Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (11.1895-1896)

Auszug des deutschen Volkes zum Kriege im Jahre 1870. von Rudolf Siemering.

Deutsche SiegeDenKinäler.

ZUIN 25. Jahrestage des Frankfurter Friedens, 2. !Nai Z87Z.
Vom kzerausgeber.


^^ohl nie sind irgendwo der plastischen Kunst eines Volkes schönere

Ausgaben gestellt worden als der unsrigen durch das Jahr 1870
und seine Wiedererrichtung des Deutschen Reichs. — Denn hier
tras einmal alles zusammen, was sonst dem Künstler gewöhnlich nur
vereinzelt geboten wird: Ein großer begeisterter Aufschwung des
ganzes Volkes, der herrlichste Erfolg, und eine Reihe so gründlich
verschiedener und dabei für die besten Seiten unseres National-
charakters so bezeichnender Heldenfiguren, wie sie in solchem Verein
kaum je mehr wieder auftreten werden. — Oder wie könnte man
hoffen, daß wir jemals wieder neben einem Kaiser Wilhelm und
der stolzen Heldengestalt seines Sohnes zugleich einen Bismarck,
Moltke, Noon, einen König von Sachsen und Prinz Friedrich Karl
nebeneinander sehen werden, so unzähliger anderer nicht zu gedenken?
Da ist es denn kein Wunder, wenn sich angesichts der herrlichen
Frucht ihres Zusammenwirkens Deutschland bald mit Denkmalen
bedeckte, welche die Erinnerung an diese große Zeit fcsthalten sollten.
Gewiß werden unsere Leser uns dafür dankbar sein, wenn wir ihnen
jetzt, wo die ungeheure Mehrzahl der jenes Jahr seierndenMonumente
allmählig vollendet ist, einen Überblick über das Fertige verschaffen, der
immerhin zu hochinteressanten Vergleichungen führt, wenn man auch
vielleicht zugeben muß, daß die Triumphe unserer Künstler dabei
allerdings doch nicht ganz so glänzend ausgefallen sind als die
derer, welche sie feiern sollen.

Fast am frühesten ward das größte all dieser Denkmale
fertig: das von Johannes Schilling am Niederwald, dessen
Germania wenigstens bis heute von keinem anderen erreicht, ge-
schweige denn übertroffen ward. Leider isl die Architektur bei diesem
Monument weit entfernt, so glücklich zu sein, sondern ist im Gegen-
teil widerwärtig talentlos, trocken, hart und phantasieleer. Ihr Schöpfer scheint, wie so viele unserer älteren
Architekten, als einziges Werkzeug bloß ein Lineal benützt zu haben. — In dieser Beziehung ein wahres
Muster von heiterer Anmut, wie es nur die schönsten Zeiten der italienischen Renaissance hervorgebracht, ist
dagegen das Siegesdenkmal in Hannover vom Karlsruher Hermann Volz, wohl das in seiner Total-
erscheinung befriedigendste und jedenfalls reizvollste von allen. Von der durch zwei Genien mit der Kaiser-
krone gekrönten Germania oben bis zu den prächtigen Löwen am Sockel ist hier alles trotz der stärksten malc-

„Gott sei mit uns!" von Rud. Siemering.

Die Kunst für Alle XI, 1-1- 15. April 1896.

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