Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Misch, Robert; Herrig, Hans: Das Wormser Spielhaus und die Volksbühne
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Artikel:
Vom Tage
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0081

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
S,D,

auch dadurch ausgezeichnet, daß die Schwaben selber
mit dem Gegenteil von Siegesbewußtsein an die
Sache gegangen und schließlich selber über die ge-
waltige Teilnahme, welche diese fand, verwundert
waren. Doch kanu ich diejenigen bserren, welche
etwa wegen der wachsenden Litelkeit der „Dilettanten"
besorgt sind, versichern, daß keiuer dieser wackern
Bürger deshalb „zur Bühne gehen wird"; die

Arbeit, welche ihnen die Vorbereitungen gemacht
haben, wird sie schwerlich dazu verlocken, wie denn
ein einziges Liebhabertheater sicherlich schon
mehr Unheil angerichtet hat, als sämtliche Aufführungen
meines Luther, und ihrer sind fast sechzig! In
dieser Beziehung dürfte auch lVorms keine Ausnahme
bilden; wollte ich boshaft sein, würde ich hinzusetzen:

dazu sxielten die lVormser viel zu gut!


Ibans Derrig.

Nundsckau.

Muslk.

*über „/Dusik betTieren uud betMeilscbeu"

veröffentlicht August tVeismann in der „Deutschen
Rundschau" (Gktoberheft) Untersuchungen, die vom
Standxunkte der Darwinschen Theorie ausgehen, ohne
die bisher über diessn Gegenstand veräffentlichten
Anschauungen auch von Darwin und Darwinianern
anzuerkennen. So wendet sich kveismaim gegen die
bsernahme der natürlichen sowohl wie der geschlecht-
lichen Zuchtwahl zur unmittelbaren Trklärung des
Musiksinns .— ihm ist er vielmehr gewissermaßen
„ein Nebenprodukt unseres Gehörorgans", das seiner-
seits „notwendig im Rampfe ums Dasein, deshalb
durch Zuchtwahlxrozesse hervorgerufen und zur
höchsten Vollkommenheit gesteigert werden konnte."

„Niemand wird der Ansicht beixflichten, daß die Lsand
des Menschen zum Ulavierspiel geschaffen sei, d. h.
daß sis so geworden ist, wie sie ist, damit der Ukensch
damit Ulaoier spielen könne. Sie ist vielmehr zum
Greifen und feinen Tasten gebildet, und da dies
sehr uützliche, im Äampf ums Daseiu sehr wertvolle
Fähigkeiten sind, steht nichts im Wege, die feinere
Ausbildung der ja auch bei Tieren vorhandenen
^and auf Zuchtwahlprozesse zu beziehen. Nun können
wir aber mit diesen Händen allerlei machen, was
nicht vorgesehen war — wenn ich mich kurz so aus- tveismann durch nähere Lrörterung der Frage:

sxrünglich gar nicht dazu bestimmt war, d. h. die nicht
aus der Notwendigkeit, daß wir gerade Musik em-
xfinden sollten, entstanden ist, sondern aus ganz
anderen Lrsordernissen." Nun wird über die Tnt-
wicklung des Gehörs gehandelt. Musik und
Musikanlage sind verschiedene Dings: die musikalische
Anlage beruht allein auf körxerlicher und geistiger
Beschaffenheit der Linzelnen, die Musik selbst zu-
gleich auf einem allmählichen Lntwicklungsvorgang
durch Überlieferung, durch das Vermögen, das <Lr-
rungene mitzuteilen und zu erhalten, und auf dem
Lrhaltenen weitcrzubauen. Lo ist, was auch hier
die ungeheure Überlegenheit des Menschen über das
Tier bedingt, nicht so sehr die größere Feinheit
seiner wenn ich so sagen darf: „musikalischen Grgane",
sondern der unendlich größere Reichtum dessen, was
diese Organe zu vermitteln haben, seiner Gefühle und
Ltimmungen sowohl, wie nach der formalen Leite
hin seines Schatzes an überlieferten Tonformen. — Zch
teile diesen kurzen Auszug aus einer noch mancher-
lei ziemlich eingehend besprechenden Abhandlung mit,
um solche, welche die Frage angeht, zum Lesen der
Arbeit anzuregen. Ligener Aritik enthalte ich mich,
doch nicht ohne wenigstens zu bemerken, daß sich

drücken darf — z. B. auch Rlavier spielen, uachdem
einmal das Rlavier ersunden worden war. . . Ganz
ähnlich, möchte ich glauben, verhält es sich mit dem
Musiksinn, überhauxt mit dem Runstsinn. Lr ist
gewissermaßen die geistige Hand, mit welcher wir
auf unserer Seele sxielen, eine ksand aber, die ur-

weshalb uns denn überhaupt die Musik Lust bereite,
Dank verdient hätte. Meines Lrachtens hat er in
dieser Beziehuug viel zu wenig die Untersuchungen
F. v. bsauseggers über „die Musik als Ausdruck"
berücksichtigt, von denen die Leser des „Runstwarts"
(vgl. Rw. I, 4:) ja wissen. M. w.

Vom Tage.

* Lnde November starb zn bsalle, 59 Iahre alt, der als
Dichter unter dem Namen Richard Leander bekannte be-
rühmte Rliniker und Lhirurg Geheimrat Richard von volk-
mann. Lr pflegte die jdoesie nicht als bloße Liebhaberei,
sondern mit dem pflichtbewußtsein, das eine angeborene Be-
gabung dem wirklichen Dichter auserlegt durch die Forderung,
ausgebildet zu werden — und so bot er mit seinen Gaben mehr,
als Spielereien. „Aus der Burschenzeit" ist in seiner Stimmung
ganz eigenartig, die „Träumereien an französischen Raminen"
verdienen ihre Beliebtheit, unter den „Gedichten" findet sich
manches oolle und echte. Ganz kürzlich hat der nun Ge-
storbene wie einen Scheidegruß seinen Freunden noch einen
neuen kleinen Band geschenkt: „Alte und neueTrou-
badour-Lieder" (Leipzig, Breitkops 6c lsärtel). Ls sind
nicht Übersetzungen, wie der verfasser selbst bemerkt, mit
einer einzigen Ausnahme sogar kaum Nachdichtungen, die er
uns giebt, es sind auch, zum Glück, zumeist nicht An-
empfindungen, in denen etwa der moderne Alensch das Un-
mögliche versuchte, im Lrnst als Troubadour zu fühlen und

zu dichten. Ls sind Romanzen und freie subjektive Dichtungen.
Dcn Reiz der halben lseimlichkeit hat sich Leander in den
letzteren zu Nutze gemacht, den wir empfinden, wenn wir
uns nicht offen und auch nicht in allem als wir selber
zeigen, dafür aber da und dort denn wioder unbesangener

Ligencs sagen dürfen, als sonst. !Dir legen das Luch mit

doppelter Mehmut im Andenken an dcn Geschiedenen aus
der lsand.

* „Lllkred /lldeissner — Frrmz Dcdricb" — als der
so bcnannte nud jetzt in allen Zeitungen besprochene Angriff
tzedrichs auf lNeißner erschien (Berlin, Gtto Janke), be-

schlossen wir, mit dcr Anzeige noch zu warten, bis auch der

andere Teil gehört werde — denn daß er durch den Mund
von lNeißners Schwager, des Rittmeisters Bayer (Robcrt Byr),
noch sxrechen müßte und sprechen würde, glaubten und er-
warteten wir Alle. Ietzt hat er's gethan. „Die Ant-
wort Alsred lNeißners" (lNünchen, Franzsche lsofbuch-
handlung) liegt vor uns.

Behauptung lsedrichs: ich bin „der alleinige und aus-

- ss
 
Annotationen