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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Weihnachstbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0083

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lveihnachtsbücherschau. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

die gleichfalls sehr reich illustriert sind. Aber hier sind die Erin-
nerungen des in den Feldzug als zwanzigjähriger Leutnant ein-
tretenden Verfassers von solch fesselnder Frische und Unmittel-
barkeit und haben so sehr den Reiz des Selbsterlebten, daß die
ein Vierteljahrhundert später dazu komponierten Illustrationen
Zimmers doch diese Eigenschaften nicht in gleichem Maße teilen
können, wenn sie auch keineswegs ohne Verdienst sind, vielmehr
entschieden talentvoll genannt werden müssen. Demnach zählt das
reizend lebendig und dramatisch geschriebene Buch zu den schönsten
und jugendlich liebenswürdigsten litterarischen Früchten dieser
großen Zeit, wie denn Tanera seither sich ja unter unsere belieb-
testen Militärschriftsteller eingereiht hat, obwohl diese Jugendarbeit
kaum je von ihm überboten worden ist.

Diese köstliche Frische der Jugend besitzt nun auch in un-
gewöhnlichem Grade der „Krieg im Frieden", Manöverbilder
von Karl Müller (Verlagsanstalt Bruckmann, München. In
Mappe 20 M), wo wiederum der durch nichts zu ersetzende
Reiz des Selbsterlebten den Hauptvorzug bildet. Denn der
zweifellos sehr begabte, aber noch ganz mit der Einseitigkeit der
Jugend schildernde Künstler giebt uns hier offenbar nur die ver-
schiedenen Auftritte, die er selber in seinem Dienstjahr als Rekrut
gehabt. Das thut er aber mit einer komischen Kraft, einem
frischen Humor, daß man diese kleinen Abenteuer mit Köchinnen
und Bauernmädchen, im Biwak und beim Regenwetter mit dem
größten Veergnügen betrachtet. Denn hier sieht man so recht,
wie die Armee bei uns eben doch die Schule der jungen
Männer, ja des Volkes selber ist, wo die Burschen ihre Er-
ziehung vollenden. k. k.

Ein Jahr nach seinem Erscheinen liegt bereits in zweiter
Auflage vor: „Der Ring des Frangipani. Ein Erlebnis
von Henry Thode". Mit Zierleisten und Schlußvignetten
von Hans Thoma und 12 Abbildungen in Lichtdruck. (Frank-
furt a. M-, Heinrich Keller, 12 M.) Daß sobald eine Neuauflage
des eigenartigen Buches notwendig geworden ist, ist als ein er-
freuliches Zeichen für den Büchermarkt zu betrachten. Wir er-
fahren aus dem „Erlebnis" die Geschichte eines Ringes, den einst
Christoph Graf Frangipani als Geschenk seiner Gattin Apollonia
trug und der dem jetzigen Besitzer, Henry Thode selbst, auf der
Marciana-Bibliothek in Venedig eines Tages zum Kauf ange-
boten wurde. Aber nicht die historischen Begebenheiten allein
sind es, die das Interesse des Lesers fesseln, der Reiz des Buches
liegt in dem freien Spiel der Phantasie, mit dem der, dem wir
cs danken, die historischen Gestalten umkleidet hat. Die Geschichte
des Ringes, sie rollt sich vor uns auf wie ein Drama, das in
den Geschicken zweier einzelner Menschen die Allgemein-Historie
uns widerspiegelt. Wir nehmen Teil an dem Leiden der Frau,
die ihrem fern weilenden Gemahl als Zeichen ihrer Liebe den
Ring gesandt hat, der die vier inhaltsschweren Worte trägt „myt
wyllen dyn eygen". Auf ihnen baut sich die geistreiche Kom-
bination Thodes auf, die uns schrittweise das Geheimnis lichtet,
das sich anfangs um den sonderbaren Fund zn hüllen scheint.
Mit Spannung folgen wir den Ereignissen, die den, der sie uns
schildert, so mächtig bewegt haben, daß sein Geist über sie nicht
zur Ruhe kommt und nicht eher rastet, bis auch das kleinste
Dunkel gelichtet ist und all die Personen lebendig vor unseren
Augen erscheinen, die den Lebensroman, der uns berichtet wird,
in Wirklichkeit gestaltet haben. Die poetische Stimmung, die über
dem Buche liegt, Hans Thoma hat sie weiter ausgesponnen in
seinen Kopfleisten und Zierleisten, die in der Seele des Beschauers
die Töne weiter klingen lassen, welche durch die Lektüre des Buches
in ihm angeschlagen worden sind.

Im gleichen Verlage ist erschienen Hermann Riegel,
„Die bildenden Künste", (8 M.), welches Buch sich als die
vierte Auflage von des Verfassers „Grundriß der bildenden
Künste" darstellt. Rein äußere verlagsrechtliche Umstände haben
es vermocht, daß das ausgezeichnete, vor ungefähr 30 Jahren
erschienene Werk jahrelang vom Büchermarkt verschwunden ist.
Eine gründliche Umarbeitung des Textes läßt es heute als ein
vollkommen neues Werk erscheinen, das in knapper, klarer Sprache
eine allgemeine Kunstlehre in ästhetischer, künstlerischer, kunst-
geschichtlicher nud technischer Hinsicht darbietet. Da wir ein ähn-
liches Werk von gleicher Gründlichkeit in unserer deutschen kunst-
wissenschaftlichen Litteratur nicht besitzen, wird die Neuauflage
desselben gewiß allseitig begrüßt werden. Wir werden unseren
Lesern in nächster Zeit durch den Abdruck eines Kapitels eine
Probe aus dem Buche bieten können. — Der jahrelang bekannte,
in seiner ursprünglichen Bearbeitung an Lübkes Grundriß sich
anlehnende Leitfaden für den Unterricht in der Kunst-
geschichte (Stuttgart, Paul Neff, gebd. 3.50 M ) liegt in achter

Auflage vor, deren Bearbeitung, gleich der siebenten von vr. Ernst
Wickenhagen, Direktor des Lehrerinnen-Seminars in Dessau, besorgt
worden ist. Die Praxis hat das Buch für den Gebrauch an Mädchen-
schulen seit Jahren bereits empfohlen, das Bestreben des jetzigen
Herausgebers, die frühere subjektive Färbung des Textes einer
Umformung zu unterziehen und in ihm, soweit angängig, nur
Thatsachen mitzuteilen, das Charakteristische der künstlerischen
Individualitäten herauszuarbeiten und so den Gebrauch des Buches
zu einer Schulung des künstlerischen Empfindens des Betreffenden
zu gestalten, ist nur zu loben.

Als vierten und fünften Band der Knackfußschen
Künstlermonographien bringt die Verlagshandlung von
Velhagen und Klasing in Bielefeld jetzt die Darstellung des Lebens
und Wirkens Michelangelos und Dürers. Versehen mit
einem reichen Bilderschmuck, wie er den früheren Bänden eigen
war, bilden die neuen Monographien auch durch ihren Text eine
würdige Fortsetzung des Unternehmens, das ob seiner Vorzüge
nach vielen Seiten hin von allen Kunstfreunden nur auf das
Wärmste begrüßt werden kann. Der Preis jedes Bandes ist
3 M., bei dem Gebotenen ein staunenswert billiger.

Die „Grotesche Allgemeine Geschichte der bil-
denden Künste" von Alwin Schultz ist bis zur fünften
Lieferung gediehen. Wir halten es für angezeigt, hier nochmals
auf das schöne Werk hinzuweisen, in dem sich Wort und Bild
in ebenbürtiger Weise zu einer anschaulichen Geschichte der Kunst
vereinigen. K.

— Berlin. Der Direktor der National-Galerie, Geheim-
rat Max Jordan, wurde einige Tage lang totgesagt, erstem sich
jedoch noch besten Wohlseins. Nach Meldungen von Tages-
blättern soll Jordan die Absicht haben, in nicht allzuferner Zeit
aus dem Staatsdienste zu scheiden. isvtii

— München Professor Mathias Schmid, neben
Defregger gewiß der bedeutendste unserer „Bauernmaler", vollendet
am 14. November gleich diesem sein 60. Lebensjahr. Am 21. Juli
dieses Jahres ist in der Heimat des Künstlers, Voräule im
Paznauer Thal, eine dem Jubilar von dem alpinen Schriftsteller
Arthur Achleitner gewidmete Gedenktafel enthüllt worden. Als
die bedeutendste Schöpfung des Künstlers ist wohl das Gemälde
„Auswanderung der Zillerthaler" zu betrachten, das wir in
Heft 18 des I. Jahrgangs gebracht haben. Ebenda hat auch
Adalbert Swoboda Einiges aus der Geschichte des Lebens und
Schaffens des Meisters erzählt. Anläßlich der 60- Geburtstags-
feier hat der hiesige Kunslverein eine Ausstellung von größeren
Arbeiten Schunds samt den dazu gehörigen Entwürfen und
Skizzen veranstaltet. lbvi7s

— Stuttgart. Die Porträtmalerin Wilma Parlaghy
befindet sich zur Zeit als Gast des württembergischen Hofes iw
Ludwigsburger Schlosse, wo ihr ein geeigneter Saal als Atelier
eingeräumt wurde. Die Künstlerin wird das Königspaar por-
trätieren. ISVL4I

— Königsberg i. Pr. Die hiesige Kunstakademie be-
ging am 15. Oktober durch einen Festakt im Saale des Landes-
hauses die Jubelfeier ihres 50 jährigen Bestehens. Anläßlich
derselben ist dem stellvertretenden Direktor der Akademie, Professor
vr. Max Schmidt, der rote Adlerorden 2. Klasse mit Eichen-
laub verliehen worden. (smis

— Wien. Der Professor der Historienmalerei an der
hiesigen Akademie, Jos. M. v. Trenkwald, ist mit Beginn
dieses Studienjahres in den Ruhestand getreten. Als Nachfolger
wird der jetzt in München lebende Professor Franz Sinim
bezeichnet. l°oiei

Pf Berlin. Im „Verein Berliner Künstler" fand am
12. Oktober ein Festessen gelegentlich des 60. Geburtstages
Julius Lohmeyers statt, in welchem der Verein seinen lang-
jährigen Festdichter, sein zweitältestes lebendes Ehrenmitglied,
feierte. lsvsss

— München. Für die Beteiligung der bildenden Künste an
der nächstjährigen Landesausstellung in Nürnberg hat kürz-
lich eine Besprechung stattgesunden, in der die Bestimmungen für
die Aussteller sestgestellt wurden. Als letzte Anmeldefrist wurde der
31. März bezeichnet. Der Besprechung wohnten bei: für die
Akademie Professor Wagner an Stelle des Direktors Löfftz,
ferner für die Münchner Künstlergenosienschaft Präsident von
Stieler, für die Secession Präsident Dill, für das Aus-
 
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