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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 16
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Rundschau
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Koopmann, W.: Sprechsaal: nochmals: künstlerische Persönlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0263

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herv zegangen aus der Ronstruktion und deni Bau-
stoffe, und rvas persönlicher Geschmack des Meisters
gewesen. Auch der Laie wird einsehen können, daß
die Gesetze der Gtilifirung, der Anpassung der
Formen an das Gegebene (werkstoff, werkzeug, Um-
gebung) nur die natürlichen Gleise sind, in denen die
Schaffenskraft des Rünstlers sich bewegt, die Syntax
seiner Sprache, daraus er seiue Rede, seinen persön-
lichen Gtil erst bilden soll. Diese aber ist die bsaupt-
sache; sie ist Nhythmus, Gestalt, Farbe, durch diese
spricht er seiuen Aunstgedanken aus, einen Aunstge-
danken, der niemals durch die Frage erklärt wird:
was für ein L>til ist denn das nnn? sondern den nur
umsaßt, wer deu Nhythmus tönen hört, die Gestaltung
sich lebendig zusammenschließen sieht in einem Rampfe
gegen die ungeformte Uiasse des wertstoffes."

lDermiscdtcs.

* Grosse Nllgemetne Gartenbau-Nusstellung zu
MerllN. — Die Preisaufgaben erstreckten sich aus gärtnerische
Dekorationen in verbindung mit Architektur und dekorative
Gruppen, seruer auf pflanzenneuheiten, Vrchidecn, Gewächs-
hanspflanzen, Rosen, getricbene Blütensträucher, 5tanden- nnd
Zwiebelgewächse, abgeschnittne Blmnen und Bindereien in
frischem und getrocknetem Iustande, Baumschulerzeugnisse, Vbst-
zucht,Gemüsezucht, Landschaftsgärtnerei, Industrie, wissenschaft.

Die an erster 5telle gesetzte Aufgabe „gärtnerische De-
korationen in verbindung mit Architcktur" gab nns Liniges
zu donken. Die Gärtnerei solltc nicht blos die wohnung der
wohlhabende» innen und außen schmückcn, sondern <und dies
gerade wäre Sache der großen „allgemeinen" Gartenban-
Ausstellungen) Andeutungen darüber geben, wie dcr Garten-
bau aus sich selbst heraus der Allgemeinheit noch mehr dienen
könnte. Die „Dekorationen" in dein sür Ausstellungen ge-
botenen Sinne setzen ein großes vermögen voraus. Das
Kunstgewerbe einer schönen Nutzgärtnerei aber in verbindung
mit zweckentsprechend gebauten Städten und Dörfern, Stadt-
und Landhäusern, wie sie die weiten Areise der Bevölkerung
bewohnen, wäre etwas anderes — wir erinnern an den Auf-
satz „Unsere Gartenkunst", den der „Aunstwart" vor drei Viertel-
jahren brachtc (II, 20). Sie ergäbc eine allgemeincStiiscnleiter, um
Gartenbau und Architektnr in allen ihren Znständcn zn vcr-
binden. Und zwar in nmgekehrtem Berhältnis von oben nach
unten sich ergänzend, d. h. bei den Armeren die Nntzgärtnerei
als ksauptsache mit dem Luxus als Nebensache und bei dem
Reichen der Luxus im uodlesse obliZe vorau. Die russischen
Bauern erzengen mit den allereinfachsten Uiitteln großartige
Gurkentreibereien — wir habeu selbst zu solchcn Lrscheinungen
in Deutschland kaum Gegenstücke, und unsere Ausstellungen
sördern sie nicht.

Dies ist unsrer Ansicht nach nocb nirgends recht ernsthaft
ins Auge gefaßt und als ksebel sür den Gartenbau und die

volkswohlfahrt angestrebt. Denn selbst das Geinüse und Vbst
namentlich auf den Frühjahrs-Ansstcllnngen ist Lrzeugnis des
Luxus sür die reichsten Iehntausend, hat also aus große „All-
geincinheit" kcincn Anspruch. wir wissen ja recht wohl, daß
das wort anders, d h. iin Gegensatz zn Lokal-Ausstellungen
genomincn ist, aber wir möchten darauf hinweiseii, daß es gut
wäre, inan nähme es auch anders.

Dic Aiisschmückung und die Anordnung waren iin Großen
und Ganzen sehr gelungen. Das Prachtzelt des ptolemäus,
dem Thron gegenüber als Wanddekoration, wurde leider sehr
beeinträchtigt durch ebenfalls in feurigein Rot glühende Azaleen-
gruppen, Der Schloßhof init Freitreppe und Balkon machte
sich vortrefflich, ebenso die kleinen Baulichkeiten: villen, ve-
randen, Lhalets usw. Besondere Wirkung erzielte ein Saal,
der, mit einein blau und gelben Ieltdach überzogen, gedämpftes
Licht beruhigend nnd erfrischend verbreitete: ein Springbrunnen,
der fenchten wassecstaub vertcilte, paßte sich dieser Lichtstimmung
trefflich an, während Gemäldc des ksintergrunds den Blick in
weite, sonnige Gärten und Parks hinauslocken wollten. Die
natürliche Gruppirung von Rhododendron in einem andern
Saal ftach zn ihrem vorteil sehr gegen frühere steise Auf-
stellungen ab. Die Leistungen in dcr Treiberei zeigten sich
höchst achtungswert, besonders auch die der Rosen und zumal
deswegen, weil die witterungsverhältnisse im Frühjahr sehr
nngünstig waren.

Frühjahrs-Ausstellungen haben ihr besonderes Gepräge
durch die Art der zu dieser Zeit ausstellungsfähigen und aus-
stellungsfähig gemachten Pflanzen. Ts wäre auch deshalb
das Wort „allgemeine", auch wenn es nur für „international"
gelten soll, nicht zntreffend, wcil es vielen Gärtnern im Früh-
jahr uninöglich ist, etwas ausznstellen. Ls sollte eine dauernde
Ausstellung geben, ähnlich etwa dein Palmengarten in Frank-
furt, uin allen Ansprüchen gerecht zn werden.

Die Bindereien waren teils sehr geschmackvoll, teils sehr
geschmacklos. Prächtig, herzerfreuend stand da der deutsche
Strauß ncben drahtiger Alempnerarbeit. Reizende Bluinen-
körbe mit natürlicher Füllung neben solchen, die init der Plump.
heit ihrer vollsiopfnng an gefüllte Tauben erinnerten. wundcr-
volle einsache Aränze neben verschrobenen, wenn auch gewiß
schr schwierig zu bindenden Aissen nnd entsetzlich stilloscn
Aünsteleien aller Art.

Die Landschaftsgärtncrei war insbesondere durch viele
pläne vertreten. wir kennen nun freilich Gärtner, die kanm
cinc ?kizzc init Bleistift zu zeichnen vcrstehen, aber geschmack-
vollelandschaftliche Arbeiten liefern — und eingcwisses Mißtrauen
werden wir solchen Zeichnungen gegenüber selten los. Dariiber
vielleicht ein ander Mal. Die Wissenschaft hatte vieles und
Interessantes ausgestellt, welches wir als einen wcsentlichcn
Fortschritt begrüßen. Daß die Technik nicht zurückgeblieben
war und bestrebt ist, das Linfache nüt dem Schönen, Nützlichen
und Notwendigcn zu verbinden, das versteht sich. m—.

Lprecbsaal.

(Nnter sacblicber Verrlntwortung der Iberren Linscndcr.)

Nochmals: Uünstlerische persönlichkeit.
lVenn ich nicht einmal dafür Verständnis erwarten
darf, ob Nembrandtische Gharaktertiefe in Plastik über-
tragen werden könne, wird eine weitere Erörterung
zwischen bserrn kselferich und mir nutzlos sein. Linige
Punkte lassen sich aber doch auf dem beschränkten
Raum des chprechsaals wenigsteus streifen, und vor
Allem muß ich mich vor dem Vorwurf der „Blas-

phemie" verwahren, welcher mir erspart geblieben
wäre, wenn Herr ^elferich den Zusammenhang im
Auge beffalten hätte, in welchem ich das Denkmal
Friedrichs des Großen von Nauch mit dem Lolleoni
von verrocchio genanut habe. Durch diese beiden
äußersten punkte — wenn kherr kselferich es vorzieht:
unterste und höchste Stufe der Bildhauerkunst — habe
ich eine Reihenfolge plastischer Deukmäler zusammen-

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