Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 300 (14. Dezember - 27. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48728#0393

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LWWWL * OG MG MGG GOO OO
ch-LM.'W'.WM WM M M dEH«MWf UUMMKUMA «rrssWWSN
I^tWxkÄ^rLNd Wsff^ W W MzM /W WM M M MM M M MM r^MWLÄLüKS
P.« , do.ft. Mr aufwärts - M->., 'fts'F U KU HM HM rr° S^dtw-.^3?«-do!E
!°M-zeIWg w «e »«MükSEniM «n A-Mezw Skldkw»,, NlttllS, ew-kw. UM«,. «M». M5M, AS«, NcbW». «oa««, lmWfflIWW, L WMW»

5. Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, de« 18. Dezember 1923

Nr. 294

.>

er-
bte
ru
Die

sen, Vie Neuernennmrg der Regterungskvinmisstost
für das Saair-gebiet dis zunr März nächsten Jahres
zu vertagen. Das Mandat der geganwärt-igen Mit»
gliedcr der Regierungskormnisston ist bis zum 31.
MärZ 1924 verlängert worden.

JntereffeM«»:, dst- „va:tt?vfte" <Nenhsbahn einstich
kaufen würdeir, um sie in ein Privatumtermchmen
zu veriwarldein, fehlt es nicht;; aber dteser „Lo-
sung" der Geldkrise stehen schwere Beden,
ken entgegen, und man wird der „sachkundigen
und wohtmrtrrichteten Seite", die tn der „Ger-
mania" aus diese Bedenken sehr nachdrücklich hm-
wieS,zustimmen Missen: „die deutsche Reich Mahn
ist nicht nur ein Riesenbetrieb, der an sich schon
durch seine Größe eine Macht darstellt, sondern
er besitzt vor allem im Reichsgebiet ein tatsächliches
Monopol und bchierrschat damit -aus dem Weg
über die Tarifpolitik die ganze Volkswirtschaft.
Deswegen würde es bei einer plutokratischen Ver-
fassung der Reichsbahn gar nicht zu vermeiden
fein, daß die Inhaber der Aktien in dun Unler-
ncbinen ihre eigenen Interessen verfolgen. Und
Inhaber der Aktien würden eben Vie Kreise sein,
die heute in ganz Deutschland die Mittel haben, die
Reichsbahn zu finanzieren."
Dem ReisePUbliknm wie allen Kunden der
Reichsbahn iwürde das sehr rasch und schmerzlich
fühlbar werden: daß die Eisenbahn nicht mehr dein
Verkehr dient, sondern bestimmten politischen und
wirtschaftlichen Jntere^n; und damit wird di«
Geldfrage zu einer Macht frage, und das ist
dir eigentliche Krise, die mit Recht Besorgnis eirv-
flößen und denen Lösung im Sim, des Gemein-
wohls um» mit Ungeduld erwarten darf.

geplant, deren Ablösung durch ein endgültiges Ge-
setz schon am 1. April 1924 erfolgen soll. Die Reichs-
bahn hat die innere Kraft und ebenso den festen
Willen, diese Organisation selbst M gestalten. Sach-
kundigen Rates wird sie sich dabei gerne bedienen.
Berlin, 16. Dez. Eine Berliner Lo-Salkorre-
fpmcdeuz veröffentlicht ans einer Denkschrift
des Reichsverkehrsministeriunts einen
Auszug, dem wir folgendes eutnehnren:
„Zur Verstärkung der Wirtschaftlichkeit des
Unternehmens ist seine Trennung von der
übrigen Re ichSV erw altun g, insbsr-v'der-
Vom FinanMinifteriuM, sobald als möglich durch-
zuführen. Hierher gehören insbesorrdere Leistungen
auf dem Gebiete dr Bckänchfuug der Arbeitslosig-
keit. Zur Aufrechterhaltung ihrer Existenz mutz
die Reichsbahn in der Zeit der Not vorübergehend
ihre Substanz angreifen. Zur -Hebung
der Wirtschaftlichkeit der Betriebsftchvung ist ein«
Nachprüfung vorzunehmen nach der Richtung, ob
durch den iVerkehrSrückgaug und die Verkohrsver-
. Vor-

und Konsorten dank den Zuschüssen des Reiches viel
besser überstanden haben,
Die Ueberlegenheit des Privatbetriebes über den
Staatsbetrieb ist überhaupt ebne Legend«. Ein
solcher Riesenbetrieb, wie die Eisenbahn, wird einer
gewissen schematischen Regelung und damit einer
gewissen Bu r e aukra 1 isierun g nie ganz ent-
gehen können. Ebne eingehende Untersuchung der
SoziaMornngskommisfion ha» den Nachweis er-
bracht, daß in der Tat die Vorwürfe gegen den Eisen-
Bahnbetrieb in ihrer Allgemeinheit hinfällig
sind, Wäh'wnid im einzelnen die unleugbarem Mängel
durch organisatorische Aenderungm leicht behoben
werden können ohne Antastung des Eigentums des
Reiches.
Aber den Schwerindustriellen, die die
Reichsbahn in ihren Besitz bringen möchten^ geht es
ja auch um etwas ganz anderes als nm organisato-
rische Besserung. Für sie ist der Besitz der Bahn
der Schlußstein an dem Bau ihrer ökonomischen
H e r r s ch a f 1 s st e l l u n g.
ohnedies die WivischaftAnacht der deutschen Schwer
NDustrie. lieber Kohle und Eisen und Schiffahrt
verfügen sie. Von da aus Haven sie ihr Herrschafts-
gebiet über wichtige DeAe der FertiOndiustrie, na-
mentlich Wer die Ele kt r-izitätsindustvie, ausgedehnt.
Die Versiigung Wer di« Eisenbahn würde ihre
Herrschaft über die gesamte deutsche Wirtschaft VM-
euderr. WS Herren der Tarifpolitik wären sie im-
stande, die KorMkrensbedingungen nach ihrem Wil-
len zu gestalten, die bisher unabhängigen Industrien
sehr bald ihrem Willen beugen. Gesetzliche Kautel«,
und ueberwachuugsv-orschriifte-u würden daran nicht
viel ändern. Zugleich ist die Tarifpolitik «In wesent-
licher Bestandteil der internationalen HamddlspoMk.
Auch sie würde in noch höherem Maste als vor dem
Kriege unter den Einfluß der Schwerindustrie ge-
raten und chren Interessen dienstbar gemacht werden.
Man versteht -die Zähigkeit, mit der Herr
Stinttes und sei» Gefolge an dein Plan "Ker Expro-
priation der Reichsbahn festzuhaltow. Aber mm, ver-
steht auch das Interesse, das di« Arbeiterklasse daran
hat, diese Stärkung des Uebeskap i ialis-mus um jeden
Preis zu verhrnder n. Herr Sünnes geht jetzt
um Angvtff vor, weil ihm nicht nur die wirtschaft-
liche, sondern muh die Politische Lage günstig scheint.
Nicht umsonst hat er in der Deutschen Vdlkspartetsttm die Reichsbahn auleibefähig zu machen.

Ein famoser „Treuhändler".
Pirmasens, 17. Dez. Der wegen betrüge-
rischen Bankervtts vorbestrafte frühere Winkeladvokaj
und jetzige separatistische „R e gi er un gs kom-
mt s fa r" Schw aav hat in den Pirmasenser Blät-
tern folgende Bekanntmachung veröffentlicht: „Das
gesamte Vermöge» des Amtsrichters Dr. Ludwig
RittersPacher in Pirmasens ist auf Grund der
Anordnung der Regierung der autonomen Pfalz
beschlagnahmt und unter Awangsverwaltuirg
gestellt. Zwangsverwalter ist der Regievungskonv
missar Schwach in Pirmasens."
Pirmasens, 17. Dez. Der separatistische
„ R e gier uuMo u mri ssar" Schwaab hatte vom Bür-
germeMer in Pirmasens die Unterzeichnung einer
Loyalttätscrklärim-g für die separanstische Regierung
verlangt. Darauf hat der Stadtrat von Pirnrasens
foügenden Beschluß gefaßt: Der Stadttat betont, daß
die gewaltsame Einsetzung der „autonomen Negie-
rung" entgegen dem Willen der BevSllevung er-
folgt ist. Der Stad trat kann daher dem Bürger-
meister nicht gestatten, sich entgegen dem Willen der
gesamten Bevölkerung der autonomen Regierung zu
verpflichten.

Die Lage im Reich.
Die preußischen Gemeindewahlen
verschoben.
Berlin, 16. De» Wie der „Soz. Parlaments«
Dienst" erfährt, sich die für den 2. März vorgefebe
nen preußischen Gemetndewahlen durch
Beschluß des zuständigen Landtagsausschusses er«
neut ausd « n 4. Matverschoben worden. Dt<
Verschiebung erfolgt« mit Rücksicht auf die allgemei-
nen politischen Verhältnisse, insbesondere die Lagt
in den besetzten Gebieten.
Eine falsche Reichsrvehrbehauptunt
Dresden, 6. Dez. (Eig. Bericht.) Die von
Berliner amtlichen Stellen verbreitete Behauptung»
daß das Verbot von Wahlvorschlägen del
aufgelösten Parteien für die Gemeindewahlen durch
das Wehrkreiskonmnaudo 4 erst erlösten worden sei,
nachdem die sächsische Regierung sich aus den
Standpunkt gestellt habe, daß die Auslegung des
WahWstM der von ihr verbotenen natio>Misttschen
Partei unter keinen Umstände:, zu dulden sei, trifft
nicht zu. Die sächsische Regierung teilt mit, daß
sie niemals auch nur daran gedacht habe
die EMreichung von Wahlvorschlägen der Nationnah
sozialsten zu verbieten.
Eine abgesagte Universitätsfeier.
München, 16. Dez. (Eig. Ber.) Die M
Samstag festgesetzten Feier» ander Univer-
sität und Technischen Hochschule, bei denen di-
neusn Rektoren ihre Antrittsreden hätte» halten sok
len, wurden „eingetretener Umstände halber" Freitag
plötzlich afb gesagt.
Die Ursache dieses in der Geschichte der Hochschu-
len Wohl einzig dastehenden Vorganges ist folgendes
Wie üblich wurde zu den Feiern auch der Kultus-
minister eingelädeu, derselbe Dr. Matt, der seit deut
Hitlerputsch wiederholt das Randalieren de;

Ungeheuer groß istft — — -- - —- -- ——
schiebungen Einschränknngen n:öglich sind,
dringlichste Ausgabe ist stänke Einschränkung
des Personenverkehrs. Much die Fahr-
plangsstaftiung bedarf einer gründlichen Nachprü-
fung. Alle Ausgaben, die zur Verschönerung
der Anlagen und Mr größeren Bequemlichkeit der
Reisenden gemacht werden folln, sind grundsätzlich
zu unterlassen.
Gegen die Verschacherung drr
Reichsbahn.
Berlin-, 17. Dez. Der immer wieder austan-
chende Plan des Herrn Stinnes sich und seine
Freunde in den Besitz der Reichsbahn zu setzen,
findet in Men halbwegs staatSposttiv gesinnten
Kreisen Ablehnung. In diesem Siirne schreibt
die „Voss. Zeitung":
Bon einen, „Bankrott" kann keine Re»e
sein: der Wert der deutschen Reichsbahn wird
sich heute schätzungsweise auf vierzig Mil-
liarden Goldmark belaufest, dem,
„Schulden"
Notgeldes — noch nicht eine halbe Mil-

Erklärungen des Reichsverkehrs-
mirristers.
Berkin, 16. Dez. In einem Interview
klärte Retchsverkehrsminister Oes er, daß
Reichseisenhahn im Begriff ist, Adaßnahmen
treffen, um die Fehlbetrag» zu beseitige«.
Person« kosten und kaufenden sachlichen
Kosten (z. B. für Kohlen, Oel usw.) können, so er-
klärte Osser, bereits heute wieder aus den lau-
senden Einnahmen gedeckt werden. An-
ders liegen noch die Verhältnisse bei den Kosten
für Rhein und Ruhr und für werbend« An-
lagen, wie neue Lokomotiven, Bahnhossanlagen
usw. Uever diese Bauten und Beschaffungen lau-
fen eine Reihe von Verträgen, die zum 1. April
schätzungsweise eine Belastung von »und 200 Mil-
lionen ausmachen. Hinzu komnreu für den glei-
chen Zeitraum ruich 100 Million«, für Mtsgaben,
die mit dem Ruhrschtcksal Zusammenhängen.
Zue Deckung dteser 300 Millionen und zur Ml-
düng eines Betriebsfonds, den ein so großes Un-
ternehmen wie die Reichsbahn nicht entbehren
kann, müssen Kredite in Anspruch genommen
werdest. Wenn in einer Mitteilung von Verpflich-
tungen der Reichsbahn in Höhe von 550 bis 600
Millionen die Rede ist, so entbehrt dies« An-
gabe eurer Grundlage. Der Boden für dies« Kre-
ditaufnahme und für eine durchgreifende Sanie-
rung des Unternehurens ist vorbereitet.
Der eingeleitete Personalabbau und die
schärfste Einschränkung in allen 'sachlichen
Ausgaben werden sich m allernächster Zeit bereits
siUMN-ziell günüstig auswivkeu. Darüber besteht kein
ZweisÄ »rohr, daß die EffenSahrweriwaltung we-
sentlich geändert weide mutz. Es mrüsssn neue Wege
eimgeschlÄgen werden, -um den Leistungsgrad des
Unternehmens weiter zu steigern, als es heut« in
den Formen einer Staatsverwaltung möglich ist.
Eine Umstellung des Reichst» ah nunternehmens
wäre längst erfolgt, wem, reicht der Ruhrein-
bruch dazwischen gekommen wäre. Jetzt ist die
Durchführung eingeleitet worden. Der Reichs-
siivanWniuister hat den neuen Vorschlägen schon
grundsätzlich zugesttmmt.
Baldigst wird sich das Kabinett mit der
Frage beschäftigest. Vorher worden selbstverständlich
die Länder, die an dem Staatsvertrag beteiligt
sind, gehört werden, ebenso werden der Reichsuat
und der Fiinszehneransschuß des Reichstages damit
befaßt werden. Es ist eine Notverord NU n g

den Kamps gegen d le sozfallst-ch chcu
Mini st e r organisiert. Jetzt präsentiert er der bür-
gerÄchen Regierung feinen Schein. Mer trotz
allen Mißtrauens gogen diese Regierung glauben
Wir nicht, daß sie es wagen kann, den ungeheuer-
l-chen Plan der Schwerindustrie auSzusühren. An-
ders wiirde es fein, wenn bei den nicht mshr fernen
Wahiieu die bürgerlichen Parteien große Erfolge au-f-
z»weise» hätten. Dann würde der Kampf um die
polNsche u'ud Wirtschaftsdiktabur der Verbündeten
Großagrarier und Schiverindustriellen ft, ftimer gan-
zen Gefährlichkeit entbrennen.

Internationale Lage.
Eine französische Warnung.
Paris,17. Dez. Havas beurteilt in einer offi-
ziös«, Auslassung die Lage nach der U«Vermitte-
lung der französischen Antwort auf die neue De-
marche des deutsch«, Geschäftsträgers wie folgt:
Jetzt habe die Berliner Regierung das Wort. Sie
werde in Paris aufmerksame Hörer finden,
die keineswegs den Wunsch hätten, die sehr starke
Stellung zu mißbrauchen, die sie sich im Ruhr-
gebiet ansgebaut hätten. Wenn jedoch die Deut-
schen versuchten, Frankreich zu überlisten oder
sich mit Hilfe von Zweideutigkeiten ihren Vcrpflich-
tungon zu entziehen, so würden sie sich einer völli-
gen Schwenkung der französischen und belgi-
schen Behörden auSsetzen, und di« Warnung, die
Pviucare am Schluß feiner Note ausgesprochen habe,
indem er Kenntnis von dem wndauerikden Stillstand
der MistltlSrkontro.Iltäti gleit in Deutsch-
land gonomnven habe, sei sehr bedsuPsmn. Deutsch-
land müsse jetzt davon überzeugt sein; daß nur tn der
loyEn Durchführung des Versailler Vertrags fein
V«A ftsge.
Vom Völkerbundsrat.
Paris, 16. Dez. Der Vülkerbundsrüt
hat sich in geheimer Sitzung mit den Saarsragen
beschäftigt. Er hat, wie zu erwartest war, beschief-

Stinnes will das Reich
enteignen. -
Heidelberg, 18. Dezember.
i Die Schwerindustrie geht aziss Ganze! ES ist
i ihr -Nicht genug daran, daß sie die Zeit der Infla-
tion dazu benutzt hat, ihre Riesengewinne
i zu einer ungeheuren Konzentration ihrer Betriebe
! auszuuujtzen, ihre Werke durch die Expropriation
; ihrer Gläubiger von den Obligattonsfchuld-eu zu be-
I freien und durch die Papiermarkkredite der Reichs-
bank sich aus Kosten des Reiches riesige Gewinne Zu
' verschaffen. Sie war infolge der Inflation imstande,
'die Löhne der Arbeiter und Angestellten tief
unter dem W eltmarktsniv eau zu hakten,
auch zu einer Zeit, wo sie längst für ihre Produkte
" Wclftnarktsprölfe erziskte. Sie hat die schwere
Wirtschaftskrise, von der wir heimgesucht
sind, benutzt, um die Arbeitszeit zu vevlängern und
die Löhne noch mehr herunterizudritcken. Zugleich
war sie die Vorkämpferin gegen die Besitzbe -
steuerung, gegen die Erfassung der
Sachwer-te. Sie hat damit sine Hauptschuld
an dem Finanzelend des Reiches. Jetzt sucht
sie die von ihr mit herbeigesührte Wiurnzkrife aus-
zübc Uten, um das Reich um sein wertvollstes Eigen-
tum, um die Reichsbahn, zu bringen. Unter Führung
des grössten Expropriateurs Deutschlands, des Herrn
Stinnes, erneuert sie den Angriff auf die Reichs-
bahn, um sie in ihren Pvivakbesttz zu überführen.
Die Reichsbahn ist augenblicklich in einer
anßerorderMch schwierigen Lage. Ms am
ft>. November die Noteupresse stillgelegt wurde, stellt«
das Reich gleichzeitig alle Zuschüsse für die
Reichsbahn ein, auch die Bauzuschüsse Kr das zwi-
schen Reichsbahn und Mnauzmtntsterium auSdriick-
hp vereinbarte Bauprogranvn.
Ungeheure Schiviertgkeite -n ontstanden.
Die Bauten mußten stillgelegt, die Bestellungen auf
. kstuzM und Lokomotiven rückgängig gemacht werden.
über hinaus war aber die Eisenbahn nicht in
enge, die Zahlungen für bereits abgenommen«
aren zu reiften, so daß sofort fällige Schulden on-t-
' s ndcn, die sich aus einige hundert Millionen Gold-
- ittark belaufen sollen. Die Gläubiger der Reichsbahn
inn 'deshalb fahr aufgeregt. Sie hab«« sich zu einer
Vereinigung zufamuwngtHchtofsen, die E der
Neiwsbahn verhandelt. Einer der Hauptgläubiger,
zumeist für geilibferte Kohlen, ist Herr Stinnes. Sein
iu Berlin erscheinendes Blatt, die „D.A.Z.", verkün-
det bereits -den Bankerott der Reichsbahn, fordert
ihre Privatisierung und zugleich die PrivM-
sicrung des übrigen NeichSeigrnlu-mZ, der Post, des
Telegraphen und des Telephons. Dabci -dürfte
-Herr Stinnes aber kann« stehen bleiben. Was dem
Reiche recht ist — ist den Länder» billig. Der Koh-
stcm und Eisenmann hat schon lange ein Auge auf
di« preußischen Bergwerke, und -der Holz-
und Papisllnteresscnt Stinnes schielt bereits längst
nach dem großen Waldbcsitz der Länder. Die
JuftaftonspropviMon fft zwar augenblickkich ins
'Clocken geraten, aber die Fina»,zkvise gestattet viel-
lricht den Abschluß «end eine Krönung des Expropvi--
älionSwerkes, die alles bisherige übertrifft.
Die Reichsbahn ist iu Wirklichkeit ein reiches
aktives Unternehmen. Ihr Wert wird aitf
etiua 40 Milliarden Gokdinark geschätzt, bonen Höch-
stcnö 500—600 Million«» Schulden gegenWeistche».
('in solches UnterushmM ist durchaus kreditwürdig.
Herr Stinnes und feine Leute, die die Reichsbahn
a» sich reiße» motten, suchen deshalb ihren Kredit
Mit Absicht, zu untergraben. Die „Deutsche Allge-
meine Zestung" greift die Rentenbank an, WM
sie angeblich der Reichsbahn aus dem für industrielle
Zwecke reservierten Kredit einen Vorschuß eiw-
läuinen will. Wir meine» umgekehrt, daß die Nen.
tcnvunk, die durch das Steuerhüheftsrecht des Reiches
M schaffen worden ist, in erster Linie -die Pflicht hat,
^or der Pr-ivatwirtschast, falls das nMveudig ist,
^er RshchLbahn ihre Unterstützung zu leihen. Das
will Herr Stinnes natürlich verhindern und deshalb
wßt er durch soine Dosdschreib« verkünden, -daß die
^iahu als Staatsbetrieb überhaupt nicht saniert
w e r d e n könne und ihm ausgeliofert werden müsse.
Wie war es vor dem Kriege? Da wurde das
"-'op per deutschen Staatsbahnen ft» allen Tönen
wagen. Da war es ein Musterbetrieb. Nun sind
mc frühere:« StaatSH ahnen vereiUheMcht worden.
?-er Bstr'fcb ivird größterrteiks von denselben Per-
Mvu» geleitet, wie vordem. Die Vereinheitlichung
m todenfalls ein ökonomischer Fortschritt
.Md verbessert die R-entzabiMt. Die Bahn, die wäh-
ft-w .ptzK Krieges so außerordeutl-ich gelitten hat, steht
m großen und ganzen wieder aus Vorkriegs-
H e. Wein» die Babu f-Mmnziell nicht gut gewirt-
schaftet hat, so wesentlich VeKhaflS, WM sie auf Be-
,^^b»eu und zum Gewinn der Industrie ihre Taris
, ^"ik viel zu spät und zu ungenügend der Geld
iwerwug angichaßt hat, während die Industrie
ihr« ProispoflM gleichzeitig mit ihren Liefe-
p an die Bahn- austcrordentlich verd-i-ente. Trotz-
i>»^^ Zeit einer verhäkini'Smäßi-Aen Stabilität
p . ^hre 1S23 war die Bahn auch finanziell
l>a: ^^chvch-eu. Vom April bis Dezember 1922
ftg,. Reichsbahn mA Ueberschuß gearbeitet
^b«ffchrestschen Aufstandes und des dadurch
^"en Frachten'ÄusfallS. Die stn-anOelle Notlage
*^!te>r ^^ Wesentlich die Folge der ungeheuren
ms RNHrahenteu'srs, -das freilich die Stinnes

Eine Kundgebung in Ludwigshafen.
Ludwigshafen, 17. Dez. Heute na-chmftta-1
3 Uhr haben saEiche Behörden, alle Fabriken umS
Geschäfte ihre Betrieb« geschlossen. Zwi-
schen 3 Uhr und Z46 Uhr befand sich die BcvökSeruul
auf den Straßen. Zu einem eigentkichsn DeMorft
stratiouszug ist es nicht gekomm««, da hierzu dii
Genehmigung der Franzosen hätte einge»
_holt i verden, müssen und diese verweigert wor«
___ ,, ,, a!S de» iväre. Der Aufenthalt der Einwohnerschaft auß
— einschließlich d«S' ESgegevei'.en u Straßen tmg aber den Charakter öftrer ein«
mütkgen Demonstration gegen die Se<
kiard« geg«lMerst«hen.' Die Schwierigkeit bc- V a r a ti ste nh err sch af t. Im Verwnfe diese«
stoht eigentlich ,mr darin, «ine Form zu finden, Demonstration wurden die s e p a r-a t t st t sch eft
An Fahnen Ms denn Stadthaus tMd aus der Hmchd
pcst -heriwtergeholt. Die Menge saug das Deutsch-
landkisd rutd die Wacht am Rhein. Gegen 5 Uh«
zogen große Menischenmasssn vor das Bezirksamt,
um die Separatisten, vor allem den B cz irkSko uuni ssa«
Müller herausMchalen. Die französische GenLa-rni-c'
rie, die durch französisches Militär verstärkt war,
trieb die Ansammlungen auseinander.
Ludwigshafen, 17. Dez. Von den Sepw
ratisten ivurden im Laufe des heutigen Tages sämt <
liche Finanzämter der Pfalz besetzt.
Kirchheimbolanden, 17. Dez. Wegen des
am 1. Dezember d. I. im Mtwesen des sog. Prasst
deuten der „Autonome Pfalz", Heinz Orbis, bet
Kirchheimbolanden Msgebrochenen Brandes
wurde der Bezirk Kirchh'edmbolandön von der sepa»
ratistischen Regierung mit einer Geldstrafe von
600 000 Fr-anken belegt, wovon -aus die Stadt Kirch-
hcimbdlauden 73 000 Franken entfallen.
Speyer, 17. Dez. Wegen Anschuldigung, eint
Geheimorgan'isalionzu bilden, wurden hi et
von den Franzosen verschied«« junge Leute der'
hastet.
 
Annotationen