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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 291 - Nr. 300 (14. Dezember - 27. Dezember)
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Jahrgang

Heidelberg, Samstag, den 22. Dezember 1923

Nr. 298

Bezugspreis einschliekltch TrSaer»
II »'N wöchentlich 70 SolLpsenntye.
Siujeigentaris: Die einlp.Petit,e,le
ob. deren Raun, <8Kmm br.) LÜ Ptg.
f. Auswärtige M Pig. Kleine An«
zeigen u.Familiennachrichten liPig.
Rellameunzcigen (74 nun breit) SÜ
Pig , desgl. für auswärts l Mark.

8E LWM «Mtz «eschäft-stund«,,-«»^ SMDch.
>AÄ MH. stunden der Redaktion: U—U0M
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sein

zum
kui-

Fraulreich der Anlaß, seine Fäden um so fester zu
knüpfen. Seit längerer Zeit befindet sich H e rri o t,
der Bü-rgermeister von Lyon, erneut in Ruß-
land und vielleicht befinden wir uns bereits wieder
vor dem Zustandekommen einer zweiten En-
tente zwischen Frankreich und Rußland,
die die Außenpolitik Deutschlands völlig hoffnungs-
los machen würde.
Was gedenkt Herr Dr. Stresemann zu tun,
um die deutsche Außenpolitik endlich aus dein ver-
hängnisvollen fehlerhaften Zirkel -herauszuführen?

gen ein Zusatumenarbesten mit den Demokraten
mS.gi.ich sein würde. Die M ind erh eit der L-and-
tagsfralktkm bekämpfte die Entsendung einer
solchen Kommission.
Weiler wird in dem Schreiben der Landesinstan-
zen die Bildung einer Koalitionsregierung
wie auch die Einberufung eines Landesparteitags
bekämpft und die Auflösung des Landtags verlangt.
Die sächsische Partei, so schließt der Bericht, hat sich
auf alle Fälle aus einen -entscheidenden Wahl-

kampf einzustelleu, -damit eine klare soziaKstisch«!
Politik über die Machtansprüche der kapitalistisches
Parteien und die parteicgoistischsn Do guten der
K.P.D. den Sieg davouträgt.
Dresden, 21. Dez. ReichSwehrminister Dr.
Getzler empfing anläßlich seines Aufenthaltes itt
Dresden auch eine Delegation der sozial demo-
krati scheu L and ta g s fr akt i o n, die u. a.
auf das Unhaltbare des schon viel zu lauge dauern-
den Ausnahmezustand es hduwies. In un-
terrichteten Kreisen wird -angenommen, daß der
Ausnahmezustand in der ersten Januarhälst« auf-
gehoben wird.

Die Ursache der Oppauer Explosion
nicht zu finden.
Berli n, 21. Dez. Der Oppauer Uittevsuchtmgs-
ausschus; des Reichstags hat in seiner zwölften
Sitzung die Untersuchung durch Feststellung eines
eingehendem Berichtes beendet. Am Schluffe des
Berichtes heißt es: „Bet dem Explosionsunglück in
Oppau handelte -es sich um eines jener BetriobS-
ui'.Würke, deren Ursache durch alle Anstrengungen der
Untersuchung und Zuhilfenahme der Wissenschaft
;ud Technik tnchk zuverläffig ergründet toerdeu kann."
Für das künftige Verfahren bei der Verarbeitung
gleicher Düngesalze wurden neue Sicherheitsvor-
schriftcn erlasse».

Der Reichsfinanzminifter in
Karlsruhe
Karlsruhe, 21. Dez. Alltäglich der hiesigen
Anwesenheit -des Reichsfinauzmfittsters Dr» Luther,
der gestern abend Hier eingctroften ist, fand gestern
abend eine Zusammenkunft vo» Vertretern der In-
dustrie. des Handels und der Arbeiterschaft, sowie
von NUtgliedcrn des Reichstags, des Landtags, der
Mimslerieu und der Stadtvcrwalttnlg ftM. Staats-
'.'räsident Dr. Köhler begrüßte den Rot-chsftnanz-
nüHilster, der sich darauf in tätigerer Darlegmeg über
die Einführung der Rxntonmark und ihre währungs-
i olilifclte Bodenimrg veibrettete. Die Darlegungen
trüge» vertraulichen Charakter. — Heute vormittag
erörterte Dr. Luther mit den Mitgliedern der badi-
schen Regierung die schwebenden Fincmzstageu.

Internationale Lage.
Die äußere Politik Frankreichs.
Parts, 21. Dez. Poincarä ergriifs heut«
bei der Juierpellationsdebatte über die äußer« Po-
litik das Wort. Der Minister begann mit der Er-
klärung, daß nach seiner Neberzeuguug die sehr große
Mehrheit des französischen Volkes die äußere Politik
der Regierung billigt, Poiucare geht dann zunächst
aus die Beschwerden -der sozialistischen und koniiuu«
mstischen Interpellanten ebn und er versichert dabei,
in den Archivs» deS Quai d'Orsay hab« sich kein
Beweis dafür gefunden, daß Frankreich die bayeri-
schen Separatisten unterstützt habe. Pein; Usen «
bürg sei ubemals von ebnem Beamten des ftan-zö-
sischeii Außenministeriums empfangen wordei;; dtt
Regierung hab« den Major Richert kodneswcgs er-»
nnlttgt, sondern im GegeuieSl desavouiert. PoimarL
fährt fort, einige Redner hätten erklärt, sie wollten
der Regierung ihr Vertrauen bekunden, könnt««
aber die Politik nicht billigen. Dieses bedingte Ver-
trau«» kömtte er nicht «»nehmen. Man könne di«
RegierungspMtik nicht bMgeir und zugleich nriß-
brMgeir. Potucarö gibt donjetttgen Kritikern seiner
MußenpMkik, welche di« wirtschaftlichen Schwierig-
keiten infolge des Fra nken stu r z e s durch die
Ruhrarti o» erklären, zi« bedenkmr, daß Deutsch-
land im Spätherbst 1922 Einstellung alle« Barzah-
lungen und der Kohlenlieferuugen sowie (Anstellung
der sonstigen Sachltofenmgen gefordert Hat. Ml«
Verbündeten hätten die dmnaltigeu deutschen Vor-
schläge als unannehmbar bezeichnet und sie abge»
lehnt. Ohne die Erfassung von Pfändern wtftch«
Frankreichs wirtschaftliche Lage heute schlechter
sein.

Die Sleuerverordnurrgerl.
Bert i n, 20. Dez. Im F ü u f zehner - Aus-
s ch u ß des Reichstages ivurde die Beratung Über
die E i n k o mmens - und Körpersch as t s -
ft -e u e r n 1923 und 1924 (Art. 1 der zweiten StsüLli-
uowerordnnua) abgeschlossen. Hierbei wurde
ein Antrag angenommen, worin der Regierung emp-
fohlen wurde, in dem 8 33, der die Vorbereitung der
Veranlagung sür die landwirtschaftlichen
Betriebe behandelt, einen Satz zu stretchen, ge-
nräß dem noch Bestimmungen über die Berücksichti-
gung des vom Kalenderjahr abweichenden Wirt-
schafts- (Geschäfts-) Jahres der abschließenden Rege-
lung Vorbehalten bleiben sollten. Der Ausschuß
wandte sich Hierauf den die Vermögenssteuer
bohandelnds» Artikeln ll zu. Hierbei wurde der Re-
gierung empfohlen, für die Wrrtermittelung bei
Grundstücken wicht vom VorkriegsweK ausgehen,
sondern vom W eh rb e i t rags w e r«, der ent-
sprechend den heutigen Verhältnissen berichtigt wer-
den soll. Weiter entschied sich der Ausschuß dahin,
es uröge eine Vermögenssteuer bei Personen, die
über 60 Jahre alt oder erwerbsuufähig sind, nicht
erhoben werden, w-cnu das gesamte abgerundete ver-
steuerba« Vermögen (nach 8 7 Abs. 2) den Betrag
von 20 000 Goldmark (statt in der Vorlage 15000
Goldmark) nicht übersteigt. Damit war dir Ver-
mögenssteuer vom Ausschuß durchgearbeitet.
Bei Beratung der Umsatzsteuer beschloß der
Fünfzehrter-Ausschuß, der Regierung uahezulegen,
den 8 2, der sür das Jahr 1924 einen Umsatzsteuer-
satz von 2X- Prozent einsühreu will, zu streichen, so
daß VeralteSteuersatz van 2 Prozent in Kraft
bleiben soll. Ferner wurde «ine Entschließung Mit-
genommen, wonach die freien Berufe, insbe-
sondere di« Künstler und Schriftsteller, für das Jahr
1924 von des Umsatzsteuer befreit werden mögen,
soweit ihr Einkommen eine bestimmte Mindest grenze
nicht übersteigt.
Bet der Kraftfahrzeug st euer wurde vom
Ausschuß angeregt, die im 8 1 Nr. 2 «tthaltonen
Steuersätze zu verdoppeln.
Die Betriebs st euer der Arbeitgeber und sein, sestzustellen, unter welchen Beding» n
di« Landabgabe werden mit dem 1. Januar 1924
aufgegeben.
Alsdann wurden die Beftimuluugen Mer die
Verbrauchsab gab« nz Alle, Liber das
Branntweinmonopol, die Skeuergeldstrasen und über
das B este uerun gsverfahreu uird S teuerstrafverfahren
behandelt. Zmn Artikel 17 über Kapitalflucht wurde
ein Antrag angenommen, wonach § 7 Abs. 1 Nr. 4
des Gesetzes gegen die Kapitalflucht dahin
geändert werden möge, daß di« Michncchtüe eines

Die Lage im Reich.
Das Ermächtigungsgesetz
in Württemberg angenommen.
Stuttgart, 21. Dez. Der württembergische
Landtag hat das Ermächtigungsgesetz mit 68 gegen
24 Stimmen, also mit der erforderlichen Zweidrittel-
mshPheit, angenommen. Damit ist die Gefahr einer
Regierungskrise behoben.

Republik Baden.
Abbröckelung des „Hochfchulrings
deutscher Art".
Im Anschluß a» die Münchener Vorgänge brösel«
der deuischvöMsch eingestellte „Hochschulring deutscher
Art" merklich ab. In Heidelberg sind die C.V.-Ver-
birlduugen „Arminia", „Ripurta" und die
christliche Verbiuduug „Wingolf" aus dem „Hoch-
schulriug" ausgetreten, »vett dieser es abwhnte,
ei>re Resolution auzuuehmen, in der das Verhalt«»
des Münchener Hochschuvinges deutscher Art gegen
Kardinal Faulhaber mißbilligt wurde.
Es ist erfreulich, daß endlich sich in .acholischen
Studen-tenkreisen sich die Einsicht Bahn bricht, daß
„deutsch-völkische Eiustelluns" und Christentum sich
wie Feuer und Wasser scheiden. Leider kommt dies«
Erkenntnis reichlich spät nah ist noch nicht allge-
mein durchgedrungen, denn z. B. die C.-V.-Verbin-
d-mig „Palati a" in Heidelberg hat sich dieses Ävns-
trittsbelvegniug nicht a-ngeschloffen.
Der Vielseitige Ehrendoktor.
Im imriomMstlschen „Karlsruher Tage-
blatt" veröffentlicht der mit dem Heidelberger
Ehrendoktor belastete politisch sehr waiMungsfähige
Ha-uptlehrcr Dr. Krieck von Mannheim einen Ar-
tikel, der a» Unrichtigkeiten, Schiefheiten und Un-
wahrheiten kaum zu überbieten ist.
Herr Dr. Krieck pflegt über viel« Dinge
zu schreiben; aber in jedem feiner Aufsätze wird
mindestens ein an den Haaren herbeigezogener So
zialdemokrat lebendig verspeist. I»
dem vorliegenden Artikel Wirst er nun der Sozial-
demokratie in Baden vor: sie habe nichts sür «in«
Schisireform getan; ihre Minister seien „scharfe Geg-
ner der neuen Lehrerbildung", st« habe „eine ganz«
Anzahl von Genossen tn gehobene Stellen" gebracht,
in Thüringen „durch ihre Personalpokitik die Un-i-
vehsttät Jena zerrüttet" und sei „am Beamlenah-
bau schuld".
Nicht weil wir Herrn Krieck sür einen Mann hal-
tcn, den irgend jemand politisch ernst nimmt, son-
dern um der Sache willen möchten wir folge-ideZs
feststen«»:
Wenn die Sozialdemokratie in Baden nicht in
dem Maße Kulturpolitik betreiben konnte,
wie sie es selbst wollte — stehe LandesschuWonfe>
rcnz rund Landtagsberichte — so lag das an den
allgemeine» politischen Schwierig-
keiten (über die freilich Politiker wie Dr Krieck
kM» hfnweatougrieren) und an den besonderen po-
litischen Kräfteverhältnissen tn Ba-
d« n. Soweit sie — die keinen KuwtsminGer stritt
— fördernd eingreifen konnte, hat sie das getan. Zui
der Behauptung, daß die sozialdemokratischen Mit»
g'-ieder des Kabinetts scharf« Gegner -der Lehrer-
bild» u g seien, wird wohl der Gewährsmann dcS

Wertes von nicht mehr als 60 Gokdmark frei
soll gegenüber 50 Goldmark in der Vorlage.
In der Diskussion kau« von allen Parteien
Ausdruck, daß angesichts der verhältnismäßig
zen Zeit, die dem Ausschuß zur Beratung zur Ver-
fügung stand, eine eingehendesachlich «Kri-
tik der Vorlagen kaum möglich Warr Die
Mitglieder des Ausschusses wiesen daher erneut
darauf hin, daß nach dem Beschluss« des Reichstags
der Ausschuß lediglich zur Anhörung für die aus
Grund Les Erinächtigungsgesctzes von der Regie-
rung erlassenen Verordnungen bestimmt, sei, und daß
daher die Verantwort u u g für die Verordnun-
gen im vollem Umfange der Reichsregierung
verbliebe.
Berlin, 20. De». Der Geschäslsord-
nungsausschuß des Reichstags befaßte sich
mit der Frage der Z u la s s nu g v o n Ab g eo rd -
neten, die uieyt Mitglieder des Füuszshner-Aus-
schusfes sind, zu den Beratungen dieses Ausschusses.
Anlaß hierzu gab di« Ausweisung des kommunisti-
schen Mgeordneten Dr. Herz selb aus einer
Sitzung dieses Ausschusses uiid eine Beschivsidr der
kommmristischen Fraktion. Der Ausschuß beschloß
mA Esu gegen drei Stimme», der Beschwerde nicht
st attz u geben. Die Beratungen des Ftiufzey-
ner-Ausschnsfes, der bekanntlich nach dem Ermäch-
tsgungslgesetz vo» der Regierung vertraulich
zu h Sren ist, stutz demnach nichtöffentlich, muh
tn dem Sinuc, daß nur diejenigen Abgeordiretcn
zuzulassen sind, die Mitglieder des Ausschusses
selbst sind.
Vom bayerischen Landtag.
München, 20. Dez. (Eig. Bericht.) Die durch
Aviehmnkg des Ernrächtigi i n gs geleheS gefchafseue
Lage -ist initueV noch nicht geklart. Die sozial-
demokratische Fraktion ist bereit, dem An-
trag aus Landtagsauflösung zuzustinnnrn,
wenn zuvor ein neues Wahlgesetz geschaffen
wird und durch die Auchebimg des Ausnahmezu-
standes die Wahlfrei beit garantiert ist. Dte
Fraktion stellte deshalb Ab an den mgsa n träge.
Nach 1)L stündiger LarrdtagSdebatte über dir ver-
schiedeneik dem...Püumm überwieseumr Einträge de»
Bayerischm Votkspartot m«d der M-ittelpartei wurde
zunächst der Antrag der Bayerisch«» Volksparkei auf
soforttge Auflösung des Landtags zurückgestellt, bis
die dem Ausschuß überwiesenen Abänderungsamröge
erledigt sind.
Bei de» Abstimmung über den Antrag der
Deutschnatioualeu Mittelpartei wurde der Absatz, der
eine Abänderung des Wahlgesetzes zur Vcrmiude-
ncug der Zahl der Abgeordneten um ein Drittel ver-
langt, mit Men gegen di« Stimmen der Bayerischen
Volkspartei angenommen.
An der uamervtlicheu Abstimuumg über der« Ab-
satz. de» ein« Verringerung der Zahl der Ministerien
auf 5 verlangt, betEgteil sich 112 Abgeordnete; da-
von stimmten 73 für den Antrag, 10 dagegen (Bau-
eruvmrd) und 59 enthielten sich (Bayerische Volks-
partei). Auch dieser Antrag war dmuit ange-
n o m i» e».
Uever die Art der Znsmuureuleguug der Nöiui-
sterien läßt sich noch nichts bestimmtes sage». Vor-
aussichtlich verschwinden die M irüsierien füs soziale
Fürsorge, HEdcl und LmMvirtschaft oder diese
drei- Ministerien werden in einem MirtschastSurini-
sterium zufammengesaßt in«d das Justizuituisteri-inu
UM den» Jimenmiuistertmn vereinigt.
Kommunistische Schädlingspolitik.
Aus Dresden wind uns geschrieben:
Der Landesaiksschuß der V.S.P.D. stellt in einer
Zuschrift au die Partolpresse fest, daß der Versuch,
mit kommunistischer Unterstützung eine
so;iaWemokrarisisu Miuderhettsregierung auftechtzu-
erhalten, au den unmöglichen Fordemngen der K.P.
scheiterte. Es beißt in der Zuschrift u. a :
Zum Beispiel verlangten die Kommmristeu di« Be-
waffn» ng d e r A rb c it e rscha s t und Demou-
strattoiren, um auf der Straße gegen die Militär-
diktatur zu protestieren. forderten eine TEik,
die angesichts der Situation im Lande und der ge-
gebenen MEwerhäUniffe zu einer sicheren Nie-
derlage der Arbeiterschaft führen müßte.
Die Konuuunist-eu wollen offenbar zur Zeit keine
Verständigung mit unserer Partei. Sie hatten sich
bereits vor den Verhandlungen aus Neuwahlen
des Landtags sestgelegt. Der sächsische RegieMrgs-
vpparat ist zmn mindesten mr Sinne.der Verteidi-
gung proletarischer Jute reffen ein wichtiger Stütz-
punkt. Ihn zu halten wäre proletarische
Pflichterfüllung. Dazu aber sind die Kom-
munisten zur Zeit nicht bereit.
Am Dienstag befaßte sich die Landtagssraktion
der V.S.P.D. mit der nunmehr gegebene» Lage.
Sie beschloß, eine Kommission von drei Män-
nern zu wählen, um mit den Demokraten in
Fühlung zu treten. Ausgabe der Kommission sollt«

* Heidelberg, 22. Dezember.
Auch di-, neueren Schritte dos deutschen Außen-
ministers scheinen das Tor ins Freie nicht rocht öff-
nen zu wollen, da Stresemann auch heute noch -nicht
Len Mut hat, durch eine klare Politik der Verständi-
gung und Erfüllung neues Leben in Deutschlands
außenpolitische Lethargie zu bringen. Es fehlten
de;» Deutschen Reiche von jeher Männer der Außen-
politik — Bismarck blieb sine vereinzelte Aus-
nahme und der Staatsmann der deutschen Republik,
Mathe na u, wurde gemeuchelt —, die etwa im
Sinne der Pitts, Palmerstons und anderer
alle autzouvolii'ischen Fäden fest in ihren Händen
hielten, und die zumeist instinktiv das Richtige er-
faßten. Es ist der grenzenlose Jammer der deut-
schm Republik, daß sich auch jetzt, nach dem Sturze
der Dynastien, die MlßonpMtik von den dynasti-
schen Traditione n nicht losz-umacheu wußte.
Gegenüber den Simons, Rosenberg und
Stresemann ist Poincar« wahrhaftig eine
Kapazität in seinem Fache. Das vermag auch
sein schärfster Gegner nicht zu bestreiten. Die fran-
zösische Außenpolitik der Nachkriegszeit ist außer-
ordentlich erfolgreich gewesen und sie ist es auch
fürderhin, obwohl sich gerade in diesen Tagen Au-
zeichen einer Umstellung bemerkbar machen.
Man sage nicht, daß di« Voraussetz u rr g e u
einer vernünftigen Außenpolitik in Deutschland nicht
«ogcbeu waren-, da der Weltkrieg und der Vertrag
von Versailles alles in den Abgrund rtsson. Im
IM re 1814 befand sich Frankreich in einer
flau; ähnliche» Situation. Marr stelle sämtliche
Autzeuininister der deutschen Republik dein Liquida
tor der napoleonischen Aera, dem fianzösiscuen Un-
terhändler auf dem Wiener Kongreß, Talley-
r a nd, gegenüber. Es besteht in der Geschichte koi-
uerlet Zweifel, daß eö fvessuftich dein Geschick Tal-
leyrands zu danke» ivar, wenn Frankreich aus dem
Zusanmnoubruch Volk 1813/14 immcrlttu noch mit
hoilcr Haut davonMommen ist. Dagegen war die
deutsche Außenpolitik seit dem Jahre 1919
nur ein SpielbakldcrGegner, ohne daß «in«
etnhei-tkiche, zielbewusst verfolgte Linie vorhairdeu
lvar. Auch die UeHerraschuug, die Dr. Wirth in
den Ostcrtage» des Jahres 1922 in Genua bereitete,
hat keinerlei nachhaltige WiMmg zu bringt» ver-
mocht. Jetzt ist Dr. Stresemau n -der Künder
alles Heils. Er hat sich durch ein devotesIour -
ualistentum Merke! VorschuUorhe-eren zollen
lassen, und es ist zweifellos, daß die ersten Wochen
der Regierungszelt Skresemamus Ansätze zeigten,
die auf ein« nüchterne realpoAiische Einstellung
schließe» ließen. Dann -abe» s ch w a ukte er in echt
uationallweralem Sinne wie ein Rohr im Winde.
Er wurde biegsam und schmiegsam wie dereinst der
Kanzler Wilhelms, der gescheitelte Bülow. Stre-
semauu wurde KuAgummi tu den Hüudeu Hclsse -
rick,s. Dieser -ivar der eigentliche Inspirator von
Stresemauus Außenpolitik, und das wurde
Ler Ruhraktion zmn Verhängnis. Jetzt vergießt Dr.
Stresemann bittere Träne», daß er in Paris nicht
gc hört wordeu sei. Kannte das anders sein, nach
dem Stresemann zwar schöne Reden hielt, nach-
dem Stresrmann seine sonutägltche» ProgMinure
entwickelte, »lchtsdestoloeniger aber unter das kau-
dinische Iochder De u t s ch n a t i o na le n kroch?
Dr. Stresemann hielt sich auch ferner durchaus aus
der Linie der wilhelminischen Diploma-
tie und w«nu er jetzt bestrebt ist, die Rhein- und
Ruhrfragen zum Abschluß zu bringen, wenn er
Neigmvg zeigt, endlich den Botschafter-Posten tn Paris
Zn besetzen, daun wurmt er eben uni viele Pferde-
längen zu spät. Es bleibt ihm nur übrig, die
reale» Tatsachen, die inzwischen ges-chasseu
Wurden, fatalistisch zu sanktionieren.
Geradezu lächerlich wirke» die Vorschußlor-
beeren. die sich Stresemann von Zeit zu Zeit für
seine Tätigkeit in der Erlangung amerikani-
scher Kredite gewähren ließ. Man muß sich
doch vor Armen halten, daß Amerika dem Deutschen
Rache nichts kreditiere!! wird, das btunen Monats-
frist die für -das SanierungAW-erk vieler Wochen ge-
daciu«!, ReuienmWMredite verschleuderte. Zum mftr-
d«stM werden arnerikauische Kredite au Bedtn-
vungen gebunden sein, di« kaum erfüllt werden
können. Was aber soll -es heißen, wenn Streseinalnu
^>u großer; Währnugskrediten spricht, die „zugleich
Industrie und Landwirtschaft dte nötigen Mittel
»tr eine gesunde Wiedemusbaupolitik" bringe;; sol-
Währungskrediile für die Nutznießer der
n Nation, die durch die Abstoßung Eer Schul-
en wenigstens eine Verdoppelung ihrer
Sachwerte erreichten.
Verspürt Dr. Stresemann keinerlei Neigungen,
bas diplomatische Spiel der übrigen
'ätschen Mächte einzugreisett? In den Nand-
des Mittelländischen Meeres
sich zur Zeit eine fühlbare Umstellung bemerk-
> In allen südeuropäischen Ländern ist zur Zett
t Wettlaufen um die Gunst Sowjet-
ixl. Alands zu verspüren. Mussolini äußerte sich
^nn- .?trsen Tagen tn d-rrrchauS zustimulendem
die cke jure-Tsuerkennnng Sowjetrußlalids.
»nd Numüuien stehen tu diplomatischen '
' iMdlungen ust-t den; Sowjetstaat. Das war Mr -
 
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