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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Feld, Otto: Die Ausstellungen in den Champs-Elysées und auf dem Champ-de-Mars
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0353

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Die Ausstellungen in den Ehamps-Llz-sees nndAinf dem Lbamp-dc-lNars. von tvtto Feld.

277


Die Predigt des Eremiten, von Hubert Salentiu.

Die Aufstellungen in den Lhampf-Eluseef und aus dem Lhmnp-de-Murf.

von Otto Aetd> Paris. Nachdruck verboten.

an kann auch in diesem Jahre wieder in dem Salon
der Champs-Elysees sich davon überzeugen, daß
in den französischen Ateliers das Handwerk immer noch
fleißig gelernt und geübt wird. Von erworbener Hand-
geschicklichkeit legen die Werke, die wir hier finden, reich-
liches Zeugnis ab. Freilich auch oft von leerem Virtuosen-
tum, dem das Spiel mit technischen Schwierigkeiten
wichtiger ist, als der Ausdruck künstlerischen Empfindens.
In geschickter Wiedergabe des Äußeren suchen die Künstler
hier noch immer ihr Ziel. Wie ein feiner empfindender
Blick die Stimmung erfaßt, die über ein Stückchen
Natur sich breitet, was einem geschärften Auge von
dem Seelenleben eines Menschen sich offenbart, davon
wissen die meisten der Bilder hier nichts zu erzählen.
Erzeugnisse eines gemächlichen Fleißes, sagen sie uns
nichts von dem Ergriffensein eines malerisch empfindenden
Menschen. — Einige, und zwar nicht die handwerklich
Ungeschicktesten, haben nun wohl geglaubt, mit den Ge-
danken, die draußen in der Welt leben, ihre Kunst
befruchten zu sollen. Wie sie das versucht, wie sie den
Geist der Zeit zu verstehen geglaubt und den Geist
ihrer Kunst mißverstanden haben, ist lehrreich zu
beobachten. Ein Gedanke, ein ach, so winziger Gedanke
wird mit malerischen Lappen aufgeputzt und nun soll
das „neue" Kunstwerk entstanden sein.

Die Zeiten sind ja wohl vorbei, da eine mit der
Gewinnung einer neuen Formensprache vollauf beschäftigte
Kunst alles abweisen zu müssen glaubte, was ihren zu-

nächst auf einfache Wiedergabe des Wirklichen gerichteten
Bestrebungen zuwider lief. Nun in schwerer Ärbeit
neue verfeinerte Ausdrucksmittel gefunden,ist der Äußerung
der Persönlichkeiten wieder freierer Raum gegeben und
wir werden sehen, wie die Vordersten in dieser Richtung
an der Arbeit sind. Aber ein Bild muß den malerischen
Ausdruck einer malerisch empfindenden Persönlichkeit
enthalten. Nicht was der Philosoph erklügelt, was der
Dichter erträumt hat, wollen wir dort finden. Wie ein
malerisch empfindender Mensch die Welt gesehen, was
er im Lande der Träume erschaut hat, das ist's, was
uns hier interessiert. Gelehrsamkeit suchen wir in
Büchern und eine schöne Sentenz geben uns zwei Zeilen
eines unserer großen Dichter doch wohl vollkommener,
als es ein Bild vermag.

Einer vor jenen, von denen ich spreche, ist Roche-
grosse, ein tüchtiges Talent, ja sogar ein malerisches
Talent, wie sein „Ritter unter Blumen" im Luxembourg
beweist. Die riesige Leinwand, die er in diesem Jahre
ausstellt, nennt er ».^ngoisse buiname«. Über die Häuser
der Stadt, aus denen Helle Lichter blinken, hebt sich
von einem Kirchhof aus ein mächtiger Fels gegen den
nachtdunkelen Himmel, an dem zwei Helle Gestalten
schweben. (Die Illusion und der Traum?) In wildem
Aufwärtsstreben drängen sich Männer und Frauen aller
Altersklassen, jeden Standes den Hügel hinan. Mit
ausgestreckten Ärmen scheinen sie alle die beiden Ge-
stalten am Himmel erfassen zu wollen. Vorn stürzen
 
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