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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 231 - Nr. 240 (5. Oktober - 16. Oktober)
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5. Jahrgang

Heidelberg, Montag, den 8. Oktober 1923

Nr. 233
-

Unter der Fuchtel Helfferichs.
Erneute „Große Koalition". — Hilferding und o. Raumer ausgeschifft. — Stresemann vor dem Reichstag.


vek-

xr. Heidelberg, 8. Okt.
Das Unglaubliche ist Ereignis geworden. Nach
mehrtägigem Hin und Her auf dem deutschen Thea-
ter hat man die Kulisse wieder in eine Lage gebracht,
die der Vorstellung zu Beginn der vergangenen
Woche ähnelt. Der Inhalt des gespielten Stückes
scheint zwar ein ähnlicher zu sein, als der Regisseur
aus dem Theaterzettel notierte; tatsächlich hat sich
jedoch gar mancherlei seit der Vorwoche geändert.
Denn das neue Kabinett der großen
Koalition, das Stresemann nach langen Be-
mühungen am Samstag dem Reichstag vorstellte, ist
in jeder Hinsicht ein anderes als jenes Kabinett,
das in den kritischen Augusttagen das Kabinett ab-
löste. So ernst wir das Drame betrachten, das das
deutsche Reich derzeit erlebt, so fällt es uns wahrlich
doch schwer, angesichts der Art, wie die Akteure des
Stückes austreten, nicht einen Anklang von Tragi-
komik in den Vorgängen zu finden.
Was vor allem an dem neugebildeten Kabinett
Siresemann aussällt, das ist der Umstand, daß in
ihm der bisherige Reichsfinanzmimstar Genosse Dr.
Hilferding und der bereits bei Beginn der
Krise znrückgetretene Reichswirtschaftsmintster von
Raumer fshlen. Ganz gleichgültig, wie die Nach-
folger dieser beiden Minister beschaffen sind, bedeu-
tet cs für die Sozialdemokratische Partei eine Pro-
vokation, daß man ihren Einfluß in dem neuen Ka-
binett um eine Stimme reduziert hat, und zwar um
jenen Ministersitz, der neben dein Posten des Außen-
ministers, des Reichswehrministers und des Ar-

daß Herr von Kahr wahrlich keine Ursache hat, mit
Herrn Stresemann unzufrieden zu sein.
Ob wir mit dieser Politik weitMkommen? Ob
Mit einer solch schwächlichen Politik der Zweck der
großen Koalition, die Republik gegen in-
nere und äußere Feinde zu retten, er-
füllt werden kann? Bald werden Wir die
Antw ort erh al 1 en. In der Zwischenzeit ist es
jedoch die Ausgabe der Mbeiterschast, nicht etwa
überMeinungsverschiedenheitenmi tz-
mutig zur Seite zu stehen, sondern Ol-
ga n t s a t i o n und Presse zu stärken, um
für kommende Kämpfe gerüstet zu sein. Denn
hinter der Kulisse der „Einigkeit" werden bereits
blanke Waffen sichtbar. Bereitschaft einer eini-
gen Arbeiterschaft muß daher das Gebot der Stunde
sein.
Die Vorgänge der Kabinettsbildung
Berlin, 6. Okt. Uetzer die Vorgänge bei per
Bildung eines neuen Kabinetts der „Großen Koa-
lition" wird mitgeteilt, daß nach dem Fallenlassen
des Gedankens eines „üverparlamentarischen" Ka-
binetts die demokratische Fraktion noch-
mals Wiederherstellung der Großen Koalition ver-
langte und auch die Zentrum sfraktion sich
bereiterklärte, weitgehende Zugeständnisse an die So-
zialdemokratie zu machen.
Insbesondere wurde vorgeschlagen, die Ar-
beitszeitsrage aus dem Ermächtigungs-
gesetz ü e r a u s z u l a s se n und in einem beson-
deren Gesetz zu behandeln, wobei weitgehende Aus-
nahmen zugelasseu werden und sozialpolitische Ent-
scheidungen dem sozialpolitischen Ausschuß des

denken des Rrbeitsminssters Dr. Brauns, der sich
in letzter Zeit immer stärker zum Sprecher des rech-
: e n Flügels des Zentrums entwickelte, gegenüber
der Ausschaltung der Arbeitszeit im Ermächtigungs-
gesetz wurde hinweggegangen. In der Sitzung der
Sozialdemokratischen Fraktion wurde
nach einem Bericht des Genossen Hermann Müller
der Fraktionsvarstand ohne vorherige Debatte er-
mächtig t, Verhandlungen über die Wiederherstel-
lung der Großen Koalition zu führen. Ebenso hatte
auch die Deutsche Volksp artei sich wiederum
zur Großen Koalition bekannt. Damit waren die
Voraussetzungen zur Neubildung der Großen Koa-
lition gegeben, die daun in einer besonderen — Wet-
ter unten von uns wiedergegebenen — „Einigungs-
formel" zusammengefatzt wurden.
Dieser formellen Seite der Entstehung des neuen
Koalitions-Kabinetts fügt der jederzeit den Oppor-
tunismus zum Prinzip erhebende Sozialdemokra-
tische Parlamentsdienst noch als inneren Grund hin-
zu: „Es gilt im Augenblick, die Republik ret-
t e n zu helfen, um weiterhin für uns«« Idee werben
zu können. Deshalb konnte die sozialdemokratische
Fraktion gegenwärtig nicht das Gefühl über
dieVernnnst walten lassen, und die Neubildung
eitler Regierung der Großen Koalition unter
allen Umständen ablehnen. Nein, als Träger
der Republik ist es die Pflicht der Sozialdemokratie,
einem vernünftigen Kompromiß zuzu-
stimmen. Lieb öl' ein erträgliches Ko mpromiß, als
der Untergang des Reiches, der gleichbedeutend ist
mit dem Untergang der Sozialdemokratie.
Das neue Koalitionskabtnett.
Berlin, 6. Okt. (Amtl.) Das neue Reichs-
kabinett setzt sich wie folgt zusammen:
Reichskanzler Dr. Stresemann, zugleich mit
der Führung der Geschäfte des Auswärti-
gen beauftragt,
Reichsminister für Wiederaufbau Schmidt,
Reichs«,inster des Innern Sollmann,
Reichsfiwanzminister Dr. Luther,
Reichswirtschaftsminister Dr. h. c. Koeth,
Reichsrabeitsminister Dr. Brauns.
Reichsjustizmintster Dr. Radbruch,
Rcichswehrminster Dr. Getzler,
Reichspostminister Dr. Hoefle,
Reichsvcrkchrsminister Dr. Oeser,
Reichsernähxungsministerium noch unbesetzt,
Minister für die besetzten Gebiete Fuchs.
Die neue „Einigungsformel".
Verli n, 6. Okt. Nachdem heute vormittag
reits die Sozialdemokraten der in der Sachverständi-
gen- und Parteiführerbesprechung heute nacht gefun-
denen Etnigungsformel zugestinvnt haben,
hat auch die Deutsche Volkspartot ihre Zu-
stimmung erteilt. Damit ist die Groß« Koalition
wiedcrhergestcM. Die Einigungssormel lautet: Die
schwer«: Slot -stnseres Landes läßt eine Steigerung der

reichste tm Kabinett ist. Wir haben in letzter Zeit
Mehrfach Ursache gehabt, zu den Währungsplänen
des Retchsfinanzmittistsriunls kritisch Stellung zu
Nehmen. Aber dies hinderte und hindert uns nicht,
w bekennen, daß Genosse Hilferding die deutsche Fi-
"anzmissere klarer dargelogt hat wie zuvor irgend
jemand und daß in ihm seit dem Tode Erzbergcrs
der erste Finanzminister gesunden worden war, dor
den Kapitalisten wieder Furcht einjagte. Und nun
"rußte gerade Hilferding dem Vorstoß der liberalen
Volkspartei zum Opfer fallen.
Aber auch abgesehen von dieser persönlich und
Qualitativ — Hilferding wurde jetzt durch den ziem-
"ch rechts orientierten Dr. Luther ersetzt; von
. Rannter durch den politisch unbeschriebenen chemali-
8kn Leiter der Kriegsrohstofsabteilung Oberstleut-
nant a. D. Koeth — bedenklichen Seite mutz die
tanze Art, wie diese Krise entstanden und daun bci-
zelegl wurde, mehr als bedenklich stimmen. Denn
ivenn auch die Absicht der Deutschnatioualen, die So-
ä'aldsmokratie aus der Regierung auszuschalton,
dkrhdndert wurde, so ist doch die Gefahr nicht
verwunden, daß vom rechten Flügel der
rutschliberalen Volkspartei bald wieder ein ähn-
l'chor Vorstoß Es dem Hinterhalt' unternommen
*vtrd, nm dieses Ziel zu erreichen. Ja, die Ge -
s«hr ist noch Viel größer. Nachdem Herr
Helfferich gesehen hat, wie leicht es fällt, eine
Kabinettskrise zu schaffen und wie spielend es ge-
fügt, den Einfluß der Sozialdemokratie zu verrin-
8ern, indem man die bürgerlichen Parteien ins Box-
b°nr jagt, wird er nicht verfehlen, bei passender Ge-
^Senhett wiederum seinen Dolch zu zücken. Un-
vchtbar steht daher das neue Kabinett unter der
Achtel Helfferichs und damit unter sort-
^'kßlev Kriscngefahr. Angesichts solcher Sachlage,
"'n Kabinett bei gleichzeitigem Ausnahmezustand
'"e Ermächtigungsgesetz in die Hand zu geben, Hal-
wir Mehr a ls verhängnisvoll und läßt
'"'2 für die Zukunft düster schauen.
Diese Bedenken vermag auch die Rede des orato-
immer schillernde« Reichskanzlers Dr. Slre-
. ""ann bei der Vorstellung des neuen Kabinetts
" der vorgestrigen Reichstagssitzung nicht zu ban-
"i. Denn so scharf polemisch auf seine polemischen
mdungen gegen die Feinde des Parlamentaris-
mus waren, und so sehr er auch die Notwendigkeit
.uwr Verständigung mit Frankreich betonte, so
ächt ich und ergeben klangen seine Be-
"ver Bayern, ja, so sehr stellten seine
i-führungen über den bayerischen Belageruugs-
and eine Verneigung der Reichsregierung dar.

Gütererze»Wung dringend geboten erscheinen. Das
wird nur unter rostloser Ausnutzung der technischen
Errungenschaften bet organisatorischer Verbesserung
unserer Wirtschaft und emsige Arbeit jedes Einzelnen
zu Gretchen fein. Neben- der Steigerung der Pro-
duktion durch diese Mitteil wird auch die Neuregelung
der Arbeitszeitgesetze unter grundsätzlichen, Festhalten
des Achtstundentages als normalen Arbeitstag nicht
zu umgehen fein. Dabei ist die Möglichkeit -der tarf-
ltchstn und gesetzlichen Ueberschreitung der jetzigen
Arbeitszeit i-m Interesse der volkswirtschaftlich not-
wendigen Steigerung und Verbilligung der Produk-
tion zu erzielen. Für die öffentliche Verwaltung fin-
den ähnliche Grundsätze Anwendung.
Kritische Aufnahme.
Parts,?. Ott. Das neue Kabinett Stresemann
wird von der französischen Presse nicht ohne
Mißtrauen ausgenommen. Das „Journal des
Debats" schreibt: Das Kabinett unterscheidet sich
wenig von dem mißlungenen Direktorium Das
„Echo de Paris" weist auf die außerordentlichen
Machtbefugnisse gewisser Generäle hin.
Frankfurt a. M., Ott. Die „Frkf. Zig."
stellt fest, daß die Deutschnationalen einen
Teilerfolg erzielten und die neue Regierung
schwächer als die bisherige sei.
Berlin,?. Ott. Der allzeit optimistische „Vor-
wärts" schreibt: Die Au ss üb nm gen Dr. Stresemann
waren geeignet, die Besorgnis zu zerstreuen, daß
durch die teilweise Umbildung des Kabinetts eine
Rechtsschwenkung eingetreten sei. Weniger befriedi-
gend waren die Ausführungen des Reichskanzlers
über Bayern.

MWm «Hem MM.
Werkin, 6. Ott.
Bet überfüllten Tribünen stellte Stresemann
heute sein neues Kabinett vor. Nach einer kurzen
Geschäftsordnungsdebatte erhält unter Zwischenrufen
Wie „Vertreter von Stinnes", Kulisse für Stinnes",
seitens der Kommunisten, das Wort
Reichskanzler Stresemann.
Die Rögieruugsueubildun-g hat sich vollzogen auf
parteipolitischer Grundlage. Sie hat
Veränderungen
gebracht in der Besetzung des ReichSwirtschaftsmin-
steriums u. des Retchsfinanzministeriums. Das erste
wird -geführt von Herrn Dr. h. c. Koeth, das
Retch-sfinaugministerium von dem bisherigen Mini-
ster für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Lu-
ther. Das Ministerium für Ernährung und
Landwirtschaft bleibt vorlimfg offen, es ist die Ab-
sicht der Regierung, es Au besetzen mit einem aus
der Landwirtschaft stammenden, mit ihr in engstem
Veriftaueusverhältnis stehenden (Zuruf bei den
Kommunisten: Deutschnatiowalen!) Herrn. Diese
Vorgänge der etzten Zeit haben eine sehr scharfe
Kritik erfahren. Der Reichsverband der Eisen- u.
Stahlindustrie sagt z. B.
der Parlamentarismus habe versagt.
(Sehr richtig! bei Len Deutschnatioualen.) Hat
denn nicht auch die Wirtschaft versagt, indem
sie sich dem Staate nicht zur Verfügung stellte?
(Lebhafte Zustimmung bei der Mehrheit.) Den
Parlamentarismus führt ona-n nicht ack absuräum
durch Resolutionen, sondern durch praktische Mit-
arbeit, indem man zeigt, daß man die Dinge bes-
ser zu meistern vermag. (Erneute Zustimmung
bei der Mehrheit, Unruhe rechts.) Das Kabinett
ist au den Reichskanzler herangetreten, um ein Er-
mächtigunggefctz zu erhalten; das heißt den Reichs-
tag zu veranlass-en, dem Kabinett Vollmachten zu
geben, die weit hinaus gingen über das, was je-
mals ein Kabinett an Vollmachten besessen habe.
Die verfassungsmäßigen Bestimmungen erforderten
dafür eine Zweidrittelmehrheit. Es ist ganz klar,
daß bei dieser Sachlage dem Kabinett nicht eine
Blankovollmacht gegeben werden konnte, sondern
daß man die Fraktionen wenigstens über die
Grundlinien unterrichten mußte, denen das Kabi-
nett rnbezug -auf Wirtschaft, Finanz und Sozial-
poltik folgen sollte.
Mit Bedauern habe ich eins deutschnationale
Kritik gelesen, in der es heißt, die Regierung zeige
mehr Vertrauen zum Feind als zum eigenen Volk.
(Lebhafter Beifall.) Mir liegt jede Beschönigung
fern. Es haben sich i-m Zusammenhang mit der
moralischen Widerstandskraft -auch
Zeichen der Demoralisierung

Amt antvat, fragte ich den Oberbürgermeister
Jarres, wie lange die Bevölkerung des besetzten
Gebietes den Widerstand überhaupt aushalten
werde. Ich kann feststellen, daß d« Widerstand
über die kurze Periode hinaus fortgeführt
worden ist, die mir dieser -genaue Kenner -der Ver-
hältnisse des besetzten Gebietes genannt Hatte.
(Hört! Hört! bei der Mehrheit.) Das Problem^
eine Formel zu finden, um die Ausgabe des passt-
ven Widerstandes zn politischen Verhandlungen zu
benutzen, ist nicht -gelöst worden. Ich habe in die-
ser Beziehung einen Mißerfolg erlitten, glaube -aber
nicht, daß Menschen oder Parteien daran die Schuld
hab-m. (Lebhafte Zustimmung bei der Mehrheit)
Wir waren bereit, nach Aufgabe des passiven Wi-
Verstandes die Diskussion Widder aufzunehmen über
die Grundgedanken des Memorandums vom 7.
Juni, wobei ich aber hinausgtng über die da-
malige Garantie der Wirtschaft, kn dem, ich die
mittelbare Haftung gegenüber dein Staat
in eine unmittelbare umwandelte und damit
die Grundlage schuf für eine internationale An-
leihe, wodurch die Möglichkeit gegeben worden
wäre, Frankreich Es dem Ruhrgebiet hinauszu-
b ringen — also Lösegeld für deutsche Freiheit, wmn
sie es so nennen wollen — und dadurch die Alt-
mosphäre zu schaffen; die auch die Freiheit der Ge-
fangenen, Rückkehr der Vertriebenen in ihre Hei-
mat und die Wiederaufnahme der ganzen Ver-
handlungen möglich lnlachen sollte. Wir haben nach
dieser Richtung Vorschläge unterbreitet und Ver-
handlungen geführt. Diese hoffnungsvoll begon-
nenen Beoh-a-nÄ-lungcin wurden -abgebrochen durch
die von dem französischen Ministerpräsidenten ge-
genüb-er den -anderen Mächten durchgesetzte
Forderung der veorngungSloien Aufgabe des
passiven Widerstandes.
Ich darf auf das Hinweisen, was ich hier früher!
wiederholt ausgejührt habe, daß jeder Versuch un-
sererseits, den einen der Alliierten ge>gen den an-
deren ausMspicle-ie, eine politische Dummheit fein
würde. (Wiederholte Zwischenrufe des deutsch-
v-olksparteil. Abg. v. Gräfe.) Ich wiederhole, die
einzige Möglichkeit der Lösung des Reparations-
problems kann nur bestehen in einer Vereinbarung
zwischen den Alliierten einerseits und Deutschland
andererseits. (Abg. Graf v. Westarp (Du.): Da
können Sie lange warten.) Wollen Sie, Gras
Westarp, etwa mit England allein verein-
baren? Glauben Sie, datz die Franzosen dann aus
dein Ruhrgebiet herausgehew? Wir haben den
Widerstand a-usgcben müssen, weil wir nicht
sehenden Auges ln den Abgrund stürzen wollten.
Wenin wir infolge der finanziellen Zerrüttung den
Kampf aufgeben mußten, so geschah es in dem Ge-
danken, daß eine Festung kapituliert, weil sie kei-
nen Proviant mehr hat, oder die Zuführung von
Proviant die Gefahr bringt, daß das ganze
Volk sich nicht mehr ernähren kann. Die „Rhein.-
Westfälische Zeitung" sagt, daß ein Reichskanzler,
der das getan hat, vor den Staatsgerichtshof ge-
höre. Ich bin gern bereit, mich vor jedem
Staatsgerichtshof zu verteidigen für das, was ich
getan habe. (Lebhafter Beifall.) Leider fehlt uns
tm deutschen Volk der Mut zur Verantwortung.
(Lebhafter Beifall.) Danken möchte ich den Män-
nern der Schutzpolizei, die in Düssel-
dorf ihre Pflicht gegenüber unerhörten Gewalt-
taten getan haberr. (Beifall.) Wir haben noch
keine Arttwort erhalten auf unser Memorandum vom
7. Juni (Hört! hört!, nicht einmal England. (Hört!
hört! rechts).
Unsere Angebote
sind das weitgehendste, was jemals ein Volk
geboten hat. (Lebhafte Zustimmung.) Sie gehen
weit hinaus über die Bedingungen-, die der
Friedensnertrag uns auferlegte. Sie haben den
großen Gedanken aufgegriffen, auch das Vermögen
der Privatwirtschaft haftbar zu machen, nur vemus-
ifukammen aus der wirtschaftlichen Knechtschaft.
Trotzdem sind auch diese weitgehenden Angebote
nicht irgendwie bisher die Grundlage gewesen für
weitere Verhandlungen. Wir haben den passiven
Widerstand ausgegeben, aber wir haben nicht auf-
gegeben die Forderung unangetasteter deutscher
Souveränität. Wir werden unsere Aufgabe
über die Wiederkehr geordneter Zustände im besetz-
ten Gebiet wiederholen. Unser ist das Land,
unser die Hoheit in diesem Laude. (Stürmischer
Beifall.) Unser Wille ist der zur Verständi-
gung. Aber es gibt eine Grenze der Ge-
duld. Bedauerlich ist die Verwechslung zwischen
der Idee der Aufgabe des passiven Widerstandes
Mit der Aufgabe des Kampfes für Freiheit und
Recht. Es ist weiter bedauerlich daß in einer Zeit,
die die Zusammenfassung aller Kräfte erfordert,
Müh
divergierende Tendenzen das Reich gefährden.
Niemals dürften dynastische Fragen, Fragen der
Staatsform oder Fragen der Partei dem Gesamt-
(BeiM links
Zuruf bei den Kommunisten:

gezeigt, durch weitgehende Inanspruchnahme von
MickMnttteln auch da, wo es nicht berechtigt war.
(Zuruf bei den Kommunisten': Stinnes!) DäW
kam, das aus dem besetzten Gebiet der Wunsch der
Bevölkerung nach Tlvvruch dessen, was sie" zu dul-

Bevölkeruug nach Mb-ruch dessen, was sie" zu dul- empfinden ferner stehen als heute,
den h atten, iMMer dringlicher wurde. Ws ich meist' und in vsr Mitte.
 
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