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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 9
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Hartmann, Ludwig: Mozart contra Wagner
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0141

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über alle Webiete "öeS Mcbönek.

9. Ltück.

Lrscbclnt

Dcrausgebcr:

zferdtnand Nvenartus.

Kestellpreis:
vierteljährlich 2 1/2 Mark.
Anzeigen: 3 gesp. Nonp.-Zeile q^O ssf. z

3. Zabrg.

kkdozart colltra ^Qagncr.

mrch die Tagssblätter läuft jetzt die Auf-
^forderung, in Salzburg, der Geburtsstadt
;Mozarts, Festspiele seiner Gpern zu ver-
,anstalten. Naiv weist das Aomitee, um
Stimmung zu machen, auf das vorbild von Bayreuth.
!Nit etwa 400,000 Gulden wolle man ein Lestspiel-
haus herstellen und gedenke etwa 200,000 Gulden
Einnahme in jedem Spieljahre zu haben, „denn":
Salzburg wird alljährlich von über 60,000 Lremden
besucht; die Liebe zu Mozart werde . . usw.

Soweit hier ein Aktienunternehmen für künstlerische
oder für örtliche Interessen Salzburgs in Lrage kommt,
oder selbst eine Nadikalhülfe für den Dauerbestand
des Niozarteums, würde wohl der „Runstwart", welcher
allgemeinere Diuge zu vertreten oder zu bekämpfeu
hat, den Salzburger Akozartfestspieleu eine wohlwollende
Neutralität bewahren, und höchstens über die zur
That gewordenen pläne s. Z. kurz berichten wollsn.
Das Ding hat indeß eine ziemlich wichtige allge-
meine Bedeutung. Zedem Musikfreunde nicht nur,
sondern jedem Gebildeten ist das Mozarthäuschen,
Ntozarts Geburtszinnner, sein Alavier, und sind seine
Lsandschriften heilig. Daß eine ernste Aunstschule,
ebeu das Nkozarteum, an seinen Namen anknüpft und
mit edler Unentgeltlichkeit junge Musiker unterrichtet,
ist höchjt löblich und sollte in der gesamten gebildeten
welt thatkräftig unterstützt werden. Aber Festspiele?
Nach Bayreuther Niuster? Leider müssen wir gegen
diese Zdee Stellung nehmen. Gedankeulose oder gut-
mütige „Gmxfehlungen" der „schönen Zdee" in den
Tagesblältern dürfen uns an der pflicht einer ge-
naueren Untersuchung nicht irre machen. Dabei geht
es uns nichts an, ob die Sache xraktisch durchführbar
oder oxtimistisch berechnet ist. Ob die 60,000 Fremden,
die im Sommer Salzburg besuchen, wirklich als Fest-
gäste zu betrachten sind, oder ob sie nicht zum großen

Teile lediglich den Gcnuß der Alpenumgebung im
chinne haben, auch das mögen die Salzburger mit sich
ausmachen. was uns aber sehr angeht, ist eine andere
Seite der Frage. weil Bayreuth vorzügliche wagner-
aufführungen hat, und wohlgemerkt als unvergleichliche
Anziehung ein sonst nirgend zu hörendes werk, den
parsifal, deshalb will Salzburg nun Mozart mono-
polisiren?

Za, wohin gehören denn die Ukeisterwerke unssrer
Geistesheroen und Ukusiker? An die seitabgelegenen
Geburts- oder wahnfriedstätten, oder in dieUkittel-
punkte des geistigen Lebens der Nation? wenn
man sagt: da gehören sie nicht hin, da ist es zu un-
ruhig, — dann können wir über Bayreuth und Salz-
burg ernsthaft diskutiren, als Ausnahmen von einer
selbstverständlichen Negel. wir kämen dann etwa zu
dem Schluß: Bayreuth als eine geschichtliche Not-
wendigkeit, Salzburg dagegen als eine bedenkliche
willkür unterscheiden zu müssen. Der völlig nsu-
geartete Stil N. wagners bedurfte der Ltilschule zu
Bayreuth. Wagner, der den 5til seiner Ukusikdramen
erfunden hatte, gründete und leitete Bayreuth. wer
aber gründet oder leitet ein Uiozartfestspielhaus in
Salzburg? Soll nun auch Uiozart, der göttlichste und
uötigste Uiusiker der welt, ein privilcgirter Genuß,
eine Uiode werden für die oberen Zehntausend? Ge-
hört Uiozart nicht dem ganzen Volke? Und kann
das deutsche Volk 50 Uiillionen Aöpfe stark nach chalz-
burg pilgern, um wtozart „gut" zu hören? Gder
genügen etwa für den Uiittelstand Aufführungen zweiter
Alasse in den Lsauxtstädten? Statt allen Gifer daran-
zusetzen, unsere Lsof- uud Stadttheater wieder „mozart-
fähig" zu machen, verlegt man die Uiuster-Uiozart-
aufführungen nach chalzburg?

Ghne Zweifel führt die Linseitigkeit zu starken
Leistungen. <Line vereinigung von Nünstlern, die nur





 
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