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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 271 - Nr. 280 (21. November - 1. Dezember)
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«.-»qrpretr e.wchl. Lr-derloh«
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5. Jahrgang Heidelberg, Freitag, den 23. November 1923 Nr. 271 b
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W OlWM MWWWklsO WAMU

* Heidelberg, 23. November.
Die gestrige Reichstagssitzung brachte das infolge
des kornmuni'stischen Spektakelstückes um zwei Tage
hinausgeschovene Ergebnis, daß Herr Stresenrann
nicht daran denkt, das Steuerruder der Reichsregie-
rung in eine Richtung zu bringen, wie sie die innere
und äutzere Situation des Reiches dringend erheischt.
Bei allen schölten Gesten zeigten die Ausführungen
des Kanzlers, datz Volt ihm weder eine Außenpolitik
zu erwarten ist, die Rhein rund Ruhr für das Reich
rettet, noch daß er in der Innenpolitik durch restlose
Beseitigung des Ausnahmezustandes und Bekun-
dung der Reichseinheit auch gegen Bayern Wege be-
schreiten will, wie sie einer republikanischen Regie-
rung selbstverständlich sein müssen.
Die Enthüllungen der Staatsminister Frölich-
Thürim-gen und F -ellisch - Sachsen über den Ter-
ror der Reichswehr in diesen republikanischen Län-
dern zeigen» das; die Reichsregierung auf dein Punkte
steht, durch einen trockenen Putsch das vorweg,zu-
nehmen, was die radikale Reaktion auf anderen!
Wege zu erreichen sucht. Die Sozialdemokratie kann
und darf diese Politik nicht weiter mitmachen, weder
durch offene noch durch versteckte Duldung. Mögen
sich die bürgerlichen Parteien dazu hergeben — die
Demokraten kamen noch nicht zu Wort — die Kulisse
für eine verhüllte Rechtsregierung abzugeben, die
SozjMdenrvkratte kann und darf Vies nicht mit-
machen.
Der Sturz des Kabinetts Stresemann dürste da
der sehr rasch vollzogene Tatsache sein. Düster, sehr
düster liegt allerdings — die Bemühungen um ein
stabilM der kleinen KoaMttoi» scheinen gefcheiteri
zu sein — die Zukunft vor uns. Denn was nach
dem Rücktritt Stressmanns kommen soll, weis; noch
niemand. Seit Jahren halben Vie angeblichen Trr
ger des nationalen Gedankens sich bemüht, das
Ehaos tn Deutschland herbeizufichren. Bald schei-
ben wir so weit zu sein.

Sitzungsbericht.
Berlin, 22. November.
Präsident Löbe eröffnete mit der Mitteilung,
vast oil den Abgeordneten Remine le wegen der
iviaverholten Weigerung, den Sitzungssaal zu ver-
fassen, auf 2V Sttzungstage ausgeschlos-
sen hat. Die Kommunisten rufen bei dieser Mit-
leitung „Unerhört", die Rechtsparteien „Bravo".
Präsident Lobe verkündet weiter, das; er für diese
Dauer des Ausschlusses dein Abgeordneten Remmel«
auch den Zutritt zum Reichstag verboten hat. Er
iverde in Zukunft als eine gröbliche Ver-
ätzung der Ordnung jede Be h t nd e r u n g d e s
Präsidenten oder eines Redners, ferner jede
^swaittätigkett mit dem Ausschluß aus der Sitzung
ahnden. Für die Meldung zur Geschäftsord-
^ungsdebatte soll jeder Redno« in Zukunft
ninen Antrag nur kurz begründen.
Die Erklärung des Präsidenten wird vom
Ganzen Haufe mit Beifall ausgenommen.

Reichskanzler Stresemann:
Der französische Ministerpräsident
habe vor kurzem die deutsche Regierung auf die
^vitalen Tendenzsn nationalistischer Art
Bssurertsaur gemacht. Es sei nicht zu leugnen, daß
u der Bevölkerung die Neigung zmn Extremen
esteh«. Dw Schuld daran aber trage die Politik
französischen Regierung. Die Kom -
nisten ziehen ihre Stütze aus dem sozialen
-wich, tzj« Rechtsradikale», aus den fortwäh-
Echen nationalen Demütigungen. Es liege in der
^äu'o ,tz«r französischen Regierung, diesen rechtsradi-
^en Tendenzen den Boden zu entziehen durch eine
Lichtung ihrer Politik gegenüber Deutschland,
stresemann wird häufig durch die Kommunisten
^ckerhMchell.) Der Abgeordnete Hergt hatte
b»5"' dk innere Lage Deutschlands ist trostlos,
ben bekenne, ich sehe keinen Weg, sie zu
Dv (Unterbrechung durch die Kommunisten.)
Stresemann zu den Kommunisten: Meine Her-
st» BWen Sie einen Weg, sie zu bessern, so hal-
Sie damit bitte nicht zurück, sondern sagen Sie
Sie»' ivelchen Weg Sie führen wollen. Meine Re-
. ruug hat den Versuch einer dauernden Lö-
->h 0 des Reparationsproblems gemacht und hat
r den Versailler Vertrag hinaus die Sach -
oaz Es Garantie für die Leistungen angeboten.
Ai^chEeresse der Vereinigten Staatenam
bea'E^wrnmen einer Sachverständigenkonferenz
r^ruhe ich. Der Versuch, eine stabile Wäh-
Echl > schaffen, ist ein Beweis dafür, daß es
- -NA Deutschlands sei, et»» wirtschaftliches
'"Ving zu trewoktz

Die Trostlosigkeit unserer Verhältnisse
ist jetzt so offenbar geworden, datz sie in keinem
anderen Land der Welt mehr geleugnet Werden kann.
Aus der Erkenntnis heraus, was ein verarmtes
Deutschland, was ein an der deutschen Wund« lei-
dendes Europa für die ganze Welt bedeutet, haben
sich die Anzeichen für jene n eu e K o nstel la 1 i on,
in der E n g l a n d, die V e r e i n i g t e n S t a a t e n
u. Italien und bis zu einem gewissen Grade auch
Belgiensich zusammenfinlden, ergeben.
Herzlichei, Dank allen, die sich der deutschen
Not angenommen haben. (Allgemeines Bravo.)
Unsere Bemühungen nach Aufhebung des
passiven Widerstandes, zu Verhandlungen
zu kommen, waren erfolglos. Wir drangen nicht
durch und Wir sind bis heute nicht durchgedrnngen;
ein Skandal in der Geschichte der Völker
ist, das; die verautwoAliche Regierung, die für ihr
Volk zu sprechen hat, einfach ausgeschaltet wird.
So ist es dahin gekommen, daß wir uns entschließen
mutzten, andere Instanzen und andere Per-
sor-W zu beauftragen, an unserer Stelle zu verhan-
deln. Bei den Verhandlungen zwischen den Jn-
d u striellen und General Degoutte habe die
Frage der Arbeitszeit nicht die entschei-
dende Rolle gespielt, die deutsche Regierung wenig-
stens Hobe den Standpunkt vMtreten» datz für die
Arbeitszeit Vie deutschen Gesetze gelten müssen. Die
deutsche Regierung war bereit, Garantien für
die Kohlenliese r » nge n und für die Koh-
lensteuer zu bieten. Die Regierung konnte den
Rnhreinbrnch nicht legalisieren durch die Anerken-
nung, daß die Kohlenlteferinngen und Vie Ko hl-en-
steuer auf ein anderes als das Reparationskon-to
geschrieben würden. Mitt Zustimmung der Reichs-
regierung dürfen Gelder n i- ch t i n die Kasse
einer einzelnen alliierten Macht flie-
ßen, die an dem Einbruch beteiligt ist und die
-dadurch tsir Kosten decken will.
Der Reichskanzler ist nicht mit allem einver-
standen, was oer Verwaltuugsnat der Reutenbamik
forderte. Das allerdings sage ich auch hier wieder
mit -aller Offenheit: eins Gesundungder Wirt-
schaft ohne eine Ne u r e g e l n n -g ds r A rb e t t s -
zett ist einfach un d t S ku tab-e l. Der Vertrag
von Versailles wird nicht duech uns zerrissen. Die
Darstellung der soznaldemokrattschen Presse hat mich
a ifs 'iesst-e verletzt, als sei durch die sogenannte
Rechrsenbwickl-ung des Kabinetts, durch die Himein-
nahme des Herrn Dr. Jarres, irgend eine Unter-
stützung von S-eParationsbestreihungen erfolgt, wäh-
rend alle unsere Bestrebungen auf diesem Gebiete
die volle Billigung der preußischen
S ta a ts regi er u n g fanden. (Hört, hört!)
Die Gegenmaßnahmen der Reichsregierung gegen
den bayerischen Putsch '
waren klar und eindeutig. Die verfassungsmäßige
Regierung in Bayern mußte ge st ütztwer den,
gleichgültig, ob sie sich uns feindlich gegenüber stellte
oder nicht. Als nach deut 9. November die Gegen-
sätze zwischen de» führenden Persönlichkeiten der
Organisationen und der rechtsradikalen Bewegung
sich zeigten, wäre es p o l i t t s ch f a l s ch gew e s e n,
von Berlin aus einzugvsisen. Bedauerlich sind die
Vorgänge in Bayern auf jeden Fall. Gerade, wo
a» Rhein und Ruhr um die Einheit des Reiches
gekämpft wird, wstd dieser Gedanke der Ein-
heit in Bayern kaputt geschlagen. Dort
in Bayern wird das Grab geschaufelt,
in dem der Westen versinkt. Das ist die Auf-
fassung in den besetzten Gebieten ge-
wesen. Daun dteRückwirkun-g auf das Ausland,
die in Deutschland ohnehin schon im Zerrbild er-
schein. Bei der Rückkehr des Kronprinzen
liegt ein menschliches Gefühl vor; wie wir um
die letzten Gefangenen von Avignon kämpften, so
konnten wir auch um die Rückkehr des Kronprinzen
kämpfen. Bet den bevorstehenden Verhandlungen
zwischen Bayern und dem Reich ist die unbedingte
Voraussetzung Rückkehr zu verfassungsmäßigen Zu-
ständen und Unterstellung der 7. Division unter die
Heeresleitung. Dies hat man in bayerischen Krei-
sen auch erkannt. Was Bayern will, das ist ein«
Revision der bestehenden Reichsverfaffung.
Man wind dies tun können nach drei Richtungen:
man wird 1. den Ländern einräumen können, daß
sie für bestimmte Zeit ohne ein Eingreisen der
Reichsgewalt selbst m ihren Gebieten Ordnung zu
schaffen versuchen. Man wird 2. nachgeben können
dien Wünschen auf Dezentralisation der
Verkehrsverwaltung und man wird 3. dem
Wunsch der Länder — denn es handelt sich nicht
nur um Bayern, sondern auch um die anderen
Länder — aus Aend er ung der Ftnanzv er-
wart uns und Fincrnzgebaruug nachkommen kön-
nen. Voraussetzung jeder Aenderuu-g der Verfassung
ist Achtung der V erfassung, die man ändern
Will, auch durch das bayerische Volk.
Die Entsendung der Reichswehr nach Sachsen
ist verfügt, als noch die große Koalition bestand.
Wenn Uebergrtffe vorgekommen seien, so müsse
ihnen nachgegangen werden und noch Vox tzex Rede

des M>g. Wels ist ein entsprechender Befehl an
die zustiindige militärische Stelle ergangen.
Abg. Thomas (Komm.) wird wegen verschie-
dener Zwischenrufe zweimal zur Ordnung gerufen.)
Von den Vertretern der Arbeitsgemein-
schaft ist die Frage vorgelegt worden, ob der
Reichsausnahmczustand in den ruhigen
Gebieten des Reichs
nicht durch eine» zivil en Ausnahmezustand
ersetzt werden könnt«. Die Aufhebung des
Ausnahmezustandes könne nach seiner Meinung er-
folgen tn den Gebieten, in denen Ruhe herrscht
und die Gewähr der Aufrechterhaltung dieser
Ruhe gegeben ist.
Die Schaffung einer Zwischenwährung
ivar nötig. Das Neichskartellgesctz und das
Arbeitszeit gesetz müssen in ganz kurzer Zeit
verabschiedet werden. Wir brauchen ausländische
Kredite. Was in der Presse steht, ist offiziell noch
nicht an die Regierung gekommen. Offiziell ist das
Anerbieten einer ausländischen Ftnanzgruppe be-
züglich des Kredites von mindestens einer Milliarde
Goldmark erfolgt, unter der Voraussetzung eine»
stabilen Währung.
Wir sind jetzt in Ne Liquidation des verlorenen
Krieges eingetretsn. Frankreich will das deutsche
Volk zu ewigem Frohndwnst verurteilen. Dem-
gegenüber gibt es als einziges Aktivum die Einig-
keit aller Volksgenossen. Ich bitte um eine Ent-
scheidung da.über, ob das Kabinett das Ver-
trauen besitzt. Wir haben die Gewißheit, unsere
Pflicht gegenüber dem Laude getan zu haben. (Leb-
hafter Beifall bet der Deutschen Volkspartet, beim
Zentrum und bei den Demokraten.)
Ein deutfchnatiorraler Mißtrauens-
antrag.
Von der Deutschnationalen Fraktion ist folgender
Mißtrauen San trag eingegangcn: Der Reichs-
tag entzieht der Reichsregierung das Ver-
trauen, dessen sie nach Art. 54 der Reichsverfassung
bedarf.
Dis Aussprache.
Reichsfinanzmin-ister Luther erklärt, daß die
Rentemn-ark nicht einer neuen Inflation' verfallen
dürfe. Wir brauch«» schnell« Einnahmen mrd Stou-
oin. Ne erst im ersten Vierteljahr fällig sind, müssen
schon im Dezember gezahlt werden. Dies gilt auch
von der Rhein- und Ruhrahgäbe. Da das Ernräch-
ttgmvgsges-etz gefallen ist, bleibt kein anderer Weg
als eine Verordnung auf Grund Art. 48.
Abg. Marx (Ztr.) betont, daß das Zentrum hin-
ter der jetzigen Regierung steht, unbeschadet -aller
Bedenken. Win billigen es, daß in Dachsen und
Thüringen mit fester Hand wieder geordnete Zu-
stände geschaffen werden. Wir verlangen aber auch,
daß das Verhältnis zwischen Reich und Bayern bal-
digst Wieder in verfassungsmäßige Bahnen gelenkt
wird.
Abg. Scholz (D.VP.) -erklärt, daß nach seiner
Auffassung die Möglichkeit einer sachlichen Erledi-
gung dso zwischen Bayern und dem Reich schwebelt-
den Fragen besteht. Die Reichsregierung hat sich
mit anerkennenswerter Eusrigie der Aufgabe unter-
zogen, Ruhe und Ordnung in Sachsen wiederher-
zustellen. Die Deutsche Volkspartet wird sich den
Versuchen, die gegenwärtige Regierung zu beseitigen,
entschieden widersetzen.
Abg. v. Gräfe (Deutschv ) äußert, der Pulsch
tn München habe das Gegenteil von Separatismus
erstrebt. Herr v. Kahr habe ein römisches Reich
deutscher Nation unter Witlelsbachscher Kaiserkrone
angestrelst. Der Redner deutet Wetter an, daß die
völkische Politik sich bei der praktischen Durchführung
ihrer Bestrebung en ans die Reichswehr zu stützen
gedenke.
Thüringischer Ministerpräsident Frölich erklärt,
datz in keinem Land der Welt soviel Ruhe geherrscht
hat wie tn Thüriltgen. Die Reichswehr hat ohne
jede VerstänNgrvng mit der Landesregierung ge-
wirtschaftet. Sie zerstörte das Versammlungs- und
KoaMionsrecht und griff mit rauher Hand in Ver-
waltung und Wirtschaft ein. (Hört, Hörti links.)
Haussuchungen und Verhaftungen ohne jede Be-
gründung wurden vongenommen. Die gesamten für
die hungernden Bergdörfer Ve-igeschafsten Lebms-
mtttelvorräie beschlagnahmte man unter nichtigen
Vorwänden. Geirossenschaftsbeamte wurden in
Schutzhaft genommen und beim Verhör mit dem
Gesicht gegen die Wand gestellt, Genreinldevorsteher
unid Beigeordnete wurden monatelang in Schutzhast
genommen. Die Versorgung der hungernden Be-
völkerung ist durch die Maßnahnren der Reichswehr
stark bedroht. (Erneutes Hört, hört! links.) Der
Kampf wird nicht gegen bewaffnete Hundertschaften
gefichrj, s-rildem

gegen die Sozialdemokratie,
die zuverlässigste Stütze der Republik. (Erneute Hört
hört! links.) Unter der jetzigen Militärherrschaf
kann von einem Rechtsstaat nicht die Rede sein. Jkl
muß diese Zustände vor dem Reichstag brandmar
kcn, weil mir keine andere Möglichkeit bleibt, nach-
dem ich vergeblich alle Wege gegangen bin, sogar bii
zum Reichspräsidenten. (Hört, hört! links.) Di«
Reichswehr hat zu ihrer Aufsüllung antirepnblila
Nische Studentenverbindungen in Anspruch genom
men. So bildet der militärische Ausirahmezuslan-l
geradezu eine Gefahr für die Republik. (Lebt;. Bei
fall links.)
Abg. Ledebour beantragt, der Neichskanzle'
solle sofort eine Rechtfertigung über seinen Staa s>
streich in Sachsen geben.
Reichswehrmiuister Dr. Geßle r: Ich werde erf
morgen auf die Mitteilungen des Ministers Fröli<j
antworten, weil mir leider das Material vorhe'
nicht miigeteilt worden ist. Ich protestiere gege»
die hochverräterische Aeußemng des Abg. v. Grast
der die Reichswehr für die umstürzlerischen Versuch
seiner Partei tn Anspruch irehmen zu können glaubt
Nichts gibt ihm das Recht zu der Annahme, das
die Reichswehr ihren geichworeiten Eid breche-
würde. (Zwischenruf: Lossow!) General v. LossoU
ist ein Einzelner und er ist seines Postens enthobe-
worden.
Sächsischer Ministerpräsident Fellisch wende
sich gegen den Ausnahmezustand und die Reichs
wehrbesetzlnug Sachsens. Am Dienstag habe de
Militär b e feh-l shab er
alle sozialdemokratischen und demokratische»
Beamte»
des Dresdener Poftzeipräsidiums mit der Begrüi»
duug entlassen, das Poltzcipr.stdium müssi
nunmehr überparteilich organisiert werden. Solch«
Eingriffe in die Hoheit der Landesregierung fiu4
rechtwidrig und unerträglich. (Lebhafte Zusttmmunt
links.)
Ein nochmaliger Antrag Ledebour aus Aus»
li-n-stsersiilung durch den Reichskanzler wird Volk
Vizepräsidenten Dietrich für unzulässig erklärt, l-li
der Reichstag den Kanzler nicht zwingen könne, oat
Wort zu nehmen, und vor allem nicht nötigen könne,
so zu sprechen, daß seine Rede auch einen Inhalt Hai
(Große Heiterkeit.)
A b g. Brün ning Haus un d A b g. Leut»
heusser (D.VP.) erklären, die Zustände in Sachsek
seien vor dem Einmarsch skandalös gewesen.
Abg. Henning (Deutschv.) bestreitet, daß sein»
Partei hochverräterische Ziel« verfolge.
Reichswchrmisiister Dr. Gehler weist auf deä
Versuch Rotzbachs hin, in iwr Ossizierschule in Mün-
chen Meisteret hervorzurufcn. Sie haben dort acht
junge Leute aus dem Gewissen.
Abg. Henning (Deutschv.) äußert, daß dem
General v. Lossow vom Wehriniuisterium nach Nie-
derschlagung -des Putsches ein Glückwunsch znge«
gangen ist. (Lärm links.)
Minister Geßler: Ich bitte um den Gewährst
mann, sonst müßte ich dies eine niederträchtige Ver<
si-umdung nennen.
Abg. Henn i u g (Deutschv.): Ich bin bereit, mich
arr die Herren tn Müruhen zu wenden.
Hierauf vertagt sich das Haus auf Freitag 11 iih«
vormittags.

Internationale Lage.
Die separatistische Bewegung in der
Pfalz.
Mannheim^ 22. Rov. Seitens der Separa-
tisten wurde dem Besatzungsamt in LuNvigshasen
angekündigt, daß" in "den nächsten Tagen die Be-
setzung der Stadt durch Separatisten
erfolgen solle.
In Pirmasens sind Saphis etngetroffent
wahrscheinlich als Vorboten für demnächst ankom-
mende Separatisten.
Ludwigshafen (Rhein), 22. Nov. Wie aus
Neustadt a. H. gemeldet wird, sind dort sieben
Personen, darunter Beamte, als Geiseln von den
Separatisten verhaftet worden. Zugleich wurde die
Verhängung des Standrechts proklamiert, wahr-
scheinlich, weil zwei Separatisten -auf offener Straße
erschossen worden! sind. General de Metz hat wegen
dieses Vorfalles der Stadtverwaltung schwere
Sanktionen angedroht und erklärt, daß alles, was
gegen die Separatisten unternommen würde, mich
gegen die französische Besatzungsbehörde gerichtel
sei. Ferner haben die Separatisten Maikam-
mer, Edenkoben und Oderuh-etm besetzt,
wobei sie von ihren Autos in die Häuser schossen.
In Schifserst adt werden die Separatisten durch
 
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