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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 3
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Falke, Jacob von: Druck und Illustration
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0047

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,-Zaponaiserie" zu schwärmen gelernt haben, noch
vicl weiter geganaen im willkürlichen Arrangement
der Illustrationen. tVir legen die verschiedenen
Bilder, welche eine 5eite zu zieren haben, auf ein-
ander, wie Aartenblätter. Das Bildchen muß eine
Vapierrolle vorstellen, nüt umgebogener Lcke, damit
der sublime Gedanke ja deutiich wird. kVeun wir
die Bilder noch fächerförmig verteilte» oder sonst in
einer regelmäßigen Form anordneten, aber nein, eins
^aß se> schief über das andere gelegt werden, daß,
^ill rnan das Bild richtig sehen, man das Buch
ader das Blatt bald nach rechts, bald nach links
wenden und drehen muß. <Ls fehlte nur uoch, daß
man die Zllustrationen auf den Aopf stellte! Und
natürlich stört bei solcher schiefen Überschneidung und
Zudeckung ein Bild das andere bei der Betrachtung.
Aber nicht genug daran: diese Bildchen erhalten
auch wohl bald ganze, bald halbe oder dreiviertel
Nahmen: an irgend einer beliebigen Stelle ist die
Rahmenzeichnung hinweggelassen, die Zeichnung des
dargestellten Gegenstandes, etwa eine Architektur,
eine Baumgruxpe, ein Gewässer, tritt aus der Lücke
heraus oder wächst über den Nahmen hinweg und

setzt sich fort in ein anderes Bild mitten hinein. Das
soll geistreich sein und künstlerische Freiheit vorstellen,
in Lvirklichkeit ist es nur abgeschmackt. Line Zeit-
schrift, welche auf ihren lVert hält und soviel an
technisch vortrefflich ausgeführte ksolzschnitte wendet,
sollte sich für zu gut halten, um auf diese Lxzentri-
zität der Mode, auf diese japanische Bizarrerie ein-
zugehen.

A'lan sieht und wird mir zugeben, daß, so Außer-
ordentlichcs wir heute wieder in Buchdruck und Zllu-
stration leisten, vieles darin angreifbar ist. IVir haben
dessen nur eine probe gegeben; wollten wir weiter
gehen, wir würden vielleicht ein ganzes Sünden-
register zusammenstellen können. kVir geben gerne
zu, wie die Buchausstattung unserer Zeit in Druck
und Zllustration außerordentliche Anstrengungen ge-
macht und große Lrfolge erreicht hat, aber die <Lr-
folge haben zum Überschreiten der Grenzen des
Schönen und vernüuftigen geführt nnd Nnarten ge-
schaffen, welche sich als die „Fehler jener Tugenden"
darstellen. <Line lvarnung, auch uur eine Anregung
zum Nachdenken über diese Dinge, dürfts daher immer-
hin zeitgemäß sein. Aakob von Falke.

N»usik.

IKundsckau.


* „Die deutscbe volksoper" (Schluß). Zn
den drei letzten Fortsetzungen seiner Aufsatzreihe in
der „üäln. Z." wägt Neitzel zunächst die Bedeutung
des pacht- und des Zntendantenwesens aus die ver-
schiedenen Vor- und Nachteile hin mit einander ab,
kommt aber zu dem Lrgebnis: „Das System ent-
scheidet nicht, künstlerische Linsicht ist ausschlaggebend."
tvenn auch mit sestem IVillen gepaart, bedars sie
freilich „eines Atachtgebietes, das weder am Geschmack
des publikums noch an den Rücksichten auf Aünstler
oder Vorgesetzte seine Grsnzen findet. Des großen
publikums! Denn an dem Urteil der kleinen Bchaar,
in welcher das Zdeal, wie es im vorliegenden um-
schrieben erscheint, noch fortlebt, wird sich die künst-
lerische Linsicht gerade kräftigen und unterrichten, an
ihrem Beifall wird der seste lVille erstarken." Die
Äpernbühne brauche, sozusagen, einen „aufgeklärten
Absolutismus" als Form ihres Uunststaates. Nichard
Magner war solch ein Verrschcr sür sie. Aber seine
Arbeit „erreichte, bevor sie beendet war, ihren Ab-
schluß. <Lr wollte sein Reformwerk auch aus andere
als seine eigenen üunstwerke ausdehnen, da starb er-
Vielleicht war seine Absicht nur ein frommer lvunsch,
und vielleicht war es nicht einmal zu beklagen, daß
es beim wunsche blieb. Denn sein Üunstwerk ist die
auf die Spitze getriebene Lserrschaft des dramatischen
«Kedankens. Schon an seiner Gesangsbehandlung
uwßten wir feststellen, daß ihr teilweise die Schuld an
Vernachlässigung der eigentlichen Gesangeskunst
uufgebürdet werden muß. Die Gefahr lag nahe, daß
" auch die Bühnenwerke, deren Schwerpunkt mehr
der musikalischen Formenschönheit als in der dra-
'""tischen <Lindringlichkeit liegt, unter seinem vor-
m künstlerischen Gesichtspunkte behandelt hätte.

? ^Üehreres haben wir von Bayreuth gelernt, das
' !w sein größter Gegner nicht streitig machen kann,
mu das zu erweisen erst Bayreuth entstehen mußte.

<Ls hat die uralte Lebensregel von Neuem erhärtet,
daß den Menschen nichts mit solcher Thatkraft, mit
solchem Ltreben nach Vervollkommnung erfüllt, wie
das Beispiel. <Ls ist denn doch sehr viel haften
geblieben, und namentlich in der deutlichen Hervor-
kehrung des dramatischen Znhalts haben die deutschen
Bühnen sich in den slVagner-jlVerken Bayreuth mit
«Lrfolg zum vorbild genommen. lvenn wir nun in
Deutschland eine oder mehrere Bühnen besäßen, welche
auch andere Gpern in unserm Sinne mustergiltig aus-
führten, wäre es da nicht selbstverständlich, daß auch
hier das Beispiel gute Früchte tragen würde? Man
muß bedenken, daß nachahmen leichter ist als selbst-
schaffen, und daß die Nachahmung, die freilich ohne
volles verständnis des Gegenstandes zur Nachäffung
wird, denn doch bei einigem guten lvillen zur Nach-
emxfindung wird, und das ist gerade eine nachzu-
cmpfindeude Anschauung von einer guten Vorstellung,
welche allen Bühnen, denen es an einem selbstschaffen-
den vorsteher sehlt, nur zum Lseile dienen kann.

Bayreuth hat uns serner gezeigt, daß Deutschland
eine Schaar von üünsilern besitzt, die sich mitten in
der Ueberarbeit und im üm>k>werk das deutliche Be-
wußtsein von der Vervollkommnungsfähigkeit ihrer
Aunst bewahrt haben . . . lvo ein solcher Niann
anzutreffen ist? Überall, er muß nur gesucht werden,
freilich muß mau's uicht so machen, wie unsere Grands
Seigneurs, die Lserren Theaterleiter, wenn sie aus
Neisen gehen, um «Sterne» für ihre Gper zu ent-
decken, und die sehen und hören, was ihnen der Zu-
fall uud die Laune dcr Uienschen entgegensührt . . .
riian gehe an ein Theater, an welches man wolle,
man verfolge die Leistungen desselben längere Zeit,
fast an jedem wird man eine und die andere wert-
volle künstlerische Rraft entdecken, die in anderm
iBirkungskreise Großes, üunstgemäßes zu ivege bringen
könnte, während jetzt in der Asche ihrer Grobarbeit

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