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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 20
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Rundschau
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Erdmann, Karl: Sprechsaal: in Sachen: ästhetische Begriffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0327

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besonders xflegt Lngland, die kseimat des Sxorts, mit großem
Geschütz dieser Art aufzuziehen, Die englischen Arbeiten sind
meist monumcntal: große Gruppcn von pfcrden und Reitern,
vasen von mächtigcm Aufban, Schilde mit bildnerischem
Schmuck, ritterliche Figuren ans der heimischen Geschichte.
Neben einer solchen englischen Ausstellung erscheint unsere
deutsche nicht nnr bescheideuer, sondern auch bürgerlicher im
Geschmack, Auch hier fehlt es nicht an Aunstwerken von
monumentaler bsaltung, aber die Gerätform überwiegt. Linen
breiten Platz nimmt das Trinkgerät in allen seinen Formen
ein, als mittelalterliches bsorn, ale Iunstpokal, als Thaler-
humpen, gelegentlich auch als Aelch und Schale klassischen Ge-
präges, Die große Bowle und der Flaschenkübel mögen noch
zum ritterlichcn Trinkbuffet des Maunes zn rechuen sein, aber
gar vieles ist doch zur Freude der gesamten Familie gearbeitet;
da haben wir Tafelaufsätze für Aonfekt und Früchte, Blumen-
körbe mit durchbrochenen Linsätzen, ehrbare Tischlcuchter und
sogar biederes Theegeschirr mit Milchtopf und Znckerdose,
sodaß die ksaussrau auch heute noch mit Besriedignng sagen
mag: -er brachte manchen schönen Preis nach ksaus, "

„Augenscheiulich fehlt es unserer Ieit an sesten Lcbens-
gewohnheiten, an die sich die Aunst veredelnd und ausge-
staltend anschmiegen könnte, ohne nach Notiven suchen zu
müssen, Da war das lNittelalter besser daran, Meun es sich
um ein Lhrengeschenk für Männer haudelte, so war — ab-
gesehen von der Gnadenkette, die ein Fürst verleiht — die
ständige Form der Pokal oder Becher. Das trinkfreudige Ge-
schlecht der alten Deutschen hatte deren nie zu viel, je mehr
sich auf der Aredenz des kjauscs anhäuften, desto besser,
Diese Pokale kounten merkwürdige und phantastische Formen
annehmen, aber sie blieben stets ein benutzbares Trinkgerät,
Unsercm Geschlccht ist leider aber der schönc Dnrst abhauden
gekommen, der auch Trinkgefäße von mouumentalem Umfang
den Trinkern willkommen machte, Was unsere Ausstellung
von bsnmpen nnd Pokalen aufweist, ist uicht auf wirklichen
Gebrauch berechnet, auch zuuieist so schwcr gearbeitet, daß
selbst ein starker Mann eincn derartigen lhumpen gefüllt nicht
mehr zu heben vermöchte, Gder aber man macht von Silber
Dinge, die der gute Geschmack uicht von Silbcr haben mag,
Weingläscr, sogar Lhampagncrkelche, Da bleibe man lieber
bei dem Pokal, sclbst weun man ihn nicht benutzcii, sondern
nur als Zierstück hinstellcn will, Lrfreulich ist es, wie so
manche hübsche Linfälle alter Zeit wieder lcbendig gemacht
werdcu, wir haben Prachtgerätc in Form von Mappentieren,
den hessischen Töwen und den Berliucr Bäron," ksier, scheint
es uns, kaun gegen den verfasser eben das cingew<>ndet wcrden,
was er selbst weiter nnteu gegen die Iokeyniützen als Schöpf-
kellen usw, oinwendot, Lin Wappentier ist ein Wappentier,
aber kein Gerät, „Am zicrlichstcn in diescr Boziehung ist die
Ausstellnng eiucs rNüuchencr lhanscs, das in maßvollcr Größe
und Ausführung den Meisterwerken alter Zeit wieder erfreulich
nahe kommt, Line berechtigte Form der Preise sind die

kvaffeu, kvir fiuden hior praktischc Pistoleukasten, abcr dcn
eigentlichen Sinn der Gabe drücken doch nur die Prachtwaffen
ohne Gebrauchsbestimmung aus, hier behauptet der Lhren-
schild sciu Jahrtausende altes Recht,

lvcnn es möglich gcwescn wäre, dic Lhrcnpreise historisch
zu orduen, so hätten sie ein hübsches Stiick Stilgeschichte ab-
gegeben, Neben dem klassischen Geschmack, der aus dem
Anfange des Iahrhunderts nachlebt, habeu wir seltsame Gotik
aus dcr romautischen Zeit, in breitester chülle die ncue
Renaissauce nud scit dcn letzten Iahren nun in den Auslagen
der Silberschmiede flottes Rokoko, das selbst die Form des
Ritterhnmpens umsxielt, (!) Für künftige Geschlechter werden
derartige Arbciteu, pietätvoll in den Familien aufbcwahrt,
überaus lchrreich sein, Leidcr krankcn vicle diescr Lhrenpreise
an der Sucht, etwas möglichst Großes, in die Augeu Fallendes
vorstcllcn zu wollen, Ist es nötig? Bei eincm Lhrenprcise
kanu es doch nicht darauf ankommen, ob man ein Pfund
Silber mehr erhält, ein solcher Preis ist lediglich ein Symbol,
nnd als solches verlangt es eine liebevolle Durchbildung, die
nur die Aunst ihm verleihen kann, Mill man viel für sein
Geld haben, so muß man zu der Dutzeudwaare der Fabriken
greifcn, aber ein Lhrcnpreis soll doch etwas kfervorragendes
seinl rvenn irgcndwo, so ist hier die Aufgabc gcstellt, in
freier Lrfindung etwas Allnstlerisches zu schaffen, Be-
sondcrs erfreulich ist es zu sehen, wie die Lhrenpreise, die in
ueuester Ieit vom deutschen Aaiser vorliehen wurden, in diesem
Sinne ausgeführt worden sind, Unter anderem ein schöner
Schild mit kvappcnadler, von Liiud getrieben, Auch unter dcn
badischen und bayerischen Arbeiten befinden sich wahre Aunst-
werke, auch manchcrlci in den Schaukäftcn dcr Fabrikautcn, so
ein herrlicher Schild, von Vfterdinger getrieben, eine Statuette
des Aaisers nach einem Ukodell von Aaffsack u, a, m,

Die eigentlichen verirrungen der Aunst, welche sich für
Sportszwecke darin gefiel, eine Bowle als Stalleimer und die
Schöpfkelle als Iockeymütze zu gestalten, treten in der Silber-
arbcit entschiodeu zurück, kver aber glanben sollte, daß sie
überhaupt ausgestorben seien, der kann sich auf dieser Aus-
stellung cines Anderen belehren. Auf nnseren gewöhnlicheii
Industric-Ansstellungen und lvcihiiachtsmcssen pflegt cinc Inry
zu walten, welche uach strengen Grnndsätzen derartige Thor-
heiten von der Schwelle weist, Abcr darnm leben sie doch!
Sie leben alle, dieso pufeisen, welche Uhren, Iigarrenhalter
oder Aravattennadel sind, diese Regenschirmhalter ans Rädern
und Reitstöcken, die Sessel aus Peitschen und Iockeymützen,
die Schreibzouge, die wie Stalleimer, und die Thermometcr,
die wie peitschcu aussehen: kurz, wcnn oin Sportsmann den
ganzen ihm lieben Formenkrcis des Stalles in sein Zimmer
übertragen will, so bietet ihm das Auusthandwerk auch uuserer
Tage noch das vollständigste Register, bsier darf es sich ein-
mal an das Licht wagen und thut es mit seelenvergnügter
Schneidigkeit,"


Lprecksaal.

CMntcr sncblicber lDcranNvortung der Derrcn Linsender.)

Iii Sacheu: Ästhetische Begriffe,
Gclegentlich der Ausarbeiturig eiues Aufsatzes, in !
dem ich u. A, auch die Stellung der Ästhetik zu der Me-
taxhvsik uud Lthik in Betracht zog, drängte sich mir
beständig ein vergleich dieser drei mit den verhält-
nisseu des Raumes aus, ohne daß ich uäher darauf
eingegaugeu wäre.

Auch dem verfasser des Leitaufsatzes im (6. Stücke

d. Z, schwebt dieser vergleich vor, ohne daß er ihu
zur Ausführung briugt. Auch er ist gleich mir der
Ansicht, daß wie man bei einem Rörper Läuge, Breite
nnd Tiefe unterscheide, mau auch bei dem Schöuen
vou seiuen verschiedenen Dimeusionen reden könne
uud spricht wiederholt den kvunsch aus, sie durch be-
stimmte Ausdrücke bezeichnet zu seheu, Aus seiner
sonstigen Ausführung geht dann hervor, daß diese
 
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