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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
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Heidelberger Ieitung «rlch-in, an jedem Wocheutag mlttaas 12 Uhr Amtllche, V-rkündi.
anAg»°'D^tzu"dUb^^^ S«i»-Ib-rg-r Fam,It«nblä„-r- a»k,-rd-m an„llch-r Wohnung,.

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l-ano-. dt, Trag-nnn-n unü b-, d.r «-schäf.sst.ll- ,-lbst - Haup.strab- 2Z - mona.lich und
vikNeljahrlich b-st-llt werd-n.

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Dru» und D-rlag H-id-lberger A-rlagsanstalr und Dru-k-rU, G. m. b. H.

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di« Trägermnen frei Haus monatltch l.45 M. — Die sLchsgespaltene Petilzeile od«r der«n Raum
kostet 35 Psg.: tm Neklametell dl« uierz ispaltsn« Petilzelle 1.20, mlt Plahvorschrlst l.40 M.
Vei Wiedtrholungen Nachlah nach Tarlf. Lrfüllungsort ist Heidelberg. Llnzelverkaus Ui Psg.

Druck und Derlag: Heldelberger Derlagsanstalt und Druckerei (0. m. b. H.

Poslscheckkonio Karlsruhe Nr. 1S30S. Fernsprecher: Redaktton 182, BeschSstsstette 82

.. MnabhSngige Tageszeitung)

noigungsblall für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Dayern. Hessen und Würltemberg.

Nr. 126

Ein Plairat-Putsch!

Frankfurt a. M., 2. Zuni. Zn Wiesba-
)cn und Mainz wurden gestern Plakate
angeschlagen, auf denen die Gründung
einer rheinifchen Republik bekanntge-
geben wurde. Diese rheinifche Republik foll
uach dem Aufruf eine Friedensrepu-
Llik sein und das Nheinland, Nheinhessen,
j)'.c Nheinpfalz und das Fürstentum Birkenfeld
'.imfassen. Die vorläufige Negierung.
bie angeblich fchon bssteht, hat ihren Sitz in
Wiesbaden. Endgültig soll Koblenz
Hauptftadt wcrden. Die Erlaubnis zu
den Wahlen zu der verfassunggcbenden Ver-
sammlung soll sofort eingeholt wcrden. Dic
bishcrigen Staats- und Gemeindebehörden
solltcn bis auf wciteres im Amte bleiben. Der
Aufruf ist unterfchrieben von drei Arbeitsaus-
fchüsfcn, nämlich dem rheinischen Arbeitsaus-
schng, dem naffauischen Arbeitsausschutz und
dcm pfalzischen Arbeitsausschuh. Es werden
jedoch keine rheinhessischen Namen genannt, fo-
dag das Plakat und der Aufruf oöllig anonym
smd. Zn Koblenz und Köln wurde der Auf-
ruf nicht verbreitet. Nur eine einzige Zeitnng
des besetzten Gebietes hat davon Kenntnis ge-
nommen und sich auch in zustimmendem Sinne
geäusrert: der „M a i n z e r Neueste An-
zeiger", ein Blatt, das schon seit einigen
Wochen als von feindlicher Seite gekauft
gilt. Selbst wenn es sich bei diefen Vorgängen
nur um groben Unfug handeln follte, würde
Hochverrat vorliegen. Die rheinische Bevölke-
rung bekennt fich fest entschlossen zum Deutschen
Rcichc. Alle verbrecherischen Versuche der Los-
lösung find auf einzelnc, besonders geschäfts-
tüchtige, ehrgeizige odcr bestochene Personen
zurückzuführcn.

Höchst, 2. Juni. Gestern früh erschien bi-er aus
Wiesba>en komineud ein Avtom-obrl, d-ssen Jn-
soss-'n in ang<Hl!chem anitlich"m Auftrage des sran-
Sösischm Kommandanten von WieeLaden eino grotzo
Anzahl ven Plakaten brachte, auf donen die gostern
erfolgto Ausrufung der altnassauischen Repwblik in
W-eelbaden, der rheinischen Nepubljk in Koblenz
und der pfälzischen Republik in Splyer -vorLündet
wurde. Di-e Plakate sollten öffentilch ang.-klobt
werden. Da d'e hiesigen dentschen Bcchörden dle
Rachricht chezmelfelten und die Plakate weder Un-
t-rschrift noch Druckort trugen, wie di-es vmige-
Ichri-oben ist, lehnten sie die >Anüringung
d°r Plakate ab.

Aerlin, 2. Zuni. Dem „Berl. Tageblatt"
wird berichtet, dah in Wicsbaden die Plakate
bald nachdem sie angeklebt waren, von der Be-
völkerung abgerissen worden waren,
sodas; nur wenige Personen die Plakate zu Gc-
srcht bekamen. — Der „Dentschen Allgem. Ztg."
wird aus Mainz berichtet, das; als Gegenmah-
nahmen zur Ausrufung der Repüblik hente der
ldeneralstreik verkündet werden soll.

„Vöttig undiskutabel!"

1. Jum. We't über 100 rhelnische,
rl.ciirhessische und vfälzischc Mitglieder der
eutschon Nationalversammlung und der

v^euhischen La nd e s o e r s am m l u n g <rus

allon Parteicn waren am 31. Mai -eincr E)nladung
oes Mnistervr>äsidenten Scheidemann su etner
Aussprache über d'e SelbständigkeitSbestr^bungrn
ist den Rheinlawden gefolat. Jn vierstündiger Aus-
'svr-ache. j„ her das gan.ze Material noch einmal
arisgerollt wurde, trat völlige Ueberc'iMimmung
rwischen der Reg'.erung und den Wgeo.dik^ten tn-
sofern zwtage, als der Geidanke einex Loslösung
vvin R che als völlig undiskutabel von
allen Soii-en verworfen wurde.

Mihgliickter Putsch in Speyer

(-) Mnnnbc'.m. 2. Juni. sPrivattel.) Gestern
vorinittag mnchien die Landaucr Vutfchisten wie-
ve.r dcn Vcrbich. die Revublik auszurusen.
«'e wnrdcn abrr schwer verprügelt. Der
vaLptanführer H a a n, der einen Revolvcr gezo-
sen hatte, nuch'e ins Kranlenhaus gebracht wer-
^a-.so schwer sjnd seine Verlcyunge». Vor dem
AegierungLgebäude hatte sich e'ne viel tausend-
»opfige Akenge angesammelt.

Montag, den 2. Iuni 1919

61. Iahrgang

Die versailler Zrie-enskonfbrenz

Wilson und Clemenceau

Drahtung unseres nach Versailles entsandten
Sonderberichterftatters

Versailles, 31. Mai.

Neben den üblichen grofien Worten, das; man
auf der Fassung vom 7. Mai bestehen bleiben
würde, zeigte die Morgcnpresse eine fichtliche
Nervosität übcr die amerikanischen Stimmen.
Eine scharfe Stellrmgnahme zu ihnen war noch
ocrmieden. Der „Zntransigeant" deckt den
Grund auf: Die offiziellen französischen Stel-
len hatten gefchwiegen. Gleichzeitig gibt das
Blatt zu, dtttz zwischen Wilfon und Clcmenceau
ein Meinungsaustausch stattfinde und
datz Wilson auf dem Standpunkt ftehe, fich
den dcutfchen Vorschlägen anzunä-
hern. Es handelt fich um die Aufnahme in
den Dölkerbund, die finanziellen Klauseln,
Oberschlekien und die Auslieferung des Kai-
sers, wie das amerikanische Telegramm mitge-
teilt hatte.

Die französische Prcsse nimmt nun den
Kampf mit aller Heftigkeit anf. Der TLwps
nimmt seine Zuflucht zu zwei Methoden. Zn
einem langen politifchcn Artikel leugnet er die
Berechtigmrg der deutschen Anschauung und
nennt den deutfchen Gegenvorschlag, so weit er
den Osten betrifft, unübertresflich an Kühn-
heit, und in einer kleinen, offiziösen Notiz er-
klärt er schlankweg die ganzen amerikanischen
Berichte als tendenziöfe Stimmungsmache un-
vcrantwortlicher Personen, die mit der ameri-
kanischen Regierung nichts zu tun hätten.

An allen diesen „Unstimmigkeiten" kann
man erkenncn, dah der Kamps der Meinunaen
in scin entscheidendesStadium getre-
ten ist. Zede Voraussage ist müsjig; denn er
vollzieht sich hinter den dichten Vorhängen der
Geheimdiplomatie. Nolf Brandt

Die Ausnahme des deulschen
Gegenvorschlages

Drahtung unseres nach Verfailles entfandten
Sonderberichterstatters

Vcrsailles. 30. Mai.

Jn das S-äbelrasseln iast aller Paviser Zeitun
gen, in die rollenden Phrasen von Marcel Hu>
t i n im Echo Id>e Paris, dcch sich 'Frankreich nicht
uin ben Preis seines Sieges betrügen lassen werde,
kommen heute doch schon besonnenere Tön>-
zum Durchklang. Jm „Homme Libre" wird e-ns
s'achliche Znhaltsanaabe des deutschen Gegenvor-
schlages gebracht. u-nb etn paar Neibensähe zeigen,
dah ü>as Verstünd-nis für die deutsche Ausfas-
sung ein wenig zugenommen Hat. Namentlich
sch.int das gvMzügige Finanzvroiokt in Frankreich
Emdruck vomacht ru haben. Jn einer Anzabl füh
render Zeitungen steht ein Radiotei-egramm. das
die osslziöse amerikanrsche Meinung wiederspiegelt.
Die mit der lrekannten Sicherheit vorigotrageneAuif-
fas,ung. dab es sich bei der Mvision des Dertrages
nur mn dio A 'nderung der finanriellen Klauseln
hand.-ln könue. kommt dadurch tns Manken. ,T>ie
Aenderungen werden besonders dio Entschädi -
gun«en nnd dis t'krr i t o r ia l e n Frasen
betrgffen", versichert dic amerikanische Meldung.
Man wird nicht m>ehr dic Unterschrist Deutschlands
untar oinen Btancoscheck verlange-n, sondern, -wte
wis es.votschlagen, iibcr eine endgülttge Summs
verhandeln. Was die territorialen Frggen be-
trisst, so wird man auch nach dieiem Vevsuchsbal-
lon die oderschlgsisch- Fvage einer Rev sion unter-
ziehcn. Es sollte aber b.i den All iert.-n von vorn
hercin kein Zioeifel darüber bcsteh>m. d'ab tm Osten
die Fragen W'stvreuben. Danzig. dar ostvreutzisch'r
Gediete und -Momel für uns öbgnso wichti-g -sind
und untrennbare Teile dcs deuMen Gvgenvor-
sch'lages -bilden wie alles übrige.

D«r -sofortigen Aufnahme DeutMands
i,n den Bölkerbun'd scheint man stch nicht
mehr widevsetzen zu wollen. wohl aber noch
dem Gedank-n. Dsutschland em Mandat siir

seine Koloni >en zu goben. Es muß von vorn-
here'm Leton't werden, dah wir uns zu den uner-
hörien sinanziellen Opsern, die unser Eegenvor-
schlag vorfieht, nur haben entschliesien könneiv un-
ter der Voraussetzung, dab uü/ere wirtschwftliche
Entwicklung nicht abgeschnitten wird. Es rst un-
möglich. uns die Kolonien nehmen zi» wollon und
übex di-s anderen Teile de-s Vertrages. die untsr
der Voraussetzung ihrer Beibehaltnng sntwickelt
wordöni sind, su verhandeln.

Dre Au-slieferung des Kaisers und
die gcmse Frage der Ansliechrung deutscher vevant-
mortlicher Männer scheint man — wie das üb-
risLns vovauszusehen war — sall-enlassen su
wallon. Es wird anf amerrkanisiche und iaoa-
nische Stinrmen dagegen verwiestn und auch er-
wähnt, datz Belsien wenig Wert aus sörne Rolle
als Antläger lege.

Die> ganzen Auslaffungen mach-n, wie oben ge-
sagt, den Eindruck ednes Versuchsballons,
Am charakteristrschsten für die Beurteilung der
Lage ist alber viellcicht die Tatsache. dab de sran-
zösische Regterung nach deu sehr hestigen Angrrsfen,
die ihr die Nichtveröfsenilichung des Entente-Ent-
wurss eingetragen hat. es nicht mehr wagt, ihre
Erklärung wahr zu machcn, dab der deussche Ge-
genvorschlaa erst mit der Veröfsentllchung der Änt..
wort der Alliiertcn in der Presse erscheinen vürite.
Die Auszüge auch über den völke'rrechtlichen Teil
unssrer AuSführungen sind so breit, dasi der dentsche
Gedankensang in der sranzösischen Presse nicht
mehr verdeimlicht wird. Me w-it inan sich »win-
genden deutschen Gründen überhauvt verschlietze"
kann ist kaum mehr in die Hand Clemenceaus
geleg't. Rolf Brandt

Antwort dcr Entente

VerfaiNes. 31. Mai. (Havas.) Die
Antwort auf dic verfchiedenen deutschen
Noten wurde dem Grafen Brockdorff-Nantzau
heute mittag überreicht.

Die Znsormation erfähit, datz aesürn in diplo
matiüchsn Ententekre'isen sroße Aufregung
herrischte. Clemenceau babe die Absicht gehabt,
noch sostern dor deutschen ALordmmg e'm kurs-
fristiges Ultimatum zu stelleu. Die Zn-
fcrmatrvn behauptet, dasi Llemenceau mit seinem
Antrag ntcht d u rch ged r u n ge n sei. da» also
s-e'me Geuossen im Viererrat nicht bereit gvwesen
sind, ihm in se'mer Gewaltvolitik zu folgen.

Privatmeldungen vcrischtedener Berliner Blätter
svvechm von einer Entspannuwz in Var>s. Der
Versailler Borichterstatter der Vossischen Zeitung
sagt: Es scheine die Neigung vorhandcn. Deutsch-
land in vorsichtiger.Form guten Wil-
len su reigen. Der dcutsche M,ante-lontwurf würde
ietzt von den meisten Blättern wiedorgegekbon- imd
dis AutorOchast Brockdorffs werde nicht ohue Sym-
vathie hervorscruseii. Jm Berliner Tageblart
hoitzt es u. A.: Zur Zeit svielte sich eiue gr u nd
sätzltche Auseinandersetzung üb-b den
Vorslriedeir swischen den Alliierten eb.

Unsere Gegenfordcrungen

Zu dor Reutcrmelduug, n'ach der auf Las ^'3ie-
devgutmachungskonto elne Gege n fo r d e r u >i g
der Leutschen Regierung von 12,5 Ntilliarde,, Nmrk
anaemoldet wordon sei, wird noch gemeldet: Die
Höhe der AnrechnUug von Nat ur n l l e i si u n
gen, Lie seit döm Waffenstillist«rnd geleistet wur-
den, aus die erste Zahlu>n.g von 20 Milliarden ist
noch nicht sestgestellt. An eine Eni-bezie-
hung der Schäden, die Deutschkand durch dio Hun-
gerblockade entstandc-n sind, ist -gedacht wordcn,
eino zahlenmäbige Festlogimg hat -aber auch
hiev uoch nicht st a t t a ef und en.

Versailles. 1. Zuni Gestern wnrde dSu tlei-
nen Mächten. die Oesterreich - Uiiaarn deU
Krieg erklä'rt chatten. der Vertra'gs - Ent-
wurf für Oesterreich vorgelegt.

Versailleo, 1. Juni. Der Matin meldet. das;
die Einwohner von Fiume der Friedens-
konferanz -eine Entschliesiuiig überbringcn liesian,
tn der sie fordern. d-as; sre bei der EntschEimg
über das Schicksal Mumes befraat werdan.

Bedenkliche Zeichen

Clemcnceau behandelt die Friedensdelegier-
ten aus Wien augenblicklich mit der Peitsche
des Wartenlassens, nachdem er ihnen eben noch
einige Zuckerbrote verabreicht hatte. Jn Pa-
ris ist der Wind plötzlich umgeschlagen. Die
Entente hat gefunden, daß sie auf anderen,
krummen Wegen leichter zu ihrem Ziele ge-
langt, sämtliche Teile des verflossenen Habs«
burger Neiches in den Rahmen ihres poli-
tischen und rvirtschaftlichen Programms einzu-
fügen. Mit den Sozialisten Deutsch-
Oesterreichs, so sagt sie sich, istkein lohnen-
des Eeschäft zu machen, darum wollen ste
sich an diejenigen Kreise, die aus wirtschaft-
lichen Sonderinteressen mit Kaiser Karl und
den Klerikern gehen, halten, die ihren Einfluß
durch die sozialistischen Emporkömmlinge be-
droht sehen. Augenblicklich sind Verhandlun-
gen im Eange, die nicht mehr und nicht we-
niger im Auge haben, als einen großen wirt-
schaftlichen Reifen um sämtliche Teile des al-
ten Donaureiches einschließlich des künftigen
Polens in der Form eines Zollvereins zu schla-
gen, der von der Ostsce (Danzig) bis hinab zur
Adria, ja, wenn es nach den Wünschen der Her-
ren Polen ginge, sogar auch bis zum Schwar-
zen Meere reichen würde. Frankreich über-
nimmt bei diesem Plane, der Clemenceaus
Phantasie auch insofern große Ehre macht, als
"er, der ausgesprochene Kirchenfeind, die kleri-
kakö Hilfe nicht verschmäht, sozusagen Paten-
stelle. Es fragt stch nur, was Italien, des-
se.n Mißtrauen gegen das französische Nänke-
spiel von Tag zu Tag größer wird, was Ru-
mänien, was die Ukraine, und was Rußland,
und zwar nicht so sehr das bolschewistische, als
vielmehr das durch Sassonow und seine Kadet-
ten vertretene, konstitutionell gesinnte Ruß-
land zu seinem Plane sagen werden. Clemen-
ceau übernimmt sich, und es kann ihm leicht
passieren, daß England zum Sammelbecken der
Herrschaften wird. die lebhafte Unzufrieden-
heit mit dem Riesenapparat der Franzosen
äußern. Wenn nicht alles täuscht, so finden
auch die französischen Lostrennungs-Treibe-
reien in den Rheinlanden bei der Regierung
in London keinen ungeteilten Veifall. Denn
Zohn Bull achtet zwar den Ztaliano nicht all-
zu hoch, aber gleich diesem vermag er sich von
einer Hegemonie Frankreichs aus dem euro-
päischen Kontinent für die Zukunft des bri-
tischen Reiches und die Sicherheit der Perle in
dem letzteren, und das bleibt Zndien, nichts
Eutes zu versprechen. Folglich dürfen wir an-
nehmen, daß England dafür sorgen wird, daß
die französischen Bäume nicht in den Himme!
wachsen werden.

Allmählich werden die Sozialistenführer
nicht nur in Berlin, sondern auch in Wien er-
kannt haben, dnß gerade sie und ihre weit.
gehenden s o z i a l i st i s ch e n Forde-
rungen das größte Hindernis für
einen billigen Friedensschluß dar-
stellen. Wilson. Lloyd Eeorge und Clemen-
ceau bilden die Erundpfeiler des Kapitalis-
mus und Jmperialismus. Nach den letzten No-
ten Clemenceaus ist jeder Zweifel ausgeschlos-
seu, daß diese Herrschaften den Forderungen
Dcutschlands im Jnteresse der inter n a t i o-
nalen Arbeiterschaft lebhafteste
Feindseligkeit entgegenbringen. weil
mit einer Verwirklichung dieser Forderungen
ihre kavitalistischen Kreise gestört werden. War
es vordem der prcußische Militarismus, der
ihnen bekämpfenswert erschien, so ist es jetz-
der deutsche Sozialismus, den sie offenbar noch
für gefährlicher ansehen als den Militaris
mus Preußens, der durch den Sozialtsmu^,
nicht aber durch dic Waffengewalt der Entente

nlcdergerungen ist. . r, »r -

Zn den Kreisen der deu t s ch e n A r b e r -
terschaft merkt man endlich auch. daß durch
deu uns drohenden Gewaltsrleden nicht bloß
die Errungenschaften der Revolutwn. jondern
überhaupt alle sozialen Einrich-
 
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