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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 281 - Nr. 290 (3. Dezember - 13. Dezember)
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Heidelberg, Donnerstag, den 6. Dezember 1923

Nr. 284

Jahrgang

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blichen müsscniBertretern des besetzten Gebietes übep Reg»eabt»>!t- Hüft '«ttlaM« worden.

Vor Erlaß der Berordmmg ist ein Reichstags-
ausschutz von 15 Mitgliedern in vertraulicher Be-
ratung zu hören.
Die Annahme des Ermächtigungsgesetzes ist
damit gesichert.
Berlin, 5. Dez. Der „Vorwärts" legt die
Haltung der sozialdemokratischen Fraktion wie folgt
dar: „Kam das Ermächtigungsgesetz zustande, so
hatte die Fraktion vor dem Erlaß jeder Verordnung
Gelegenheit, ihre Zustimmung geltend zu
machen. Sie hat nach Erlaß jeder Verordnung, die
gegen ihren Rat zustande kam, die Möglichkeit, vom
Reichstag die Aufhebung zu verlangen.
Kam das Ermächtigungsgesetz nicht zustande, so
mußte die Regieeiung — Weil notwendig« eilige
Maßnahmen auf parlamentarischem Wege kaum
rechtzeitig beschlossen werden konnten — Verordnun-
gen auf Grund d es Artikels 48 erlassene Der
Reichstag wäre dann aufgelöst oder sonst nach Hause
geschickt worden, und die Parisi hätte Überhaupt
keine Möglichkeit gehabt, ihren Einfluß geltend zu
machen.
Die Situation war also so eigenartig wie
möglich. Das Ermächtigungsgesetz ablehnen, hieße
— es in verschärfter Form beschließen. Der Regie-
rung das Ermächtigungsgesetz verweigern, hieße —
ihr das Gewehr des Art. 48 in die Hand drücken. Daß
dies nicht geschehen dürste, war die Meinung der
Frakti'snsmehvheit, weil sie nicht das Vertrauen zur
Regierung hat, daß sie von dem Art. 48 gemäßigten
Gebrauch machen würde. Weil sie ein« derartige
Ausbreitung des vielbenützte-n Art. 48 überhaupt
vermeiden will, hat sie ihren Beschluß gefaßt. Es
kommt dazu, daß Wählen unter dem militärischen
Ausnahmezustand ein Unding sind, da jede Vorbe-
reitung fehlt, uni das Zustandekommen unbeeinfluß-
ter Wahlen auch im besetzten Gebiet, auf die die
dortige Bevölkerung ein Anrecht hat, zu sichern."

München, 5. Dez. Der bei dem Putsch veist
hastete ehemalige Minister Roth ist wieder aus del

men, Eisenbahnverkehr, Unter stützungs- und Arbeits-
zeitfrage verhandelt, sowie über solche politische
Fragen, die sich aus der separatistischen Bewegung
ergeben.
Berlin, 5. Dez. Im preußischen Landtag
nahm Ministerpräsident Braun scharf Stellung
gegen die Schaffung eines selbständigen Rheinlan-
des, auch wenn sich ein solches im Rahmen des Rei-
ches halte. Die Rekchsverfassuug gebe zwar die
Möglichkeit zur Schaffung eines selbständigen Staa-
tes im Rahmen des Deutschen Reiches; doch sei die-
ser Weg angesichts der französischen Rheiulandpolittk
sehr gefährlich. Deshalb muß mit aller Entschieden-
heit den Anfängen gewehrt werden. Di« Ausschüsse
der Politischen Parteien sprechen bereits von einem
selbständigen Staatsgebilde am Rhein mit eigene»
Steuerhoheit, selbständiger Verwaltung und eigene»
Währung. Dabei plant man sogar die Einbeziehung
unbesetzter Preußischer und hessischer Gebietsteile.
Die preußische Staats re-gierung lehnt jede territori-
ale Aenderung Preußischer Gebiete und jede Beein-
trächtigung Preußischer Hoheitsrechte mit allem Nach,
druck ab.

Die Lage im Reich.
Der Generalstaatskommissar als
Regenschirm.
München, 5. Dez. Während di« bayerische
Regierungskrise weitergeht, hatte der Ständige Aus-
schuß des bayerischen Landtags eine Aussprache. Mi-
nisterpräsident v. Kni kling verteidigt die Hal-
tung der bayerischen Regierung im Fall Lossow, in-
dem er den Widerstand Bayerns gegen die Anord-
nungen des Reichswehrmiuisters als einen Akt ans-
gc-drungenvr Notwehr bezeichnete. Die Ursache sei
die Weimarer Verfassung. Der Fall Lossow werd«
eine für Bayern ehrenvolle Erledigung siudeu. Rui
Hitler und Genossen ruhe ein« schwere Schuld
Die Vorgänge können nur durch Strafverfahren
restlos geklärt werden.
In der Aussprache forderte Svb-g. T i m m (Soz.)
Aushebung des bayerischen Ausnahmezustandes un»
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Noch
niemals habe Bayern «ine so jämmerliche und un-
fähig« Staatsregierung gehabt wie jetzt. (Rüge del
Vorsitzenden.) Die Regierung habe den General-
staatskomnrissar als Regenschirm einsetzcn müs-
sen. Der Ausnahmezustand sei rücksichtslos und
ohne Grund gegen di« Sozialdemokratie angelocu-
det worden, nur um sich bei den vaterländischen Der-
bänden einen Stein ins Brett zu setzen.
Abg. Aenderl (Komm.) stellt fest, daß ein Test
der am Hitler-Putsch beteiligten Personen gegen
Ehrenwort aus der Haft entlassen sei.
Abg. Endres (Soz.) schilderte, wie trotz alle«
Verbote die natio n al s o z i al i sti sch e Arbeiter»
Partei ruhig weiterarbeite. Für den Minister»
Präsidenten und das gange Kabinett wäre nach deut
9. November all« Veranlassung gegeben gewesen,
z u r ü ck z u t r e t e n.
Abg. Dill (Sog.) bezeichnete die Rede des Mv
nisterpräfidenten als unsagbar kläglich und ärmlich,
als die Rede eines Ignorante« und nicht als eine»
Verantwortlichen Ministers. (Ordnungsruf.) Ma«
müsse sich schämen, sich mit einer solchen Rede ab-
speisen z u lassen.

großer Bedeutung für die Haltung der Fraktion sein
würde.
Die Regierung trat hierauf imReichstag
zusammen, um sich Mit der schon gemeldeten sozial-
demokratischen Anregung zu beschäftigen. Sie be-
schloß, der Einsetzung eines Ausschusses zuzu-
stimmen, jedoch mit der wesentlichen Beschrän-
kung, daß dieser Ausschuß kein Zustim-
mung s - und kein Vetorecht haben solle, son-
dern nur eine beratende Funktion. Di« Regie-
rung würde durch ein« besondere Bestimmung des
Ermächtigungsgesetzes verpflichtet werden, alle von
ihr geplanten Verordnungun gen vor ihrer Publi-
kation dem Ausschuß zur Begutachtung
vorzulegen, ohne aber an die Ansichten des Aus-
schusses irgendwie gebunden zu sein. Von die-
sem Beschluß des Kabinetts wurde den Sozialdemo-
kraten Mitteilung gemacht.
In einer Sitzung, die bis lsiX Uhr dauerte, be-
schäftigte sich die sozialdeniokratische Fraktion
dann mit diesem Abäiiderungsvorschlag und erklärte
sich mit 73 gegen 53 Stimmen! bereit, dem Er-
utäch-iguugsgesetz zuzustimmen. Alle übrigen
Anträge wurden abgelehnt.
Durch diesen Beschluß der sozialdemokratischen
Reichstagsfrakiicm ist die Wahrscheinlichkeit der
Annahme des Ermächtigungsgesetzes
gegebvn.

Preußen gegen ein selb-
ständiges Rheinland.
Berit«, 5. Dez: Das Reichskabinett hat einen
besonderen Ausschuß für die Rhein- und Ruthdange-
lcgenheiten gebildet, dem bezeichnenderweise als
Vorsitzender Dr. Jarres angchört. Außerdem ge-
hören ihm au: die Minister Höfle, Brauns, Luther
und Hamm. In den nächsten Tagen wird mit den

Die Auffassung Nittis.
Loudon, 5. Dez. Der „Manchester Guardian'
virösfeutticht einen Ausruf des vormalige» tia
ltenischeni Ministerpräsidenten Nitti, tu dein er di«
Ziele des offiziellen Frankreichs darlegt. Frankreich
will danach keine Reparationen, sondern will nn
jeden Preis Deutschlands Ruin und Unord-
nung säen.
Sei« drei wesentlichen Ziele sind: 1. Deutsch-
land in 5 oder 6 Staaten zu spalten, wie Hano-
toux zur Zeit des Waffenstillstandes vorschlug und
wie der Quai d'Orsay es wünschte. 2. Das gefault«
linke Rheinufer mit seiner Bevölkerung von
12 Millionen Deivtschen an Frankreich anzu-
gliede r n, wie von Fach und Tardteu vorgeschla-
gcn worden sei, als der Versailler Vertrag vorbe-
reitet wurde. 3. Durch eine unbes ch r änkt e, so-
genannte Besetzung des Ruhrgebiets die mili-
tärische Kontrolle der Kohle und des Eisens.
Alle Gewaltantvendungen gegen Deutschland wer-
den jedoch vergeblich sein. Deutschland kann un-
begrenzt gefoltert werden, aber die Deut-
schen werden nicht aussterben. Die Deutschen
worden die große Stellung wieder gewinnen
wozu ihr nationales Genie und ihr wunderbare»
Fleiß sie in der Weltwirtschaft berechtigt. Nur durch
eine gemeinsame Aktion Großbritan-
niens und der Vereinigten Staaten in
der Politik der Reparationen kann der Politik dsS
Elends und des Todes ein End« bereitet werden.

Das abgeänderte Ermächtigungs-
gesetz.
Berlin, 5. Dez. Rach dem Kompromiß-
antrag der bürgerlichen Koalitionsparteien, dem
die Sozialdemokraten gestern abend zugestimmt
haben, wird dem Ermächtigungsgesetz folgender Pa-
ragraph hinzugefügt:

Programmlos.
Der „Soz. Parlamentsdienst"
sendet uns nachfolgenden! Artikel, der
nicht nur die Programmlosigkeit des
Reichskanzlers Dr. Marx dartut, so»!-
dern auch anderer Faktoren der deut-
schen Politik.
Die Neichsregicruug hat sich am Dienstag mit
iner sogen, progranimatischen Erklärung dem
Dsichstag vorgestellt, die in Wirklichkeit gar nicht
«en Anspruch auf ein Programm erhe-
ben kann. Ein Regierungsprogramm muß dem
stegatibcn das Positive cntge-g-enstellcn. Herr Marx
«eguügie sich mit dem Ersteren. Das einzig Positive
seiner Rede war die Berufung auf die Politik des
Reichskanzlers Stresemanit, die im Innern
ivie nach außen grundsätzlich von seiner Regierung
kort geführt werden soll. Man müßte also
igeutlich die Erklärungen Stresemanns hervorho-
feu, um sich eist Bild von den Absichten des Herrn
p.arx zu machen, wenn nicht über die Täten lind
iüuterlassuugssünden des vergangenen Kabinetts
'linerhalb der Arbeiterschaft bittere Erinnerun
g-n bevWeben wären. Ein Hinweis auf die ein-
seitige Handhabung des Belagerungszustandes be-
tagt genug, zwar will die neue Regierung weder
gegen links noch rechts regieren — aber der Bcla-
serustgszustand soll vorläufig nicht aufgeho-
ben werden! Daraus -ergibt sich von selbst, gegen
ven in Deutschland auch künftig die Staatsgeww!
gehandhabt wird. Wir werden uns vorläufig da-
mit abftnden müssen, daß unsere Zeitungen weiter-
bin fortgesetzt Verboten unterliegen und soziaidemo-
ikratische Beamte in Sachsen nicht nm ihrer Aemter
-enthoben, sondern auch in Hast gefetzt werden. So
wird systematisch eiire Beunruhigung in wei-
teste Kreise des Volkes getragen und da auch die
jetzige Regierung die Notwendigkeit des Belage-
xungszustandes urlt der vorherrschenden Unruhe in
gewißen Beoöücvuiigsschtcht'.u vumw-ei, werden'
wir den Belagerungszustand, nach der Logik des
Herrn Marx bewachtet, ul« los werden. Demi so-
slauge Var Belagerungszustand ausrechterllalten
kwird, herrscht Unruhe — und solange Unruh,
herrscht, wird der Ausnahmezustand nicht ausge-
"wbeu.
Durch die A st» a h m e des Ermächtigungs-
gesetzes iil der von der Regierung geforderten
Form kamt der augenblickliche Zustand der Recht-
losigkeit gewisser Bevölkerungskreise nicht besser, son-
dern nur schlimmer werden. Di« verlangten
Vollmachten sind unbeschränkt, sie umfassen im Ge-
gensatz zu den vor wenigen. Wochen der Regierung
SlrefemMM gegabelten Ermächtigungen auch das
soziale, politische und juristische Gebiet, überhaupt
jeden Schritt, den die treue Regierung für notwett
»io Handhabung der un-beschränkten Ermächtigung
dig hält. Das Allerübelste an -der Geschichte ist aber
durch Männer, die zum Teil keineswegs
die Gewähr sür eine sachliche Benutzung der
ihnen durch den Reichstag zu gebenden Rechte
bieten.
Die Schwierigkeiten, di« andererseits durch die
Ablehnung Ass Ernrächtigirngsgesi'hes entste-
hen, die Auflösung des R -eichsta g s -und
alle mit ihr verbundenen Gefahren sind selbstver-
ständlich -nicht zu unterschätzen. Noch besteht nicht
die Gewißheit, ob nach einer Auflösung des Parla-
ments überhaupt Neuwahlen stattsindirn. Es
gibt Leute, die ernsthaft an die Verwirklichung der
feit langem von der äußerst. Rechten restvebten Dik-
tatur glauben, sobald der jetzige Reichstag nach
banse geschickt wird, rind die deshalb in der Zu-
stimmung zum Evmächtigungsgesetz unter gewissen
Tinschriinkuugen das kleinere Nebel sehen. Sie sa
Sen sich, selbst wenn das Erutächtiguuigsgesetz ab-ge-
kehnt wird, werden die notwendigen Maßnahmen
hoch aus Grund des Art. 48 durchgesührt, während
andererseits die Möglichkeit -c-tucr -gewissen Kontrolle
durch den Reichstag ve-steht, der die Aufhebung -der
einen oder anderen Verordnung verlangen kann.
Wir bestreiten nicht, daß diese Argumente etwas für
sich haben und von denen ohne GewissenSpjRcht ver-
fochten werden können, die vor Wochen gegen «inen
Sturz Stresemanns waren. Aber bitter schwer ist
sts, sich w den Ksdarckcugaug derer zu versetzen, die
damals Klarheit gegen Strcsemann for-
derten, jetzt -Mer auf halbem Wege stellen .bkeiben
wld auf endgültig« Klarheit verzichten

einmal, daß sie bereit wären, dm Artikel 48 der Ver-
fassung im Sinne diestr neuen Regierung anzuwen-
den, und zweitens, daß St« mir die Anflö-
st, ngsord er sür den Reichstag in blanco für
ftälcwe Gelegenheit zur Verfügurig stellen." (Große
Heitorke-i-t.) Nur durch ein« Rcchtsregierung kann
«tue günstige Wendung unseres Geschickes kommen.
Das Ermächtigungsgesetz lehnen wir ab.
Abg. Haas (Dem.) äußert: Die Sozialdemokra-
tie hat sich bei -ihrem Mißtrauensvotum nicht gefragt:
Was kommt danach? Die Denlschuationalen wussten
aber genau, was folgen würde. Die Deutschuatio-
nalen waren bereit, die Stresemamische Erfüllnugs-
tolitik, die strenger war als die Wtrtsche, zu akzep-
tieren. Die Deutschnationalien wollen mit allen
Mitteln wieder zur Macht gelangen. Ein« Preis-
gabe des Rheinlaiwes auch aus finanziellen Grün-
den ist unerträglich.
Abg. Leicht (Bayr.VP.) iveist auf die Rechts-
schwenkung im Volke bin. Er stimmt dem Ermäch-
tigua'gsges-etz zu, erwartet aber Berücksichtigung der
föderalistischen Wünsche.
Abg. Hölle in (Komm.) Wendel sich gegen die
Weiße Schmach in Sachsen und Thüringen und Pole-
misiert gegen die Scheidemauuschc Erklärung.
Abg. v. Graefe (Dtschv.) meint, mehr und mehr
setze sich irr der deutschen Politik wieder der ultra-
montane Gedanke durch. Wenn Minister Getzler
Verletzung des Fahneneides vorwirft, so erinnere
ich an die Auffassung seines süddeutschen Fraktiaws-
gsrrossen, des früheren Generals Gröner, der im No-
vember 1918 gesagt hat: „Fahneneid und Königs-
treue sind letzten Endes doch mir eine Idee."
Abg. Ledebour wendet sich -gegen das Er-
inächtigungsgesetz. .
Die Abstimmung.
DaS Ermächtigungsgesetz wird in beiden Lesun-
gen mit der Ergänzung angenommen, daß vor
Erlaß der Verordnungen ein Ausschuß des Reichs-
tags von 15 Mitgliedern in verirnultchcn Beratungen
zu hören ist.
Gegen das Ermächtigungsgesetz stimmen die
Deutschnationalen, die Deutschvölkischen und die
Kommunisten. Von den Sozialdemokraten
hatten sich etwa 30 Mitglieder vor der Abstimmung
aus dem Saale entfernt.
Die Abstimmung über dte dritte Lesung sowie
über ein kommunistisches Mitztrauensvotnm erfolgt
am Donnerstag.

Annahme in den ersten Lesungen
Berlin, 5. Dezember.
Abgeord. Scheidemann:
Die Sozialdemokratische Fraktion wird
angesichts der außerordentlich ernsten politischen Lage
f ü r das Ermiichiigungsgesetz stimmen, wenn sic sich
auch nicht mit den Erklärungen des Reichskanzlers
einverstanden erklären kann. Die Fraktion bedauert,
daß die zur Rettung der Wirtschaft erforderlichen
finanziellen Maßnahmen nicht längst getroffen sind.
Es müsse aber vermiede» werden, daß der Reichslag
in den kommenden Wochen vollkommen ausgeschaltet
würde. Die Fraktion kann natürlich die Verant-
wortung für dte Beschlüsse einer Regierung, der
sie nicht angehört, nicht übernehmen rmd behält sich
in dieser Beziehung alles vor. Die bisherigen finan-
ziellen Maßnahmen genügen nicht. Es wird not-
wendig sein, daß ein Eingriff in die Vermögens-
substanz erfolgt. Im übrigen mnß Vie nächste Zett
benutzt werden, um die
Wahlen v o rz u b e re i ten.
Dazu bedarf es der Aufhebung des militärische»
Ausnahmezustandes.
Abg. Kn-as (Ztr.) erklärt, das Verhältnis zwi-
schen Reich und Ländern müsse einer neuen
Prüfung, unterzogen werden. Das besetzte
Gebiei müßte jeder Regierung schärfsten Kampf
aus-agei«, die den Grundsatz der unbedingten Schick-
sa-lsgemeiuschaft der besetzten Gebiete mit -dem Reich
pre!sgeben wallte. Der Wille, zu einer Verstän-
digung mit Frankreich zu kommen, -ist nie
so stark gewesen ivie heute. Wir brauchen eine
DauBülösuug, die di« inner« Zustimmung der ein-
beimtfchen Bevölkerung und der ganzen Welt findet.
Die bisherigen MeOodou müssen ausgege-ben wer«
den: das muß Frukreich selbst einsehon. Die se pa-
ra tisti scheu Putsche sind ein Autschauun-gs»
unterricht, der alle verständigen Franzosen zur Ein-
sicht bringen sollte.
Es entspinn-t sich dann eine
heftige Auseinandersetzung
zwischen dem Abg. Kaas und den Deutsch-
nationalen, -die dem Zentrmn-sredner in einen»
Zwischenruf Begünstigung der Separatisten vorwer-
fen. Dr. Kaas zittert darauf einen Artikel der „Deut-
schen Tageszeitung", der ein« Sanierung des übrigen
Deutschlands durch eine finanzielle Aufgabe West-
deutschlands zum Ziele habe.
Abg. Dr. Scholz (D.VP.) erklärt dem Kabinett
seine Unterstützung. Die Forderung nach Neuwahlen
sei zwar verständlich, man uttitzte -aber bedenken, daß
uns« außenpolitische Lage katastrophal verschlech-
tert würde, wenn hinter der Regierung «ine Zeit-
lang kein Reichstag stehe.
Abg. Herg« (D.N.) erklärt, daß er dem Reichs-
präsidenten bei der Kabinettskrise gesagt habe: „Wir
Deuischnationalen sind der Meinung, daß nach par-
lamentarischem! Brauche di« Opposition, die das
Kabinett gestürzt hat, mit dea Bildung des Kabinetts
beauftragt werden müsse. Wir sind auch durchaus

. Die Annahme des
Ermächtigungsgesetzes gesichert.
Berlin, 5. D«ß. Das Ermächtigungs-
les «tz der sozialdemokratischen
^erchs-tagsfrakdi-on Anlaß zu langen und gründlichen
Erörterungen. Sie hatte sich mit der Verabschiedung
^ Gesetzes und der Auflösung des Reichstags ve-
vaftjgz, oh,,,.? zx-dE einem abschließen-
. en Ergebnis zu kommen. U. a. lag der Fraktion
dm. Val' die Zustimmung zum Ermächli-
„ «gsgesetz von- der Einsetzung eines ständigen
.st sschusscs aus Berliner Mitgliedern abüängig
kluK^EN- Ohne die Zust? mHs»ng dieses
lE» kei.. - rdnunge u er ,
schon ocr sozlaldruioi-!ül- zü-rrcit dazu, diese Kabinettsbildung zu übernehmen,
iios^,'- . Rei ch s k a n zjxx Hou! (Hört, hört! rechts.) Sie, Herr Rc-chSprästdent, wer-
hk-.-- Mitwiiung und erklärst»- daß r>:«.! ken sich Ihrerseits darüber klar sein, daß Sie zu
.nre der Regierung zu diesem Untwa w «4 Zweck zwei Erklärungen
 
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