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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 221 - Nr. 230 (24. September - 4. Oktober)
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«M

5. Jahrgang Heidelberg, Montag, den 1. Oktober 1933 Nr. 227

Kahrs Feldzug gegen das Reich.

* Heidelberg, 1. Oktober.
Ludendorss und fein österreichischer Adju-
tant Hitler haben den offenen Kampf noch nicht
övwagt. Sie liegen auf der Lauer und prüfen die
Krüfte der Gegenfeile. Sie versuchen daneben; mit
den weitzblaucn Truppen Kahrs eine Einigung zu
erzielen.
Dieser Kahr kommt ihnen auf halbem Weg eint-

Es ist sicherlich wünschenswert, einen Konflikt
zwischen Bayern und dem Reiche zu vermeiden,
solange es möglich ist. Aber wenn Bayern diesen
Konflikt will, dann must zum Teufel zugegrif -
fen werden, um zu verhindern, das; der, vom Reich
verhängte Ausnahmezustand zu einer Kulisse wird,
hinter der die monarchistischen Verschwörer ihre letz-
ten Vorbereitungen zum großen Schlage treffen.

gegen. Er benutzt sein Amt als Diktator, um der
weißblauen Reaktion das Feld zu ebnen. Den
schwurzweißrcsten Garden Ludendorffs hat er die
Verswmmllungen verboten, den weitzblauen Banden
gibt er die Hetze frei. Zwei „Regiinentsfeste" in
München sind von ihm erlaubt worden. Mehr noch.
Ludendorff neben Hitler wollte am Sonntag in
Bamberg einen „deutschen Tag" abhalten. Much
dieser ist nach Kahrs Ansicht eine der Republif nn-
gefä'hrliche Kundgebung"; er ist erlaubt worden
Kahr war auch bereit, eine Versammlung der
N o st bach-Leute zu genehmigen. Die Erlaub-
nis war sogar schon ausgesprochen. Da fuhr der
General Lossow dazwischen und erreichte es mit
Not und Mühe, hast Kahr seine Erlaubnis wieder
Znrückzog.
Was verbietet aber derselbe Kahr? Eine
Morgenversammliungj des re p ublikani sch c n
Reichs Hundes in München. Es ist in den Augen
des Monarchisten Kahr staalsgesährlich, wenn ske-
inbMauer zusMmnenkommen, um die Republik zu
schützen. Dagegen ist es der geltenden Staatsform
sHr zuträglich, wenn das Blatt Ludendorsfs-Hit-
wrs, der „Völkische Beobachter" in München, die
Reichswehroffiziere gegen ihrsn Chef Soeckt in Ber-
lin aufhetzt. Im „Völkischen Beobachter" wird weg-
werfend von der „Firma Ebert-Stresemann-Seectt"
gesprochen. Es Wird Weiler gesagt, Seeckt suche
, rechtsgerichtete Organisationen in sein „jüdisches
Fahrwasser" zu ziehen, so z. B. den Heimatbund,
dessen Mannschaften völkisch, dessen Offiziere aber
weist „Kreaturen Seeck-.s und seines jüdisch-frei--
waurerischen Anhangs" feien. Diese Verbände soll-
ten jetzt von Stresemann-Seeckt zur Vernichtung
der Deulschvölktschon eingesetzt werden. Wenn
Seeckt-Strcssmann -gegen .Völkische und Kommuni-
sten Vorsingen, so dürfe man daraus schließen, daß
es „auf Befehl der Juden und Soziakdemokmien"
Geschehe.
Gebier hat daraufhin das Erscheinen des
»Völkischen Beobachters" für das Reichsgebiet ver-
boten. Kahr läßt das Blatt jedoch trotzdem
Zu.
Was tut jedoch General v. Lassow, der mili-
tärische Befehlshaber Münchens?

dem
Lokal
nach
Waf-

Anßer dem Verbot der ersten Ludendorff-Vcr-
kantmlung hat inan von ihm noch nichts vernom-
wen.
v. Lassow ist auch nicht einHöschritten, als am
Freitag abend von Kahr in sozialdemokra-
tischen Räumen Haussuchungen veranstal-
tet wurden. Gegen 9 Uhr abends fuhren mehrere
Banzer-Wagen und Lastautos mit schwerbewaffneter
Landespolizet vor dem Gewerkschaftshaus,
>äude der „Münchener Post" und einem
* r foziaWsmokrattschen Notwehr vor, wo
Waffen gesucht wurde. Während die
leWnche sonst ergebnislos war, wurden bei der
»Münchener Post" etwa ist Jnfantert-g-ewehre und
eine Anzahl Handgranaten — alles Waffen, Heren
Anschaffung durch die wiederholten Angriffe der
Lndendorff-Garoen aus unser Parteiblatt und durch
fortgesetzten Drohungen mit Gewaltakten er-
forderlich geworden war —, beschlagnahmt und
voggeführt. -Hinter den Panzer- und Lastkraft-
wagen der Polizei fuhr Hitler in feinem Per-
'onenauto, was den Schluß n-ahelegr, daß diese Ak-
^on tm Etnverehmen! init Hitler unternommen
worden ist.
Dir Spitze setzt jedoch Herr v. Kahr, der die
wstardeMokratischen Wehren verbietet, die Natio-
nalsozialisten jedoch bewaffnet b-rumzuhen läßt,
einem Treiben auf, indem er die Gesetze zum
b Nutze der Republik außer Kraft setzt. Der Höhe-
,"wt js§ damit erreicht. Wir erwarten, daß Genosse
r "er- der mit einer Abordnung nach Berlin ge-
uä ist, die Rcichsregisrung zu entsprechendem Vor-
- veranlaßt. So dars es nicht wcitergchen,
-khst das Reich, nicht zum Kinderspotj werden so«.

v. Kahr als Feind der
Republik.
Die Aufhebung des Republikschutz-
gesetzes.
Manchen, 29. Sept. v. Kahr hat folgende Be-
schlüsse erlassen:
1. Die sogenannten Schutzabtetlunsen der
sozia-ldemokratischenPartet (S.-A.) sind
auf Befehl des Generalstaatskommissars von heute
ab veaboten.
2. Die Vollzugsverordnung für das Republik-
schutzgesetz für Bayern ist außer Kraft ge-
setzt.
3. Der Generalstaatskommissar hat sich durch die
ebenso bös ar tiger» wie unwahren Angriffe des
„Völkischen Beobachters" noch nicht ver-
anlaßt gefühlt, das Blatt zuverbteten, hat aber
den Verantwortlichen Redakteur auf Vas General-
staatskommtssariat entbieten lassen, um ihm zu er-
öffnen, daß der geringste Versuch, mit hinterhältiger
Politik der Herabsetzung der Aufgaben und Absichten
des Geueralstaatskominissars sortzusetzen, rücksichts-
los bestraft werde.
Das Vorgehen gegen die
„Münchener Post".
München, 30. Sept. Unser Münchener Partei-
blatt, die „Münchener Post", schreibt:
Zum Anwesen der „Münchener Post" fuhren
drei Lastautos mit Landespolizei und
ein Panzerwagen. Schwere Maschinenge-
wehre wurden ausgestellt und gegen Vas Haus ge-
dichtet und die Straßen abgesperrt. Ungefähr 15
Kriminalbeamte leiteten die Durchsuchung des Hau-
ses, unterstützt von der sturmmäßig ausgerüsteten
Landes-poli zei. Ergebnis: In einem abgeschlos-
senen Raume wurden eine Anzahl Infanterie-
gewehre, zwei leichte Maschinengewehre, Handgra-
nateuhülsen, einige Seitengewehre und ein Artil-
leriesäbel beschlagnahmt. Im Eifer wollte man so-
gar die Vetriebsverbandsstoffe mitnehmen. Eine
geschlossene Werkzeugkiste des Chauffeurs wurde
ebenfalls mitgenommen. Einigen Leuten, auch sol-
chen mit Waffenscheinen, wurden Handfeuerwaffen
ab genommen. Genosse Auer ging zur Polizei und
gab dort eine entsprechende Erklärung ab.
Die Nationalsozialisten höhnen
München, 30. Sept. Das Organ der Natio-
nalsozialisten, de-r „Völkische Beobachte«", wird ab
morgen auch ein Montag-Morgenblatt erscheinen
lassen.
München, 29. Sept. Fürst Karl Wrcde
veröffentlicht wiederum einen Aufruf zur Bildung
eines nationalsozialistischen ReiterkorPs.
München, 30. Sept. Die Situation wird da-
durch beleuchtet, daß die „Bayerische Volkspartei-
korrespondenz", also das offizielle Organ der soge-
nannten regierenden Partei, sich gezwungen
sieht, allerlei Warnungen und Drohungen gegen
die Reichsregierung auszusprechen. Sie höhnt, daß
diese gut daran tue, sich nicht auf staatsrechtliche Dis-
kussionen cinzulassen, da tm Augenblick ihre Stellung
bedeutend schwächer sei als Vic bayerische.
München, 30. Sept. Der heutige Sonntag
erhielt seine Prägung durch vaterländische
Fctern. Das Leibregiment Wechte eine Ge-
denktafel für seine Kriegsgefallenen ein. Im Hofe
der Türkenkaserne waren etwa 20 000 Angehörige
des Regiments aufgestellt, darunter vte sogenannte
Traditionskompagnie, die jetzt dem 19. Infan-
terieregiment angehört. Kronprinz Rupp-
recht und seine Frau, viele Prinzen und Prin-
zessinnen, der Ministerpräsident von Kntlli n g, die
Generäle Lossow und Bothmer waren an-
wesend.
Beseitigung der Republikaner.
München, 30. Sept. Laut „München-Augs-
burger Abendzeitung" hat -der Generalstaatskomnris-
sar Dr. v. Kahr dem Bürgermeister Luppe
in Nürnberg die Poli rri g ew alt entzögen

und sie dem Staatskommissar in Nürnberg-Fürth,
Oberregierungsrat Garets, übertragen.
Hitler gegen Kahr.
München, 29. Sept. Hitler setzt seinen
Kanipf gegen den Diktator Kahr und die hinter ihm
stehenden Vaterländischen Verbände fort. Der
„Völkische Beobachter" bringt heute einen
Aufruf Hitlers, der noch einmal die Orts-
gruppen energisch anweist, alle Mitglieder aus der
Nationalsozialistischen Partei -rücksichtslos aus zu-
schließen, die nicht innerhalb von zehn Tagen
aus den nicht zum Kampfbund gehörigen Verbän-
den ausscheiden. Zugleich brandmarkt der „Völkische
Beobachter" den Leiter des Bundes „Bayern
und Reich", den Sanitätsrat Dr. Pittinger,
als Verbündeten des Dr. Heim, der mit fran-
zösischen Generälen, den Bankjuden
und Separatisten in enger Fühlung stehe, als
Gegner des Generals Ludendorss und des groß-
deutschen Gedankens und erklärt, wenn es nach dem
Wunsch der Pittingcrschen Clique ginge, würden
statt der jüdischen Schieber die Preußen in
Bayern gehängt.
Deshalb müssen die Nationalsozialisten aus
„Bayern und Reich" aus- und in den Deutschen
Kampsbund eintreten. Der „Völkische Beobachter"
schließt: „Herr v. Kahr wird, wenn er bleibt, wo
er jetzt steht, gestützt auf einen Offizier und einem
Herrn Pittinger, bald einem ganzen Volk gegenüver-
steheu. Auch gegen Herrn v. Kahr selbst setzt der
„Völkische Beobachter" seine Angriffe fort.
Der Abbruch des passiven
Widerstands.
Die Wiederaufnahme der
Reparationsleistungen
Berltn, 29. Sept. Der Reichsminister für den
Wiederaufbau hat am 28. Sept. Vte Bekannt-
machung vom 13. Jan. über die Einstellung
dcrReparationsleistungenim freien Ver-
kehr an Frankreich und Belgien aufgehoben.
Die Zurückziehung der Verordnungen
Ber 1 tn, 29. Sept. Gegenüber den französischen
Versuchen, Vie Zurücknahme des Passiven Wider-
standes der Reichsregierung als unvollständig
hinzu stellen, wird milgeteilt:
Die Reichsregierung hat nur vier bestimmte
Verordnungen öffentlich nämlich durch das Retchs-
gesetzblatt, zurückgezogen, weil nicht mehr als diese
vier Verordnungen von der Reichsregierung erlassen
worden waren. Alle übrigen direkten oder in-
direkten aus dem passiven Widerstand sich ergeben-
den Verordnungen waren von den eigenen zustän-
digen Ministerien ergangen und sind zu-
rückgezogen worden.
Berlin, 29. Sept. Der Reichsverkehrsministür
hat alle Stellen der Reichsbahn angewiesen, die
ihrerseits auf Grund der Anordnungen ergangenen
Verfügungen, soweit sie den Abwehrkampf betreffen,
unverzüglich außer Kraft zu setzen.
Französische Eisenbahnpläne.
Berlin, 29. Sept. Uebar die französischen
Eisenbahnpläne informieren Schriftstücke, di« die
französische Regie für die Wiederaufnahme des
Eisenbahnbetriebes durch Ausstellung eines Frage-
bogens um Einstellung bet der Regie nachsuchen.
„Ie nach Bedars", heißt es in dem französischen
Schriftstück weiter, „sollen die Gesuchsteller zum
Dienstantritt aufgefordert werden, vor der Arbeits-
aufnahme „d e n D i enst e i d leisteu" und „durch
den Diensteid beschwören, den alliierten Zivil- und
Militärbehörden, insbesondere der Regie, in jeder
Weise mit Eifer und Ergebenheit zu dienen".
Zusammenstoß mit den Sonder-
bündlern.
Düsseldorf, 30. Sept. Nach einem bis in
die Nachmittagsstunden ruhig verlausenen Sonntag
kam es zu Zusammenstößen, als schwer
bewaffnete Sonderbündlertrupps die
Polizei an griff en. Es gelang der Polizei,
die Sonderbündler auseinanderzutreiben, worauf
die Franzosen auf Verlangen der Sonderbünd-
ler mit Kavallerie und Panzerautos eingriffen und
die Polizei umzingelten und entwaffneten.
Die Sonderbündler überfielen die entwaff-
neten Polizeibeamten, mißhandelten sie und
schossen einen Polizisten nieder. Die Reste der
Schutzpolizei tm Polizeigebäude wurden von
den Franzosen ebenfalls entwaffnet und von
den Sonderbündlern unmenschlich mißhandelt.
Die genaue Zahl der Toten und Verwun-
deten ließ sich bisher nicht seststellen. Vier Po-
lizisten und zwölf Sonderbündler sollen getötet
fein, Eine große Anzahl Schwer- und?

Leichtverwundeter wurde in die Kranken-
häuser eingebracht. Die Franzosen verhafteten
den Polt'Leidezernenten. Starke franzö-
sische Patrouillen durchziehen die Stadt.
Stuf ihre politische Rechnung sind jedoch
die Sonderbündler nicht gekommen.
Arbeitsaufnahme an der
Ruhr und Wirtschaftsleben
HI Berlin, 29. September.
Die Einstellung des passiven Widerstandes wird
die gesamte deutsche Wirtschaft zunächst wobl nicht
in demselben Matze beeinflussen, rote es seinerzeit
die Abtrennung von der Ruhr getan hüt. Die Wie-
derausnalM-e der Arbeit dürste nur in Etappen
vor sich gchen, und dann auch erst zur vollen Wir-
kung kommen, N>enn wieder geregelte Verkebrsver-
hältinisfe geschaffen sind. Auf den Rohstoffmarkt
wirb fraglos die Tatsache starken Eindruck machen,
daß an der Ruhr große Mengen von Halbfabrikaten
der Eisenindustrie lagern, deren gesamte Höhe auf
etwa iz^ Millionen Tonnen geschätzt wird. Das
ist eine außerordentlich große Menge, und in Eng-
land fürchtete man bereits, daß ihr Erscheinen auf
dem Markt einen erheblichen Preisdruck herbeifüh-
rcn würde. Das ist gar nicht so unwahrscheinlich.
Eine Verbilligung von Eisen und Stahl wäre aber
dringend vonuöicm, weil sonst die Verarbeiter kaum
in der Lage sind, die infolge der Ueberteuernng der
Rohstoffe stark geschnarchten FabriGrtprei.se abzu-
banen.
Anders verhält es sich mit der Kohle. Hier sind
kaum größere Vorräte vorhanden. Man kann an-
nehmen, daß die Kohlenförderung nur allmäh-
l i ch wieder auf den Stand gebracht werden wird,
den sie vor der Besetzung erreicht hatte. Die poltti-
s ch e Unruh e -ist einer geregelten Arbeitstätigkeit
lehr tm Wege, das hat sich insbesondere in Ober-
schlesien nach den dortigen Polenaufständcn gezeigt.
Die Bevölkerung, die so lange zum Feiern gezwun-
gen war und noch jetzt unter den» Druck der An-
wesenheit der Bejiatzungstruppen steht, wird sich
nur schwer zu einer intensiven Ausnahme der Ar-
beit entschließen können. Kommt es aper zu einer
oinigermaßcn erheblichen Kohlenförderung, so ist
immer noch die Frage, ob diese Kohle vom In-
land restlos aufgenamjmen wird. Den Köhlen-
absatz heminend ist hier hoher Preisstand; deutsche
Steinkohle ist jetzt teurer als englische. Man wird
sich also zu einem starken Abbau der Kohlcnpretsc
entschließen müssen, wenn die Wiederaufnahme der
Arbeit in den rheinisch-westfälischen Zechen der
deutschen Volkswirtschaft bald zugute kommen soll.
Es ist außerordentlich stchwer zu übersehen, wie
sich die Marktlage in Zukunft gestalten wird.
Bleiben die besetzten Gebiete von größere« Unruhe«
verschont, so ist zu hoffen, daß auch der Absatz der
übrigen deutschen Industrie dorthin sich wieder
beleben wird, daß sich -also der jetzt geschwächte
Markt erweitert und damit die Vorbedingungen für
eine bessere Konjunktur geschaffen werden. Ande-
rerseits aber wirkt der Versuch zu einer Stabilisie-
rung der Währung dahin, daß diejenigen Werke al-
ler Art, welche bisher unwirtschaftlich gearbeitet
haben, zu einer Umstellung gezwungen wer-
den, weil die Jnslatiowskredtte Wegfällen. Inwie-
weit der rheiuiscchwestsätischsn Industrie d-abet zu-
glite kommen wird, baß sie mehrere Monate hin-
durch zum großen Teil auf Kosten der Allgemein-
'hedt an der Ausgestaltung ihrer Werke und
Betriebseinrichtungen arbeiten konnte, läßt sich na-
türlich jetzt noch nicht übersehen.

Internationale Lage.
Die Auffassung Porncares.
Parts, 30. Sept. In seiner Sonntagsrede za
Ailly erklärte Poincare: Die deutsche Regierung hat
mit et» wenig Lärin der Welt angekündigt, daß sie
dem passiven Wider st and im Ruhrgebiet ein
Ende bereiten werde. Sie konnte nicht anders
handeln. Sie wußte, daß sie nicht mehr imstande
ist, den Widerstand zu si nanz I e r en. Aber die
verdrießliche Erklärung des unvermeidlichen Waffen-
stillstandes bedeute nichts, von der A n s f ü h r un g
hänge alles ab.
Wenn Deutschland verlangt, daß w i r die getrof-
fenen Maßnahmen zurllcknehmen, wenn es den Hin-
tergedanken hat, von uns Vorteile dafür einzu-
tauschen gegen einfache Worte der Unterwerfung,
dann würden wir keinen Schritt zur Entspan-
nung getan haben. Der Augenblick ist also noch
nicht gekommen, unsere Aufgabe für beendet
zu betrachten.
Die Völkerbundsversammlung
beendet.
Genf, 30. Sept. Die Versammlung deS
Völkerbundes, die am 3. September eröffnet
§ wurde, ist heute zu Ende gegangen. In der Schluß-
sitzung wurden die nichtständigen Mitglieder des
Rates für das Jahr 1924 gewählt.
 
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