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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die graphische Ausstellung in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0133

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Die Graphische Ausstellung i» lDien. Don Aar! von Dineenti,

l°l

Zeit ist Geld. Don Linilio ^ala.

Die Graphische Ausstellung lu Wien.

von Karl von vincentl.

ie für die jüngsten Monate im Wiener Künstlerhause
veranstaltete internationale graphische Ausstellung
ist ein Ereignis. Die Modernen und Modernsten von
der edlen Schwarzkunst haben ihre besten Nadeln und
Sticheln ins Vordertreffen geschickt und überraschen durch
Originalarbeiten, welche dieser Kunst neue Ausblicke er-
öffnen. Veranstalterin der Ausstellung ist die im Früh-
jahr 1896 zum Viertel-Jahrhundert jubilierende „Gesell-
schaft für vervielfältigende Kunst" in Wien, welche nicht
allein bei den Schwarzkünstlern wohlverdienten Ruf ge-
nießt. Ihre 1883 er und 1886 er Ausstellungen stehen
bei allen Künstlern und Kunstfreunden noch im besten
Andenken. Die Gesellschaft hat in schwierigen Zeiten,
wo die graphischen Künste in Wien unter stetiger Teil-
nahmslosigkeit litten, das Schwarz-Panier erhoben und
mit Ehren hochgehalten. Sie hat mit ihrer schönen
Zeitschrift den ganzen Aufschwung, welchen diese Künste
seither genommen, mitgemacht und kräftig gefördert.
Kein Wunder, daß die namhaftesten Künstler aller
Länder nunmehr dem Rufe der Gesellschaft gerne Folge
leisteten und sie solcherweise in stand setzten, eine Aus-
stellung zu bieten, welche sich in streng gewählten Blättern
als ein nahezu erschöpfendes Bild des gegenwärtigen
freien Schwarzkunflschaffens darstellt. Das Epoche-
machende, erfreuend Überraschende ist dabei — sagen
wir es sogleich — daß die graphische Kunst der Mo-
dernen eine stellenweise entzückende Originalkunst ge-
worden ist, welche sich von der früheren Hörigkeit des
Reproduktionskünstlers befreit und auf ein Gebiet des
Eigenschaffens begeben hat, welchem reiche Erfolge
blühen. Es werden von den Modernen vielfach neue
Bahnen eingeschlagen und Kunstblätter zustandegebracht,

welche von einer erstaunlichen Beherrschung der graphischen
Kunstmittel beredtes Zeugnis ablegen.

Die diesmalige Ausstellung neuester Werke, die mit
1062 Nummern sämtliche Räume des Hauptstockes füllt,
zerfällt in zwei Hauptabteilungen, welchen sich als dritte
Gruppe die eigentliche Exposition der Jubilarin an-
schließt. Die erste Hauptgruppe umfaßt Originalarbeiten
der Radierung, des Grabstichels, des Holzschnittes und
des Steindruckes, welcher sich für die Vervielfältigung
bestimmte Werke, sowie Entwürfe für graphische Arbeiten
anschließen. Die dritte Gruppe giebt ein Bild der
technischen Entwickelung des Holzschnittes seit 1886.
Ein Blick in den Stistersaal zeigt, daß die Amerikaner,
was Feinheit des Tonschnittes anbelaugt, uns überflügelt
haben. In der Jubelabteilung endlich finden wir die
Meisterblätter, welche den Ruf der Gesellschaft auf dem
internationalen Kunstmarkte begründet und befestigt
haben, sowie eine Reihe von Prachtwerken, worunter
die große Ausgabe der Budapester Landesgalerie (ehedem
Esterhazy-Galerie) eine erste Stelle einnimmt. Den
Meistern von der Radiernadel, den Ätzkünstlern, ist der
Mittelsaal angewiesen und damit auch äußerlich betont
tvorden, daß unter allen Schwarzkünstlern gegenwärtig
die Radierkunst im Mittelpunkte der Interessen steht.
Am reichsten — mit 323 Nummern — hat sich Deutsch-
land um das Ausstellungsbild verdient gemacht. Kling er,
Staufser-Bern, dessen tragischer Heimgang noch in
frischer Erinnerung ist, Thoma stehen voran; Klingers
Werk ist in solcher Vollständigkeit noch niemals in Wien
zur Ausstellung gelangt. Koepping, der bisher seine
kräftig virtuose Nadel in den Dienst Rembrandls und
Bretons gestellt halte, ist unter die Originalradierer
 
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