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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Internationale Ausstellung 1896 der Secession in München, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0368

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Einsames Land, von Ludwig von Zumbusch.

Vie Internationale Ausistellung 1896 der Secession in München.

von Paul Zchulhe-Naumburg.

7?v»as Bedeutendste, was die Secession principiell geschaffen, ist ohne Frage die Form der kleinen Elite-
Ausstellung, wie sie durch diese Vereinigung zuerst eiugeführt wurde, und welche wohl auch die einzig
ersprießliche für die Ausstellungen der Zukunft, für absehbare Zeit wenigstens, bleiben wird. Man ist

jetzt diese sorgfältig gewählte Vorführung des Besten, was (zumeist) in dem vergangenen Jahre geschaffen
wurde, schon so gewöhnt, daß man ganz vergißt, welche gewaltigen Anstrengungen und Kämpfe s gekostet,
sie durchzuführen und zur Norm zu machen; die großen Jahrmärkte der Marktware jedoch, wie sie d e Berliner
Ausstellung dies Jahr wieder repräsentieren soll, fangen an, auf allgemeinen Widerspruch und Hohn
zu stoßen.

Nicht den kleinsten Erfolg hat die Secession im — Glaspalast zu suchen. Ich habe die dort noch
unfertige Ausstellung erst flüchtig vor der Eröffnung gesehen; sollte aber auch dort, wie es scheint, der
Umfang bedeutend zu Gunsten der Güte reduciert sein, so ist das indirekt der Secession zu danken, die den
Gegnern nur die Alternative ließ: ebenfalls von Grund auf zu reorganisieren, oder vollkommen zu versanden.
Und wenn wirklich dort die Partei, die das Erstere will, überwiegt, so wird sie doch nichts anderes thun
können, als die Wege zu beschreiten, die die Secession schon vor fünf Jahren vorschlug und betrat. Einen
besseren Modus für die Kunst, mit der Öffentlichkeit in Verkehr zu treten, wird sich Wohl vor der Hand
nicht finden lassen. Nicht allein, daß — soweit menschliches Thun überhaupt vollkommen ist — auf diese
Weise der Weg eingeschlagen wurde, Ruhm und Anerkennung, zum letzten nicht der verdiente äußere Lohn,
den schaffenden und treibenden Kräften zuzuführen und die Marktware zu zwingen, sich an Winkelagenten zu
wenden; auch dem riesigen Andrang zum Künstlerberuf wird durch diese Erschwerung des „zum Worte
kommen" der wirksamste Riegel vorgeschoben, und die Statistik ergibt schon heute ein ziemlich bedeutendes
Nachlassen der Kunststudierenden.

Daß auch dies Jahr wieder die Ausstellung eine Vereinigung des besten, was in den secessionistischen
Kreisen geschaffen wurde, repräsentiert, darf man Wohl mit gutem Gewissen behaupten. Es ist ein Genuß
und keine Arbeit, durch die 11 Säle, die bis jetzt eröffnet wurden, zu gehen. Dabei tritt aber eins hervor:
eine ganz auffallende Überlegenheit der deutschen, speziell Münchener Kunst. Man darf nicht glauben, daß
das auf einer Münchener Ausstellung selbstverständlich wäre; noch vor nicht langer Zeit hätte sich gerade das
Gegenteil behaupten lassen. Aber auch von einem Nachlassen des Auslandes kann nicht die Rede sein, sondern
von einem bedeutenden Aufschwung bei uns, der sich ausspricht in einem hohen Können, das ein freies
Aussprechen ermöglicht, und einer bedeutenden Vielseitigkeit der Individualitäten, die aber trotzdem überall

Die Aunst für Alle XI, 19- I- Juli 1896.

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