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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 14
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Koeberle, Georg: Der Bühnenkrieg und seine Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0221

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über alle Debiete^eSWbönen.

>4.Stücl!.

Lrscketnt

am Anfang und in der Mitte

Dcrausgcbcr:

Ferdinrmd Avenrrrius.

Kesrellprets:
Vierteljährlich 2 1/2 Mark.

3. Znbrg.

Der Wüklrellkrieg ulld seilie Wedeutullg.

^er zlvischeu dem Lühiieiivereins-Präsidenteii
^und der Genossenschaft deutscher Bühnen-
-Angehöriger ausgebrochene Streit bean-
ssprucht mehr uud mehr die Aufmerksamkeit.
Anfänglich von deu weitern Areisen uur für eiue
häusliche Tbeater-Angelegenheit gehalten, hat er auf
den dramatischen Aunstbetrieb bald so helle Streis-
lichter geworfen, daß nun auch der Lernstehende ahnt,
es handle sich hier um mehr. Und so ist es. kVie
das Theater eine unzertrennliche Verschlingung von
Gewerbe uud Runst ist, so ist sein Gedeihen oder
verkümmern unlösbar vom sittlichen oder entsitt-
lichten Rechtsverhältnis zwischeu den Leitern und dem
personal. Lolglich ergiebt sich aus den aufgeworfenen
Nechts- und Zusiändigkeitsfragen zwingeud auch eiue
Runstsrage: ja, mit in erster Neihe von der Art der
Schlichtung des ausgebrochenen Zwistes hängt der
Lharakter der ethisch-äslhetischen Triebkraft für die
künftige Gestaltung der Schaubühneu ab, die nicht
für die Launen oder für den Geldsack einzelner
jdersonen arbeiten, sondern zur Befriedigung eines
äffentlicheu Bedürfnisses da sind. Die Rultur und
die Runst gerateu in Nutleidenschaft, wenn z. B. iu
Folge willkürlicher Versügimgen hinter den Rulissen
jahraus jahreiu geistverlassene Stücke auf die Bretter
gelangen, durch deren Aufführung nicht nur der Ge-
schmack des größeren publikums verwirrt, soudern
auch die Schauspielerschaft zur Lösung kunstwürdiger
Aufgaben mehr und mehr unfähig gemacht wird;
oder wenn ein nur auf Geldgewinn bedachter Direktor
den Schauspieler zwmgen darf, ohne geuügende proben,
halb oder garnicht vorbereitet also, vor das publikum
zu treten; oder wenn die Darsteller unter Lerusung
auf die ihnen kontraktlich aufgebürdete Willeulosigkeit
auch zu Leistungen mißbraucht werden, für die sie
weder die natürlicheu Fühigkeiten besitzen uoch sich je

ausgebildet haben. Man könnte das Negister der
Nückschläge des Nechtsverhältnisses auf die Runst noch
ums Dutzendfache vsrmehren.

Über den nächsten Anstoß zum offenen Ausbruch
der Feindseligkeiten kann ich kurz hinweggehen. Rleine
Nrsachen erzeugen eben große UArkungen z. B., wenn
man Fuukeu in eine ohnehin schon zum platzen über-
füllte pulvertonne wirft. Das vom Grafen ksoch-
berg gegebene Angriffs-Rommando hat Geister wach-
gerüttelt, die nun unaufhaltsam die Ersetzung morsch
gewordener Bühnenzustände durch gesüudere zu er-
streben scheinen. Schon jetzt erwuchs aus dem Bloß-
stellen geheimer Schäden iu der ksitze des Gefechts, —
geheimer Schäden, die von manchem Fachmann längst
erkannt, dem größeren publikum doch bisher un-
sichtbar geblicben waren, — der große Gewinn, daß
endlich die öffentliche Meiuung aufgeklärt wurde über
einen Teil der Ursacheu davon, daß das Theater bis-
her eine dem allgemeineu Fortschritt entgegengesetzte,
rückwärtsgängige Richtung einhielt. Diese Aufklärung
ist der erste Schritt zum Übergang in den kjeilungs-
prozeß des Übels. Nian braucht also über deu aus-
gebrocheuen Rrawall kein Trauerlied anzustimmen:
der Theaterluft that längst ein reinigendes Ge-
witter Not.

Schon jetzt lassen sich über deu weitern Verlauf
kVahrscheinlichkeits - Schlüsse ziehen, denn aus der
Stellunguahme der zwei sich gegenüberstehenden
Theater-Heere und ihrer Mfstruppen könuen wir die
Iedem zu Gebote stehenden Rräste abschätzen. Die
Lokalverbände der Genossenschaft haben sich, allen
voran Berlin und Dresden, mit kollegialer Linhellig-
keit ihrem präsidium angeschlossen; nur der Leipziger
verband unter dem Befehle Stägemauns erklärte sich
zum Ruß der droheuden kiand bereit, wurde aber
darüber in sich selbst uneins und blieb in „beschämeiider"


— roe
 
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