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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Internationale Ausstellung 1896 der Secession in München, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0390

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von Paul Schultze-Naumburg.

Z07

Vom Ritter, der suchte, von Martin Brandenburg.

Internationale Kunstausstellung i(896 des Vereins bildender Künstler (Secession) zu München.

Begabung immer feiner herausziseliert, ist Ludwig Herterich. Seit einiger Zeit beschäftigt ihn das
denkbar raffinierteste Abwägen intimer Stimmungen. Sein diesmaliges Bild (s. Bilderbeil. d. H.), ist
von einer Tonschönheit, daß ein ähnlich feiner Klang vielleicht im ganzen Saal nicht wieder zu finden.
Ein junges Weib und ein Mann, die Hand in Hand im warmen Abendlichte stehen. Man kann den
Zauber von Farben schwer in Worte fassen und ich verzweifle daran, das sagen zu können, was für mich
allein in diesem Stückchen Landschaft: zwei Birkenstämme, Boden und Himmel, liegt. Moderne Lyrik in Farben.
Paul Höckers Bild, das daneben hängt, hält die Mitte zwischen einem Naturausschnitt und stilisierten
Figuren, läßt dabei aber doch zu sehr an das Modell denken, um die Phantasie sehr anzuregen, und für
diesen Mangel kann einen auch nicht das geschmackvolle Ensemble entschädigen. Im Saal daneben hängt
Albert Kellers Hauptbild, eine anmutige Paraphrase zu dem Gedanken vom Glück, das über Nacht kommt.
Sie haben lange darauf gewartet, die beiden armen Leute, und nun, da sie eines morgens die Fenster öffnen,
da ist es da, das Glück. Der Träger dieses Gedankens ist bei Keller die Lichtwirknng; jung und strahlend
schwebt die Fee heran im Hellen Sonnenstrahl und in diesem Lichtzauber liegt Wohl auch die Hauptschönheit
des Bildes. Seltsam mutet übrigens gerade dabei die sonderbare starre Formengebung an, die man als
Kellers Eigentümlichkeit schon kennt. Und so könnte ich noch manch interessante Leistung anführen: „Der
Spiegel des Lebens" von Leo Putz, eine nackte Frauengestalt, die sich aus ihrem Lager wälzt, während Traum-
gestalten im Hintergrund aufsteigeu und sich im Reigen drehen. Malerisch ist der Akt die Hauptsache, der
von großer Schönheit ist. Eine gute Leistung ist auch der „Abend im Walde" von Georgi, welcher
davon erzählt, wie eine Nymphe ins klare Wasser des Waldsees schreitet und spielend den glühenden Strahl
der Abendsonne auf ihrer Hand leuchten läßt, während sich von hinten ein lüsterner Faun heranmacht. Ohne
diesen Faun wäre das Bild übrigens geradeso gut und weniger eine Böckliniade. Slevogts Bild ist un-
heimlich packend. Ein Totentanz. Wie die rothaarige Dirne daherjagt in toller Lust und nicht sieht, welch
unheimlichen Domino sie da im schaurigen Reigen die Galerie entlang zieht, während Er grinsend die Larve
zieht — das ist mit packender Gewalt gegeben. Doch nicht wie Rethel in strenger furchtbarer Linie, sondern
in der gespenstigen Glut der Farbe, die über diesem geröteten Nacken, von dem das Gewand geglitten, diesen
phosphorisierenden Lichtern im Saal gebreitet liegt. Hervorzuheben ist auch Janks poetischer und prächtig ge-
malter „Abendspaziergang", dessen koloristische Haltung leider in der Illustration nicht zu erkennen ist.
Zwintscher bringt ein Bild, an dem man seine Helle Freude haben könnte, wenn man nicht wieder eine
rechte koloristische Derbheit in Kauf nehmen müßte. „Ein Sommertag." Das ist wunderhübsch zum Aus-
druck gebracht, wie der Knabe da oben auf dem Rücken liegend auf seinem Felsenplätzchen träumt, die
Bienen summen um ihn herum, die Blüten betäuben ihn mit ihrem süßen Duft, der weite Himmel spannt

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