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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

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Nr. 202 - Nr. 210 (1. September - 11. September)
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Heidelberg, Freitag, der» 7. September 1923

Nr. 207

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Jahrgang

Viüesnt consules!
Im Handelsteil der „Voss. Ztg."
richtet ki—r. folgeren Mahnruf an
-die Rcgicrungs- und Wirischaftskreise:
Die wirtschaftliche La« e, die kurz nach
dein SlmtKantritt des neuen Kabinetts eine gewisse
^sserung erfahren hatte, ist erneut bedroh-
lich e r n st geworden. Wir hatten damals im Zu-
'"iumenhang >nit der enormen Steigerung der De-
visenkurse die ersten ernsten Erscheinungen der 3t e -
^»diation zu verzeichnen, d. h. die Wirtschaft
^gann, das entwertete Papiergeld, dessen man sich
Äs Wertmesser schon lange nicht mehr bediente, nun
^Uch als Zahlungsmittel ab zu lehn en.
Die Formen, in denen sich das avspielte, sind noch
^'innerlich. Es waren vor allem die Stocku u gc n
der L e b e n s m i t t el z u f u h r in die grasen
Städte, da der Landwirt den Verkauf von Prodnk-
>n> über seinen täglichen Geldbedarf hinaus ab-
iehnte; es waren ferner die zahlreichen Laden-
kchlies; ungc n, die ihren Höhepunkt in der Pro-
testkundgebung des Einzelhandels fanden; und es
waren schließlich die nicht wenigen Fälle, in denen
der Verkäufer einer Ware einfach gerade heraus
"klärte, daß er nur gegen Zahlung von Effekiiv-
dcvisen zur Abgabe der Ware bereit sei.

ertragen werden kann. Es sei als Beispiel dafür —
ohne datz etwa auch nur eine Beschränkung dieser
Erscheinungen auf dieses Teilgebiet zu bemerken
wäre — an den Kohlenbergbau erinnert,
dessen Preis bei einem Dollarstand von 12 Millionen,
wie wir ihn vor einigen Tagen noch hatten, bereits
den Weltmarktpreis wieder um ein Erhebliches über-
schritten haben. Und wenn diese Erscheinung den
Ansturm an den Devisenmarkt erhöhte, weil zahl-
reiche -Interessenten sich Devisen zu billigerem Koh-
kcnbezug aus dem Auslande beschaffen wollten, so
dürfte auch hier mit Recht angenommen werden, datz
ebenso die St ach frage nach den überteuerten Fertig-
produkten sich in volkswirtschaftlich unberechtigt
starker Weife auf dem Devisenmärkte geltend macht,
da man auch hier lieber billiger im Auslande kaufen
will. Die Konsequenz dieser Tatsachen zeigt sich be-
reits deutlich in dem starken Rückgänge der Kon-
junktur, der bereits vielfach zu Kurzarbeit und Be-
triebsstillegungen geführt hat. Datz die deutsche
Wirtschaft einen Zustand, in denk ihre Exporttndu-
strien zu teuer arbeiten oder ihre Produktion zum
mindesten zu teuer kalkulieren, und in dem ferner
die FeMgindustrte» ebenfalls keinen Absatz
mehr auf dem geschwächten deutschen Markt fin-
den, so datz sich der Bedarf an das billigere
Ausland wendet und dadurch einen wetteren
Druck Mts den Markwert ausübt, nicht lange

Ikl WM MW WM.
Vermittlungsversuche.
London, 6. Sept. Zwei Vorschläge zur Lö-
sung des italienisch-griechischen Konfliktes wurden
in der heutigen Sitzung d es Völkerbundes
beraten:
1) Der Völkerbund soll die Botschafter-
konferenz beauftragen, auf griechischem Boden
durch eine Kommission aus Vertretern Eng-
lands, Frankreichs und Italiens die Vorgänge bei
der Ermordung der italienischen Offiziere und die
Verantwortlichkeit der griechischen Regierung fest-
ste l l e n zu lassen.
2) Der VSlk-nbundsrat soll die Frage der wider-
rechtlichen Besetzung Korfus erörtern und Vor-
schläge für die Räumung ausarbeiten.
Rom, 6. Sept. Gestern abend hat der eng-
lische Geschäftsträger den italienischen
Ministerpräsidenten Mussolini besucht. Die Un-
terredung dauerte anderthalb Stunden. Ein Kom-
munique darüber wurde nicht ausgegoben.
Ein Beschluß des Völkerbunds.
Genf, 7. Sept. (Letztes Telegramm.) Der
Völkerbund nahm bet Stimmenthaltung Sallandras

All MlSl W Olk IMMOU

k» > . " "'"r«nuvnngen ausreiicycn werden, oie cr-cucicc-iccu-jj vvir isvcvcvuirir r-urueiE",
w ist die Lage aus dem Gebiete der Produktion nicht isrstze Beträge Konten eingerichtet werden bei 80

Im Währungsausschutz des
machte Reichsbankpräsident
Reihe währungspolitischer

ertragen kann, bedarf keiner besonderen Be
gründung.

einen spanischen Einigungsantmg bezüglich des
italienisch-griechischen Konfliktes au, der zufolge die

Prozent Einzahlung in Devisen und 20 Prozent in
Papiermark. Export devisen müßten Weiler
der Wirtschaft verbleiben. Dagegen Müßte Wan die-
jenigen Devisen dem Goldmark-Giroverkehr zur
.. Verfügung stellen, die thesauriert sind oder Mr den
hervorgerufen, der jedenfalls lange Zeit nichts I internen Zahlungsverkehr gehalten werden. Einen

* Heidelberg, 7. September.
Das Sterben der Mark — anders ist der katastro-
phale Marksturz der letzten Tage nicht zu bezeich-
nen —, und die Tatsache, daß der numnchF endlich
veröffentlichte Reühsbankausweis vom 31. August
1913 ergibt, datz die schwebende Schuld bereits schon
an diesem Tage 1196 Billionen ergab, zeigt, daß die
fetzigen Wiwtschaftszustände unhaltbar geworden
sind. Es kann nicht mehr so Wetter gehen, datz wir
im Tagesdurchschnitt über 83 Billionen Mark druk-
ken, ebenso wie es die deutschen Volksmassen nicht
mehr lange aus sich nehmen können, in einer Si-
tuation zu leben, die dem Tag vor dem jüngsten Ge-
richt gleich kommt. Will die Regierung eine Ka-
tastrophe grausigster Art vermeiden, so mutz sie in
aller kürzester Zeit sich zu radikalen Schritten auf
außen- und innenpolitischem Gebiete entschließen.
^Wcnn auch auf außenpolitischem Gebiet Herr
jStresemann sich bedauerlicherweise immer noch
nicht zu den notigen radikalen Schritten entschließen
kann, so scheint inan — wenn auch leider vielleicht
schon zu spät — auf dem Gebiete der Währung zur
schnellen Aktivität entschlossen zu sein. Das Reichs-
kabinett befaßt sich rege nut der Errichtung einer
ireuen Währung, die vor allem den letzten
Meldungen zufolge durch die Tätigkeit eines neu
aufzustellenden Reichskommissars Mr Devisenerfas-
sung di« nötige Fundierung erhalten fall.
Wir begrüßen diese Maßnahme wie alle, die da-
zu an,getan sind, das Währungselend zu mildern
und den steuersavottereuden Besitz durch Hergabe
s«ner Devisen und Goldwerte zu seiner Pflicht ge-
genüber dem Staat zu mahnen. Gleichzeitig müssen
wir jedoch unserem Zweifel Ausdruck geben, ob
all diese Finauzmatznabmen einen Erfolg haben kön-
nen, solange der „Ruhrkrieg" seinen Fortgang
nimmt, der jode Sanierung zur Unmöglichkeit macht.
Die Vorarbeiten für eine neue
Währung.
Berlin, 6. Sept. Im Reichsft uanzministertum
fanderr heute Besprechungen zur Schaffung einer
sesten Währung statt.
Berlin, 6. Sept.
NeichSwirtschaftsrats
Havenstein eine
Mitteilungen. Er sieht eine große Gefahr darin,
die Wirtschaft zu zwingen, sich plötzlich allgemein
auf Wertbeständigkeit umzustellen. Für wertbe-
ständige Kredite sei ein viel niedrigerer Zins not-
weirdig als für nicht wertbeständige. Die Reichs-
bank beabsichtige, wertbeständige Zerti-
fikate auszugeben, die als wertbeständige An-
lage oder, da sie diskontiert werden können, auch
als Ersatz Mr wertbeständige Zahlungsmittel
dienen können. Der Reichsbankpräsident wandte
sich dann gegen die ursprüngliche Forderung,
Goldmarkkonten einzurichten gegen Einzah-
lung von Papiermark. Die Reichsbank beabsichtige
die Einrichtung von Goldkonten dergestalt, daß Mr

Anreiz hierzu soll diePrämie bieten, datz der Er-
rtchter des Goldmarkkontos noch ein Viertel des
Devisenbetrages in Papiermark auf das Konto ein-
zahlen dann. Ein größeres Risiko könnte Vie
Reichsbank nicht übernehmen. Sie habe sich ferner
entschlossen, die Goldmarkkonten an den Dollar
anzulehnen und nicht an das Pfund. In die
anschließende Debatte wurde noch die Frage der Er-
richtung einer Privat-Goldnotenbank ge-
worfen, ohne daß hierüber jedoch nähere Beschlüsse
gefaßt werden.
In der nächsten Sitzung des währungspolitischen
Ausschusses wurde der Plan Helfferichs, den
Roggen zur Goldbasis zu Ehmen, behandelt.
Doch wurde dagegen eingewendet, daß dies nur ein
vorübergohender Behelf sein könnte. Ms Dauer-
maßnahme kann nie eine Gold Notenbank in
Frage kommen.
Die verschiedenen Vorschläge.
Berli n, 8. Sept. Die Wahl der neuen Wäh-
rung steht jetzt im Mittelpunkt der Debatte. Es lie-
gen mehrere Vorschläge vor.
Der Vorschlag Helffertch, der ursprünglich
auf die Schaffung einer reinen Roggenwäh-
rung hinauslief, während er jetzt seinem Plan
eine alternative Fassung — entweder Roggen oder
Gold — gegeben hat, wobei das Kapital beschafft
werden soll durch die Etntragmrg von wertbeständi-
ge» auf Roggen oder Gold lautenden Hypotheken,
an do» landwirtschaftlichen oder industriellen
Grundbesitz.
Der Vorschlag des Reichsverbandes der deut-
schen Industrie will eine vom Reich und der Reichs-
bank unab hängigen Goldnotenbank. Am Ak-
tienkapital von 500 Millionen Goldmark soll sich auch
das Ausland beteiligen können. Die Noten sollen
nur gegen die Diskontierung von Goldwareniwech-
seln oder gegen Einlieferung von Devisen oder Gold
ausgegeben werden. Als Wertoinheit soll der
Goldtaler geltem der die Parität des amerikani-
schen Dollars halben soll.
Innerhalb der Neichsregierung selbst ist der Ge-
danke einer entweder im Zusammenhang mit der
ReichSbank oder unabhängig von ihr zu gründen-
den neuen Gold noten bank diskutiert worden,
neben deren Goldnoten die bischerige Papierrnark
verschalten werden soll.
Für welchender hier skizzierten Vorschläge sich
die Regierung entscheidet, steht noch dahin.
Die neueste Verordnung.
Berlin, 6 Sept. Wie verlautet, wird morgen
eine Verordnung erscheinen, dir das Amt eines
Retchskommissars für Devtsenerfas-
snng mit weitgehenden Befugnissen schafft. Der
Grundgedanke ist, datz keine Devise, die nicht
produktiven Zwecken dient, in private« Händen blei-
ben darf.
Der neue Reichskommissar wird durch eigene Or-
gane und die Polizei Recherchen veranlassen. Hohe
Geldstrafen sind vorgesehen. Der Reichskommissar
wird vor allem die gesamte Bevölkerung zur Ab-
lieferung der in ihrem Besitz befindlichen De-
vtsenzahlungsmittel, Wertpapiere und der
Edelmetalle auffordern. Jeder Ablieferer
wird ihren Gegenwert zum Tageskurs berechnet
t« Gold markanleihe oder auf ein Fest-
markkonto bei der ReichSVank gutgeschrieve«
erhalten. Natürlich ist auch Auszahlung nach
dem Tageskurs in Papiermark möglich.

Diese akute» Erscheinung»» der Repudiatiou
lwben wir in den Tagen der Beruhigung über-
wunden. An ihre Stelle sind jetzt eine Reihe
bon Erscheinungen getreten, deren Wirkungen
Ebenso gefährlich sind, die aber langsamer
fMtreten. Die Wirtschaft ist dazu übergegaugeir,
b-"h dafür besonders bezahlen zu lassem daß sic Vie
Vchsiermark noch als Zahlungsmittel annimmt.
Das geschieht vielfach in dem sogenannten Ent-
^ertungs zu schlag, den Minister v. Raumer
Mailich mit Recht Äs dis größte Gefahr Mr
Konkurrenzfähigkeit Deutschlands auf dem
Weltmarkt bezeichnet hat. Das geschieht weiter in
Form außerordentlich hoher Zins- und Pro-
Ästouszuschlägen, wie sie z. B. jetzt von den Ban-
' n allgemein eingesührt worden find, und das
^'sthttht schließlich in einer dauernden Verschärfung
ttüer Berkaufskonditionen. Diese langsameren For-
cen der Repudiation gestatten zwar wohl noch für
s'ngcre Zeit den Umlauf der Papiermark als Zcch-
wttMümtttl, sie sind aber nicht weniger ge-
' h > >»ch als das, was wir vor einigen Wochen
Mcb-e», weil fie allmählich zu einem Totlaufen
r Wirtschaft führen müssen. Vorläufig geht
>s, wie gesagt, noch. AVer man überleg« sich nur
""mal, welche Ko«seg»enzen es Haven müßte,
" mn z. B. auch die gesamte Lohnpolitik sich
"buliche Gesichtspunkte zu eigen machte, und .wenn
Äw auch bei den Löhnen ein Enttvertungszuschlag
w der Anpassung an die Geldentwertung hinzu-
^'eteu würde. Bisher ist auerkennensweriecweise
boi, be>r Arbeitnrhinerorganisationen eine solche
Forderung nicht erhoben worden, da man die Ge-
schren wohl erkennt; ob sich aber diese Zurück-
^ltiiirg auf die Dauer ausrechterhafte» läßt, WLd
'^Slich bezweifelt werden müssen. Alles in allem
ij-utz deshalb gesagt werden, daß die gegenwärtige
Währungskrise über kurz oder lang ihr Ende fin-
k» muß, wenn nicht durch Eingreifen der Regie-
^>»g, dann von selbst in der gefährlichen Form des
allgemeinen Still st andes.
Das Reichsftnanzministerium hat nun, mit diesen
^tscheinnngen entgegenzuwirken. in der letzten
^oche u,rd auch in diesen Tagen wieder versucht,
"'Et verfügbaren Devisenbeständen einen Druck
§"f den Dollarkurs auszuüben. Diese Ber-
auche, die den relativen Erfolg gehabt Haven, den
wir von derartigen Stützungsaktionen allmählich
ennen, haben es nicht verhindern vermocht, daß der
Dollarkurs weiter gestiegen ist, und sie haben Weiler
hauptsächlich industriellen Interessenten die
Erwünschte Getenbeit gegeben, sich auf Kosten des
Reiches erhebliche Sondergewinne zu
.^schaffen. Da dem Reichssinanzmtnisterium noch
Nächtliche Devisenfonds zur Seite stehen, die außer-
r>n durch die Ergebnisse der Devifeirablicferung
Weh ciire weitere Verstärkung erfahren dürften, wird
'ran m per nächsten Zeit noch mit der Fort-
r tz u n g d i e s c r S t ü tz u n g e n zu> rechnen lwben,
>nd es ist nur zu hoffen, daß die technische Durch-
whrung und das gleichfalls angespannte Kontroll-
chstcm verhindern, datz auch diese Devisen wieder in
wische Hände geraten. Eine solche Wirkung der
^'ütziingSakliolt würde die ohnedies bedauerliche
Tatsache, datz große Reserven sür nur voriiber-
«ehcnde Zwecke und nicht für die endgültige Sanie-
rung eingesetzt Werden, noch gefährlicher erscheinen
'assen.
Wmu also auf dem rein Währungspolitischen
u.o finanzpolitischen Gebiete die Lage als bedrohlich
:rust >m vollsten Sinne bezeichnet werden mutz, da
ra die Steuereinnahmen der nächsten Zeit auch nicht
,,' wrnt zur Deckung der Ausgaben oder gar etwa
Mr Bestreitung der noch immer ins Ruhrgebiet ge-
Unterstützungen ausreichen werden,
n,„'7 """ "7",' oer Pioouliion nicht
miger gefahrdrohend. Der Entwertungszuschlag,
b<>»*, ^ssen Charakter als Repudiationsevscheinung
Kreits oben gesprochen wurde, und ferner die zügel-,
^'e Ausnutzung der Lage zur Erzielung privater?
^rosste, haben hier einen Zustand der Unwirtschaft-»
mrest tzsrpsraerufen, der jedenfalls lanae Kett ndcbO >

Staaten Mr die politischen Verbrechen verantwortlich
sind, die auf ihren Gebieten begangen werden.
Der zweite Teil des spanischen Antrags macht sich
die kritischen Sanktionsgebote zu eigen und emsu
suhlt sie der PrüMng der Botschasterkonferenz.
Hierüber wird später beschlossen.
Italienische Erhebungen.
Rom, 6. Sept. Der Kommandant des Kreu-
zers „Premuda", von dem die kleinkalib ri-
schen Schüsse ausdie Festung Korfu ab-
gegeben worden sind, ist gestern im Auswärtigen
Amt zur Berichterstattung erschienen. Er hat auf
lein Ehrenwort erklärt, daß er nur zwei Schüsse auf
Lw Festung abgegeben habe. Wenn dabei Zivilper-
sonen ums Leben gekommen sind, so treffe die
Schuld einzig und allein den Kommandanten des
Forts, der ausdrücklich aufgefordert worden sei, die
Zivilpersonen aus dem Forts zu entfernen.
Der italienische Konsul in Valona hat
sich nach Janina begeben, um eine Untersuchung
über die näheren Umstände der Mordtat
anzustellen und die Leichen der Ermordeten zu über-
nehmen.
Ausdehnung der Besetzung von Korfri
Rom, 6. Sept. Die Besetzung von Korfu
wurde auf die Felfeniufeln Samothm-ke, Fano und
Marleo ausgedehnt, so daß der ganze Archipel uni
Korf« nunmehr in italienischer Hand ist. Der eng-
lische Gendarmerietnstrukteur wurde avgesetzt.
Verschiedene Auffassungen.
London, 6. Sept. In hiesigen unterrichteten
politischen Krebsen hegt man die Hoffnung — und
zwar auf Grund zuversichtlicher Berichte von Lord
Robert Cecil —, datz es möglich sein wird, im
Völkerbuudsrat einen Vermittlungsvorschlag zu
formulieren, der zugleich Mr Italien und Griechen-
land einigermatzenn annehmbar sein kann.
Gegen diese optimistische Auffassung der Lage
wird von anderen englischen Persönlichkeiten darauf
verwiesen, daß Mussolinni mit seiner Drohung der
dauernden Besetzung Korfus die Lage Mr
England und Mr die Kleine Entente außerordentlich
ichwierig gestaltet habe.

Internationale Lage.
Deutsch-französische Jndustrieverein*
barungen
Paris. 6. Sept. Die „Fournöe Industriell^
äußert in einem Artikel, datz eventuelle Wirtschaft^
Vereinbarungen zwischen Frankreich und Deutschland
größte Bedeutung Mr die Fortentwicklung haben
könne. Es handle sich keineswegs um de« Aus-
tausch von Kohlen und Erzen und auch nicht um Jn-
dusiriebeteiligung, sondern um eine Smnime von
Möglichkeiten auf dem Gebiete dov Produktion der
Handelsbeziehungen und der Arbeit.

Die Lage im Reich.
Bayrischer Sadismus.
Zu dem politischen und juristischen Skandal der
bayerischen Volksgerichte liegt ein neuer Beitrag vor.
Der Philologe Har 1 ig war seinerzeit vom baye.
rischen Volksgericht Würzburg wegen poli-
tischen Vergehens zu7JahrenFestungshasl
verurteilt worden. Nach Verbüßung der Hälfte die-
ser Zeit wurde Hurtig am 17. Dezember 1922 auf
Bewährungsfrist entlassen, unter der Bedingung
daß er sich im Laufe der Bewährungsfrist gut, straf-
los und einwandfrei führe, zunächst in Aschaffenburg
bei seinen Eltern wohne, jeden Ausenthaltswechsel
sofort der Staatsanwaltschaft Würzburg mitteisi
und sich des agitatorischen »Nd Politische» Hervor-
tretens enthalte.
Haitis arbeitete zunächst in der Schlosse-
r e i seiner Brüder in Aschaffenburg, nahm aber 2ss
Monate nach seine» Entlassung aus Niedcrschönew'
selb, jener Festung, wo er seine Strafe verbüßte, eine
Stellung als Sekretär des Arbeiterbildungsinstitut-
in Leipzig an. Ordnungsgemäß machte er davon
der Staatsanwaltschaft Würzburg Anzeige und be-
merkte dabei, diese Stellung entspreche seiner päv«
gogischen und philologischen Vorbildung besser als
die Schlosserarbeit, außerdem stocke das Geschäft sei-
ner Brüder. Das Volksgericht Würzburg versagst
jedoch die Aufenthaltsgenehmigung Mr Leipzig, weil
dort eine Ueverwachung wegen des politischen Hek-
vortretenS nicht möglich sei; die Beschwerde gegen
diesen Bescheid wurde abgewiesen, obgleich eine hohl
Retchsvchörde sich Mr Hartig verwendete.
Auf ein neues Gesuch an das Volksgericht um
Verlängerung des Aufenthaltes in Leipzig, damit
bas Institut Ersatz schaffen könne, traf die Antwort
ein: Die bedingte Begnadigung ist aufgehoben,
innerhalb S Tag« hat Hartig wieder in Niederschö-
nenfeld einzurücken. Falls Hartig am 28. Anguss
die Strafe nicht antrete, werde sofort Haftbe-
fehl gegen ihn erlassem
Dieses Verfahren ist geradezu aufreizend, es ist
eine Brtts ki er ung des Leipziger Bilduugsinsti-
tutß, das keineswegs politisch aufgezäumt ist, und
 
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