Heidelberg, Dienstag, den 13. November 1923
5. Jahrgang
Nr. 264
PMASLSÄLL 8 Ws M> W M
«nzeigentnris: Die einsp. Pellt,ellr 8We LE jAW DWÄll^WN^ WM M^U WgU Pofts»eckkontr>KarlsruheNr.W77.
od der. Raum (Sijmin br.) Mk.iv.—, MM jWI MM WM «S» I^W MN «MM TeI.-Adr.:DolIs,eitungH,Weiber,,
k. Auswärtige Mk. 80.—, Reklame. zW» KM AWü WR. WWl MM WM MW AM Druck». Verlag derNntcrbadis-ye«
anzeigcn <74wm breit) Mk.Lbl».—. MpE, ^WU. LK8S Verlagsanftalt S. m. b. H., Heidel-
Grundpreis mal der Schlüsselzahl d. DU MWÜMLtM' vN8LtM- MUZW WWW^WM berg. Geschäftsstelle: Schröderstr.R,
B.d.Z.abS.Nov.2MMill. VeiWie- ««WWW A WM HÄW Tel.: ErpeditionSMSu.Rcdak.sr7».
Verholungen Nachlaß nach Taris. MW
loiks-zeliW M «e MMSllik MMenW tn WNeMe Meld»,. ME öwdew. ilttitgn. MG». MzW. «Oe». MMftw. AM«. lWMchMew «. MkMkl»
M sülklli Klartzeil.
o Berlin, 12. November.
über sich Haven ergehen lassen müssen, ist toll. ES
muß mit der Bande in München endltchSchluß
gemacht werden! Oder ist die Reichsrrgtermig etwa
anderer Ansicht?
Volle sieden Wochen sind verstrichen, seitdem die
Reichsregieruug die bayerische Ausnahme-
verordnung außer Kraft setzte. Das war
die klare Absicht und die nicht weniger klare
Rechts w irku n g des in« der Nacht vom 26. zum
27. Sept, verhängten ReichSausucchmezustandes.
Volle sieben Wochen hat sich die R-eichsregieruug
durchgeschläugett. Sie hat eine Abfuhr nach der
anderen erfahren, eine Demütigung nach der ande-
ren eingesteckt, das Ansehen des Reiches ist von
Stufe zu Stufe gesunken, die Zahl der rechts- und
verfassungs'brüchigen Masniahme», die vom „Gene-
r-alstaatSkolumissaria-t" erlassen wurden, acht schon
in die Lausende.
Das Resultat dieser Politik ist der Hitler-
Ludendorss-Putsch: Eine Schmach für
Deutschland.
Nichts ist geschehen, um dem Reichsrecht
Geltung zu verschaffen. Als die sozialdemokratischen
Minister noch in der ersten Regierung Stresenwnn
ein energisches Vorgehen gegen Bayern verlangten,
stand von den bürgerlichen Ministern nur Geßler auf
ihrer Seite. Sie wurden überstinrmt. Obwohl der
Reichskanzler in seiner Antrittsrede bet der Bildung
seines zweiten Kabinetts erklärte, die „Rechtslage
könne »licht zweifelhaft" sein, ist Wetter nichts
geschehen.
Nur einmal schien das Reich ernst zu machen, als
General v. Seeckt — mit vollem Recht — die Ab-
setzung des ungehorsamen General v. Lossow ver-
langte. Die Absetzung wurde verfügt.
Mit- Hilfe der bayerischen Regierung wurde der
ungehorsame General zum offenen Meuterer.
Die bayerische Reichswehr wurde gegen Recht und
Verfassung auf den bayerischen Staat „verPflich -
i e t". In einem Aufruf kennzeichnete die Reichs-
regierung diesen Mt als „offener» Versassungsbruch"
und die Truppen, die dies« „Verpflichtung" eingehen
wurden, als eidesbrüchig.
Dennoch wurde die Verpflichtung durchgesührt
und Lossow verschickte IunksPrü ch e an die ge-
samie Reichswehr, w denen er gegelt Geßler und
Seeckt polemisiert.
Was geschah gegen Bayern? Nichts! Viel-
mehr fuhr der Aübeitsmtnister Brauns nach
München!, um zu „vermitteln"! Aber gegen Sach-
se n, das sich keine Versassungsverletzung batte zu-
schulden kommen lassen, wurde die Reichsexekutive
verhängt.
An NordbaYern sammelten sich die Kampf-
verbände mit Wissen mid Unterstützung der Kahr-
Regierung. Die fozialdemdkratischen Minister im
Reichskabinett forderten noch ein-mal, dass; endlich
energisch) durchgegriffen werde. Die bürgerlichen
Minister lehnten dies ab. Man wollte offenbar, In-
dem inan den sozialdemokratiSSleu Ministern -das
Verbleiben im Kabinett unmöglich machte, sich mu
München „versöhnen" und möglichst glimpflich vor
Bayern kapitulieren.
Auch darin hatte man sich getäuscht: Bayern for-
derte -- mit Hilfe der Deuischnalioualen — die Er-
richtung der „nationalen Diktatur". Und
Ein Urteil der „Germania".
Berlin, 12. Rov. Di« „Germania", das
führende Zentrumsorgan, äußert sich über die
Schuld des Herrn Generalstaatskommissars zutref-
fend folgendermaßen:
„Die Verhängung des bayerischen Ausnahme-
zustandes wurde mit den dem Staate drohenden
Gefahren begründet. Herr v. Kahr hat mehrere
Wochen stramm regiert und es an schwungvollen
Kundgebungen nicht fehlen lassen. Das Ergebnis
seiner Staatsknmst liegt heute vor uns. Herr
v. Kahr hat als Hüter dev öffentlichen Ordnung
und -Sicherheit schmählich versagt. Er
trägt in vollem Maße die Schuld daran, wenn
Bayern heute ein-e -neue Leidenszeit durchmacht.
Sein gestriges Verhalten war kläglich u. läßt
jedes staatsmännische Geschick und auch Pers Su-
lchen Mut vermissen. In der -Versammlung hat
sich Kahr etnschiichtsrn lassen und den Eindruck
hevvorgerurstn, als mache er den Unfug mit.
Hinterher erklärt er, daß seine Zustimmung ist der
Versammlung erpreßt worden sei. Das ist kein
-ilnponiovendes Verhalten und entspricht in keiner
Weise den großen Worten, die Herr v. Kahr so
gerne im Munde führt. Das System ist endgül-
tig bankerott."
Hitler festgenommen.
München, 12. Nov. Der nationalsozialistische
Führer Adolf Hitler ist in Ufftng am Staffelsee,
ohne Widerstand zu leisten, verhaftet worden.
M ii n ch e n, 12. Nov. Wie der „Bahr. Staats-
zettuivg" amtlich mttgeteilt wird, bestätigt es sich,
daß der Führer der Nationalsozialisten Hitler am
Sonntag abend in einer Villa in Ufftng am Sia-
felsee verhaftet worden ist. Wie hier zu erfah-
ren war, erfolgte die Verhaftung durch Lande spott -
zei irr der Villa Han staengt. Sodamr wurde Hit-
ler im Auto unter Bewachung von Ufftng ab trans-
portiert. Er hatte nur «ine Prellung an der
Schulter.
Ludendorffs^„Schwäcke Unfall".
München, 12. Nov. Als bei den Kämpfen
von nssionalistischer Sette die ersten Schüsse gefalle»
waren mW durch das Slbw-ehrseu-er der Landes-
Polizei Schenbner-Richter, der Lndendorff mit
seinem Körper gedeckt hatte, fiel, ist auch Luden-
dorff zu Boden gestürzt, anscheinend von
einer Plötzlichen Schwäche übermannt. So
entstand das Gerücht, daß Lndendorff < o t fei.
Die Beerdigung der Opfer der Landespol-izei hat
heute in feierlicher Weise stattgefunden. Morgen
welchen die anderen Opfer des Zusammenstoßes
bctgesetzt.
M ü nch e n, 12. Nov. Lndendorff hält feine Po-
litische Rolle kein esw egs fü r ausgefpteli.
Er veröffentlicht ein« Erklärung, daß seine ehren-
w-örtliche Verpflichtung, die er am Freitag „nach dem
Blutbad" bei feiner Vernehmung eingegangen sei,
nicht den Verzicht weiterer Teilnahme
als dieser Forderung nt-chr prompt genug Folge ge
leistet wurde, erfolgte der Hitler-Luden-
dorff-Putsch.
So die unrühmliche Vorgeschichte des Münchener
Aufstandes. Die Rolle, die Kahr und Lossow
dabei gespielt haben, ist zwar nach dunkel, aber
jedenfalls noch schändlicher und kläglicher, als die
'hrer unglücklichen Partner. Allem Anschein nach
Hatzen sich die Herrschaften gegenseitig verra-
te n.
Daß die Lossow, Ludendorff, Kahr,
Hitler, Seißer und Poehner gemein-
sam konspiriert, gemeinsam den Um-
sturz von Reich und Verfassung vorbereitet, ge-
meinsam den Marschaus Berlin geplant
batten, wird in den einleitenden Zeilen der kahr-
c-fftziösen Darstellung der „Korrespondenz Hoff-
Mann" deutlich zu gegeben.
Und was geschieht jetzt? Ist -die Reichsrogie-
l ung endlich gewillt, di« Münchener Schande,
bie auch Deutschlands Schande ist, und -an der sie
'br gerüttelt Maß Schuld durch Unterlassungssünde
iriigt, mit der ganzen Verbrechergesellschaft auf-
-uräumen?
Es hat Kiesen Anschein nicht, sondern umge-
kehrt: Kahr und Lossow werden gewissermaßen
^ls die „verfassungstreuen" Männer angesehen!, die
be» Putsch niedergeschlagen hätten. Die Partei des
Kanzlers bietet den Deutschnationa'leu, den Bnu-Les-
üewossen voir Lndendorff, Kahr, Lossow und Poehner
o«n Eintritt in die Reichsregierung an!
Aber was noch toller tst: Der General
Reinhard soll -den« General v. Lossow
Funkfpruch Teile der Reichswehr als
Verstärkung angeboten haben.
Was soll das bedeuten? Ist Lossow noch
Reichswchrgmera-l? Ist er in den Augen Strefe-
an der völkischen Bewegung in sich s-Mietze. Er halte
die völkische Bewegung allein für befähigt, eine wirk-
liche Oleuefuug Deutschlands und des deutschen Vol-
kes herbeizusühren, und er widme sich ihr weiter.
Die Verpflichtung beziehe sich lediglich aus seinen
Aufenthalt im Weichbilde Münchens und die Unter-
lassung einer staatsfeindlichen Haltung gegen die
verfassungsmäßige Regierung während der Nnteu
fuchung.
Die Wirren in München.
München, 12. Nov. Heute kam es In der Uni-
versität zu stürmischen Szenen. Der Hochschul-
rtng deutscher Art hatte zu einer Versammlung im
Lichthofe ein-geläden. Es erschienen aber auch sehr
viele N ich t aka d e m iker. Die Versmmnlluugs-
reduer, darunter auch Schmalix, traten stürmisch
gegen Kahr auf, den sie GhrenmitgMed des Je-
s-uiteuovdens und Verräter nannten. Der Rektor und
der Professor Sauerbach versuchten beruhigend ein-
zuwirken, würden aber n tedergebrtillt und
sogar tätlich angegriffen.
Schließlich kam Kapitän Ehrhardt zu Wort
(infolge der Aufhebung des republikanischen Schutz-
gesetzes kann sich skaudalöserweise Ehrhardt unge-
straft tn Bayern aufhalten) und erklirrte, daß er sich
hinter Kahr stelle. Unter heftigen Lävmszewen
erklärte er, daß er die vaterländische Be-
weg u n-g in die Hand nehmen werde. W egen
der Vorgänge ist durch SenatsbeschkUß das Unt-
versttätsgebSude für 3 Tage geschlossen.
München, 12. Nov. Auch in den „Vaterlän-
dischen Verbänden" gärt es. Am Samstag fand
eine Urabstimmung der Vaterländischen Bezirks-
vereine Münchens für oder gegen Kahr statt, deren
Ergebnis zwar noch nicht bekannt -ist, die aber eine
Mehrheit für Kahr ergeben haben soll. In
er in oen erugeu «ureie- Lneyryerr zur uanr ergeoen yaoen rou.
"»uns, Geßlcrs und SeecktS kein M e u ter er! N ür nv ergist die „Reichsflagge", die vor wenigen
sei» " ? Wer hat Reinhard ermächtigt,^ Wochen von Hitler zu Kahr übertrat, zu den Natio-
l« Truppe v. Lossow anzubielon? iWlfozialisten zurttckgekehrt.
Wir fordern Klarheit! Das Maß von München, 12. Nov. Verhaftet sind von
ui'os, des die versassungstrensn deutschen Volks- ,den Führern des Hitler-Pntsches anber Oberlandes-
hji. . ' left sieben Wochen von den Münchener Hans- Lge-rtchtsrat Poeüner Oberamtmauu Dr. Frick und
"mu, VersMvörern, Meuterern und Verbrechern-1Sürst Wr'eds, Saup'.nmnn Röhm (Reichskriegs-
flagge), Major Streck und Dr. Weber (Obev-
lsnd).
Die Polizei entdeckte im Perlacher Forst ein
Wa ffe nla gerder H i 1 l er - L eut e, das sie b e -
schla g nahmt e.
Der Generalstaatskomnri-fsar hat die Koiümu-
ni st ischeParteiver boten und aufgelöst und
die ganze sozialistische Presse verboten.
Internationale Lage.
Wilson für Verständigung.
Paris, 12. Rov. Hava-s übermittelt aus
Washington u. a. folgende Schelle aus der- durch
Funkspruch verbreiteten gestrigen Rede des ehemali-
gen Präsidenten Wilson zum Jahrestag des Waf-
fenstillstandes:
Daß die Bereinigten Staaten durch ihre Iso-
lierung nach dem Krieg der Zivilisation ein der-
artiges Unrecht hätten zufügen können, sei um so be-
klagenswerter, Wort seit der- Zurückziehung Ameri-
kas jede weitere J-ahr den Beweis liefere, daß die
Dienste, die Arnertka hätte leisten können, unerläßlich
seien für den Wiederaufbau der Welt. Die Lage in
Europa verschlechtere sich von Tag zu Tag.
Wir müssen den Entschluß fassen, die Persönlichen
Interessen hi-niamzustetle» und aufs neue -die großen
Ideale und die Ziele der internationalen
Politik aussprechen und diesen Grundsätzen ge-
mäß handeln. So und nur so allein kommen wir zu
den wahren Traditionen Amerikas zurück.
London, 12. Nov. Die „Morning Post"
sagt: Die Rade Wilsons, ivelche auf die Oeffentlich-
kcit einen tiefen Eindruck machte und durch drahilose
UebErmittlung für Millionen erreichbar war. habe
Amerikas Kooperation zu einer der wich-
tigsten Fragen des Tages gemacht. .Inzwischen
reist, wie berichtet wind, Hoovers umfassender
Plan für die Versorgung Deutschlands
heran.
Lord Curzon gegen den
Separatismus.
London, 12. Nov. Beim Empfang der Ab
ordimng dor Vöikerbundsverei n Igung
erklärte Lord Curzon: Die britische Regierung
sehe die A u f l ö s u n g D e u ts chl and s als einen
tödlichen Schlag für die Erholung Eu-
ropas an. Die separatistische Bewegung sei durch
und durch eine schlechte Bewegung, rricht
nur, weil sie in ihrem Ursprung und in Men angeb-
lichen Kundgebungen künstlich und in hohem
Maße für anderweitige und eigennützige Zwecke an-
gestiftet sei, sondern Weil die Aussichten auf Re-
pa-vationen, wenn der Frtedensvertrag Vernichtei
Würde, zerstört würden. Die Rogiomng habe da-
her die Verbündeten ersucht, die separatistisch« Be-
wegung tnketuerWeisezuer m utigen.
Wenn all« Mächte bewogen iverden könnte», sine
ebenso energische Haltung etnzunehmen, wie Groß-
britannteu, so würde die separatistische Bewe-
gung sofort z u s a mmenb r ech e n. Die britische
Ansicht sei, daß die verschiedenen Teil« des Deut-
schen Reiches Teile eines einzigen Ganzen
bleiben sollten, mit dem man sich als Einheit be-
fassen kömre.
Der Premier Baldwin erklärte, man dürfe
in Europa keine neue nationale Feindschaft schaffen.
Ein Entschluß Poineares.
Paris, 12. Nov. Ministerpräsident Pomcare
hat sich entschlossen, den Plan der Einsetzung eines
Sachverständtgenausschusses für sein
Konto zu übernehmen.
Paris, 12. Nov. In unterrichteten Kreisen
wird als wahrscheinlich angenommen, daß die Re-
paration« komm is s i o n in ihrer morgigen
Sitzung die Diskussion des in der deutschen
Not« Vom 24. Oktober gestellten Ersuchens, in eine
nette Prüfung der deutschen Zahlungs-
fähigkeit einzutreten und zu diesem Zwecke Ver-
tretern verdeutschen Regte rungGehörzu
geben, Meder aufnehmen Wird.
Eine Rheinlandwährurrg.
Berlin, 11. Nov. (Eig. Bericht.) Die Verhand-
lungen Mer die Errichtung einer Nheiulwndivährung
scheinen fetzt zu positiven Ergebnissen ge-
führt zu haben. Geplant ist eine Goldnoten-
bank, die ihren Sitz in Köln haben und das
ganze besetzte Gebiet verfolgen soll. Das Kapital
von IVO Millionen Goldniark" soll zur einen Hälfte
tn GM» und Devisen und zur anderen Hälfte in
guten Kau Manns-Wechseln bestehen. Aufgebracht
wird «S von deutschen, französisch-belgischen und eng-
lischen Gruppen. Das deutsche Kapital soll
55, das französisch-belgische 30 und das
englische Kapital 15 Prozent zur Verfügung
stellen. Nach einer anderen Versio» will man auch
Interessengruppen anderer Staaten, z. B. Hol-
l a n d s, beteiligen. Die Einheit der neuen Währung
soll nicht den Name»' Franc oder Mark, sondern eine
n eu tr a l e B e z c i chn u n g führen. Auf deutscher
Seite wurden die Verhandlungen von dem bekannten
Bankier Louis Hagen geführt, wä-hreitd die Ge-
genfoite durch Herrn Ttrard vertreten war. Hagen
Will die Genehmigung der deutschen Regierung für
seine Abmachungen einholen und befindet sich auf
dem Wege nach Berlin.
Ein Vorabkommen über den
Eisenbahnverkehr.
Berlin, 12. Nov. Di« Besprechungen zwischen
der deutschen Reichsbahn und der fvauzöstsch-belgi-
lchen Ei s e nb ah nr e gt e, die in -den letzten Ta-
gen in Düsseldorf geführt wunden, führten gestern
zu -einem Vorab kommen, das die Möglichkeit
eines Wiederaufbaues des Eisenbahnverkehrs im
besetzten Rhein- und Ruhrgebiet bieten soll.
Heidelberg, 11. Nov. Der Regierungsprä-
sident der Pfalz hat beim General de Metz wegen
der Vorgänge in der Pfalz Protest erhoben.
-Essen, 12. Nov. Hier hat gestern ein deut-
scher Polizeibeamter einen angetrunkenen
belgischen Soldaten in Notwehr erschoss
s e n; nähere Einzelheiten sind noch nicht bekannt.
Aachen, 12. Nov. Wie die „Freie Presse" aus
zuverlässiger Quelle erfahren haben will, wurde der
Aachener Sonderbündler Leo Deckers in Ver-
viers verhaftet.
Die Lage im Reich.
Austritt der Kommunisten aus dee
thüringischen Regierung.
Weimar. 12. Rov. In der vergangene« Rach«
haben die kommunistischen Mitglieder der
thüringischen Staatsregierung. Arbeitsmtutster
Tenner, Justizminister Dr. Karsch und Staats-
rat Dr. Neu bauer beschlossen, aus der thüringi-
schen Regierung auSzuschetden, so daß sie t«
keiner Landesregierung mehr vertrete» sind.
Sie begründen ihre» Austritt in einer Kund-
gebung an die Regierung, den Landtag und di«
Arbedterschasst Thürtngcns. Zu einem ähnlichen Er-
gebnis kann bereits auch di« Lamdtagssraktion de«
V. S. P. D-, die feststellte, daß ein dauerndes Zusam-
menarbeiten mit den Komlnuuisten umnvögktch sei.
Zur Rückkehr der ehemaligen
Kronpriuzen.
Berlin, 11. Nov. Der „Sozialdenwftaiisch«
Parlamentsdtenst", der im übrigen alle diesbezüg-
lichen Nachrichten merkwürdigerweise ohne Kom-
mentar lviadergtbt, teilt mit, der Exkrvnp-ttnz ge-
langte Samstag abend in Hannover an
und setzte von dort aus am Sonntag morgen feine
Reise nach OelS fort. Sein FlügelahjutatU,
Major V. Müldner, hat in Berlin, Kaiferdamm 26,
eine Wohnung mit mehreren Zimmer«
stir den Exkronprinzen gemietet, obwohl dieser sich
gegenüber der Reichsregieruug verpflichtet hat, tn
Berlin nu.- befriswten Aufenthalt zu nehmen und sich
um Politische Angelegenheiten nicht zu kümmern.
Auffällig tst insbesondere, daß Major v. Mükdner
den, Wohnungsinhaber nicht mitge teilt hat,
für wen er di« gemieteten Zimmer gebraucht. Er
hat fick» bei der« Abschluß des Mietsvertragcs ledig-
lich darauf berufen, für einen befreundeten
Kriegskameraden, -der tn diesen Tagen aus
dem Ausland zurückkehrt, mehrer« Zimmer zur Un-
terkunft notwendig zu haben.
Die „Frkft. Zig." schreibt: Wenn der Heimge-
kehrte heute auf dem Tor seines fürstlichen Schlosses
tn dem Städtchen OelS ein Willkommens-
schtld findet, dann möge er wissen, daß dieses von
Höflingen und Anhängern mvgebrachte Schild di«
Unwahrheit sagt: Der ehemalige Kronprinz ist
dem deutschen Volk in diesem Augenblick, wo -das
Wort Bürgerkrieg wegen der Haltung der monar-
chistisch gesinnten radikalen Rechten Tatsache zu wer-
den droht, im höchsten Maße unwillkom-
men, und seine Achtung vor ihn, wird nach diesem
neuen Streich, durch den er dem ganzen Lande zu
schaden droht, ganz gewiß nicht zunehmen,
Das Banditentreiben
an der thüringischen Grenze.
Wir entnehmen der „Franks. Ztg." -folgendes
Bild über das Treiben der deutschvölkische» ilie-
ga len Organis a t i one n an -der thüringischen
Grenze:
Die militärische Kampfstärke entspricht
nicht ganz dem Kampfwillen. Gewiß, für einen
aus beiden Seiten irregulär organisierten Bürger-
krieg ist die Bewegung stark genug. Studers liegen
die Aussichten, wenn es sich um einen regelrecht
militärisch geschulten Gegner handelt.
Einem solchen sind die Sturmtrupps und Kampf-
verbände an sich zweifellos nicht gewachsen.
Sine zuverlässige zahlenmäßige Schätzung ist schwer,
vor allein auch infolge des Systems der wöchent-
lichen Ablösung, nach dem sich di« einzel-nen Be-
zirkSgruPpen in« „Grenzschutz", d. b. im effektiven
Dienst ablösen. Int ganzen müßte die Stmcks der
in den Kaittlpsrurbanden im ober- und uutersräM-
schen Gebiet zusamm«»gefaßten- und von auswärts
hepaitMzogenen Gruppen aus ungefähr 10—12 001
5. Jahrgang
Nr. 264
PMASLSÄLL 8 Ws M> W M
«nzeigentnris: Die einsp. Pellt,ellr 8We LE jAW DWÄll^WN^ WM M^U WgU Pofts»eckkontr>KarlsruheNr.W77.
od der. Raum (Sijmin br.) Mk.iv.—, MM jWI MM WM «S» I^W MN «MM TeI.-Adr.:DolIs,eitungH,Weiber,,
k. Auswärtige Mk. 80.—, Reklame. zW» KM AWü WR. WWl MM WM MW AM Druck». Verlag derNntcrbadis-ye«
anzeigcn <74wm breit) Mk.Lbl».—. MpE, ^WU. LK8S Verlagsanftalt S. m. b. H., Heidel-
Grundpreis mal der Schlüsselzahl d. DU MWÜMLtM' vN8LtM- MUZW WWW^WM berg. Geschäftsstelle: Schröderstr.R,
B.d.Z.abS.Nov.2MMill. VeiWie- ««WWW A WM HÄW Tel.: ErpeditionSMSu.Rcdak.sr7».
Verholungen Nachlaß nach Taris. MW
loiks-zeliW M «e MMSllik MMenW tn WNeMe Meld»,. ME öwdew. ilttitgn. MG». MzW. «Oe». MMftw. AM«. lWMchMew «. MkMkl»
M sülklli Klartzeil.
o Berlin, 12. November.
über sich Haven ergehen lassen müssen, ist toll. ES
muß mit der Bande in München endltchSchluß
gemacht werden! Oder ist die Reichsrrgtermig etwa
anderer Ansicht?
Volle sieden Wochen sind verstrichen, seitdem die
Reichsregieruug die bayerische Ausnahme-
verordnung außer Kraft setzte. Das war
die klare Absicht und die nicht weniger klare
Rechts w irku n g des in« der Nacht vom 26. zum
27. Sept, verhängten ReichSausucchmezustandes.
Volle sieben Wochen hat sich die R-eichsregieruug
durchgeschläugett. Sie hat eine Abfuhr nach der
anderen erfahren, eine Demütigung nach der ande-
ren eingesteckt, das Ansehen des Reiches ist von
Stufe zu Stufe gesunken, die Zahl der rechts- und
verfassungs'brüchigen Masniahme», die vom „Gene-
r-alstaatSkolumissaria-t" erlassen wurden, acht schon
in die Lausende.
Das Resultat dieser Politik ist der Hitler-
Ludendorss-Putsch: Eine Schmach für
Deutschland.
Nichts ist geschehen, um dem Reichsrecht
Geltung zu verschaffen. Als die sozialdemokratischen
Minister noch in der ersten Regierung Stresenwnn
ein energisches Vorgehen gegen Bayern verlangten,
stand von den bürgerlichen Ministern nur Geßler auf
ihrer Seite. Sie wurden überstinrmt. Obwohl der
Reichskanzler in seiner Antrittsrede bet der Bildung
seines zweiten Kabinetts erklärte, die „Rechtslage
könne »licht zweifelhaft" sein, ist Wetter nichts
geschehen.
Nur einmal schien das Reich ernst zu machen, als
General v. Seeckt — mit vollem Recht — die Ab-
setzung des ungehorsamen General v. Lossow ver-
langte. Die Absetzung wurde verfügt.
Mit- Hilfe der bayerischen Regierung wurde der
ungehorsame General zum offenen Meuterer.
Die bayerische Reichswehr wurde gegen Recht und
Verfassung auf den bayerischen Staat „verPflich -
i e t". In einem Aufruf kennzeichnete die Reichs-
regierung diesen Mt als „offener» Versassungsbruch"
und die Truppen, die dies« „Verpflichtung" eingehen
wurden, als eidesbrüchig.
Dennoch wurde die Verpflichtung durchgesührt
und Lossow verschickte IunksPrü ch e an die ge-
samie Reichswehr, w denen er gegelt Geßler und
Seeckt polemisiert.
Was geschah gegen Bayern? Nichts! Viel-
mehr fuhr der Aübeitsmtnister Brauns nach
München!, um zu „vermitteln"! Aber gegen Sach-
se n, das sich keine Versassungsverletzung batte zu-
schulden kommen lassen, wurde die Reichsexekutive
verhängt.
An NordbaYern sammelten sich die Kampf-
verbände mit Wissen mid Unterstützung der Kahr-
Regierung. Die fozialdemdkratischen Minister im
Reichskabinett forderten noch ein-mal, dass; endlich
energisch) durchgegriffen werde. Die bürgerlichen
Minister lehnten dies ab. Man wollte offenbar, In-
dem inan den sozialdemokratiSSleu Ministern -das
Verbleiben im Kabinett unmöglich machte, sich mu
München „versöhnen" und möglichst glimpflich vor
Bayern kapitulieren.
Auch darin hatte man sich getäuscht: Bayern for-
derte -- mit Hilfe der Deuischnalioualen — die Er-
richtung der „nationalen Diktatur". Und
Ein Urteil der „Germania".
Berlin, 12. Rov. Di« „Germania", das
führende Zentrumsorgan, äußert sich über die
Schuld des Herrn Generalstaatskommissars zutref-
fend folgendermaßen:
„Die Verhängung des bayerischen Ausnahme-
zustandes wurde mit den dem Staate drohenden
Gefahren begründet. Herr v. Kahr hat mehrere
Wochen stramm regiert und es an schwungvollen
Kundgebungen nicht fehlen lassen. Das Ergebnis
seiner Staatsknmst liegt heute vor uns. Herr
v. Kahr hat als Hüter dev öffentlichen Ordnung
und -Sicherheit schmählich versagt. Er
trägt in vollem Maße die Schuld daran, wenn
Bayern heute ein-e -neue Leidenszeit durchmacht.
Sein gestriges Verhalten war kläglich u. läßt
jedes staatsmännische Geschick und auch Pers Su-
lchen Mut vermissen. In der -Versammlung hat
sich Kahr etnschiichtsrn lassen und den Eindruck
hevvorgerurstn, als mache er den Unfug mit.
Hinterher erklärt er, daß seine Zustimmung ist der
Versammlung erpreßt worden sei. Das ist kein
-ilnponiovendes Verhalten und entspricht in keiner
Weise den großen Worten, die Herr v. Kahr so
gerne im Munde führt. Das System ist endgül-
tig bankerott."
Hitler festgenommen.
München, 12. Nov. Der nationalsozialistische
Führer Adolf Hitler ist in Ufftng am Staffelsee,
ohne Widerstand zu leisten, verhaftet worden.
M ii n ch e n, 12. Nov. Wie der „Bahr. Staats-
zettuivg" amtlich mttgeteilt wird, bestätigt es sich,
daß der Führer der Nationalsozialisten Hitler am
Sonntag abend in einer Villa in Ufftng am Sia-
felsee verhaftet worden ist. Wie hier zu erfah-
ren war, erfolgte die Verhaftung durch Lande spott -
zei irr der Villa Han staengt. Sodamr wurde Hit-
ler im Auto unter Bewachung von Ufftng ab trans-
portiert. Er hatte nur «ine Prellung an der
Schulter.
Ludendorffs^„Schwäcke Unfall".
München, 12. Nov. Als bei den Kämpfen
von nssionalistischer Sette die ersten Schüsse gefalle»
waren mW durch das Slbw-ehrseu-er der Landes-
Polizei Schenbner-Richter, der Lndendorff mit
seinem Körper gedeckt hatte, fiel, ist auch Luden-
dorff zu Boden gestürzt, anscheinend von
einer Plötzlichen Schwäche übermannt. So
entstand das Gerücht, daß Lndendorff < o t fei.
Die Beerdigung der Opfer der Landespol-izei hat
heute in feierlicher Weise stattgefunden. Morgen
welchen die anderen Opfer des Zusammenstoßes
bctgesetzt.
M ü nch e n, 12. Nov. Lndendorff hält feine Po-
litische Rolle kein esw egs fü r ausgefpteli.
Er veröffentlicht ein« Erklärung, daß seine ehren-
w-örtliche Verpflichtung, die er am Freitag „nach dem
Blutbad" bei feiner Vernehmung eingegangen sei,
nicht den Verzicht weiterer Teilnahme
als dieser Forderung nt-chr prompt genug Folge ge
leistet wurde, erfolgte der Hitler-Luden-
dorff-Putsch.
So die unrühmliche Vorgeschichte des Münchener
Aufstandes. Die Rolle, die Kahr und Lossow
dabei gespielt haben, ist zwar nach dunkel, aber
jedenfalls noch schändlicher und kläglicher, als die
'hrer unglücklichen Partner. Allem Anschein nach
Hatzen sich die Herrschaften gegenseitig verra-
te n.
Daß die Lossow, Ludendorff, Kahr,
Hitler, Seißer und Poehner gemein-
sam konspiriert, gemeinsam den Um-
sturz von Reich und Verfassung vorbereitet, ge-
meinsam den Marschaus Berlin geplant
batten, wird in den einleitenden Zeilen der kahr-
c-fftziösen Darstellung der „Korrespondenz Hoff-
Mann" deutlich zu gegeben.
Und was geschieht jetzt? Ist -die Reichsrogie-
l ung endlich gewillt, di« Münchener Schande,
bie auch Deutschlands Schande ist, und -an der sie
'br gerüttelt Maß Schuld durch Unterlassungssünde
iriigt, mit der ganzen Verbrechergesellschaft auf-
-uräumen?
Es hat Kiesen Anschein nicht, sondern umge-
kehrt: Kahr und Lossow werden gewissermaßen
^ls die „verfassungstreuen" Männer angesehen!, die
be» Putsch niedergeschlagen hätten. Die Partei des
Kanzlers bietet den Deutschnationa'leu, den Bnu-Les-
üewossen voir Lndendorff, Kahr, Lossow und Poehner
o«n Eintritt in die Reichsregierung an!
Aber was noch toller tst: Der General
Reinhard soll -den« General v. Lossow
Funkfpruch Teile der Reichswehr als
Verstärkung angeboten haben.
Was soll das bedeuten? Ist Lossow noch
Reichswchrgmera-l? Ist er in den Augen Strefe-
an der völkischen Bewegung in sich s-Mietze. Er halte
die völkische Bewegung allein für befähigt, eine wirk-
liche Oleuefuug Deutschlands und des deutschen Vol-
kes herbeizusühren, und er widme sich ihr weiter.
Die Verpflichtung beziehe sich lediglich aus seinen
Aufenthalt im Weichbilde Münchens und die Unter-
lassung einer staatsfeindlichen Haltung gegen die
verfassungsmäßige Regierung während der Nnteu
fuchung.
Die Wirren in München.
München, 12. Nov. Heute kam es In der Uni-
versität zu stürmischen Szenen. Der Hochschul-
rtng deutscher Art hatte zu einer Versammlung im
Lichthofe ein-geläden. Es erschienen aber auch sehr
viele N ich t aka d e m iker. Die Versmmnlluugs-
reduer, darunter auch Schmalix, traten stürmisch
gegen Kahr auf, den sie GhrenmitgMed des Je-
s-uiteuovdens und Verräter nannten. Der Rektor und
der Professor Sauerbach versuchten beruhigend ein-
zuwirken, würden aber n tedergebrtillt und
sogar tätlich angegriffen.
Schließlich kam Kapitän Ehrhardt zu Wort
(infolge der Aufhebung des republikanischen Schutz-
gesetzes kann sich skaudalöserweise Ehrhardt unge-
straft tn Bayern aufhalten) und erklirrte, daß er sich
hinter Kahr stelle. Unter heftigen Lävmszewen
erklärte er, daß er die vaterländische Be-
weg u n-g in die Hand nehmen werde. W egen
der Vorgänge ist durch SenatsbeschkUß das Unt-
versttätsgebSude für 3 Tage geschlossen.
München, 12. Nov. Auch in den „Vaterlän-
dischen Verbänden" gärt es. Am Samstag fand
eine Urabstimmung der Vaterländischen Bezirks-
vereine Münchens für oder gegen Kahr statt, deren
Ergebnis zwar noch nicht bekannt -ist, die aber eine
Mehrheit für Kahr ergeben haben soll. In
er in oen erugeu «ureie- Lneyryerr zur uanr ergeoen yaoen rou.
"»uns, Geßlcrs und SeecktS kein M e u ter er! N ür nv ergist die „Reichsflagge", die vor wenigen
sei» " ? Wer hat Reinhard ermächtigt,^ Wochen von Hitler zu Kahr übertrat, zu den Natio-
l« Truppe v. Lossow anzubielon? iWlfozialisten zurttckgekehrt.
Wir fordern Klarheit! Das Maß von München, 12. Nov. Verhaftet sind von
ui'os, des die versassungstrensn deutschen Volks- ,den Führern des Hitler-Pntsches anber Oberlandes-
hji. . ' left sieben Wochen von den Münchener Hans- Lge-rtchtsrat Poeüner Oberamtmauu Dr. Frick und
"mu, VersMvörern, Meuterern und Verbrechern-1Sürst Wr'eds, Saup'.nmnn Röhm (Reichskriegs-
flagge), Major Streck und Dr. Weber (Obev-
lsnd).
Die Polizei entdeckte im Perlacher Forst ein
Wa ffe nla gerder H i 1 l er - L eut e, das sie b e -
schla g nahmt e.
Der Generalstaatskomnri-fsar hat die Koiümu-
ni st ischeParteiver boten und aufgelöst und
die ganze sozialistische Presse verboten.
Internationale Lage.
Wilson für Verständigung.
Paris, 12. Rov. Hava-s übermittelt aus
Washington u. a. folgende Schelle aus der- durch
Funkspruch verbreiteten gestrigen Rede des ehemali-
gen Präsidenten Wilson zum Jahrestag des Waf-
fenstillstandes:
Daß die Bereinigten Staaten durch ihre Iso-
lierung nach dem Krieg der Zivilisation ein der-
artiges Unrecht hätten zufügen können, sei um so be-
klagenswerter, Wort seit der- Zurückziehung Ameri-
kas jede weitere J-ahr den Beweis liefere, daß die
Dienste, die Arnertka hätte leisten können, unerläßlich
seien für den Wiederaufbau der Welt. Die Lage in
Europa verschlechtere sich von Tag zu Tag.
Wir müssen den Entschluß fassen, die Persönlichen
Interessen hi-niamzustetle» und aufs neue -die großen
Ideale und die Ziele der internationalen
Politik aussprechen und diesen Grundsätzen ge-
mäß handeln. So und nur so allein kommen wir zu
den wahren Traditionen Amerikas zurück.
London, 12. Nov. Die „Morning Post"
sagt: Die Rade Wilsons, ivelche auf die Oeffentlich-
kcit einen tiefen Eindruck machte und durch drahilose
UebErmittlung für Millionen erreichbar war. habe
Amerikas Kooperation zu einer der wich-
tigsten Fragen des Tages gemacht. .Inzwischen
reist, wie berichtet wind, Hoovers umfassender
Plan für die Versorgung Deutschlands
heran.
Lord Curzon gegen den
Separatismus.
London, 12. Nov. Beim Empfang der Ab
ordimng dor Vöikerbundsverei n Igung
erklärte Lord Curzon: Die britische Regierung
sehe die A u f l ö s u n g D e u ts chl and s als einen
tödlichen Schlag für die Erholung Eu-
ropas an. Die separatistische Bewegung sei durch
und durch eine schlechte Bewegung, rricht
nur, weil sie in ihrem Ursprung und in Men angeb-
lichen Kundgebungen künstlich und in hohem
Maße für anderweitige und eigennützige Zwecke an-
gestiftet sei, sondern Weil die Aussichten auf Re-
pa-vationen, wenn der Frtedensvertrag Vernichtei
Würde, zerstört würden. Die Rogiomng habe da-
her die Verbündeten ersucht, die separatistisch« Be-
wegung tnketuerWeisezuer m utigen.
Wenn all« Mächte bewogen iverden könnte», sine
ebenso energische Haltung etnzunehmen, wie Groß-
britannteu, so würde die separatistische Bewe-
gung sofort z u s a mmenb r ech e n. Die britische
Ansicht sei, daß die verschiedenen Teil« des Deut-
schen Reiches Teile eines einzigen Ganzen
bleiben sollten, mit dem man sich als Einheit be-
fassen kömre.
Der Premier Baldwin erklärte, man dürfe
in Europa keine neue nationale Feindschaft schaffen.
Ein Entschluß Poineares.
Paris, 12. Nov. Ministerpräsident Pomcare
hat sich entschlossen, den Plan der Einsetzung eines
Sachverständtgenausschusses für sein
Konto zu übernehmen.
Paris, 12. Nov. In unterrichteten Kreisen
wird als wahrscheinlich angenommen, daß die Re-
paration« komm is s i o n in ihrer morgigen
Sitzung die Diskussion des in der deutschen
Not« Vom 24. Oktober gestellten Ersuchens, in eine
nette Prüfung der deutschen Zahlungs-
fähigkeit einzutreten und zu diesem Zwecke Ver-
tretern verdeutschen Regte rungGehörzu
geben, Meder aufnehmen Wird.
Eine Rheinlandwährurrg.
Berlin, 11. Nov. (Eig. Bericht.) Die Verhand-
lungen Mer die Errichtung einer Nheiulwndivährung
scheinen fetzt zu positiven Ergebnissen ge-
führt zu haben. Geplant ist eine Goldnoten-
bank, die ihren Sitz in Köln haben und das
ganze besetzte Gebiet verfolgen soll. Das Kapital
von IVO Millionen Goldniark" soll zur einen Hälfte
tn GM» und Devisen und zur anderen Hälfte in
guten Kau Manns-Wechseln bestehen. Aufgebracht
wird «S von deutschen, französisch-belgischen und eng-
lischen Gruppen. Das deutsche Kapital soll
55, das französisch-belgische 30 und das
englische Kapital 15 Prozent zur Verfügung
stellen. Nach einer anderen Versio» will man auch
Interessengruppen anderer Staaten, z. B. Hol-
l a n d s, beteiligen. Die Einheit der neuen Währung
soll nicht den Name»' Franc oder Mark, sondern eine
n eu tr a l e B e z c i chn u n g führen. Auf deutscher
Seite wurden die Verhandlungen von dem bekannten
Bankier Louis Hagen geführt, wä-hreitd die Ge-
genfoite durch Herrn Ttrard vertreten war. Hagen
Will die Genehmigung der deutschen Regierung für
seine Abmachungen einholen und befindet sich auf
dem Wege nach Berlin.
Ein Vorabkommen über den
Eisenbahnverkehr.
Berlin, 12. Nov. Di« Besprechungen zwischen
der deutschen Reichsbahn und der fvauzöstsch-belgi-
lchen Ei s e nb ah nr e gt e, die in -den letzten Ta-
gen in Düsseldorf geführt wunden, führten gestern
zu -einem Vorab kommen, das die Möglichkeit
eines Wiederaufbaues des Eisenbahnverkehrs im
besetzten Rhein- und Ruhrgebiet bieten soll.
Heidelberg, 11. Nov. Der Regierungsprä-
sident der Pfalz hat beim General de Metz wegen
der Vorgänge in der Pfalz Protest erhoben.
-Essen, 12. Nov. Hier hat gestern ein deut-
scher Polizeibeamter einen angetrunkenen
belgischen Soldaten in Notwehr erschoss
s e n; nähere Einzelheiten sind noch nicht bekannt.
Aachen, 12. Nov. Wie die „Freie Presse" aus
zuverlässiger Quelle erfahren haben will, wurde der
Aachener Sonderbündler Leo Deckers in Ver-
viers verhaftet.
Die Lage im Reich.
Austritt der Kommunisten aus dee
thüringischen Regierung.
Weimar. 12. Rov. In der vergangene« Rach«
haben die kommunistischen Mitglieder der
thüringischen Staatsregierung. Arbeitsmtutster
Tenner, Justizminister Dr. Karsch und Staats-
rat Dr. Neu bauer beschlossen, aus der thüringi-
schen Regierung auSzuschetden, so daß sie t«
keiner Landesregierung mehr vertrete» sind.
Sie begründen ihre» Austritt in einer Kund-
gebung an die Regierung, den Landtag und di«
Arbedterschasst Thürtngcns. Zu einem ähnlichen Er-
gebnis kann bereits auch di« Lamdtagssraktion de«
V. S. P. D-, die feststellte, daß ein dauerndes Zusam-
menarbeiten mit den Komlnuuisten umnvögktch sei.
Zur Rückkehr der ehemaligen
Kronpriuzen.
Berlin, 11. Nov. Der „Sozialdenwftaiisch«
Parlamentsdtenst", der im übrigen alle diesbezüg-
lichen Nachrichten merkwürdigerweise ohne Kom-
mentar lviadergtbt, teilt mit, der Exkrvnp-ttnz ge-
langte Samstag abend in Hannover an
und setzte von dort aus am Sonntag morgen feine
Reise nach OelS fort. Sein FlügelahjutatU,
Major V. Müldner, hat in Berlin, Kaiferdamm 26,
eine Wohnung mit mehreren Zimmer«
stir den Exkronprinzen gemietet, obwohl dieser sich
gegenüber der Reichsregieruug verpflichtet hat, tn
Berlin nu.- befriswten Aufenthalt zu nehmen und sich
um Politische Angelegenheiten nicht zu kümmern.
Auffällig tst insbesondere, daß Major v. Mükdner
den, Wohnungsinhaber nicht mitge teilt hat,
für wen er di« gemieteten Zimmer gebraucht. Er
hat fick» bei der« Abschluß des Mietsvertragcs ledig-
lich darauf berufen, für einen befreundeten
Kriegskameraden, -der tn diesen Tagen aus
dem Ausland zurückkehrt, mehrer« Zimmer zur Un-
terkunft notwendig zu haben.
Die „Frkft. Zig." schreibt: Wenn der Heimge-
kehrte heute auf dem Tor seines fürstlichen Schlosses
tn dem Städtchen OelS ein Willkommens-
schtld findet, dann möge er wissen, daß dieses von
Höflingen und Anhängern mvgebrachte Schild di«
Unwahrheit sagt: Der ehemalige Kronprinz ist
dem deutschen Volk in diesem Augenblick, wo -das
Wort Bürgerkrieg wegen der Haltung der monar-
chistisch gesinnten radikalen Rechten Tatsache zu wer-
den droht, im höchsten Maße unwillkom-
men, und seine Achtung vor ihn, wird nach diesem
neuen Streich, durch den er dem ganzen Lande zu
schaden droht, ganz gewiß nicht zunehmen,
Das Banditentreiben
an der thüringischen Grenze.
Wir entnehmen der „Franks. Ztg." -folgendes
Bild über das Treiben der deutschvölkische» ilie-
ga len Organis a t i one n an -der thüringischen
Grenze:
Die militärische Kampfstärke entspricht
nicht ganz dem Kampfwillen. Gewiß, für einen
aus beiden Seiten irregulär organisierten Bürger-
krieg ist die Bewegung stark genug. Studers liegen
die Aussichten, wenn es sich um einen regelrecht
militärisch geschulten Gegner handelt.
Einem solchen sind die Sturmtrupps und Kampf-
verbände an sich zweifellos nicht gewachsen.
Sine zuverlässige zahlenmäßige Schätzung ist schwer,
vor allein auch infolge des Systems der wöchent-
lichen Ablösung, nach dem sich di« einzel-nen Be-
zirkSgruPpen in« „Grenzschutz", d. b. im effektiven
Dienst ablösen. Int ganzen müßte die Stmcks der
in den Kaittlpsrurbanden im ober- und uutersräM-
schen Gebiet zusamm«»gefaßten- und von auswärts
hepaitMzogenen Gruppen aus ungefähr 10—12 001