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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 241 - Nr. 250 (17. Oktober - 27. Oktober)
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Volkszeitung

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Nr. 242



Heidelberg, Donnerstag, den 18. Oktober 1923

8. Jahrgang

Die MRNiWt em
SNikll MW.
Unser außenpolitischer O-Mitarbei-
ter schreibt uns:
Berlin, 17. Oktober.
Die Regierung Stresemann hat allen Anlass,
durch eine ernsthafte aktive Außenpoli-
tik die bisherigen außenpolitischen Versäumnisse
auszugleichen. Das ist jedoch nur möglich durch
eine ernsthafte Politik, die wir nicht mehr in
den fortgesetzten eher negativen als positiven Ver-
suchen sehen, mit Poincare zu einer mündlichen Aus-
einandersetzung Mer die Wiederherstellung geord-
neter Zustände im Ruhrgebiet zu kommen. Bisher
sind derartige Versuche gescheitert und sie dürften
auch in Zukunft nach allen Erfahrungen der Ver-
gangenheit und der Politischen Einstellung Poin-
eares fehlschlagen, solange die Reichsregierung nicht
den direkten Weg zu Verhandlungen
beschreitet. Diesen Weg sehen wir in einem weit»
gehenden Angebot an die Reparations-
kommission. Nur durch einen sachlichen, bis
in alle Einzelheiten ausgcarbeiteten Vorschlag, der
ausgeht von der deutschen Wirtschaftslage und hier-
aus unsere Leistungsfähigkeit der Gegenwart und
Zukunft schlußfolgert, dürste es möglich sein, gleich-
zeitig sämtliche Alliierten an den Verhandlungs-
tisch zu bringen und mit ihnen gemeinsam den Ver-
such zur Lösung der Reparationsfrage zu machen.
Der französische Ministerpräsident hat der Reichs-
regierung bereits mehrfach diesen Weg empfoh-
len, ohne daß ihn das Kabinett bisher aus uns
nirln begreiflichen Gründen beschritten hätte. Gewiß
ist die Reparattonskommissivn ein G e¬
bilde, dem restloses Vertrauen gerade in bezug auf
die Prüfung der deutschen Leistungsfähigkeit nicht
geschenkt werden kann. Aber uns scheint, daß wir
lnute nicht Zett haben, vor allen Dingen auch
nicht die Stärke, darüber Beratungen zu pfle-
geu, ob uns das eine oder andere Institut angenehm
ist. sondern die Tragestellung die sein luutz, wie
Wunen wir unserem Lande unter großen- Opfern
am schnellsten dienen? Nachdem auch Eng-
land und Italien die Reparationskommission
entgegen ihrer anfänglichen Absicht als zuständig
bür Prüfung der deutschen Leistungsfähigkeit be-
zeichnet haben, kann die Retchsregterung unserem
Land und dem Volke u. E. nur einen Dienst erwei-
sen, wenn sie der auch im Versailler Vertrag als
zuständig bezeichneten Kommission die Ausgabe, die
ihr von den alliierten Ländern in den nächsten Tagen
gestellt werden soll, durch Präzise Angaben über
unsere Lage erleichtert und damit vielleicht jene Be-
schlüsse verhindert, die das Reich, ähnlich wie Oester-
reich, unter die Aussicht eines fremden Finanz-
k o n t r o lleurs stellt.
Der positive Inhalt eines Angebots ist
durch die Reden des Reichskanzlers über die Ncpa-
tationsfrage gegeben. Er ist vielleicht in bestimm-
ten Fällen zu erweitern, soll»eit das mit der
Souveränität des Reiches und der deutschen Lei-
stungsfähigkeit vereinbar ist. Besonders das bel-
gische Granbuch scheint uns hierzu einzelne
Möglichkeiten zu geben. U. a. wird in diesem amt-
lichen Dokument der belgischen Regierung die
Priorität für den Wiederaufbau der zerstörten
Gebiete gefordert, übrigens stn Verlangen, das von
dem belgischen Außenminister erst wieder in diesen
Tagen in einem Interview gegenüber einem eng-
lischen Pressevertreter ausgestellt wurde. Wir sind
'iurmer der Auffassung gewesen, daß sine Priorität,
d h. eine Bevorzugung der zerstörten Gebiete in der
Verwendung aller deutschen Leistungen und Zah-
lungen im allgemeinen europäischen, insbesondere
Uu deutschen Interesse liegt. Die Beseitigung
der sichtbaren Zerstörungen, die SchÄe-
uung der noch offenen Wunden in Europa
'bürden auch den deutschen Interessen mehr dienen
bis irgend welche sonstigen mehr oder weniger gut
beglückten Entschädigungen in mehr oder weniger
lern«» Ländern. Uebrigens haben sich für diese
Toiderung deutsche Politiker bereits vor Monaten
busdrMltch erklärt.
Die Erfüllung der Ententefovderungen kann
ielbstverständlich nur im Verhältnis zu der Durch-
Gtzrung der Räumung des Ruhrgebietes stehen,
»lange in dem besetzten Deutschland der angen-
gliche Zustand foridauert, ist Deutschland beim
^Aten Willen nicht in der Lage, direkte finanzielle
Pistungen zu machen, ganz abgesehen von der Fi-
unzierung der Sachleistungen. Beides hängt ab
n dem Grade des Entgegenkommens der Entente
n^Eber der deutschen Regierung. Je schneller
0 das unbedingt notwendige Moratorium
ieistE^ lvird, desto eher können wir Zahlungen
l.eU-Nnd Sachleistungen finanzieren, und je früher
- Stresemann sein positives Angebot, das doch
^üina: notwendig wird, nach Paris richtet, dürfte
. deutsche Volk durch Arbeit zur Freiheit ge-
^"gerr.
Vor neuen Verhandlungen.
öln, 17. Okt. Der Reichsminister des Jn-
Sollmann, weilte gestern in seiner Eigen-
als Abgeordneter der besetzten Gebiete in

«haft

Köln, um sich persönlich über die Notstände des
Rheinlandes zu unterrichten. Er erklärte: Die
Reichsregierung werde fortfahren, direkte Verhand-
lungen mit Frankreich nnd Belgien Wer die In-
gangsetzung des wirtschaftlichen Lebens im besetzten
Gebiet anzustreben.
Paris, 17. Okt. Der Vorsitzende der belgischen
Abordnung in der NeParaltonskommi ssicm, Dela-
croix, hat heute vormittag auf Anordnung seiner Re-
gierung den Text der belgischen Studien zur Repa-
rationsfrage dm Mitgliedern der Reparattonskom-
mission vorgelegi.
Paris, 17. Okt. Der tschechische Präsident
MasarYk weilt zur Zeit in Paris. Gelegentlich
einer Einladung beim Präsidenten Millerand
betonten beide die gegenseitige Freundschaft ihrer
Länder.

Die Verschleppungstaktik Poineares.
London, 17. Okt. Die „Times" schreibt, es
sei hoffnungslos, von Poincare einen neuen
Schritt zu erwarten. Es werde beispielsweise in
Kreisen, die dem Quai d'Orsay nahestehen, darum
ersucht, daß, bevor irgend ein Vorschlag Deutsch-
lands erwogen werde, der Reparationskom-
mission ein präliminares Projekt finanzieller
Reformen um erb reitet werde. Erst, wenn die Repa-
rationskommisston überzeugt sei, daß die Reforrnen
durchgoführt icien, werde Deutschland gestattet wer-
den, ein neues Angebot zu formulieren. Es werde
daher möglich sein, die Verhandlungen für
lange Zeit hinauszuschieben.


Ikk MM RS AMNWM.

Magdeburg, 17. Okt. Die „Volksstimme"
>eilr mit, daß die Reichswebr Verstärkun -
gen etnzieht. Osfftiell nur in dem Maß als zur
Abfüllung des etatmäßigen Standes norwm
d g ist. Die uns bekanntgewordcnen Tatsachen reden
aber eine andere Sprache. Zur Verstärkung der
Reichswehr sollen nach offiziösen Mitteilungen ge-
eignete Männer aus allen Bevölkerungskreisen
herangezogen werden. In Wirklichkeit versenden
der Stahlhelm und der Werwolf an ihre
Mitglieder „G e st e l l u n g s b e f e h le", bevor be-
kannt ist, daß die Reichswehr eine Auffüllung vor-
nimmt.
Dresden, 17. Oktober. (Eigener Bericht.)
Das Wehrkreiskommando IV teilt mit:
Der erste Kongreß der sächsischen proletari-
schen Abwehrorgantsationen hat trotz
des Verbotes des militärischen Befehlshabers statt-
gefunden. Er hat überdies in Dresden und vielen
anderen Orten Sachsens ein aufreizendes Plakat
ankleben und verbreiten lassen. Aus ihm wie auch
aus der im Anschluß an die Rede des Ministers
Böttcher am 13. Oktober in Leipzig im Zoologi-
schen Garten angenommenen Resolution der KPD.
geht hervor, daß die Verordnung vom 13- Oktober
über das Verbot der Hundertschaften, Akttonsaus-
schüsse auf scharfen Widerstand stößt, der unter Um-
stünden nur unter Einsetzung von Truppen gebro-
chen werden kann.
Zunächst beabsichtigt der Militärbesehlshaber
jedoch, in erster Linie dieLandespoltzei hierzu
zn verwenden. Um die Zusammenarbeit mit ihr zu
gewährleisten, hat der Befehlshaber alle staat-
lichen und kommunalen Poltzeiorgane,
insbesondere die Landespolizei und die
Landgen darmcrie, kraft der ihm zum Schuh
der Republik vom Herrn Reichspräsidenten übertra-
genen vollziehenden Gewalt seinem unmittel-
bare« Befehl unterstellt. Er hat dabet beson-
ders darauf verwiesen, daß gegen sich widerset-
zende Poltzeibeamte die Amtsent-
setznng verhängt werden kann
»
All diese Tatsachen zeigen, daß die weitere Auf-
rechterhaltung des Belagerungszustandes im Reich
sich zu einem furchtbaren Skandal auS-
wächst. Während die bayerischen reaktionären Kreise
weiter ihr Handwerk treiben, wird der Ausnahme-
zustand benutzt, die Republik zu unterhöhlen und an
Stelle der zivilen Gewalt die Militärgewalt immer
fester zu etablieren.
So ist die Verordnung des Generals Müller
über die Landespolizei, wie uns unser Dresdner
Mitarbeiter schreibt, als eine neue Maßnahme des
Wehrkreiskommandos IV gegen die sächsische Regie-
rung zu betrachten. Statt gemeinsam mit der
sächsischen Regierung die notwendigen Maßnahmen
zu beraten, wächst sich die Befehlsgewalt des Gene-
rals Müller mehr und mehr zu einer Aussch al -
tuns der sächsischen Landesregierung
und etner systematischen Untergrabung der Autorität
des Kabinetts Zetgner aus. Dieser Zustand ist auf
die Dauer für das sächsische Kabinett wie für die
ParlamentSmshrheit in Sachsen unerträglich.
Wir erwarten von unseren Vertretern in der
Reichsregierung, daß sie durch ihren Einfluß der in
Sachsen entstehenden Konsliktsgefa'hr mit der Auf-
hebung des Ausnahmezustandes begeg-
nen, ehe sich die Anordnungen des Generals Müller
in einem Matze auswirken, das für die Roichsregie-
rung sehr bedenklich werden könnte.
Die sächsische Regierungsmehrheit
gegen den Ausnahmezustand.
Dresden, 17. Okt. In der Aussprache des
Landtags Mer die Regierungserklärung begrüßte
der sozialdemokratische Redner den Rus zur Anspan-
nung aller proletarischen und republikanischen
Kräfte und verurteilte den Ausnahmezustand. Der
volksparteiliche und der deutschnatiouake Redner
sprachen dem Kabinett das Mißtrauen aus. Zu
scharfen Zusammenstößen kam es bei den Ausfüh-
rungen des kommunistischen Redners.
Ministerpräsident Dr. Zetgner erklärte, die
Machtmittel des Staates — Militär- und Beamten-
apparat — haben versagt. Deshalb der Kamps ge-
gen den Reichswehrtminister und die durchgreifende

Personalpoiitik der sächsischen Regierung. Der
Ausnahmezustand, durch heilige Versprechungen als
Maßnahme gegen Bayern erklärt, wende sich aus-
schließlich gegen links. Der Reichswehrnttnister
habe zwar die Knebelungsperordnung gegen die
Presse aufgehoben, der Reichstvehrkommandeur
Müller verhängt sie jedoch erneut und in ver-
schärfter Form. Jetzt habe er obendrein durch wei-
tere Verordnung die gesamte sächsische Landes- und
Ortspolizei seinem direkten Befehl unterstellt. Die
Hundertschaften seien begründet in dem Notzustand,
Hervorgernfen durch die antirepublikamschen Ban-
den irr Bayern, gegen die sich die Reichsregierung
ohnmächtig erklärt hat. Die sächsische Regierung
Werde aus ihrem Wege weitergehen.
Zum Schluß der Aussprache wird der Miß-
trauens an trag der deutschnationalen Land-
tagsfraktion gegen die sächsische Regierung mit 48
Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten
gegen 45 Stimmen der anderen Parteien a bge -
lehn t.
Erneute Provokation.
Dresden, 17. Okt. Im sächsischen Landtag
teilte Ministerpräsident Dr. Zetgner mit, daß Ge-
neral Mttller der Regierung einen Brief geschrie-
ben hat, worin er sine Erklärung verlangt, ob das
Gesamtministerium sich mit der Rede des kommuni-
stischen Ministers Böttcher dem Wortlaut
oder dem Geist nach einverstanden erklärt, oder ob sie
gewillt ist, entgegen den Ausführungen des Mini-
sters Böttcher nach seinen Anweisungen zu handeln.
Dr. Zeigner erklärte zu diesem Brief, die Regie-
rung sei lediglich dem Landtag und nichtdem
Militär verantwortlich. Wir sind dem General
Müller weder für private noch für amtliche Aeutze-
rungen eines Ministers Rechenschaft schuldig, son-
dern lediglich dem Parlament. Wir lehnen es
a b, dem General Müller überhaupt zu ant-
worten. (Stürmischer Beifall links.) Sollte er
sein« Andeutungen wahr machen und die Fortfüh-
rung der Arbeiten der Regierung und des Parla-
ments verhindern, dann verläßt er den Boden des
Rechts und der Verfassung. Wir fordern von der
Reichsregierung, daß sie endlich gegen diese
Ueb ergriffe einschreiten wird. Wir for-
dern weiterhin, daß fortan nicht mehr ein Land an-^
dcrs behandelt werde als das andere. '
Dresden, 17. Okt. Das Verhalten des Gene-
rals Müller wächst sich immer niehr zu einem un-
haltbaren Skandal aus.
Die „Frist. Ztg." schreibt zur« neuesten Vorstoß
des Generals Müller: Jin Allgemeinen sei noch be-
tont, daß der Kurs, den das Reichswehrministerium
jetzt in Sachsen einschlägt, unabsehbare Ge-
fahren heraufbeschwören kam». Der letzte Brief
hat unseres Erachtens die Grenzen einer jeden Exe-
kutive überschritten.
Der sächsische Konflikt ist jetzt keine lokale Ange-
legenheit mehr, sondern ein Problem der
ReichSpoltlik. Die Reichsregierung must sich
alsbald darüber schlüssig werden, ob sie dem Militär
auf dem bisherigen Wege freie Bahn geben oder ob
sic noch rechtzeitig die politische Vernunft zur
Geltung bringen will, bevor schwerer Schaden an-
gerichtet wird. So wie jetzt kann man daSAnsnahme-
regime unmöglich weiterführen, und es ist Sache
des Reichskabinetts, schleunigst eine Ent-
scheidung zu treffen.
Der Zivilkonrmissar für Sachfen.
Berlin, 17. Oki. Die Ernennung des so-
zialdenwkratischen Abgeordneten Meier-Zwickau
zum Z i v t lk o m m i s s a r des Wehrkreises 4 ist
heute vormittag erfolgt. Meier gehört der sozial-
demokratischen Reichstagssraktion an.
Genosse Meier muß schleunigst das skandalös
Verhalten des Wehrkreiskommandeurs korrigieren,
Wenn nicht die Republik völlig unter die Fuchtel
rcvdluttonsfeindlicher Militärs kommen toll.
Der Parteivorftand gegen den
Ausnahmezustand.
Berlin, 17. Ott. Der sozialdemokra-
tische Partei verstand Hai sich heute vor-
mitttag, noch ehe die jüngsten Ereignisse in Sachsen
bekannt waren, mit dem militärischen Belagerungs-

zustand und den damit geschaffenen Zuständen in
den Einzelstaaten beschäftigt und ist einmütig zu der
Ueberzeugung gelangt, dast die schleuntge Aus -
Hebung des militärischen Ausnahmezustände»
notwendig sei, um im Verhältnis des Reiches zu den
Einzelstaaten die Rechtsgleichheit wiederherzustellcn.
Es ist bekannt, daß der Parteivorftand die not-
wendigen Schritte beim Reichskanzler und
beim Reichspräsidenten bereits unterno m-
m e n hak, um die zuständigen Steven von der For-
derung der Partei zu unterrichten.
Es herrscht autzerordentlicheErregung
über die Zuspitzung der Situation.

Die Lage im Reich.
Das thüringische Regierungs-
programm.
Weimar, 17. Oft. Nach Vereidigung der ne»
hinzutretenden kommunistischen Minister gab Staats-
minister Frölich folgende Erklärung vor dem
Landtag Äb: Die thüringische Regierung wird ihre
Politik aus die Sicherstellung der Existenz
der werftätigen Bevölkerung und auf die entschie-
dene Abwehr der verfassungswidrigen Mili-
tärdiktatur in allen Formen und aller arbeits-
seindlichen und anttrcPublikauischeu Bestrebungen
einstellen. Alle nat i o n a l ist i sche n Geheim-
organisationen sind unter Zuhilfenahme der
staatlichen Exekutivorgane aufs schärfste zu be-
kämpfen. Die Polizeiorgane innerhalb,
des Landes werden verstaatlicht und unter die
Leitung zuverlässig republikanischer Beamten gestellt.
Zum Schutze dec Verfassung werden die in Bildung
begriffenen republikanischen Notwehren
ausgebaut und neu geschaffen. Die besonderen Auf-
gabe der thüringischen Regierung wird dadurch be-
stimmt, daß Thüringen das Grenzland ist des-
jenigen deutschen Gliedstaates, in dem die
GegnerderRepubltk faktisch die Staatsgewalt-
bestimmen.
Wie man er machen muß?
München, 17. Ott. Durch Verordnung de»
Gcnerakstaatskommiffars Dr. v. Kahr vom 16. Ok-
tober wird Personen, die in Bayern ihren Wohnsitz
oder Aufenthalt haben, die Zugehörigkeit zul
einem Selbstschutz- oder SicherhettSverband oder
einer ähnlichen Einrichtung der Vereinigten Sozial-
demokratischen Partei oder der Kommunistische«
Partei auch außerhalb Bayerns verboten
und die Teilnahme an Uebungen oder Zusammen-
künften solcher Verbände oder Einrichtungen unter«
tagt. Zuwiderhandelnde weiden mit Ge-
fängnis bestraft, neben den: auch auf Geldstrafe
in unbegrenzter Höhe erkannt werden kann.
Es wäre ganz gut, wenn die Regierungen del,
republikanischen Länder von diesen Verordnungen
des diktatorisch orientierten Herrn v. Kahr etwa»
lernen würden.

Die Rentenbank.
Ohne uns mit den Auffassungen z«
identifizieren, geben wir nachfolgende
Ausführungen des „Sozialdemokrati-
schen ParlmnentSdienstes" über die
Rentenbank wieder:
Der -Rügiernngsentwurf zur Errichtung einer
Nentenbattk hat wesentliche Bestimmungen de»
BodeNbankenttvnrfeS übernommen und doch besteht
ein großer Unterschied zwischen den beiden Projek-
ten. Die Bodenneumark oder Neumark waren als
gesetzliches Zahlungsmittel gedacht. Die
Note der NenteNbank soll diese Eigenschaft aber
nicht haben. Die Regierung hält an der alten
P a p ie rma r kW ä h r u n g fest. Indem sie von
der Schaffung der Goldnote, weil die nötige Dec-
kung in Gold und in Devisen nicht für sie verfügbar
war, ab sah, hat sie fürs erste überhaupt auf eine
neue Währung verzichtet. Mit der Ren-
tennote vermehrt sie lediglich die Zahl der in
Deutschland bereits umlaufenden wertbeständigen
Zahlungsmittel.
Trotzdem soll man die Maßnahme der Regierung
nicht unterschätzen. Die besondere Bedeutung des
neuen wertbeständigen Zahlungsmittels ergibt sich
aus folgendem: Die neue Geldschöpfung wird von
den loistungssähigsten Gliedern des deutschen Vol-
kes garantiert. Die deutschen Erwcrbsstünde,
Landwirtschaft, Handel, Industrie usw. basten ge-
meinsam für die Emissionen des neuen Notenlnsti-
tttts. Wenn die Rentenmark nun auch nicht in
richtiges Geld, d. h. in Gold und Devisen cinlöSbar
ist, so ist sie immerhin hinreichend ge d e cc t

und somit geeignet, das notwendige Verttaueu zu
erwerben. Weiter wird das neue Zawun.- mttrel
in Mengen geschaffen, daß es wirft ich a / a :: g e--
meines Zahlungsmittel in . - t
kommt. Diese Einbürgerung im Zaft--.- :-s-
verkehr, die ja der Ausdruck des Verbau , . zn
einem Gelbe ist, muß mit - allen ' Mitteln g e s ? c -
dert werden. Deshalb ist es nur -w>'saiu. die -ii >-
teilung der Rentenmark in ü u » d e r i ist . » -
Pfennige nicht nur Theorie bleiben zu tast-!..

sondern sie auch praktisch vorzuuchmen. So wueoe
 
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