mi-tgliekoor unserer OrgouisationM ver-
mindert. Durch intensivere Arbeit, durch emsigere
mündliche Agitation, besonders auch in den ländli-
chen Kreisen, »ruß dieser Nachteil wettgcmacht wer-
den. Jene Kleinarbeit, die eben in Oesteneich und
in England den Sieg gebracht hat, mutz auch von
»ns mit größten» Eifer gepflegt werden Zugleich
müssen
für die Presse neue Leser, für die Organisation
neue Mitglieder
gewonnen werde». Mit Gsnugtuung können wir
darauf verweisen, daß die letzten Wochen mit ihren
stabileren Geldverhältnissen in viele» Teilen des
Reiches unsere Organisation an Einnahmen und
Mitglied erzähl, unsere Presse an Twonncn-tcu gestärkt
haben.
Die Gegner Werden diesmal ihre ganze Fi-
nanz- und Wirtschaftskraft eimsetzen. Sie gehen aufS
Ganze. Sie fordern die Alleinherrschaft zu-
rück, die sie vor dem Kriege ausgeübt haben, »e
wolle» aufs neue ihre wirtschaftliche und
litische Diktatur errichten. Sie wollen die
Lasten des Ueberganges, die Lasten des Ausgleichs
mit der Entente auf die breiten Massen abwLlzcn.
Niedrige Löhne, lauge Arbeitszeit, Herrenrecht ft»
dcr Fabrik, auf dem Gutshof, im Staate ist ihr Pro-
gramm. Sie erhoffen seine Verwirklichung, wenn in
den Wahlen die Arbeiterschaft, zermürbt durch das
Elend des Krieges und der Nachkriegszeit, entmMgt
du'ch die "Krise sich politisch zurkckdrängo« läßt;
Wen» die Sozialdemokratie geschwächt wird

die intellektuelle»» Mitschuldigen dcr konterrevolutio
nären Morde, nicht Teilhaber der Negierungsmaw»
tm Reiche mrd in Preußen wurden! *
Aber auch ohne parteimäßig abgestempe!^
Deutschnational« stellt die sozialiftenreine, bürger-
liche Regierung Marx eine
Bedrohung für dis arbeitenden Masse»
dar; dem» sie ist edne Regie - ng, die nur stark in dst
Abhängigkeit von den aroßlapitalistischru Interest
sen geraten ist.
Die Sozialdemokratie hat von jeher die Juflatio»
bekämpft, st« ist mit-äußerster Enengie für eine ener-
gische Finanzpolitik ein-sctreten. Viel zu spät Hades
die bürgerliche» Partcie», die jahrelang einen Block
der Steusrverweigerer gsbkldt habe», diese Notwen-
digkeiten erkannt. Erst als die fortschreitende Zer-
rüttung auch die kapitalistische Privatiuirisiyast be-
drohte, haben sic eingeleaM. Jetzt wendet sich die
ganze Energie der bürgerliche» Regierung in erster
Linie gegen die breiten Masse«. Rücksichtslos voll-
zieht sich die Entlass» n g d e« A » gestellten
und den Abbau der Beamten ohne irgendein«
Garantie gegen reaktionäre Willkür. Sie werde» zur
Zeit der schwersten Krise auf die Straß« gesetzt. Die
Löhne mrd Gehälter dcr Staatsarbefter und Bcam-
teu werden zum Teil unter das Existenzminimum
gedrückt, die sozialem Unterstützungen, auf einen Bet-
tel reduziert. Die neuen Stsuerorduungs» bringen
eir»e Heraufsetzung aller bisherig«» Verbrauchs-
abgaben auf Friedanshöhe in Gold, die Erhöhung
dcr Umsatzsteuer auf 2>4 Proz. In einer Zcit, wo
fn-solgr der Praxis der Verbände und der Erschwe-
rung der auswärtigen Konkurrenz die deutschen
Preise Wer WeltmarktshShe sind, Müsse» die Konsu-
menten für alle Wowen, die sie kaust», 10 bis 15 Pro
zerrt des Preises als Struer zahlen,. Dagegen sind
LandkSgabe und BctrtevSsteuer zwei Monate vor
ihrem Ablauf bereits beseitigt, sind die Sätze der
Erbschaftssteuer ermäßigt worden, während- die Ein-
kommen- und Vemnögeussteuer in ihren Erträgen
schon wegen der Unsicherheit der Bewertung diese
Ausfälle nicht kompensieren werden. Dazu koimnt,
-daß durch di-e geplante Steigerung der Wohmmgs-
mieten auf FriedruShöhe eine außerordentliche Be-
lastung der breiten Massen droht, die neben der Ar-
beiterschaft auch den Mittelstand auf das härteste
treffen wird.
Unerbittliche Opposition dcr Sozialdemokratie
mutz erst recht das Bestrebe» der kapitalistischen
Schichten Hervorrufen, die Zeit der Krise zur Zerstö-
rung der sozialpolitischen Errungenschaften der Ar-
beiterschaft auszubcuten und die Verlängerung der
Arbeitszeit rücksichtslos durchzusetzen, während Mil-
lionen keine Arbeit finden können.
Mit der sozialpolitischen Reaktion geht die politische
Hand in Hand.
Der Ausnahmezustand, der als Abwehr-
maßnahme gegen Kahr-Bayern ins Leben irat, ist
ausschließlich alS Waffe gegen die Arbeiterklasse an-
gewandt worden. Mit seiner Dauer steigert sich die
Gefahr der Militärdiktatur, wachsen an Zahl und
Bedeutung die Eingriffe der Generale in die Zivil-
verwaltung, wird die versassungsmäßige Freiheit
und Selbstbestimmung des deutschen Volkes seMt
zur Ausnahme. Der Beseitigung des NuSmchmezu-
staudes widerstrebe» die bürgerlichen Parteien und
die Reicks regier:Ihre Weigerung bedeutet eine
ernste Verschärfung der poEsch-parlamentarischen
Situation, deren Ergebnis die Auflösung des
Reichstags, die Befragung der Wähler sei»
wird.
Auf den
 
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