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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 251 - Nr. 260 (29. Oktober - 8. November)
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Woche v. 5, bis 1l). Nov. 48 Milltard.
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D. d.Z.,z. Zt. tsooaoovü M. Bei Wie-
derholungen Nachlaß nach Taris.
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«eschäs.»stu»denr-«vhr. Sprech.
WM WÄM» MV MUMVdWW stunden der Redaktion: 4l-l»Nhr.
HMWK WM 'V^W WÄU "Lk PostschcükonkoKac:sruheNr.r2577.
WM MWU IM MI ^1 MU Tel.-Adr.: VolkszeitungHeidelder^
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IW». Verlagsansialt ls.m.d.tz., Heidel»
W MM MM WRD VKN WM MM berg. Geschäftsstelle:Schröderstr.39.
V U Ms HWk MM Tel.: Grpedittonr67S u.Redak.LS7».

5. Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag, de« 8. November 1923

Nr. 260

und
ein

Der Wechsel im
bad. Staatspräst-ium.
* Heidelberg, 8. November.
Der Zusammentritt des Badischen Landtags ging
in erwarteter Weise vor sich, indem die badische
Volksvertretung ihr bisheriges Präsidium Abg.
Baumgartner (Ztr.), als Vizepräsident Abg.
M a i e r - Heidelberg (Soz.) und Gebhard (Lb.)
als Vizepräsidenten an der Spitz« der Kammer ve.
äef;.
Die verfassungsmäßig vorgeschriebene Neuwahl
des S ta a 1 s prä s id ente n brachte turnusmäßig
die Wahl des Wnainzministers Köhler an Stelle
des zurücktretendo» StaatsiNäsidenten Remmele. Der
Nene Staatspräsident Köhler ist der fünfte badi-
sche Staatspräsident, nachdem ihm bei alljährlichem
Wechsel Geist, Trunk, Hummel und Remmele voran-
gingen. Wir wollen hoffen, daß Herr Köhler die
hohe Würde zum Segen des badischen Landes ver-
waltet, dessen Volk in diesen trüben Tagen mehr
denn je auf die Energie einer wahrhaft sozialen
Volksregierung angewiesen ist, die zu fein Herr
Köhler auch bet Amtsübernahme gelobte.
Minister Gen. Remmele, der sich jetzt wieder
auf das Innenm i nisterium beschränken wird,
kann den Dank des ganzen badischen Volkes für seine
wertvollen Verdienste in seiner Präsidentenzeit in
Anspruch nehmen. Wenn bedauerlicherweise dein
Leiter einer Länderregierung nur beschränkte Be-
täiignngSmögtichkett gesetzt ist und Gen. Remmele
daher nicht die Macht besäst, die von größeren Mäch-
ten kommende allgemeine Trübsal zu bannen, so hat
er sich doch mit Erfolg bemüht, sowohl Volttisch im
Dienste der Republik, wie wirtschaftlich tm Dienste
des Volkswohles für Baden heranszuholcn, was
möglich und hierfür gebührt ihm Dank und Aner-
kennung — all den Lästerzungen staatsfeindlicher
Nörgler von rechts und links zum Trotz.
j *
Sitzungsbericht.
Karlsruhe, 7.

Nov.
Der Badische Landtag trat am M'trwob
Mittag zu e.ner anherordentlichen Setzung 'Wam-
men, die um lalb 12 Uhr eröffnet wurde.
Die Tribünen lvaren stark besucht rind die Plätze
der Abgeordneten zeigten nur wenige Lücken. 79
Abgeordnete waren anwesend, 7 fehlten. Von den
Kommunisten waren nur die Abgeordneten Ritter
bild Gastier zugegen, am Megievungstisch waren
sämtliche 5 Minister.
Die Wahl des La nd t a s p rä s id i ums, mit
der die Sitzung etugeleitet wurde, muhte durch
Stimmzettel vorgenommen werden, da die Kommu-
nisten sich einer Wahl durch Zuruf widersetzt hat-
te». Die Kommunisten enthielten sich auch in
der Wahthandlung der Abstimmung. Bei der Wahl
des Präsidenten wurde der bisherige Präsident
Agib. Dr. Baumgartner (Ztr.) mit 76 Stim-
»reu gewählt. Ebenso wurden wiedergewählt Abg.
Maier- Heidelberg (Soz.) zum ersten Vizepräsi-
denten mit 72 Stimmen und Abg. Gebhard
(Landbund) mit 54 Stimmen.
Rach der Wahl hielt Präsident Dr. Baum-
Kar 1 n e r eine kurze Ansprache, in der er n. a. den
inr Rhein- und Ruhrkampf stehenden Bcvölkerungs-
trelsen für ihr Ausharren dankte, was den Abg.
Aitter (Komm.) zu dem Zuruf: „Die Schwerindu-
strie muh an den Galgen!" veranlaßte. Der Präsi-
dent verurteilte dann alle Trennrmgsgelüste
me separatistische» Bewegungen und legte
Trengelöbnis für das Deutsche Reich ab.
Bevor die Wahl des Staatspräsiden-
ten vorgenommen wurde, gaben die Abgeordneten
"er Deutschnationialen, der Deutschen Volkspartei
^Nd des Landbundes die Erklärung ab, daß sie sich
,er Wahl enthalten würden. Abg. Ritter
(Köm,;;.) sprach sich gegen den Posten des Stäats-
bräsidenten überhaupt aus und richtete heftige An-
urisfe gegen den Landtag.
Hiernach wurde mit 53 Stimmen Finanzminister
Köhler zum Staatspräsidenten und nut
''t Stimme» Unterrichtsminister Dr. Hellpach zu
einem Stellvertreter gewählt. 18 der Mge-
°ebene» Zettel waren leer, auf zwei Zetteln waren
.je Namen gestrichen und zwei Abgeordnete hatten
.-h der Stimme enthalten. Eine Stimme wär auf
Abg Marum (Soz.) und eine auf den Abg.
Zastler (Komm.) gefallen.
Hierauf nahm der neue Staatspräsident, Finanz-
^Mister Köhler das Wort zu einer Ansprache, in
er es als seine erste und vornehmste Pflicht er-
das Amt des Staatspräsidenten auf dem
w«en Boden und im Geist der badischen Verfassung
»führen. Dienst an der teueren Heimat werde
Uch in Zukunft der Leitstern des Gefamtkäbiwetts
stwf. Namens des Staatsmin-isteriums sagte
kmA^Mident Köhler dem anSscheidenden Staats-
Kenten Remmele Dank für die Arbeit, die
dy dem ab gelaufenen Jahr geleistet hat. In sei-
WKevW Ausführungen wies dann der Staats-

präsident darauf bin, wie der Vertragsgegner jen-
seits des Rheins immer noch dem deutschen Land
und dem deutschen Volke die Ruhe zum Schaffen

und znm Aufbau raube. Die Furien der Arbeits-
losigkeit, des Hungers und der Armut durchrasen
die Gaue. Für ums ist die Treue zum Reiche

MIMW MWkWM.
Nach Sachsen — Thüringen.

O Berlin, 7. November.
Die praktische Durchführung der von der
Reichs.regievuug in Aussicht gestellten Abwehr
d e r d e » t sch v ö l ki s ch e n P u t s ch p l ä n e zeigt,
daß auch 'diesmal mit den deutschen Republikanern
ein ehrliches Spiel nicht getrieben wer-
den wird, wenn man in Berlin die Zügel auch der
Reichswehr gegenüber weiterhin schleifen lässt.
Statt auf die schwere wirtschaftliche Sage der Ar-
beiterschaft und des Mittelstandes Rücksicht zu neh-
men und ihren Willen zur Unterstützung des Rei-
ches für den Notfall dankbar anzuec nmen, wcndci
man sich in Th ür t n gen im allgemeinen erneut
auch gegen diejenigen, ans die sich das
Reich bei einem evtl. Kampf ger n die Reichszerstö-
rer Mein verlassen könnte. So werden die letz-
ten treuen Anhänger der Verfassung zur
VerzweiflNng getrieben cm ne daß sich
die augenblicklichen Machthaber im Reiche darüber
klar zu sein scheinen, das; ihr sor:g-tt'p<es Gerede
von der Stärkung der Staatsanwrität durch die zu
diesem Zweck angewandten Methoden Gerede bleibt,
da die staatserhMeuden Elemente verletzt, aber die
W i r kl icheui R e ich s z e rst ö r e r g e st är kt wer-
den. Diese Tatsache muh ganz offenausge -
sprachen werden, selbst auf die Gefahr hin,
daß gegen sozialdemokratische Partoiblätter erneu»
die Ma ul korb Verordnungen des Reichs-
wchrministers Anwendung finden. Gerade die
Sozialdemokratie, deren Banner immer die
Ausschnitt Freiheit und Recht irrig, hat heute mehr
denn je gegen das Unrecht anzukämpfen, weil die
wirtschaftliche Notlage der breiten Massen
sich zu einer E r b i t t e r u n g g e g en d e n S t a a t
vom.' heute answachsen mutz, wenn dem wirt-
schaftlichen Elend auch noch politische Ungerechtig-
keit hinzugefügt wird.
Tatsächlich hatte der Befehlshaber der in
Thüringen einmarschierten Truppen den klaren
Befehl, die thüringisch-bayerische Grenze vor
Ucberfällen der irregulären Banden zu schützen. Ihm
war unseres Wissens nicht die Aufgabe ge-
stellt. große strategische Geniepläne zu entwickeln
und in die thüringische Bevölkerung durch Haus-
suchungen und Verhaftungen einzelner Mitglieder
der Kommunistischen Partei Unruhe hineiuzutragen
— oder gar den Anschein zu erwecken, als wickle
sich jetzt ein von Berlin aus befohlener trockener
Puts ch ab, dem nach der „Säuberung" von Sach-
sin und Thüringen die Verbrüderung mit
den Hitlerbanden folgen sollte. Generäl
Reinhardt hat also den ihm übermittelten Be-
fehl nach unseren Informationen nicht korrekt
aus geführt, obwohl wir keinen Zweifel daran
hegen, daß er verstehen wird, feine Handlungsweise
aus rein militärischen Gründen zu recht-
fertigen.
Kein General kann einen Kampf führen, wenn
er im Rücken einen Feind hat. Als solchen betrach-
tet die Reichswehr leider immer noch einen Dell der
Arbeiterschaft, insbesondere dort, wo die Arbeitneh-
mer eine foziaristisch-komntwniistische Regierung
stützen. Das ist hauptsächlich auf jene unverant-
wortliche Hetze zurückzuführen, die von den schwer-
i n d u st r i e t l e n Korrespondenzen und
zum Teil auch von amtlicher Seite feit Monaten
gegen Sachsen getrieben wurde und in den letzten
Wochen gegenüber Thüringen ihre Fortsetzung fand.
Hunderte von Telegrammen mit Verlage-
nem I n h a l t gingen an die Adresse des zustän-
digen Wehrkreiskommandeurs, um dort den Geist
zu schaffen, der sich zu unserem Bedauern jetzt wieder
zu Unrecht gegen einen Teil der thüringischen Ar-
beiterschaft ausgewirkt hat. Sonst sind die amtlichen
Reichsstellen sofort bet der Hand, wenn irgendeine
Falschmeldung über eigene Angekegenheiten oder die
anderer Lauder, in denen das Bürgertum noch ein
Wort mMureden hat, in der Oesfentlichkeit erschei-
nen. Auf Sachsen ist diese Rücksicht keineswegs
genommen worden und Thüringen läht man
heute in dem gleichen Matze wie früher
Sachsen beschimpfen, obwohl der Freistaat
Thüringen hundertmal eher das Recht hätte,
sich Ordnungsstaat zu nennen als das Bay-
ern von h eute.
Die Sozialdemokratie hat auch außerhalb
der Reichsregiernmg gegenwärtig noch die Macht-
mittel, um über die Politik der Reichsregierung
Klarheit zu schaffen. Diese Klarheit ist nach dem
Vorgehen der Reichswehr in Thüringen notwen-
dig e r a l s j e. Als am Montag der Aeltestenaus-
schuß des Reichstags sich mit dem Wiederzusämmew-
tritt des Plenums beschäftigte, erklärte Genosse
Hermann Müller bereits, daß di« Sozial-
demokratie die Schwierigkeiten der innerpolittschen
Lage nicht verkenne, aber dennoch den Z u saM-
mentritt des Reichstags fordern werde,
wenn die Regierung Mcht unmittelbar zur Siche-
rung der Staatsautorität gegen Bay-
ern einschrette. Mit Rttcksicht auf die pavlamsnia-

rischen Schwächen des gegenwärtigen Kabinetts hat
sich Herr Streseniaun zur Sicherung der thüringisch-
bayerischen Grenze bereit erklärt. Mit welchem Er-
folge, ergibt sich aus den über den Vormarsch der
Reichswehr in Thüringen vorliegenden Meldungen.
Wir glauben, daß deshalb der Augenblick ge-
kommen ist, in dem die sozialdemokra-
tische Fraktion die von ihrem Vorsitzenden im
Aettestenaus schuh des Reichstags erfolgte Aickündi-
gung zur Tat machen und der Reichslagein-
berufen werde» m u tz, um endlich auch über
die Innenpolitik die notwendige Klarheit zu schaffen.
Das Kesseltreiben
gegen die thüringische Arbeiterschaft
Weimar, 7. Nov. (Eig. Be«v.) In der ver-
gangenen Nacht sind die Truppendes Gene-
rals Reinhardt in Thüringen eingetroffen.
Von einem Aufmarsch an der thüringisch-baye-
rischen Grenze, wie es an gekündigt war, kann jedoch
keineRede sein. Zum großen Erstaunen, ja zur
Entrüstung der thüringischen Bevölkerung mar-
schierte die Reichswehr ebenso wett nördlich
des Thüringer Waldes auf, als sie südlich des
Thüringer Waldes stehen müßte. In der Frühe des
Dienstag sind 3 Bataillone Infanterie und eine Es-
kadron Kavallerie unter Oberst Brendel in Gotha
e'ngeMckt.
Eins der ersten Handlungen dieser Truppe war
die Verhaftung eines der Redakteure der
kom m u n i st i s ch e n Z et tu n g, ohne daß ein
mrmittelbarer Anlaß dafür Vortag. Auch wurde
sofort nach Hundertschaften und deren Waf-
fen gefahndet, die die Reichswehr vermutete. An-
dere Truppenteile sind in Ortschaften nörd-
lich von Weimar, Budstedt, Wilsdorf, Brudersdorf
usw. eingetroffen. Nach oen ausgestellten Vorposten
scheint das Marschziel Weimar zu sein.
Im anhalttscheu Städtchen Eisenberg ist würi-
te m b e r g i s ch c Artille r i e angekommeu.
Sehr groheEmpörung unter der Arbeiter-
schaft erregte die Ankunft der Reichswehr in Köstritz
und im Meuselwitzer und im McuselwiH Altenbur-
gcr Braunkohlenrevicr. Hier ist der Bergarbeiter-
streik seit zwei Tagen beendigt und keine Stö-
rung d e r R u h e und Ordnung seitdem mehr vor-
gekommen. Geringfügige Gewalttätigkeiten, die sich
während der Streiktage ereigneten, wurden von der
Landespolizet mühelos beigelegt. Auch in Jena
und in H er msd o r f an der Strecke Jena-
Gera ist Reichswehr eingetrofsen. Nahezu überall
bat die Reichswehr sofort Durchsuchungen
nach Waffen vorgenommen.
Dieser Einsatz der Reichswehr im Norden statt im
Süden Thüringens und das ganze Verhalten der
Truppen am ersten Tage, das als ausgespro-
chen arbeiterfeindlich gekennzeichnet werden
muh, obwohl in Thüringen selbst die Ruhe und Ord-
nung in keiner Weife gefährdet war, hat bei der Be-
völkerung grotze Beunruhigung hervorgcrufeu.
Ebenso erregt es Befremden, daß Polizei-
oberst Müller-Brandenburg mit der
Tüüringer Landespolizei dem Generalleutnant v.
Hasse unterstellt wird.
Beschwerde Thüringens.
Weimar, 7. Nov. Der Thüringische Minister-
präsident Genosse Frölich ist nach Empfang des
vom General Reinhardt an das thüringische Staats-
ministerium adressierten Schreibens sofort zur Be-
schwerdeführung nach Berlin abgereist.
Er verhandelte zunächst noch am Mittwoch abend
mit dem ReichswehrinintstM und später mit dem
Reichspräsidenten.
Berlin, 7. Nov. Reichswehrminister Geh-
ler HM an den thüringischen Ministerpräsidenten
Frölich nach dessen Besuch ein Schreiben gerichtet,
worin er mitteilt, der Auftrag des Generäls
Rein Handl laute dahin, Thüringen auch
gegen jeden Einfall von auswärts zu
schützen, wie im ersten Satz feines Schreibens
zum Ausdruck kommt, wenn er von der bedrohlichen
Lage „u m Thüringen" spricht. Ich bin der Ueber-
zeugung, daß Schutzpolizei und Reichs-
wehr zu dieser Aufgabe völlig genügen, daß da-
neben Mer vewaffneteOrganisationen
unmöglich find, weil sie eine Gefahr für die Be-
völkerung und dte Truppen bilden. Ich wäre dank-
bar, Wenn dem General Reinhardt bezw. dem ört-
lichen Truppenkommandeur, General Haffe, jede
Unterstützung zur Lösung feiner Aufgaben geleistet
würde.
Weimar, 7. Nov. Aus Go th a ist die Reichs-
wehr bereits wieder ab gerückt, ebenso sind die
nördlich von WeiNKW in Büttstedt Mfmarschier-
ten Abteilungen abMarschtert, allerdings mit
unbekanntem Ziel. Nur der Komman-
deur und sein Stab hakten sich noch dort auf. Von
den übrigen Truppenbeweguugsn liegen bis zur
Stunde keine Nachrichten vor.

eine Selbstverftäudl.chkeit. Die Reichsverfassung ist
für uns kein SPielball. Wir haben Mer ein Recht
zu erwarten, dah die Regierung des Reiches mit
starker Autorität und letzter Kraft seinen Bestand
schützt gegen Angriffe, woher sie auch immer kom-
men. Wir verlangten, dah man endlich entschie-
den und umfassend und ohne fälsche Rücksichtnahme
zugreife zum Bannen der großen wirtschaftlichen
Gefahren, welche das Sein des deutschen Volkes
bedrohen. Wir erwarten, daß dte Eigenart der
Länder Verständnts findet und sich auswirken kann
die schaffenden Stände, so fuhr der Staatspräsident
fort, Industrie und Wirtschaft haben erst in den
letzten Tagen aufs neue bezeugt, daß die badische
Regierung im Vertrauen des Volkes steht.
Unsere Beamtenschaft tut unter den schwierig-
sten Lebeusbedinguugen vorbildlich ihre Pflicht.
Kleinlichen Zank verbietet die Zett, stellen wir das
voran, was uns eint. Gott schütze unsere badische
Heimat, unser armes deutsches Vaterland. (Beifall
bei der Mehrheit des Häusles.)
Präsident Dr. Baumgartner sprach darauf
immens der großen Mehrheit des Landtags dem
bisherigen Staatspräsidenten Minister des Innern
Remmele Dank für seine Tätigkeit aus und, sich
am den neuen Staatspräsidenten wendend, erklärte
DY. Baumgartner, dte soeben gehörten AnAsüh-
rungen seien eine Bürgschaft dafür, daß
Staatspräsident Köhler sein Amt so führen werde,
wie er bisher das Amt als Finanzminister geführt
habe.
Nachdem der Präsident die sehr große Zahl der
Eingänge verlesen batte, wurde die Sitzung kurz
nach 1 Uhr geschlossen.
Die nächste Sitzung findet erst morgen Don-
nerstag statt, da am Mittwoch nachmittag die Aus-
schüsse zusammentreten.

Internationale Lage.
Frankreich sichert sich.
Paris, 7. Nov. Hier zirkuliert das Gerücht,
daß dte französische Regierung Vorbereitungen treffe,
um im Falle eines reaktionären Staatsstreichs in
Bayern einzumarschteren und die Mainlinie
zu besehen. Das „Echo de Paris" hofft, daß die Er-
eignisse in Deutschland die Sachverstitndigenkonse-
renz endgültig zu Fall bringen werden»
London, 7. Nov. Inoffiziell wird hier die
französische Absicht lanziert, bei einem Obsiegen der
deutschen Reaktion nach dem Vorbild der Ruhrbe-
sitzung die französische Sicherheit wuszudehnen. Die
Freunde Deuischlands sind bestürzt über das tragi-
sche JueinanLerarbeiten der deutschen Reaktion mit
der schärfsten französischen Richtung. Der inner-
deutsche Zerfall droht jede englische Initiative zu
ersticken.
Amerikas Rückzug
von der Sachverständigenkonferenz.
Paris, 7. Nov. AUS Washington wird ge-
meldet, daß man in» Weißen Hause entschlossen sei,
angesichts der Schwierigkeiten die Sachverstän-
digenkonferenz fallen zu rassen. Aute-
rika will feine Hilfe Europa nicht aufdränge».
London, 7. Nov. Die Berichte aus Amerika
lassen es wenig wahrscheinlich erscheinen, daß di«
Expertenkommission zustande kommt.
Die Separatistenaktion in der Pfalz
Kaiserslautern, 7. Nov. Die Separati-
sten sind nach wie vor Herren der Lage. Die politi-
schen Parteien haben auf eine Abwehraktion ver-
zichtet und verhallten sich abwartend. Im Kreisamt
hat der Führer der Freien Bauernschaft, Heinz
Orbis, ein früherer Offizien seinen Sitz.
In Kirchheimbolanden haben die Sepa-
ratisten das Bezirksamt besetzt. Man ist ans einen
Generalangriff auf die Pfalz gefaßt.
Man rechnet bereits mit einem Ucberfall aus
Zweibrücken irnd Pirmasens. Die Bevöl-
kerung ist nicht imstande, sich zu Wehren. Dte Not
kommt den Separatisten zur Hilfe. Die Bevölkerung
denkt nur noch daran, wie sie sich e r näh r en kann.

Zunächst keine Einlösung
der Papiermark.
Ausgabe der Rentenmark: 15. Nov.
Berlin, 8. Rov. (Letztes Telegr.)
Das Kabinett hat beschlossen» von der geplante«
EinlösungderPapiermark ge gen ein wert-
beständiges Zahlungsmittel im gegenwärtigen MS«
ment, wo die Dinge noch im Muß sind und die
Notenpresse noch stark in Anspruch genommen wird,
abzusehen und behält sich eine solche Einlösung
süv den Zeitpunkt vor, wo dte Renten mark her-
auskommt. Das wird, so hofft man, wenn nichts
Unvorhergesehenes dazwischen kommt, am 15. No-
vember der Fall fein. Dte Einlösung schein: je-
doch nicht gegen die Rentemimark selbst, sondern, we-
nigstens zunächst, gegen ein neues wertbe-
ständiges Papier, das im Umfang von 30V
Millionen Goldmark mit ähnlicher Fundierung Wt«
 
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