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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 4
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Alberti, Conrad: Sprechsaal: in Sachen: "Goethe und noch immer kein Ende"
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Aus der Bücherei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0071

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überwunden erklären und verlangen, vom deutschen
volke an seine Stelle gesetzt zu werden.

Gerade das Gegenteil ist wahr. Die Angriffs
auf Goethe sind von Seiten deutscher professoren, den
greisen Lehrern der deutschen Iugend, ausgegangen,
von Dubois-Neymond und vischer, und aus der Mitte
der Iüngeren heraus, durch Bleibtreu und mich, ist
das Andenken des Unsterblichen gegen diese professoralen
Angriffe verteidigt worden.

s)ch fordere daher den ^errn Anonymus auf, die
Beweise für seine Behauptungen beizubringen, welche
bezwecken, die „sZüngeren" als urteilslos und an-
maßend hinzustellen oder öffentlich einzugestehen, daß
er ohne sich hinreichend unterrichtet zu haben, falsche
Thatsachen behauxtet hat.

Die „s)üngeren" haben zu Goethe immer nur als
zu ihrem vorbilde Stellung genommen und dürfen sich
rühmen, zum richtigen verständnis des Goetheschen
Geistes mehr beigetragen zu haben, als jene Schaar
reiner philologen, welche in Goethe stets nur einen
Gegenstand für kleinlichste kvort- und Buchstabenkritik
sah. kvenn Bleibtreu ausführte, daß Laust, Lgmont,
die kvahlverwandtschaften, kverther dem modernen
Lmpfinden näher lägen als sZphigenie und Tasso,
und daß die moderne Literatur mehr an jene anzu-
knüpfen habe, als an diese, so wird kein billig Denken-
der darin eine verunglimpfung Goethes sehsn, sonderu
nur die sachliche Vertretung eines Standpunktes, dem
man eine Lxistenzberechtigung unmöglich absprechen
kann, denn ohne Zweifel zieht den modernen Dent-
schen das germanische Llcment in Goethe stärker an
als das hellenische. Lonrad Alberti.

In Sachen: „Die kastilianische Skulptur".

Linen Teil der „Botschaft an alle Rünstler" habe
ich als auch an meine Adresse gerichtet mit großem
vergnügen gelesen. Der „lyrische wahnsinn", wie
ihn der Verfasser selber nennt, hat auch mit nichten

meinen Spott herausgefordert: wer künstlerisch warm
empfindet, der wird Bahrs begeisterte Schilderuirg
sehr wohl begreifen, ob man sie gleich bei einem zu-
verlässigen Urteil lieber vermißt. was mich aber
einigermaßen an de» bezüglichen Ausführungen ver-
stimmte, und was mich, wenn ich so sagen soll, denn
doch „och abhalten könnte, ohne weiteres mein Bün-
del zu schnüren, um »ach valladolid zu wallsahren,
das sind einige Äußerungen lj. Bahrs über seine
Stellung zur plastik überhauxt. wenn er von ihr
— wie er sagt — bis dahin selbst in ihren gepriesenen
Meisterwerken niemals eine wirkung erfahren hat,
„die in die Tiefen der Lmpfiiidung tauchte", — wenn
seiner Ansicht nach der Marmor ohne Ljilfe des
Fremden (soll wohl heißen der Farbe) nimmermehr
zum letzten worte der Aunst gelangen kann, — und
wenn er endlich die Bildhauerei vordem „nur als
Glied der Dekoration, wie sie von den gotischen
Airchen und dem barocken Garten gebraucht wird" —
geachtet hat, so ist das ein ehrliches Zugeständis, aber
eine Thatsache, die sein Urteil über Bildwerke etwas
diskreditirt. Ls wird — denke ich — nicht allzuviel
Aunstwartleser geben, dis hierin mit ihm überein-
stimmen. Ich brauche darum auch kaum andere Be-
hauptungen wie: daß das Leben nur in der Farbe
sei, und: „wirklichkeit und Farbe, welche Natur ihm
verschließt, verMag kein Atarmor zu bieten" (etwas
unverständlich!) zu widerlegen. Tins aber kann ich
dem geschätzten Uritiker nicht ersparen. wer vor
eincm wirklich ächten plastischen Runstwerk — ich
nenne etwa den Sklaven oder die Nacht von Michel-
angelo — nicht den Lindruck hat, daß er hier einer
wirkung gegenübersteht, die in eben dieser ihrer
Ligenart von keiner anderen Runst erzeugt werden
kann, odsr ^wer vermeint, daß sie durch kjinzufügen
eines „Fremden" erhöht und nicht zersplittert würde,
der möge sich getrost sagen, daß die Ursachs hiervon
in ihm, nicht aber in der s)lastik liegt. G.

Rus der Wücderei.

HActbnücbtssckau. HAtr müsscn tür dte vret Mlcibnacbtsbckte deg „Ittunstvvarts" die Nbteilung „Nus dcr Kücberei" der Nnzcigc
von Mlerken vorbebultcn, die in bcsonderem klbasse »Is zu Festgescbenkcn geeignct gelten rrollen.

Darallel-Wtbel. Jn der verdeutschung durch vr. Martin
Luther nach der Vriginalausgabc von 154,5 mit neben-
stehender wortgetreuer Übersetzung nach dem Grnndtext.
(Gütersloh, L. Bertelsmann, M. 42, geb. M. 15--1?.)
lvir gedenkcn des Abschlusses, den dieses neue Bibelwcrk
unter der Leitung des Dekans Schmoller nnnmehr gefundcn
hat als eines auch für die Leser des „Aunstwarts" nicht nn-
wichtigen Lreignisses. Ist doch die Bibel, anch wenn wir sie
nicht als Vsfenbarungswerk oder überhaupt als religiös-sitt-
liches Buch betrachten, sondecn nur in Rücksicht aus ihre
dichterisch erzählende oder belehrende Form, noch heutc wie
vor tausend Jahren für jeden Gebildeten eine Schöpfung von
einziger lvichtigkeit. lver schult und erzieht nnsern Sxrach-
sinn, ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht, wie es Lnther
in nnserem lverdealter thut? Nichts aber ist auch sür dcn,
der den Geist sciner Mutterspracho recht verstehen will, lchr-
reicher, als der vergleich der Lutherschen mit einer wortge-
treuen Übersetzung — ja, wir glauben, daß auch den kühlsten
Gleichgültigen ein solcher vergleich zur staunenden Bewunderung
jener schier oinzigen Sxrachgewalt bringen muß, die Luthers
übersetzendes Nachbilden uns zeigt. Das ist nur eincr der
wichtigsten Gründe, welche das vorliegende Bibelwerk dem
wirklich Gebildeten emxfehlen — die andern liegen zu sehr
klar, als daß wir sie zu erwähnen hätten.

A-r Der G. I. Göschensche verlag in Stuttgart läßt es
. sich angelegen sein, billige und gute Ulassiker- und Nach-

klassikcr-Ausgaben herzustellen. Linen besonderen lvert
besitzen unter diesen „zferdiimnd Zkrelligratbs Gesammelte
Diebtiingen" (5. Anfl., 6 Bde., m. 10, gcb. m. 15) -
deshalb, weil diese Ausgabe die einzige vollständige ist.
Eine Biographie von Schmidt-Weißenfels leitet sie ein, das
Bildnis des Dichters schmllckt sie. Recht herzlich wäre zu
wünschen, dast.,Ldu.ird /lldörilics Gesammelte Lcbritten"
(8. Anfl., 4, Bde, M. 16, geb. M. 20) endlich dem herrlichen
Manne eine ljeimat in allen lsäusern gebildeter und einiger-
maßen wohlhabender Deutscher bereiteten, der noch jeden
echten Dichter oder Dichtungssreund begeistcrt hat, wie nur
ganz, ganz wcnig Begnadete nnter scinen Brüdern in Apoll,
und dem dennoch unser volk noch immer kühler und zögernder
gegenübersteht, als so vielen weit minder Würdigen. Die
einzelnen Bände der Ausgabe (I.: Gedichte, II.: Lrzählungen,
III, IV.: Maler Nolten) sind überigons auch cinzeln känflich.
Jn ihrer Ausstattung die schönste von allen und im verhält-
nis zum Gebotenen so billig, daß ein Privatmaun sich kanm
die gediegenen ljalzfranzbände für das Geld, das hier Band
und Inhalt zusammen kostet, horstellen lassen könnto, ist die
neue Göschensche Vriginalausgabe „Lessings Merkc"
<12 Bde., geh. M. <8, geb. M. 53). Sie ist „mit einer Aus-
wahl aus Lessings Briefen und einer Skizze scines Lebens"
von Franz Nuncker besorgt worden, der sich in einer ein-
gehenden Vorrede über die Grundsätze aussxricht, die ihn bei
seiner Arbeit leiteten. Der eigentümliche lvert dcr Ausgabe
 
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