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Heidelberg, Samstag, den 29. Dezember 1923
5. Jahrgang
Nr. 302
M "7^s !! " III l
MWgsMche SLeserpsLiL
Eine Herausforderung der Volksrnaffen.
der ThttrinHischen Ne^ie-
-«r-er, n>as; ^anEirlscyasr, ^lEurre unv ronnnn, su> ...» . — —- — 7 - » - — —'' ' v - -»
ihre Schuldenlast, die im Frieden ,ed«ma«s 50 Gold-- nicht Er zur A»tsschöpfrn»g dieser Garantien Geld' eignisse»? des 8. November i,r Schutzhaft g-' wn»r»»«u KrtegsgerWt wegen Bokberettnng ei!«» Saboüigr
durch dsn rapiden Zerfall
»cnd den Niedergang der
Das RoichsjuftiznNUisterinm plant übrigens auch
tm Zivilgerichtsverfahren wesentliche Ver-
einfachung.
Für diese Entlastung »nützten diese Kreise, die auch
— den Hausbesitz ausgenommen — in anderer Be-
ziehung Nutznießer der Geldentwertung waren, jetzt
in der höchsten Not des Reiches zu den Lasten ent-
sprechend stark hercmgezogen werden. So würde we-
nigstens eine sozialistische, nein, jede nur einiger-
maßen sozial empfindende Regierung vorgehen.
Herr Luther handelt anders. Seine neue Ver-
ordnung bringt zwar eine Besteuerung der Schuld-
verschreibungen in der Höhe von 10 Prozent ihres
Goldwertes. Wer es handelt sich im wesentlichen
nm eine Steuer auf die industrielle»» Obligationen,
während die Landwirtschaft völlig frei bleibt. Da-
niil wird nicht etwa nur den kleineren und mittleren
Bauern eEgegeugekommen, sondern auch dem Grotz-
agrariertum eine geradezu unerhörte Konzession ge-
macht. Es ist die vollendete Kapitulation
vor der Steuerscheu der Großagrarier, Der Land-
bund hat einen vollständigen Sieg davongetragen.
Während das Reich sei ne Beamten und Angestellten
auf die Stratze wirft, während es Löhne und Ge-
hälter unerträglich kürzt, die ErwerSslofenunter-
stiitzung aufs äußerste reduziert, treibt die bürger-
liche Regierung eine Finanzpolitik, die die Leistungs-
fähigsten schont. Verstehen jetzt Arbeiter, Angestellte
und Beamte, was eine soziäkisteureine Regierung
bedeutet?
Zur selben Zeit aber droht "den breiten
Masse»» der Arbeiterklasse und des Mittelstandes
eine ganz außer ordentliche Belastung.
In kurzer Zeit solle»» die Mieten — jetzt, mitten in
der Kise! — auf Frrsdenshöhe in Gold gesteigert
werden. Daß die Mieten nicht immer außer
Verhältnis zu den übrigen Preisen bleiben können,
wäre zuzugeb-su. Wer alles kommt darauf an, den
Ueberigaug schonend und erträglich zu machen. Die
Steigcrmg de Mireten darf nur sehr allmählich
Voraugehen. Sic ist nur erträglich in einer Zeit
besserer Konjunktur, wo Arbeiter und Angestellte ii»
der Erhöhung ihrer Bezüge einen gewissen Aus-
gleich finden können. Die Schlichtungsausschüsse
Müsse« angewiesen werden, bei allen Entscheidungen
die Mietsteigerungen voll zr» berücksichtigen. Zudem
müsse»» die erhöhten Mieten nicht die Rente des
Hausbesitzers vermehren, sondern der Gesamtheit
zugute kommen.
In den ersten Plänen der Regierung war da-
vor» »roch eine Spur enthalten. Der größte Teil
der Mietstvigerung sollte dein Reich und den Ländern
zusallen, ein Teil als Unterstützungsfonds für die
schwächsten Mieter, ein anderer zur Belebung der
Bautätigkeit, also zur Einschränkung der Wohnungs-
not und zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise dienen.
Von alledem ist jetzt keine Rede mehr. Von
der Friödensmiete soll der Hauseigentümer 50 Proz.
erhalten! Mit größter Ueberstürzung sollen die
Mieten gesteigert werden. Vom 1. April 1924 ab
erhält der Eigentümer bereits mindestens 30 Proz.,
vom 1. Juli 40 mrd Von» 1. Oktober mindestens 50
Prozent der Friedensmiete. Der Rest der Steige-
rung fällt den Ländern und Gemeinden zu, die vom
1. Ja-mar ab die Mietsteuer erheben können. Das
Reich geht leer. aus. Das bedeutet also, daß wir
angesichts der Finanznot de« Länder und Gemein-
den damit rechnen können, daß längstens in neun
Monaten die Goldmieten erreicht sein werden!
Das wahrhaft Groteske ist dabei, daß Herr Luther .
für den Han «besitz so außerordentlich besorgt ist, daß ,
er dessen Artteil noch vor dem der Länder und Ge- ,
meinden sichert. Wer die Regierung irrt sich, wenn"
sie glaubt, ihre Absichten leicht verwirklichen zu kön-
nen. Unsere Genossen dürften ihr im Reichstag die
Meinung über diese Art Steuerpolitik zu sagen
wissen! Man wird dann sehen, ob die Regierung
bei diesen geradezu ungeheuerlichen Absichten ver-
bleibt. Herr Luther kann ja manchmal auch anders.
BleW er aber hartnäckig, dann wird dafür gesorgt
werden, daß der Reichstag rechtzeitig vor die Ent-
scheidung über eine Steuerpolitik gestellt wird, die
nachgerade eine immer unerträglichere Her-
ausforderung der Volksmaffen be-
deutet.
Lkrorriyue sesnäsleuse der
deutschen Republik.
Frankfurt, 28. Dez. Man scheint den Schutz
der deutsche»» Gegenrevolution immer planmäßiger
gestalten zu wollen. Am 27. Dezember erhielt Ge-
nosse Redakteur Quint von der „Volksstimrne"
eine Vorladung vors Amtsgsriclu, weil er tm Juni
Wer Vorgänge aus der Aschaffenburger Gegend be-
richtete, die als Vorbereitung zum Httlerputsch
dienten. Auf Antrag der bayerischen Regie-
rung wurde deshalb — 43 Stunden vor der Ver-
jährung — ein Landesverratsverfahren
gegen ihm eingeleitet, da damit einer fremden Macht
Mitteilungen zugänglich gemacht werden, die geheim
gehalte»» werde»» müssen.
Wenn man also das deutsche Volk aus die Vor-
bereitungen der Gegenrevolution ausrnerksam »nacht,
so läuft man Gefahr, sich des Landesverrats schuldig
gemacht zu haben. Wir HW-eu's weit gebracht in
der deutschen Republik, die jetzt noch durch die N o t -
Verordnung zur Strafprozeßordnung
die letzten Rechtsbürgschaften fahrlässig fallen läßt.
Kritik an der Justizreform.
Gleich uns kritisiert auch der „Vorwärts" die
Notverordnung zur Strafprozeßordnung, indem er
schreibt:
Die ganze sogenannte Reform berührt aufs tiefste
das Rechtsempfinden, und es erscheint uns mit der
Sicherheit des Nechtswesens nicht verein-
bar, daß so tief einschneidende Veränderungen mit
Hilfe von Notverordnungen herbeigeführt
werden. Sie stellen die ganze bisherige Rechtspre-
chung geradezu ausden Kopf. Und eS wird für
die in ihrer Freiheit durch Richterspruch Beschränkten
in Zukunft nur ein geringer Trost fein, zu
wissen, daß sie lediglich deshalb nicht in dem Voll-
genuß der gesetzlichen Neckstsgarantien gelangen
Zum Düsseldorfer Schreckensurteil.
Der Sozialdemokratische Pavlmnentsdienst schreibt
uns zum Düsseldorfer Schreckensurteil:
Am Donnerstag nachmittag fällte der französische
Gerichtshof im Düsseldorfer Schupoprozeß das Ur-
teil. Regierungspräsident Gen. Grützner wurde
in Abwesenheit zrss 20 Jahren Zwangsarbeit, ein
PolizeioWzier zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe
und die anderen Angeklagten zu längeren Zucht-
haus- bzw. Gesängnisstmsen verurteilt. Ei»» geringer
- Teil der Angeklagten wurde froigesprochen.
Am 30. September hatten die rheinische»»
Separatisten bekanntlich in Düsseldorf einen
Umzug veranstaltet, irr dessen Verlauf es zwischen
den Polizeibemnten und den Demonstranten zu
einem schweren, blutigen Zusammenstoß kam.
74 Personen, darunter 13 PMzeiücamte, wurden
verwundet, 7 Sonderbündler getötet. Außerdem
büßten 3 Polizeibeamte ihre Pflichterfüllung mit
dem Leben ein.
Die Düsseldorfer Polizei tat -damals lediglich ihre
Pflicht, beim es handelte sich bei der Düsseldorfer
Denwnstration um nichts anderes als um den Aus.
takt zu einer großen nrit französischem Geld finan-
zierten separatistischen Putschbewegung,
die tatsächlich wenige Tage später in Aachen, Düren,
München-Gladbach und anderen rheinischen Städten
einsetzte »end erst vor wenigen Wochen mit dem Rück-
tritt der sogenannten separatistischen Regierung in
Koblenz endete. Die Pflicht der deutschen Polizei
im besetzten und unbesetzten Gebiet ist — trotz Be-
satzung —, Unruhen zu unterdrücken und Rebellio-
nen gegen den Staat, von wo sie auch kommen, un-
möglich zu machen». Was sich in Düsseldorf ereig-
nete, waren systematisch provozierte Unruhen als
Auftakt zu der separatistischen Putschbewegung, in
deren Verlauf die Schutzpolizei, getreu ihrer Pflicht,
einzugreifen hatte und von der Waffe Gebrauch
machen mußte, als sich herausstellte, daß die sepa-
ratistischen Angreifer überlegen und mit Schuß-
waffen der modernsten Gattung ausgerüstet ivarcn.
Wenn es im Verlaus dieser Auseinandersetzung Tote
und Verwundete gab, dann ist das nicht die Schuld
der Düsseldorfer Schutzpolizei oder die des, Düssel-
dorfer Regierungspräsidenten, sondern die Schuld
derjeniggen, die es erst zu der Düsseldorfer Demon-
stration kommen ließen.
Wir deutsche Sozialdemokraten werden das Düs-
seldorfer Urteil gegen deutsche Beamte, die Michls
anderes getan Haber» als ihre Pflicht, niemals als
zu Recht bestehend anerkennen. Wir bedauern nur,
daß dieses Unrecht gegen deutsche Staatsbürger in
einem Augenblick erfolgen konnte, wo die Erkennt-
nis zu einer notwendigen direkten Verständigung
mit Frankreich auch in Deutschland mehr und mehr
Platz greift.
London, 28. Dez. Die „Times" nennt di«
Urteile des Düsseldorfer Kriegsgerichts ein zyni-
sches Weitzwafchen jder französischen
Politik, welches den Fall Krupp »roch übertrifft.
Todesurteile gegen Abwesende.
Matnz, 28. Dez. Der Landwirtschaslsiugenicur
Goerges aus Mannheim, der seinerzeit vouk
Heidelberg, 29. Dezember.
Der Entwurf der dritten SteuernotVer-
ordnung, de« den» Reichsrat bereits vorltegt,
aber vis jetzt sorgsam geheim gehalten
wurde, enthält i-u ß 1 ein generelles Verbot
, sür Gläubiger von Forderungen die auf
Reichsmark lauter», mit Rücksicht aus die Geldent-
wertung nachträglich eine Erhöhung zu verlangen.
Dagegen werden Länder und Gemeinden im Hin-
blick auf die Neuregelung des. Mietwesens und die
eintretende Steigerung der Mieten berechtigt, von
dem bebaute» Grundbesitz ab 1. Januar 1924 eine
besondere Steuer zu erheben. Dis Regelung erfolgt
durch die Länder. Die Steuer mutz so hoch bemessen
werden, daß dem Eigentümer vom 1. April 1924 üb
mindestens 30 Prozent, vom 1. Juli ab Mindestens
40 Prozent und an» 1. Oktober 1924 mindestens 50
Prozent der Friedens-miete verbleiben. Die Länder
können für Eigrnhän-ker und für Eigenwohnuugen,
bei denen eine dringliche prwcprcchtliche Last an»
1. Januar 1919 oder bet späterer Fertigstellung des
Gebäudes in» Zeitpunkt der Fertigstellung nicht be-
stände»? hat, eine Ermäßigung der Steuer oder Be-
freiung ciutreien lassen.
Der zweite Teil des Entwurfs der dritten Steu-er-
rwtverordNiUug steht eine Besteuerung der
Schuldverschreibung vor, die von natür-
lichen Personen, Personenvereinigungen und juristi-
schen Personen des Pribatrechts ausgegeben sind.
Unter gewissen UiUstäicdoni ist eine Befreiung vor-
gesehen. Die Gteuer beträgt insgesamt 10 Prozent
-es Goldmarkbetrages und ist in Höhe von 4 Proz.
am 1. Februar 1924 und vpn 2 Prozent am 1. Ok-
ic her 1924, 1. April 1925 und 1. Oktober 1925 zahl-
ter. Der Entwurf vollendet das Bild, das man sich
vo - der Steuerpolitik dieser soztalistenreinen bürger-
E >» Regierung bereits machen konnte. Es ist ein
c 'checkendes Bild, das sich da enthüllt.
Die Sozialdemokratie ist seit der Um-
g unablässig und Ml größter Energie für
line energische Steuerpolitik und für die
c><! iniug des Gleichgewichts im Staatshaushalt
Euacrreten. Sie hat erkannt, daß die fortschreitende
Geldentwertung, die Fnflationsfteuer, die schlimmste
und verderblichste aller Steuern ist. Die soziäldemo-
lraiische R eichst agsfraktion war auch ve -
r e i t, in der gegenwärtigen verzweifelten Situation
eine konsequente und energische Steuerpolitik zu un-
terstützen. Was sie Wer fordern muß, ist, daß eine
solche Politik den primitivsten Forderun-
gen steuerlieher Gercchttgkeit und sozialer
, Rücksichtnahme entspricht. Die Finarizpolitik der
. soziaWtsuretnen Regierung bedeutet Wer die
schlimmste Ungerechtigkeit und zeigt einen
erschreckende»» Mangel an sozialem EnchfindE
Das haben schon die frühere!» Steuerverordmm-
, gci» bewiesen. Alle Verbrauchsabgaben sind auf
Friedenshöhe -in Gold gestellt. Dazu kommt »roch
die Erhöhung der Umsatzsteuer auf 2l4 Prozent. Das
bedeutet, Hatz alle Konsumenten außer dem
Betrag der indirekten Steuer von sämtlichen Waren,
die sie kaufen, zehn bis fünfzehn Prozent
des Kaufpreises als Steuer zahlen müf- >
fen. Das in einer Zeit, wo die deutschen Preise zum ,
Teil infolge der Wucherpolitik der KaLtelle ohnedies §
über dein Weltnrarktpreis stehen, während die Kauf- <
kraft der broiten Massen von den Unternehmern
immer tiefer gedrückt wird. j
Um so schonender hat die Regierung die Be - ,
sitzenden angefaßt. Unter dem Druck der So- ,
ziakdemokratie hatte in» August der Reichstag noch §
unter der Regierung Cuno die Betriebs st euer ,
und die Landabgabe beschlossen, die einzig wirk-
lich wirksamen Besitzsteuern. Die Steuern liefen bis
Zum 1. März. Herr Luther hat de»? Besitzenden
die Zahlung dieser Steuern für die beiden letzten
Monate, Januar und Februar, erlassen. Ein
Geschenk von etwa 60—70 Go!dmMo.nen, wovon
40 auf die Landwirtschaft e-nifaillmr. Dafür ist, was
aber nur selbstverständlich ist, die Einkommen- und
VermSg-snssteuer auf Gold gestellt und in einzelnen
Ländern endlich, viel zu spät, die Grundsteuer, die
bisher minimal war, etwas angespannt worden.
Trotzdem werden die Erträge aus Einkommen- und
Vermögenssteuer die der Landabgabc und der Be-
triebssteuer »richt erreichen. Ebenso hat Herr Luther
die Sätze der Erbschaftssteuer ermäßigt.
Man sieht, die „brutale Steuerpolitik" der bürger-
lichen Regierung verkehrt die Absichten der sozialisti-
schen Steuerpolitik gerade ins Gegenteil. Sie ist
allerdings brutal gegen die Besitzlosen, aber sehr
schonend gegen die Besitzenden!
Das alles wird nun übertroffen durch die
üeuen SteuerplSne. Die Negierung verbiete»
Zunächst allgemein, daß Gläubiger von Forderungen,
die aus Reichsmark lauten, als Ausgleich für die
bleldentwertimg nachträglich eine Erhöhung verlan-
gen. Das bedeutet die endgültige Expropria-
t i o n aller Besitzer vor» Reichsanlethen, Hypotheken,
^saudb riesei», Jndustrieobligationei» usw. Es be- „—„ . _ . _
deutet, daß Landwirtschaft, Industrie und Hausbesitz konnten, Weil der Staat zwar^zu ihrer Wurteilung,
vrillwrdcn überstiegen hatte, end g tt t t i g lo s MH. genug hatte!
§ Internationale Lage.
Ein französisch-tschechisches Bündnis.
Parts, 27. Dez. Der tschechoslowakische Mi-
nister des Aeußern Dr. Bene sch hat heute nach-
mittag die Rückreise nach Prag augetrcteir. Die
Verhandlungen, die Benesch in tiefstem Geheimnis
mit der französischen Regierung führte, sind fast
abgeschlossen. Die Vereinbarungen
über welche eine Verständigung erzielt wurde, sind
in einem Vertragsentwurf niedergelegt, des-
sen Unterzeichnung »rach Versicherung der Paris«
Abendblätter nahe ist.
Den» „Temps" zufolge verpflichteten sich Frairk-
rcich und die Tschechoslowakei im einzelnen, die
Wiederherstellung der Hoh enzollern-
»n o n arch ie in Deutschland zu verh ind e r n. Sie
sind sich einig darüber, daß die „Unabhängig-
keit" Oesterreichs dem Artikel 88 des Vertrags von
St. Germain entsprechend aufiechtcrhalten werden
»nutz, solange der Völkerbund nicht einer Aenderung
zugestimmt hat. Ungarn gegenüber werden Frank-
reich und die Tschechoslowakei daraus bestehe»«, daß
die Zusagen der ungarische»? Regierung von 1821 tu
der Habsburger Frage gehalten werden.
Die rheinische Goldnotenbank.
Paris, 28. Dez. Wie das „Echo de Paris"
berichtet, finde! heute in Koblenz eine Bespre -
chung zwischen den Führern der französische»» Ban-
kc»»gruppe, die sich am der rheinisch-westfälische»
Emissionsbank beteiligen will, und Geheimrat
Hagsn, dem Führer der rheinisch-westfälischen Ban-
kengruppe statt.
Bürgerliche Verlenmdungspolitik.
Weimar, 28. Dez. Die Reichsregierung
bat sich eine»? weiteren Streich gegen die thüringische
Landesregierung erlaubt. Ohne sie zuvor zu ver-
ständige»», hat sie, nun schon ziem zweiten Mal, eine
Kommission nach Weimar gesandt, bestehervd aus
Reichskommisfar Kuenzer, M'nificriglrat För-
ster, der »m ReichsiiMenmMsterium die Beamten-
fragen bearbeitet, dem Ministerialrat Mende und
dem Ministerialrat Ear lower aus dein Reichs-
fiuMMNinisterium. Die Kommission hat den Auf-
trag, auf Grund des Artikels 15 der Rcichsverfassung
mit der thüringischen Staalsregterung in Verbin-
dung zu treten, um Aufklärmrg Wer verschiedene
Beschwerdepunkte zu erlang«». Daß keine Ursachen
zu den Beschwerden vorliegen, hat die thüringische
Landesregierung bereits mehrfach dargelegt.
Weimar, 28. Dez. (Eig. Ber.) Rach einer Mit-
teilung des „Berliner Tageblatt" haben sich die
bürgerlichen Parteien T h sir i n g e ns, die
sich bereits im Lauf« des Jahres bei der Reichs-
regierung über Mißbräuche in Thüringen mtd über
die Landesregierung beschwerten, am 21. Dezember
d. I. erneut in einem „Aufruf" an die Retchsregie-
ruug gewandt. U. a. soll die F i n a nz g ev a r ung
Thüringens, seine Bcamtenpolitik und seine Bo-
amleugesetzgebung der Reichsregierung Veranlassung
zum Eingreifen gegen die aesckmftsführendc thü-
ringische Regierung geben.
DemgegsnWer erklärt der Thüringisch« Presse-
dienst u. a.: Die Finanzlage des Landes Thü-
ringen ist k e i »r e s w e g s schl echter als die aller
cmderen deutschen Länder. Im Gegenteil ist es bis
in die Dezembertage l. I. hinein gelungen, das Ver-
mögen des Landes Thüringen von jeder »reuen Be-
lastung freizuhal 1 en. Die Finanzgebarung des
Landes ist eine durchaus zuverlässige und ehrliche.
Sie ist nur, wie in allen and eren d eu tsch en
Ländern, in den letzten Monaten, etwa feit Milte
des Wlanfendrn Kalenderjahres, beeinträchtigt und
untthersichMch geworden
der deutschen Währung
Steuevleistuug-en.
Die Gegendarstellung
rung ist ein vortrefflicher Beweis dafür, in welch
verlogener Art die bürgerlichen Parteien Thü-
ringens den Wahlkampf führen. SchlUrrn« aber
»wch als das ist, daß sich tatsächlich in Berlin
eine Regierung findet, auf die dies« Art der
Wahlmache Eindruck »nacht.
Unter militärischer Willkür.
Görlitz, 28. Dez. (Eig. Ber.) Die Görlitzcr
„Volkszeitung" ist von» Wehrkretskommando 3
(2. KWalleriedlvision Breslau) vom 27. Dezember
bis S. Januar verboten worden. Das Verbot
erfolgte wegen des teilweifen Abdruckes einer Er-
klärung der sächsischen Regierung, deren Veröffent-
lichung -durch das Wehrkveiskoinmano 4 (Dresden)
untersagt worden war. Görlitz untersteht den? Wehr-
kreiskommando 3, dessen Kommandeur sich bisher
dem Verbot des Wehrkreiskommandos 4 nicht ange-
schloffem hat. Das Verbot besteht deshalb zu Un-
recht und beweist nur wieder, mit welcher Willkür
von einzelnen Militärs das Ausnahmerecht gehand-
habt wird. Gegen das Verbot ist selbstverständlich
Beschwerde eingelegt.
Dietrich Eckart gestorben.
München, 27. Dez. In Berchtesgaden ist
gestern abend der Schriftsteller und Herausgeber des
„Völk. Beobachters", Dietrich Eckart, gestor-
ben. Eckart war im Zusammenhang nut den Er-
iund an? letzlen Freitag ii» Freiheit gefetzt worden. Ialtes zum Tode verurteilt wurde, welches Urteil
l»h» wöchentUch ,0 Doldpsenn,«. WM WLM MM^cW» MA WW^ Ms MS» M7« ^N*M MM MM stunden der Redaktion: U—lSNbr
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Heidelberg, Samstag, den 29. Dezember 1923
5. Jahrgang
Nr. 302
M "7^s !! " III l
MWgsMche SLeserpsLiL
Eine Herausforderung der Volksrnaffen.
der ThttrinHischen Ne^ie-
-«r-er, n>as; ^anEirlscyasr, ^lEurre unv ronnnn, su> ...» . — —- — 7 - » - — —'' ' v - -»
ihre Schuldenlast, die im Frieden ,ed«ma«s 50 Gold-- nicht Er zur A»tsschöpfrn»g dieser Garantien Geld' eignisse»? des 8. November i,r Schutzhaft g-' wn»r»»«u KrtegsgerWt wegen Bokberettnng ei!«» Saboüigr
durch dsn rapiden Zerfall
»cnd den Niedergang der
Das RoichsjuftiznNUisterinm plant übrigens auch
tm Zivilgerichtsverfahren wesentliche Ver-
einfachung.
Für diese Entlastung »nützten diese Kreise, die auch
— den Hausbesitz ausgenommen — in anderer Be-
ziehung Nutznießer der Geldentwertung waren, jetzt
in der höchsten Not des Reiches zu den Lasten ent-
sprechend stark hercmgezogen werden. So würde we-
nigstens eine sozialistische, nein, jede nur einiger-
maßen sozial empfindende Regierung vorgehen.
Herr Luther handelt anders. Seine neue Ver-
ordnung bringt zwar eine Besteuerung der Schuld-
verschreibungen in der Höhe von 10 Prozent ihres
Goldwertes. Wer es handelt sich im wesentlichen
nm eine Steuer auf die industrielle»» Obligationen,
während die Landwirtschaft völlig frei bleibt. Da-
niil wird nicht etwa nur den kleineren und mittleren
Bauern eEgegeugekommen, sondern auch dem Grotz-
agrariertum eine geradezu unerhörte Konzession ge-
macht. Es ist die vollendete Kapitulation
vor der Steuerscheu der Großagrarier, Der Land-
bund hat einen vollständigen Sieg davongetragen.
Während das Reich sei ne Beamten und Angestellten
auf die Stratze wirft, während es Löhne und Ge-
hälter unerträglich kürzt, die ErwerSslofenunter-
stiitzung aufs äußerste reduziert, treibt die bürger-
liche Regierung eine Finanzpolitik, die die Leistungs-
fähigsten schont. Verstehen jetzt Arbeiter, Angestellte
und Beamte, was eine soziäkisteureine Regierung
bedeutet?
Zur selben Zeit aber droht "den breiten
Masse»» der Arbeiterklasse und des Mittelstandes
eine ganz außer ordentliche Belastung.
In kurzer Zeit solle»» die Mieten — jetzt, mitten in
der Kise! — auf Frrsdenshöhe in Gold gesteigert
werden. Daß die Mieten nicht immer außer
Verhältnis zu den übrigen Preisen bleiben können,
wäre zuzugeb-su. Wer alles kommt darauf an, den
Ueberigaug schonend und erträglich zu machen. Die
Steigcrmg de Mireten darf nur sehr allmählich
Voraugehen. Sic ist nur erträglich in einer Zeit
besserer Konjunktur, wo Arbeiter und Angestellte ii»
der Erhöhung ihrer Bezüge einen gewissen Aus-
gleich finden können. Die Schlichtungsausschüsse
Müsse« angewiesen werden, bei allen Entscheidungen
die Mietsteigerungen voll zr» berücksichtigen. Zudem
müsse»» die erhöhten Mieten nicht die Rente des
Hausbesitzers vermehren, sondern der Gesamtheit
zugute kommen.
In den ersten Plänen der Regierung war da-
vor» »roch eine Spur enthalten. Der größte Teil
der Mietstvigerung sollte dein Reich und den Ländern
zusallen, ein Teil als Unterstützungsfonds für die
schwächsten Mieter, ein anderer zur Belebung der
Bautätigkeit, also zur Einschränkung der Wohnungs-
not und zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise dienen.
Von alledem ist jetzt keine Rede mehr. Von
der Friödensmiete soll der Hauseigentümer 50 Proz.
erhalten! Mit größter Ueberstürzung sollen die
Mieten gesteigert werden. Vom 1. April 1924 ab
erhält der Eigentümer bereits mindestens 30 Proz.,
vom 1. Juli 40 mrd Von» 1. Oktober mindestens 50
Prozent der Friedensmiete. Der Rest der Steige-
rung fällt den Ländern und Gemeinden zu, die vom
1. Ja-mar ab die Mietsteuer erheben können. Das
Reich geht leer. aus. Das bedeutet also, daß wir
angesichts der Finanznot de« Länder und Gemein-
den damit rechnen können, daß längstens in neun
Monaten die Goldmieten erreicht sein werden!
Das wahrhaft Groteske ist dabei, daß Herr Luther .
für den Han «besitz so außerordentlich besorgt ist, daß ,
er dessen Artteil noch vor dem der Länder und Ge- ,
meinden sichert. Wer die Regierung irrt sich, wenn"
sie glaubt, ihre Absichten leicht verwirklichen zu kön-
nen. Unsere Genossen dürften ihr im Reichstag die
Meinung über diese Art Steuerpolitik zu sagen
wissen! Man wird dann sehen, ob die Regierung
bei diesen geradezu ungeheuerlichen Absichten ver-
bleibt. Herr Luther kann ja manchmal auch anders.
BleW er aber hartnäckig, dann wird dafür gesorgt
werden, daß der Reichstag rechtzeitig vor die Ent-
scheidung über eine Steuerpolitik gestellt wird, die
nachgerade eine immer unerträglichere Her-
ausforderung der Volksmaffen be-
deutet.
Lkrorriyue sesnäsleuse der
deutschen Republik.
Frankfurt, 28. Dez. Man scheint den Schutz
der deutsche»» Gegenrevolution immer planmäßiger
gestalten zu wollen. Am 27. Dezember erhielt Ge-
nosse Redakteur Quint von der „Volksstimrne"
eine Vorladung vors Amtsgsriclu, weil er tm Juni
Wer Vorgänge aus der Aschaffenburger Gegend be-
richtete, die als Vorbereitung zum Httlerputsch
dienten. Auf Antrag der bayerischen Regie-
rung wurde deshalb — 43 Stunden vor der Ver-
jährung — ein Landesverratsverfahren
gegen ihm eingeleitet, da damit einer fremden Macht
Mitteilungen zugänglich gemacht werden, die geheim
gehalte»» werde»» müssen.
Wenn man also das deutsche Volk aus die Vor-
bereitungen der Gegenrevolution ausrnerksam »nacht,
so läuft man Gefahr, sich des Landesverrats schuldig
gemacht zu haben. Wir HW-eu's weit gebracht in
der deutschen Republik, die jetzt noch durch die N o t -
Verordnung zur Strafprozeßordnung
die letzten Rechtsbürgschaften fahrlässig fallen läßt.
Kritik an der Justizreform.
Gleich uns kritisiert auch der „Vorwärts" die
Notverordnung zur Strafprozeßordnung, indem er
schreibt:
Die ganze sogenannte Reform berührt aufs tiefste
das Rechtsempfinden, und es erscheint uns mit der
Sicherheit des Nechtswesens nicht verein-
bar, daß so tief einschneidende Veränderungen mit
Hilfe von Notverordnungen herbeigeführt
werden. Sie stellen die ganze bisherige Rechtspre-
chung geradezu ausden Kopf. Und eS wird für
die in ihrer Freiheit durch Richterspruch Beschränkten
in Zukunft nur ein geringer Trost fein, zu
wissen, daß sie lediglich deshalb nicht in dem Voll-
genuß der gesetzlichen Neckstsgarantien gelangen
Zum Düsseldorfer Schreckensurteil.
Der Sozialdemokratische Pavlmnentsdienst schreibt
uns zum Düsseldorfer Schreckensurteil:
Am Donnerstag nachmittag fällte der französische
Gerichtshof im Düsseldorfer Schupoprozeß das Ur-
teil. Regierungspräsident Gen. Grützner wurde
in Abwesenheit zrss 20 Jahren Zwangsarbeit, ein
PolizeioWzier zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe
und die anderen Angeklagten zu längeren Zucht-
haus- bzw. Gesängnisstmsen verurteilt. Ei»» geringer
- Teil der Angeklagten wurde froigesprochen.
Am 30. September hatten die rheinische»»
Separatisten bekanntlich in Düsseldorf einen
Umzug veranstaltet, irr dessen Verlauf es zwischen
den Polizeibemnten und den Demonstranten zu
einem schweren, blutigen Zusammenstoß kam.
74 Personen, darunter 13 PMzeiücamte, wurden
verwundet, 7 Sonderbündler getötet. Außerdem
büßten 3 Polizeibeamte ihre Pflichterfüllung mit
dem Leben ein.
Die Düsseldorfer Polizei tat -damals lediglich ihre
Pflicht, beim es handelte sich bei der Düsseldorfer
Denwnstration um nichts anderes als um den Aus.
takt zu einer großen nrit französischem Geld finan-
zierten separatistischen Putschbewegung,
die tatsächlich wenige Tage später in Aachen, Düren,
München-Gladbach und anderen rheinischen Städten
einsetzte »end erst vor wenigen Wochen mit dem Rück-
tritt der sogenannten separatistischen Regierung in
Koblenz endete. Die Pflicht der deutschen Polizei
im besetzten und unbesetzten Gebiet ist — trotz Be-
satzung —, Unruhen zu unterdrücken und Rebellio-
nen gegen den Staat, von wo sie auch kommen, un-
möglich zu machen». Was sich in Düsseldorf ereig-
nete, waren systematisch provozierte Unruhen als
Auftakt zu der separatistischen Putschbewegung, in
deren Verlauf die Schutzpolizei, getreu ihrer Pflicht,
einzugreifen hatte und von der Waffe Gebrauch
machen mußte, als sich herausstellte, daß die sepa-
ratistischen Angreifer überlegen und mit Schuß-
waffen der modernsten Gattung ausgerüstet ivarcn.
Wenn es im Verlaus dieser Auseinandersetzung Tote
und Verwundete gab, dann ist das nicht die Schuld
der Düsseldorfer Schutzpolizei oder die des, Düssel-
dorfer Regierungspräsidenten, sondern die Schuld
derjeniggen, die es erst zu der Düsseldorfer Demon-
stration kommen ließen.
Wir deutsche Sozialdemokraten werden das Düs-
seldorfer Urteil gegen deutsche Beamte, die Michls
anderes getan Haber» als ihre Pflicht, niemals als
zu Recht bestehend anerkennen. Wir bedauern nur,
daß dieses Unrecht gegen deutsche Staatsbürger in
einem Augenblick erfolgen konnte, wo die Erkennt-
nis zu einer notwendigen direkten Verständigung
mit Frankreich auch in Deutschland mehr und mehr
Platz greift.
London, 28. Dez. Die „Times" nennt di«
Urteile des Düsseldorfer Kriegsgerichts ein zyni-
sches Weitzwafchen jder französischen
Politik, welches den Fall Krupp »roch übertrifft.
Todesurteile gegen Abwesende.
Matnz, 28. Dez. Der Landwirtschaslsiugenicur
Goerges aus Mannheim, der seinerzeit vouk
Heidelberg, 29. Dezember.
Der Entwurf der dritten SteuernotVer-
ordnung, de« den» Reichsrat bereits vorltegt,
aber vis jetzt sorgsam geheim gehalten
wurde, enthält i-u ß 1 ein generelles Verbot
, sür Gläubiger von Forderungen die auf
Reichsmark lauter», mit Rücksicht aus die Geldent-
wertung nachträglich eine Erhöhung zu verlangen.
Dagegen werden Länder und Gemeinden im Hin-
blick auf die Neuregelung des. Mietwesens und die
eintretende Steigerung der Mieten berechtigt, von
dem bebaute» Grundbesitz ab 1. Januar 1924 eine
besondere Steuer zu erheben. Dis Regelung erfolgt
durch die Länder. Die Steuer mutz so hoch bemessen
werden, daß dem Eigentümer vom 1. April 1924 üb
mindestens 30 Prozent, vom 1. Juli ab Mindestens
40 Prozent und an» 1. Oktober 1924 mindestens 50
Prozent der Friedens-miete verbleiben. Die Länder
können für Eigrnhän-ker und für Eigenwohnuugen,
bei denen eine dringliche prwcprcchtliche Last an»
1. Januar 1919 oder bet späterer Fertigstellung des
Gebäudes in» Zeitpunkt der Fertigstellung nicht be-
stände»? hat, eine Ermäßigung der Steuer oder Be-
freiung ciutreien lassen.
Der zweite Teil des Entwurfs der dritten Steu-er-
rwtverordNiUug steht eine Besteuerung der
Schuldverschreibung vor, die von natür-
lichen Personen, Personenvereinigungen und juristi-
schen Personen des Pribatrechts ausgegeben sind.
Unter gewissen UiUstäicdoni ist eine Befreiung vor-
gesehen. Die Gteuer beträgt insgesamt 10 Prozent
-es Goldmarkbetrages und ist in Höhe von 4 Proz.
am 1. Februar 1924 und vpn 2 Prozent am 1. Ok-
ic her 1924, 1. April 1925 und 1. Oktober 1925 zahl-
ter. Der Entwurf vollendet das Bild, das man sich
vo - der Steuerpolitik dieser soztalistenreinen bürger-
E >» Regierung bereits machen konnte. Es ist ein
c 'checkendes Bild, das sich da enthüllt.
Die Sozialdemokratie ist seit der Um-
g unablässig und Ml größter Energie für
line energische Steuerpolitik und für die
c><! iniug des Gleichgewichts im Staatshaushalt
Euacrreten. Sie hat erkannt, daß die fortschreitende
Geldentwertung, die Fnflationsfteuer, die schlimmste
und verderblichste aller Steuern ist. Die soziäldemo-
lraiische R eichst agsfraktion war auch ve -
r e i t, in der gegenwärtigen verzweifelten Situation
eine konsequente und energische Steuerpolitik zu un-
terstützen. Was sie Wer fordern muß, ist, daß eine
solche Politik den primitivsten Forderun-
gen steuerlieher Gercchttgkeit und sozialer
, Rücksichtnahme entspricht. Die Finarizpolitik der
. soziaWtsuretnen Regierung bedeutet Wer die
schlimmste Ungerechtigkeit und zeigt einen
erschreckende»» Mangel an sozialem EnchfindE
Das haben schon die frühere!» Steuerverordmm-
, gci» bewiesen. Alle Verbrauchsabgaben sind auf
Friedenshöhe -in Gold gestellt. Dazu kommt »roch
die Erhöhung der Umsatzsteuer auf 2l4 Prozent. Das
bedeutet, Hatz alle Konsumenten außer dem
Betrag der indirekten Steuer von sämtlichen Waren,
die sie kaufen, zehn bis fünfzehn Prozent
des Kaufpreises als Steuer zahlen müf- >
fen. Das in einer Zeit, wo die deutschen Preise zum ,
Teil infolge der Wucherpolitik der KaLtelle ohnedies §
über dein Weltnrarktpreis stehen, während die Kauf- <
kraft der broiten Massen von den Unternehmern
immer tiefer gedrückt wird. j
Um so schonender hat die Regierung die Be - ,
sitzenden angefaßt. Unter dem Druck der So- ,
ziakdemokratie hatte in» August der Reichstag noch §
unter der Regierung Cuno die Betriebs st euer ,
und die Landabgabe beschlossen, die einzig wirk-
lich wirksamen Besitzsteuern. Die Steuern liefen bis
Zum 1. März. Herr Luther hat de»? Besitzenden
die Zahlung dieser Steuern für die beiden letzten
Monate, Januar und Februar, erlassen. Ein
Geschenk von etwa 60—70 Go!dmMo.nen, wovon
40 auf die Landwirtschaft e-nifaillmr. Dafür ist, was
aber nur selbstverständlich ist, die Einkommen- und
VermSg-snssteuer auf Gold gestellt und in einzelnen
Ländern endlich, viel zu spät, die Grundsteuer, die
bisher minimal war, etwas angespannt worden.
Trotzdem werden die Erträge aus Einkommen- und
Vermögenssteuer die der Landabgabc und der Be-
triebssteuer »richt erreichen. Ebenso hat Herr Luther
die Sätze der Erbschaftssteuer ermäßigt.
Man sieht, die „brutale Steuerpolitik" der bürger-
lichen Regierung verkehrt die Absichten der sozialisti-
schen Steuerpolitik gerade ins Gegenteil. Sie ist
allerdings brutal gegen die Besitzlosen, aber sehr
schonend gegen die Besitzenden!
Das alles wird nun übertroffen durch die
üeuen SteuerplSne. Die Negierung verbiete»
Zunächst allgemein, daß Gläubiger von Forderungen,
die aus Reichsmark lauten, als Ausgleich für die
bleldentwertimg nachträglich eine Erhöhung verlan-
gen. Das bedeutet die endgültige Expropria-
t i o n aller Besitzer vor» Reichsanlethen, Hypotheken,
^saudb riesei», Jndustrieobligationei» usw. Es be- „—„ . _ . _
deutet, daß Landwirtschaft, Industrie und Hausbesitz konnten, Weil der Staat zwar^zu ihrer Wurteilung,
vrillwrdcn überstiegen hatte, end g tt t t i g lo s MH. genug hatte!
§ Internationale Lage.
Ein französisch-tschechisches Bündnis.
Parts, 27. Dez. Der tschechoslowakische Mi-
nister des Aeußern Dr. Bene sch hat heute nach-
mittag die Rückreise nach Prag augetrcteir. Die
Verhandlungen, die Benesch in tiefstem Geheimnis
mit der französischen Regierung führte, sind fast
abgeschlossen. Die Vereinbarungen
über welche eine Verständigung erzielt wurde, sind
in einem Vertragsentwurf niedergelegt, des-
sen Unterzeichnung »rach Versicherung der Paris«
Abendblätter nahe ist.
Den» „Temps" zufolge verpflichteten sich Frairk-
rcich und die Tschechoslowakei im einzelnen, die
Wiederherstellung der Hoh enzollern-
»n o n arch ie in Deutschland zu verh ind e r n. Sie
sind sich einig darüber, daß die „Unabhängig-
keit" Oesterreichs dem Artikel 88 des Vertrags von
St. Germain entsprechend aufiechtcrhalten werden
»nutz, solange der Völkerbund nicht einer Aenderung
zugestimmt hat. Ungarn gegenüber werden Frank-
reich und die Tschechoslowakei daraus bestehe»«, daß
die Zusagen der ungarische»? Regierung von 1821 tu
der Habsburger Frage gehalten werden.
Die rheinische Goldnotenbank.
Paris, 28. Dez. Wie das „Echo de Paris"
berichtet, finde! heute in Koblenz eine Bespre -
chung zwischen den Führern der französische»» Ban-
kc»»gruppe, die sich am der rheinisch-westfälische»
Emissionsbank beteiligen will, und Geheimrat
Hagsn, dem Führer der rheinisch-westfälischen Ban-
kengruppe statt.
Bürgerliche Verlenmdungspolitik.
Weimar, 28. Dez. Die Reichsregierung
bat sich eine»? weiteren Streich gegen die thüringische
Landesregierung erlaubt. Ohne sie zuvor zu ver-
ständige»», hat sie, nun schon ziem zweiten Mal, eine
Kommission nach Weimar gesandt, bestehervd aus
Reichskommisfar Kuenzer, M'nificriglrat För-
ster, der »m ReichsiiMenmMsterium die Beamten-
fragen bearbeitet, dem Ministerialrat Mende und
dem Ministerialrat Ear lower aus dein Reichs-
fiuMMNinisterium. Die Kommission hat den Auf-
trag, auf Grund des Artikels 15 der Rcichsverfassung
mit der thüringischen Staalsregterung in Verbin-
dung zu treten, um Aufklärmrg Wer verschiedene
Beschwerdepunkte zu erlang«». Daß keine Ursachen
zu den Beschwerden vorliegen, hat die thüringische
Landesregierung bereits mehrfach dargelegt.
Weimar, 28. Dez. (Eig. Ber.) Rach einer Mit-
teilung des „Berliner Tageblatt" haben sich die
bürgerlichen Parteien T h sir i n g e ns, die
sich bereits im Lauf« des Jahres bei der Reichs-
regierung über Mißbräuche in Thüringen mtd über
die Landesregierung beschwerten, am 21. Dezember
d. I. erneut in einem „Aufruf" an die Retchsregie-
ruug gewandt. U. a. soll die F i n a nz g ev a r ung
Thüringens, seine Bcamtenpolitik und seine Bo-
amleugesetzgebung der Reichsregierung Veranlassung
zum Eingreifen gegen die aesckmftsführendc thü-
ringische Regierung geben.
DemgegsnWer erklärt der Thüringisch« Presse-
dienst u. a.: Die Finanzlage des Landes Thü-
ringen ist k e i »r e s w e g s schl echter als die aller
cmderen deutschen Länder. Im Gegenteil ist es bis
in die Dezembertage l. I. hinein gelungen, das Ver-
mögen des Landes Thüringen von jeder »reuen Be-
lastung freizuhal 1 en. Die Finanzgebarung des
Landes ist eine durchaus zuverlässige und ehrliche.
Sie ist nur, wie in allen and eren d eu tsch en
Ländern, in den letzten Monaten, etwa feit Milte
des Wlanfendrn Kalenderjahres, beeinträchtigt und
untthersichMch geworden
der deutschen Währung
Steuevleistuug-en.
Die Gegendarstellung
rung ist ein vortrefflicher Beweis dafür, in welch
verlogener Art die bürgerlichen Parteien Thü-
ringens den Wahlkampf führen. SchlUrrn« aber
»wch als das ist, daß sich tatsächlich in Berlin
eine Regierung findet, auf die dies« Art der
Wahlmache Eindruck »nacht.
Unter militärischer Willkür.
Görlitz, 28. Dez. (Eig. Ber.) Die Görlitzcr
„Volkszeitung" ist von» Wehrkretskommando 3
(2. KWalleriedlvision Breslau) vom 27. Dezember
bis S. Januar verboten worden. Das Verbot
erfolgte wegen des teilweifen Abdruckes einer Er-
klärung der sächsischen Regierung, deren Veröffent-
lichung -durch das Wehrkveiskoinmano 4 (Dresden)
untersagt worden war. Görlitz untersteht den? Wehr-
kreiskommando 3, dessen Kommandeur sich bisher
dem Verbot des Wehrkreiskommandos 4 nicht ange-
schloffem hat. Das Verbot besteht deshalb zu Un-
recht und beweist nur wieder, mit welcher Willkür
von einzelnen Militärs das Ausnahmerecht gehand-
habt wird. Gegen das Verbot ist selbstverständlich
Beschwerde eingelegt.
Dietrich Eckart gestorben.
München, 27. Dez. In Berchtesgaden ist
gestern abend der Schriftsteller und Herausgeber des
„Völk. Beobachters", Dietrich Eckart, gestor-
ben. Eckart war im Zusammenhang nut den Er-
iund an? letzlen Freitag ii» Freiheit gefetzt worden. Ialtes zum Tode verurteilt wurde, welches Urteil