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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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5. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Nichtmetallische Geschützrohre
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0166

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146

W. GOHLKE, NICHTMETALLISCHE GESCHÜTZROHRE

V. BAND

Fries mit Rundstab vorgelagert ist, io cm vor
der vorderen Friese des Zapfenstücks sitzt auf
dem langen Feld wiederum ein Rundstab. 1,32 m
von der Bodenkante sind seitlich die beiden 6 cm
langen und 6,5 cm starken Schildzapfen mit Lappen
am Rohr befestigt. In gleicher Höhe mit ihnen
sitzen zwischen zwei Rundstäben auf kannelierten
Friesen die beiden Henkel, die aus je zwei rin-
genden Necken (männlichen Nixen) bestehen. Am
hinteren Teil des ebenfalls schwach konischen
Bodenstücks befindet sich die 3,5 cm breite Boden-
friese; 2 cm und 9 cm vor der Bodenkante ist das
Rohr von je einer an den Kanten gereifelten und
mit einem Rundstab versehenen Bändchen um-
geben. Der Zwischenraum zeigt die beim Hals-
band erwähnte Rankenzier. Die Bodenverstärkung
ist flach gewölbt und an der Kante gereifelt,
durch ihre Mitte geht das Zündloch, über welches
die Traube in Gestalt eines Elefantenkopfes mit
erhobenen Rüssel übergeschraubt ist; der Hals
desselben zeigt Rankenzier. Henkel und Traube
sind von hoher künstlerischer Vollendung, alle
Zierden im Stile Ludwigs XIII. gebildet.
Das Rohr ohne Traube ist 2,97 m lang, wo-
von 1,39 m auf das lange Feld, 84 cm auf das
Zapfenstück, 74 cm auf das Bodenstück entfallen.
Der Durchmesser der Mundfriese beträgt 16,6 cm,
des langen Feldes vorn 15, des Zapfenstücks 19
und der Bodenfriese 22 cm.

Die Seele ist

2,56 m lang und hat ein

Kaliber von 6,8 cm.
Die Lafette ist eine hölzerne, zweirädrige
Wandlafette. Jede Wand besteht aus einer eiche-
nen Bohle, die durch ein rötlich schimmerndes,
gewachstes Fournier aus Birnbaumholz verdeckt
wird, sie ist 1,65 m von der Stirn stark gebrochen,
der Schwanz ist schlittenförmig nach oben ge-
bogen und hinten gerundet, auch die Stirn jeder
Wand ist flach gerundet. Vier nach hinten breiter
werdende Riegel halten die Wände auseinander
und geben ihnen eine nach hinten wachsende
Spannung. Der Schwanzriegel enthält ein Protz-
loch; auf den Mittelriegeln ruht ein mit Sammt
überzogenes Bohlstück als Unterlage für einen
Richtkeil, der aber nicht vorhanden ist.

Zwei obere Lafettenbleche bedecken die Hirn-
seiten der Wände von der Mitte des Schwanz-
stücks, über die Stirn hinweg bis zur Aclispfanne,
zwei untere reichen von hier bis zum ersten Bruch
der Wand; in den oberen Blechen befinden sich
die beiden Schildzapfenlager, die durch Pfann-
deckel geschlossen werden. Jeder derselben wird
durch zwei senkrechte Bolzen mit ausgekerbten py-
ramidalen Köpfen festgehalten, die Schäfte dieser
Bolzen reichen durch die Achspfannen und werden

durch Muttern angezogen. Schwanzbleche ver-
stärken die Hirnseiten des Schwanzstücks, eine
Protzlochbuchse, sowie ein breites verziertes, aus-
geschnittenes Protzlochblech das Protzloch. Das
Protzlochblech trägt in einem Kloben an der
hinteren .Seite den beweglichen Protzring. In
Flöhe der Schildzapfenpfannen sitzt ein blatt-
artiger Beschlag, dessen oberer, kapselförmiger
Teil über die äufseren Enden der Schildzapfen
greift.
Die Holzfasern jeder Wand werden durch
sechs, senkrecht zur Unterkante stehende, verziert
geschnittene Seitenbänder zusammengehalten, die
Riegel durch je einen wagerechten Bolzen. Diese
haben eben so gestaltete Köpfe wie die Pfannen-
bolzen und ruhen mit Kopf und Mutter auf schön
gestanzten und verzierten Rosetten. Dem zweiten
Bolzen fehlen die Rosetten, weil er auf dem
zweiten Seitenband ruht.
Zwischen dem dritten und vierten Seitenband
jederWand ist ein Kloben mit Ring eingeschraubt,
der ebenfalls auf einer Rosette der bezeichneten
Art ruht. Die vierkantige hölzerne Achse sitzt
in einem Ausschnitt jederWand und wird durch
eiserne Achspfannen und die Pfannenbolzen darin
festgehalten; demselben Zwecke dient ein weit
ausladendes, kühn geschwungenes sogenanntes
Bockshorn auf den Aufsenseiten der Lafetten-
wände. Die Achsschenkel sind zylindrisch und
an ihren Enden mit einer eisernen Kappe ver-
sehen. An Achszubehör sind zwei eiserne Röhr-
scheiben und zwei eiserne Lünsen mit flacher
Kopfplatte vorhanden.
Die Speichenräder bestehen aus 6 Felgen
und 12 Speichen, einer Haufennabe mit 4 Naben-
ringen und sind mit Schienenbelag versehen, über
die Fugen zwischen den Schienen greifen 3 ganze
und 3 halbe Ziehbänder.
Alle Beschläge bestehen aus lichtem Eisen,
das auf gepunktetem Grunde mit wundervollen ge-
ätzten Blumenornamenten bezogen ist.
Auf der Oberkante der linken Wand, 50 cm
vor dem ersten Bruch, befindet sich ein kleines
geätztes Schild mit den Buchstaben HRM und
der Jahreszahl 1643, auf dem Stirnriegel ein Mes-
singschild mit der Bezeichnung M 1.
Die Lafettenwände sind 3,15 m lang, 4,5 cm
stark, an der Stirn 28, am zweiten Bruch 13 cm
hoch, die Lagerhöhe beträgt 95,3 cm.
Die Achse ist 1,32 m lang, in der Mittel-
achse 9X14 cm stark, das Rad ist 1,31 m hoch.
Wo das Geschütz angefertigt und wer der
Meister gewesen, auf den nur die genannten Buch-
staben hindeuten, ist nicht bekannt, auch nicht,
für wen dieses Prachtwerk gefertigt worden ist;
ebensowenig, wie und wann die Geschütze nach
 
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