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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Franz Simm
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0329

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Franz Simm.

kam. Die durch ihn in Wien heraufgeführte Kunstperiode erwies ihre natürliche Berechtigung schon durch den
unerhörten Beifall, zu dem sie die ganze Bevölkerung hinriß.

Dieser neuen malerischen Periode entsproßte, wenn gleich nur indirekt, auch unser Simm, der am
24. Juni 1853 zu Wien geboren wurde, sie ward bestimmend für ihn, obwohl er, als Sohn eines Kirchen-
malers früh die Akademie besuchend, dort erst Engerths Schüler und dann später der des Feuerbach ward,
dem Makart bekanntlich an der Akademie erst folgte. Zu dieser Zeit hatte aber uuser früh durch sein Talent
Aufmerksamkeit erregender und darum mannigfach ausgezeichneter Simm schon das große akademische Stipendium
nach Rom erhalten, wo er nun fünf Jahre blieb. Dort erhielt er dann 1881 den Auftrag, im kaukasischen
Museum in Tiflis das Treppenhaus mit einer Reihe von Wandbildern aus der Jasonmythe wie nach sonstigen
Szenen und Gestalten aus der griechischen Mythologie zu schmücken (Olstudie für eines der Bilder s. Abb.
a. S. 265). Bei den nun noch in Rom gemachten Vorarbeiten lernte er auch seine dort studierende
spätere Frau kennen, die ihm dann bei der Ausführung seiner Tisliser Arbeiten sehr wirksam beistand.
Nach der Vollendung derselben zurückkehrend, blieb er indes nicht in Wien, sondern kam nach München,
wo er sich einige Jahre lang ausschließlich mit Illustrationen, besonders zu Goethes Werken beschäftigte.
Schon dabei siel zuerst sein großes malerisches Talent auf, das ihm ermöglichte, fast jede Scene pikant
und reizvoll zu gestalten, selbst wenn man sich um den Gegenstand gar nicht sehr kümmerte. Er hatte
sich in dem lieblichen Dorfe Schwabing bei München ein kleines Landhaus gekauft, das besonders für seine
Heranwachsenden Kinder eine wahre Wohlthat war. Da verzierte er nun 1885 dessen Fassade durch
die höchst liebenswürdige Freske einer Himmelskönigin mit dem Knaben und dem vor ihr knieenden
heiligen Johannes, einer köstlichen Komposition voll anmutvoller Würde, welche die älteren Leser der „Kunst
für Alle" ja schon aus dem ersten Bande unseres Blattes kennen (Bilderbeilage zu H. 20 d. I. I.). Hier, wo
man beim Anblick des so frei und leicht hingezauberten Bildes unwillkürlich sagt: das ist ein geborener Maler!
bekommt man zuerst einen Begriff von dem großen Umfang des Talentes unseres Künstlers, das der ganzen Art
desselben nach so sehr an die Schilderlnst der Frührenaissance erinnert, die allen Dingen zuvörderst ihren Ge-
halt an malerischem Reiz absieht. Die gewisse keusche Strenge, die sie dabei noch entwickelt, steht auch Simm
so wunderlieblich in ihrer jugendlichen Frische. Diese schüchterne Zierlichkeit seiner Formbehandlung bildet einen

hervorragenden Charakterzug unseres Künstlers, dem er-
setzt selbst bei einem riesigen, eine Haremscene dar-
stellenden, für Leipzig bestimmten Dioramenbild, (Frag-
ment daraus s. Abb. a. S. 267), das er in Gemeinschaft
mit seiner Frau herstellte, wieder den fesselndsten Aus-
druck verlieh. Ihm ließ er noch einen „Tod Kaiser-
Wilhelms" (s. Bilderbeil. d. H.) — einen Stoff, dessen
reicher Komposition man ansieht, daß das spezifisch
preußische Wesen dem Österreicher doch fremd blieb —
und das Altarbild eines segnenden Christus für Wunsiedel
folgen. Bon sonstigen monumentalen Arbeiten wären
dann noch besonders sechs Franenfiguren für den Plafond
des Skulpturensaales im Wiener Kunstmuseum zu er-
wähnen, in welchen er die verschiedenen Gattungen der
Altertumskunde ebenso charakteristisch als anmutig per-
sonifizierte (Archäologie und Epigraphik s. Abb. a. S. 264).

Seit einigen Jahren aber hat unser Meister sich
eine ganz besondere Spezialität in Kabincttsstücken ans
der Empirezeit geschaffen, in welchen er speziell die
galante Epoche des Wiener Kongresses mit einer Schürfe
der Charakteristik, einem Schönheitssinn und zugleich
mit einem köstlichen Humor schildert, denen unsere
bisherige Malerei eigentlich seit Ramberg nichts Ähn-
liches mehr an die Seite zu stellen hat. Denn das
Leben unserer höheren Stände ist bis jetzt nur selten,
am allerwenigsten aber in jener ob ihres gezierten Anti-
kisierens so verrufenen Periode mit gleich geistreicher
Ironie geschildert worden. Nächst dem „Stolz der
Familie" (Abb. s. V. I. S. 1.) und dem von der
D-r Dilettant, von Franz Simm. > Nationalgalerie erworbenen „Duett" (Abb. si Bilderbeil

j?botograpbieverlng der j?botograx»bischen Union in München. ^ III. 1i), ^1
 
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