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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Born, Karl L.: Die schweizerische Kunst auf der Landesausstellung in Genf
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0451

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ZS6

Die schweizerische Kunst aus der LandeMuAtellung in Genf.

von Karl L. Born.

^ei dem Stelldichein, das sich die Produkte schweizeri-
schen Fleißes anläßlich der nationalen Ausstellung
in Genf gegeben, durfte auch die Kunst nicht fehlen.
Und damit einer möglichst glänzenden Beteiligung nichts
im Wege stehe, wurde auf die Abhaltung anderer periodi-
scher Ausstellungen in diesem Jahre verzichtet. So fehlte
es denn numerisch nicht an einer regen Beteiligung, und
die Jury hatte Mühe, die Auswahl mit der durch den
Platz gebotenen Beschränkung in Einklang zu bringen.
Gleichwohl ist die Ausstellung auch jetzt noch nicht im
stände, ein vollständiges Bild von der Produktionsfähig-
keit der Schweiz auf diesem Gebiete zu geben. Gerade
die besten Künstler zogen es auch diesmal vor, ihre
neuesten Werke anderwärts auszustellen und sandten nur
bereits Bekanntes oder sie erschienen gar nicht: beides
Thatsachen, die sehr zu bedauern sind. Es ist betrübend,
daß diese Leute auch auf den feurigsten patriotischen
Aufruf nicht besser reagieren. Der retrospektive Teil
der Ausstellung läßt zudem schmerzlich das Hinscheiden so
vieler tüchtiger Künstler gerade in den verflossenen zehn
Jahren vermissen und was schlimmer ist, die dadurch
entstandene Lücke ist nur teilweise wieder ausgefüllt
worden. Doch wir dürfen der Überzeugung leben, daß
schöne junge Kräfte da sind, um dereinst eine würdige
Führerschaft zu übernehmen.

Das erfreulichste an der Ausstellung ist, daß sich
ein frischer neuer Geist mehrfach darinnen offenbart.
Auch die bunte Mannigfaltigkeit, die in einem so kleinen
Lande erst befremdend auffallen muß, durch die drei

in.

In Gedanken, von Philipp Ule

Icchrcs-Aussiellung 1896 der Rünsllergenossenschaft zu München

Nationalitäten aber bedingt ist, indem deutsche, französi-
sche und italienische Schulung und Auffassung von den
Wänden herunter ihre Sprache reden: gerade diese
Mannigfaltigkeit macht einen Gang durch die Ausstellung
angenehm und erfrischend und enthebt uns Schweizer der
Notwendigkeit, der Abwechslung halber Franzosen und
Italiener einzuladen. Es fehlt auch hier nicht an
Geistern, die auf ihre Art selig werden möchten. Vieles
des Ausgestellten beweist, daß der Umschwung, der sich
außerhalb der Grenzen unseres Landes in den Kunst-
anschauungen vollzogen hat, auch hier herüber seine
Reflexe wirft. Und zwar scheint das neue Licht m«chr
über München, denn über Paris zu kommen. Findet
man bei den Künstlern der Westschweiz mehr Schule
und geschicktere Technik, so erfreut bei den Deutsch-
schweizern die Thatsache, daß hier mehr Originalität
und persönliches Empfinden, auch eine stärkere Betonung
der koloristischen Seite der Malerei hervortritt. Auch abge-
sehen von den beiden hervorragendsten Vertretern, Böcklin,
und in seiner Art auch Stückelberg, giebt es noch
eine ganze Anzahl von Künstlern, die alle als individuell
entwickelte Persönlichkeiten dastehen; wir brauchen unter
den jüngern nur Sandreuter, Balmer, Wieland,

Völlmy, Lendorff, Welti, Meyer-Basel neben andern
zu nennen. Selbst die Tessiner erscheinen noch origineller:

Franzoni mit seinen feingestimmten Landschaften,

Giacometti, der ein wenig in den Spuren Segantinis
wandelt, dann vor allem Rossi mit seiner breiten
tonigen Malerei fallen hier angenehm auf. Neuere Ziele

verfolgen bei den Wälsch-
schweizern Künstler wie
Vieler, G. v. Steiger,
der ein ganz seiner Land-
schafter ist, Estoppey,
Perrier, Simonet, Reh-
fous, Rheiner, dieser letz-
tere etwas koloristischen Extra-
vaganzen huldigend. Die
beiden auffälligsten Künstler
der ganzen Ausstellung sind
wohl der Berner Hodler,
der in seinen merkwürdigen
Bildern seine Ideen in ele-
mentarer oder auch gesetz-
mäßig gesteigerter Form zum
Ausdruck bringt („Der Aus-
erwählte", „Eurythmie" u. a.)
und der Genfer Bildhauer
Niederhausern, dessen
Phantastik sich in tiefsinnigen
Skulpturen und Modellen
äußert. Aus dem Vorange-
gangenen soll nicht geschlossen
werden, daß die folgenden
Genannten zurückstehen im
Werte, sie bilden gegenteilig
die Kaute volee der Aus-
steller. Da ist das Drei-
gestirn der virtuosen Alpen-
maler: Baud-Bovy, Furet
 
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