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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 271 - Nr. 280 (21. November - 1. Dezember)
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Heidelberg, Samstag, den 24. November 1923

Nr. 274

Jahrgang

Seschäftsftiniy««»—Svhr. Vs»«ch»
stunden der Redaktion: ll—ISiNhr.
Po8icheckkontoKarIsruheNr.LSL77.
Tel.-Adr.: VolkszcirungHtidelberi,
Druck u. Verlag der Nnlerbadisqe»
Bcrlagsanftalt E. m.b.H., Heidel-
berg. <Leschäftsftelle:Schröderstr.Z9.
Tel.: SrpeditionSNS u.Redak.LS7S.

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Demission des Kabinetts Stresemann.

gr. Heidelberg, 24. Nov.
Die Abstimmung im Reichstag
Wachts eine Ablehnung des 'Ver-
traue ns für Stresemann mit 230
gegen 185 Stimmen.
Reichskanzler Lr. Stresemann hat
lA Anschluß an die Abstimmung eins kurze
Ministerbesprechung avgehalten
Und sich dann zum Reichspräsiden-
ten begeben, um ihm die Demission
bsKGesamttabinettszu überreichen.
Der Äsichspräsident hat, wie mir
hören, Vis DsmWmr angenommen und
das Kabinett mit der vorläufigen
iDe it erfuhr ung der-Geschäfte beauf-
«agt.

Es ist so weit. Endlich ist das Kabinett Stre-
' -. :>l a I! ll- gegangen, nachdem der NeichsVatlzler,
^lle Kitkissenschiebungon des Parlanlents durch-
hanonid, den Reichstag zur klaren Entscheidung
üvcmg, die dann seinen Sturz brachte. So düster
^Uich die Aussichten sind, in die das deutsche Volk
burch diese Entscheidung — sie fiel den Parteien,
tüe politisches Veranlwortu!kg-Zgesühl besitzen, des-
?al>b sicher nicht leicht —, geraten kann., so dringend
notwendig war dieser Ausgang.
Abgesehen Volk der völligen autzenpoli-
> l j ch e n Erfolglosigkeit des Kabinetts Stre-
klin-anll, das unsere Lage noch durch die Herein-
^ssung des ShemÄligen deutschen Kronprinzen sehr
^lschwerte, bedentsts eine weitere Belassung des Ka-
binetts nichts anderes als eins» „trockenen Putsch",
ludern dieses Kabinett durch den Aus nah me-
u st and all die -leak-ionären Maßnahmen vorweg-
uKhm, die eine Aem Hergt-Holfferich eingeleitct
-'alte. Die Unterdrückung der rspublika-nischen
Elemente in Sachse» und Thüringen, gegen
die die sozialdömofWtische Reichstagsfrakttvn in den
^ehtsu Noichsta-gssitznnavir ebensosehr prote-
u l« rte wie gegen die A uslösun gder Kom-
u ll i st t schen P a r t e i, zeigte,« nn-r allzudrastifch
^ie N echt s o r i e n t i e «u n g dieses .Kabinetts,
ta-s gegen das hochverräterische Bayern keinen Mn-
Ser rührte.

Wie wett Herr Stresemann selbst schuld all
stetig zunehmenden Zerrüttung der veut-
'chen politischen Verhältnisse und damit der Zu-
?'^hme unseres sinauziellen >md sozialen Elends
wi:d erst dann sestz-rlstellen sein, lvemm die Archive
Erraten, daß die Schwerindustrie auch ihn,
An Führer der Deutschen Bolksparlei, also einen
Ar shvesl, genau so sabotierten, wie alle bisherigen
Kabinette der deutschen Republik, sofern sie das
^te», waS einzig und allein Deutschland sanieren
m»n, MmKch O P fer vo m B es i tz zu fordern.
Damit sind Win bereits bei der Mag« „Was
^U n?» angelangt. Der Möglichkeiten über die zu-
Austtge Entwicklung werden in don Blättern gar
"dnuigfache erörtert.
, Die Bildung eines B ea m t en kab i n e t t s —
^E'itz wirsd der Name des früheren Reichsschatz-
^'ikotärs Dr. Albert genannt — dürste von vorn-
^tesn aus'scheiden. ES wäre nichts anderes als die
Fortsetzung eines Kabinetts Strefemaun in ver-
..^lechterter Form und hieße mit seinem wirk-
'>lhen Namen Kaviuett Seeckt mit all den
?Nze>, einer M i l i t ä r h e rrsch aft, die für das
"titsche Volk nnKlmehnchar ist.
. Noch nnannehln,barer und eine Idiotie, wäre cs,
"e»n per Reichspräsident etwa -dem Deutsckmationa-
Herr Hergt snit der Kabinettshiduug beauf-
wülde, damit die Reaktion auf dem Trüm-
^«Haufen deutscher Voksfreiheit in einem -dann
zerstückölten Deutschland ihre Dhrönchen und
' suchen ausbauen kSniAe. Abgesehen davon, daß
,/^e deutschnationalc Regierung eine Mtnder-
, "itsregierung wäre — zur Bildung einer
^.''che!? gäbe es immer noch bessere Möglichkeiten als
Veutschniationales Regime — würde eine solche
t.Hsierung unser innen- und außenpolitisches Elend
f Unerlneßliche steigern, so daß das verzwei -
z pte deutsche Volk bald inmitten des Chaos
"»re,
tz ^stzter Ausweg aus der total zerfahrenen
>>ll^" 'väre daher, nachdem die Deutsche Volkspariei
tz^^rastisch ihre Rogierungsfähigkcit dokomenlierte,
b tz Vi lduuig einrs entschlossenen Linkska -
etts, das alle zuverlässigen Dbüger der Wei -
iß-.s? br Verfassung zur Aufrechterhaltung -es
s^tztz'^ves von Reich und Republik zusammerv-
^wrißt Kampf gegen die Feinde der Republik und
Hx-»??vng der Finanzen in der inneren Politik,
dx?,!"*üdigung mit Frankreich durch eine wahrhaft
Mau/Eiche Politik nach außen müßte das Pro-
ßyr "'''er solchen Regierung sein, die dann, aber
haft -d " " ü Erfolg haben kann, wenn sie die wahr-
lche» » igsten und entschlossensten Träger der deut-
Republik in sich vereinigt.
h'sit n innere Stärke und die nötige Entschlossen-
blj.. solche entschiedene repu --
Ülelu, "" ''He N e g i e r u n g — die allerletzte
üdsuröglichkeit flir Reich und Republik — zu
Baty werden wir ja sehens

Die AZlehnuug des
VerLrKNensVStuMS iM Reichstag
Berlin, 23. November.
Dem Reichstag liegen verschiedene An-
träge voai; darunter folgender sozialdemokratischer
Antrag:
„Die Reichsregierung hat den militärischen A u s-
nahmezustand gegen Sachsen und Thüringen,
ohne daß hierfür sachliche Gründe Vorlagen, in schärf-
ster Form angewandt, gegen die verfassungAwtdrigen
Zustände in Bayern aber nichts Entscheidendes
getan. Sie hat daher nicht das Vertrauen
des Reichstags."
Reichskanzler Stresema«n erklärt: Der An-
kag Müller-Frauken und Genossen spricht sein
M -itztr a u e n s votu m gegen die Regierung aus,
das im einzelnen motiviert ist. Diese Motivierung
des MitztuauenAvotnms ergibt parlamentarisch prak-
tisch die Möglichkeit, das; die eingegangenen Miß-
trauenIvoton aus ganz verschiedenen Be-
weggründen KW« ab gelehnt würden. Die
Roichsrogiernug hat nichtdie Absicht, ihre Ge-
schäfte fortzuführen auf Grnrch irgeitd einer durch
solche parlantcntartfche Aritlnnetik herveigefüyuten
EnUcheWung. Die Reichs regiernng fordert eine
klare, unzweideutige Entscheidung
darüber, ob sie das Vertrauen des Parlaments
besitzt oder Ȁcht. Ich richte daher an die Irak-
li one n,'die der Regierung nahe stehen, die Bit! e,
durch Einbringung eines Vertrauensvotums
eine klare Entscheidung herbeiwsichren.
Auf diese Erklärung hin bringt Abg. Dr. Scholz
(D.VP.) ein von ihm, Marx (Zir.) und Erke-
lenz (Dem.) nnterzeichnetes Vertrauens-
votum ein, das omr befagi:
„Der Reichstag spricht der Reichsregierung sein
Vertrauen aus."
Abg. M tt ll e r-.Franken (Soz.), der aus den
AuSführuuigen des Kanzlers einen Vorwurf ge-
gen dir Sozia'ldenrokratem ver-awsgelesen hat, betonte,
es habe in keiner Weise in der Absicht der
Sozial d e m okratie gelegen, durch Herbeifüh-
rung einer solchen politischen Arithmetik einen Zu-
stand der Unklarheit herbeizusühren.
Der Reichskanzler erklärt, daß seine For-
derung sich auf die AiiHe-utn-ngen der Presse gründe,
als ob die Negierung sich am Ruder erhalten
wollte, indem sie durch Aus spielen der einen
Fraktion gegen die andere die Ablehnung des Miß-
trauenAvotnius herbeiführe.
Mbg. Erkelenz (Dem.) erklärt, alles in allem
hat sich das neue deutsche Heer sufveuAch entwickelt
trotz der mißtrauische!» StellunMahme der Sozial-
demokratie gerade dieser Siaatseimrichtuivg gegen-
über. ES ist aber bedauerlich, daß General Rein-
hardt in seiner sonst so vortrefflichen Stutz gar ter
Rede dm Satz ausgesprochen Wk, daß die Verfassung
gehe »md komme, also ein vorübergehender Zustand
sei, daß ihr gegenüber die Reichswehr der ruhende
Pol sei. Es ist eil« Irrtum, die Hebung der deut-
schen Wirtschaft als eine Frage der Arbeitszeit
hin;»stellen. Wenn wir zu einer anderen Währung
und zu einer Regelung der außenpolitischem Fragen
kämest, würde das auch der deutsche,« Wirt-
schaft wieder zugute kommen. Wir sind bereit, die
jetzige Negierung zu unterstützen, auch schon
aus dem Gvuudc, daß Deutschland heute nichts we-
niger braucht als Regierungskrise».
Abg. Koen -e u verlangt zur Geschäftsordnung
die Aufhebung des heute durch General Seeckt
ausgesprochenen Verbotsder Kommunistt-
s ch e ss Partei und der kommunistischen Jugend-
organisation: ferner, daß dieser Antrag mit
zur Debatte gestellt und den Reichskanzler aufgefor-
dert werde, dazu Stellung zu nehme».
Der Antrag auf Besprechung bedarf der Unter-
stützung durch 30 Mitglieder. Diese Unterstützung
fsndet sich nicht. (Lebhafte lärmende Zurufe der
Kammuisriftsn, die wiederholte Eingriffe sdeS Prä-
sidenten und w'iödsHMe Ordnungsrufe zur Folge
haben.) Die allgemoiwe Aussprache wird daun
fortgesetzt.
Abg. Leicht (Bayr.VP.) bezeichnet den Münche-
ner Putsch als ein Verbrechen. Abgelehnt werden
müssen Klaffenhatz und Rassenhaß, denn beides ver-
trügt sich nicht mit den Grundsätzen des Christen-
tums. Das spreche ich auch auf die Gefahr hin aus,
ans die Proskripkionsliste zu kommen.
Rebchswchrmiuister G e tz l e r verteidigt den Aus-
nahmezustand mit den gewaltsamen Plänen
der Kommunisten und Nationalsozialisten. Die
Kommunisten haben den Vorzug, klar auszu-
sprechen, was sie wollen, während die Herren von
Gräfe und Henning ihr Ziel nicht hier, son-
dern nur in ihren Versammlungen klar aus-
sprscheu, nämlich die gegenwärtigen Verhältnisse und
die Verfassung der deutschen Republik mit Waffen-
gkwaSumzuwerfen. Die Nationalsozia-
listen und die Kommunisten, die in ihren
Zielen so verschieden sinh, sind einig in ihren
Mitteln, näMlich tn der Anwendung der Waffen-'
gewalt. (Zurufe der Kommunisten.) Wir sind)
entschlsssM, jeglichen Versuch eines gewalt-!,
tätigen Umsturzes der Verhältnisse in Deutschland, 8

komme er woher er wolle, mit allen Mitteln ent-
gegenzutreten. (Beifall.) Der Minister geht
dann auf die einzelnen Beschwerden aus Sachsen
und Thüringen ein und sucht nachzuweisen, daß
es sich meist um Uebertretnngen und Unrichtigkeiten
handle. Alle Beschwerden werde ich dem Militär-
b-csehlshaiber zur schleunigen Berichterstattung wet-
tergeben. Da ein großer Teil der Bevölkerung in
Bayern, Sachfen und Thüringen das Gefühl hat,
rechtlos zu fein, müssen wir dafür sorgen, daß
dieses Gefühl in des« bürgerlichen Kreisen verschwin-
den kann. Die Kommunisten müssen sich damit
abfinden, daß die Regierung einstweilen noch ans
Grund der Verfassung die Macht in Händen hat.
Solange die Kommunisten die Gewalt wollen, hat
jede Regierung die Verpflichtung, sich vor
Uebesiraschungen zu schützen. Mehr haben wir
nicht Man, und mehr werden wir Nicht tun.
Abg. Dr. Rosenfeld: Das Material des
Reichskanzlers smd des Reichswehrministers aus
Sachsen und Thüringen ist erbärmlich. Noch
heute wurden in Sachsen die Verhaftungen fort-
gesetzt. In kurzer Zeit sind dort 34 Tote und
einige hmsdert Verwundete zu verzeichnen gewesen.
Jetzt habe der miRtärtsche Befehlshaber Li« Polizei-
bemnten und die Regierungskonnnissare, die Ver-
rraiMnsleute der verschiedenen Parteien find, abge-
setzt wegen ihrer Berichte über die „Bestialitäten"
der Reichswehr. Rosenfeld erhebt sodann schärsfsten
Einspruch gegendas Verbotder Kommu-
nistischen Partei usSd ihrer Einrichtungen im
ganzes, Reiche. (Beifall links.)
Thüvingischer Ministerpräsident Frölich wie-
derholt als Antwort auf die Rode des Reichswehr-
ministers seine Beschwerde gegen das Vorgehen der
Reichswehr in Thüringen. Schutzorganisattonen der
Linken hättes, sich erst gebildet, nachdem die Gebstm-
büude der Rechtsradikalen, osfsn zum politischen
Mord aufgefordert Hatzen. Wesen die Sozialdesno-
kraten Thüringens gemeinsam mit den Kommunisten
arbeiten wolle», so fei das Sache ihrer eigenen
freien Vereinbarung, da bet Koalitions-
regierungen die Parteien sich überall verständigen
müßten. (Beifall links.)
Abg. Fröl ich (KoriNN.) protestiert aufs schärfste
gegen das erfolgte Verbot der Kommunistischen Par-
tei und erklärt: Wir pfeifen aufdieses Ver-
bot, wir lachen darüber, Weik es Vos« einer Macht
auAgesorochon wird, die selbst am Zerbrochen ist.
(Beifall bet von Kommunisten.) Der romsimnistifche
Redner schließt mit der Verlesung einer näherest
Erklärung seiner Fraktion, in der es u. a. heißt:
Wir rufen das deutsche Proletariat in die-
ser Stunde auf, sich bereit zu halten zum Kampf«
auf Leden und Tod gegen diese Diktatur!
Abg. Koe« en (Konmt.) springt auf die Estrade
und ruft tank: „Die kommende Weltrevolu -
tion und die Kommvunistische Partei, sie lebe
hoch! Di« kommunistischen Abgeordneten des Hau-
ses und eine Anzahl KonmtMsisten auf den Tribünen
stimmte in das Hoch ein. Zuerst ist das HauS ver-
blüfft, dann erfolgt allgemeine Heiterkeit.
Abg. Wegmann (Soz.) protestiert gegen die
Art, wie der Reichsloch rmimster Dr. Geßle r die
begründeten Beschwerden der sächsischen such thürin-
gischen Regierungen abgetan habe. Die Arbelter-
Parteten müßten jetzt einig zusammen den Kampf
gegen die übermächtig« Reaktion aufnehmen und ihn
auf die Straße tragen.
Abg. Hennin g (Dvöik.) erklärt, ihm liege jede
Hetze gegen die Katholiken fsm. Der Kampf gegen
Rom habe smhts mit religiösen Fragen zu tun.
Ehrhardt sei der schärfste Gegner der völkischen
Bewegung; er habse dieser Bewegung den Dolch in
den Rücken gestoßen, als er sich auf die Seite von
Kahr schlug.
Nach einer hakbMsMgen Pause erfolgen die
Abstimmungen über die Anträge.
Das Vertrauensvotum der bürgerlichen
Arbeitsgemeinschaft wird in,, amcntli ch c r Ab-
stimmung mit 230 gegen 155 Stimmen bei 7 Ent-
haltungen abgelehnt.
Für den Antrag stimmen nur die Deutsche Volks-
partei, das Zentrum und die Demokraten.
Die Gegner des Antrags setzen sich zusammen
aus den Deutschnationalc», den DentschvSlktschen,
den Sozialdemokraten, den Kommunisten, den beiden
unabhängigen Sozialdemokraten, den Deutsch-Han-
noveranern und anscheinend auch aus einem Teil der
Bayerischen Volkspartei. Die übrigen Mitglieder
der Bayerischen Volkspartei und der Bayerische
Bauernbund enthielten sich der Stimme.
Präsident Löbe stellt fest, daß
der Reichstag damit der Regierung das
Vertrauen versagt
hat. Die Mißt rauensanträge sind damit
«erledig t. Nach dieser Feststellung verlassen die
Reichsminister den Saal.
' Alle A n trag e der Sozialdcnwkra-ten und Kom-
munisten, die sine Aufhebung oder AbschwäHmis

des Au s u a h m e z ust ande K verlangen, werden
gegen die gesamte Linke abgelehnt, ebenso ein
Antrag der Kommunisten, alle SchuHhaWefehle und
Zeituingsvcrbote, die während des Ausnahmezustan-
des vsslhängt worden sind, rückgängig zu machen.
Für einen kommunistischen Antrag: „Die au dein
Hochverrat in Bayern beteiligten Personen, insbe-
sondere die Herren Kahr, Ludendorff, Seltzer und
Hitler sind sofort zu verhaften und aSzuurteileu",
erheben sich anfangs nur die Antragsteller und die
Sozialdeinokra-tesr, nachträglich scher auch noch einige
Mitglieder der Demokratischen Partei und Frau v.
OheANb von der Deutschen VoMspärtei. Die Aus-
zählung ergibt Mlshmmg des Antrags mit 193
gegen 166 Stimmen.
Die Haltung der demokratischen Frak.ion gegen-
über diesem Antmg, die auf der Linken stürmische
Entrüstungs-Kundgebungen hervorruft, wird in
einer kurzen Erklärung des Abg. Dr. Petersen
dahin erläutert, daß seine gesamte Fraktion schärf-
stes Vorgehen gegen die Hochverräter verlange, ein
Eingreifen des Parlaments in di« Justiz aber in
jedem Falle für falsch halte.
Präsident Löve schließt um 8 Uhr die Sitzung,
nachdem er die ErmäMigung erhielt, Zeitpunkt und
Tagesordnung der nächsten Sitzung selbständig zu
bestimmen, wem« die aus der« heutigen Abstimmun-
gen sich ergebenden Folgerun g e n gezogen wor-
den find.

Die Lage im Reich.
Verbot und Auflösung
der kommunistischen und national«
sozialistischen Parteien.
Berlin, 22. Nov. Durch den MilitiirbefehlS-
haver v Seeckt ist di« Kommunistische,
DeutschvölkischeuRationalsozialtsti-
sche Partei fürs gesamte Reichsgebiet aufge-
löst und verboten. Das gesamte Vermögen
und die Einrichtungen dieser Parteien ist be-
schlagnahmt. Wer sich weiter als Mitglied
dieser Parteien betätigt, durch Zahlung von Bei-
trägen, Vermittlung oder Beförderung von Nach-
richten, Uetzerlassung von Räumen, Herstellung und
Verbreitung von Schrifterzetigniffen oder durch an-
dere Mittel Vorschub leistet, wird nach 8 4 der Bee-
ordnung vom 26. September bestraft. Desgleichen
ist das Tragen von Fahnen «nd Abzeichen dieser
Bereinigungen verboten.
Die Begründung des Verbotes dsr Komm«-
nisttschen Partei lautet:
Dis Kommunistische Partei ha« durch ihm» be-
waffneten Aufstand in H a m bürg, durch die Be-
tätigung ihrer übrigen Bezirke — namentlich in
Sachsen und Thüringen — und durch die
Aufrufe und Rundschreiben der Reichszentrale
in den letzten beide» Monaten erwiesen, daß sie
bestrebt find, Soldaten der Wehrmacht zum Unge-
horsam gegen ihr« Vorgesetzter« und die Bevölke-
rung zum Widerstand gegen die Anordnnmigm der
Inhaber der vollziehenden Gewalt zu verlosten und
durch PEischou Generalstreik und bowasfneteii Auf-
stand die verfassungsmäßige Staatssorm des Deut-
schen Reiches umzustürzen. Die kommunistische
Jugend hat sich an diesen Bestrebungen durch
die Tat und durch mündliche und schriftliche Kund-
gebungen beteiligt. Die 3. Internationale,
vor die K.P.D. und die K.J. angeb ören, Hai diese
Vestrcbmrgen begünstigt und für sie durch Schriften
geworben. Das gesamte Vermögender in 8 1
aufgelösten und verbotenen Vereinigungen und Ein-
richtungen wird beschlagnahmt. Ebenso unterliegen
alle Gegenstände, die zur Förderung der Ziel«
und Zwecke der aufgelösten und vWvotenen Ver-
einigungen bestimmt sind, der Beschlagnahme, und
zwar ohne Unterschied, ob sie der Vereinigung ge-
hören oder nicht.
Die Begründung des Verbotes der National-
sozialistischen und Deutschvölkischen
Freihsstspamtei lautet:
Die Nationalsozialistische Arbeiterpartei hat es
unternommen, Soldaten dar Wehrmacht zum« Un-
gehorsam zu verleiten und die Regierung des
D« ntstben Reiches durch bewaffneten Auf-
stau- zu Mrzen. Die DeutschvSlkisch.e Freiheits-
partei vertritt - tes e l b en Z ie l e wie die Natio-
nalfozial'istifcho Arbeiterpartei. Ihr Führer, von
Gräfe, hat an dem Umstmizverfuch toilgeiiossmien,
ihn öffentlich ausdrücklich gebilligt und Dabei die
Soldaten der Wehrmacht zum Ungehorsam aufgo-
fordert. Das gesamte Vermögen -er in 8 1 aufge-
lösten und verbotenen Vereinigungen und Einrich-
tungen wird beschlagnahmt. Ebenso unterliegen
alle Gegenstände, die zur Förderung de» Ziele und
Zwecke der aufgelösten und Verbotes«» Vereinigun-
gen bestimmt sind, der Beschlagnahme und zwar
 
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