Die Grundlage jedes musikalischen Uuterrichts muß
der Gesaug seiu, die Bedeutung, welche Intervalle
für deu Ausdruck haben, wird sich demjeuigen leicht
erschließeu, welcher sie in der Uehle bildet und dabei
deu gauzeu Apparat in Beweguug setzeu muß, deu
das Ausdrucksbedürfuis iu Auspruch zu uehmen pflegt.
Ls kommt dabei uatürlich auch auf die Art au, wie
der Unterricht erteilt wird. Au gemeiuschaftlicheu
Gesaugsübuugeu uehme» Iliuder meist mit großer Lust
teil. Sie dieneu auch iu viel höherem Grade, als
Iustrumentalübuugeu, dazu, das rhythiuische Gefühl
zu weckeu, welches die uuerläßlickie Voraussetzuug zu
eiuem lebendigeu musikalischeu Verstäuduisse ist. Die
Lhorübuugeu vvn Frauz wülluer siud, wie kaum soust
eine Schule, geeiguet, die Llemeute der Biusik iu
fruchtbriugeuder kVeise zu vermittelu. Das Studium
ihrer ersteu Abteiluug sollte swie dies z. B. bereits
im steiermärkischeu Musikoereine mit Lrfolg der Lall
ist) jedem Uuterrichte auf einem Iustrumeute vorher-
gehen. Lortschreiteude rhythmische uud Gehörsübuiigen
müßteu dauu den gauzeu musikalischeu Uuterricht be-
gleiteu. Der rhythmischeu Ausbilduug wird überhaupt
zu wenig, ja, mau kauu sagen, gar keiu Gewicht bei-
gelegt, mau mttßte deuu etwa deu Tauz- uud Lecht-
unterricht, welcher sich in deu Lehrpläueu maucher
Aiusikschulen vorfiudet, als eiuen Lrsatz dafür auf-
fasseu. Das Studium des Generalbasses wird dadurch
zur trockenen Theorie, daß dabei der Rhz-thmus keiue
Berücksichtiguug erfährt. Toufolgeu offeubareu ihre
Gesetze dem Vhre uur dauu vollstäudig, weuu sie
auch iu ihrer rhythmischeu dluorduuua erkanut uud
als Melodieu erfaßt werden können. Der tVust von
Regeln, mit welchen das Gedächtuis belastet wird,
führt dem Schüler auf Umwsgeu das zu, was ihm
eiu durch eutsprecheude Übung geläutertes Gehör uud
rhythmisches Gefühl in ebenso leichter wie fruchtbarer
Meise lehreu. Auch auf dem Gebiete des Unterrichtes
soll die Regel der Erfahruug folgeu. Uuzulässigkeiteu,
welche sich dem sich immer mehr schärfeuden touischeu
uud rhythmischeu Gefühle des Schülers offeubareu,
werdeu iu gleichem Maße in ihm dis Lrage uach deu
Regeln zu ihrer Vermeiduug erweckeu. Dauu aber
wird ihm die Bedeutuug dieser Regelu auch wirklich
verstäudlich werden.
Nebeu eiuem die Ausbilduug vou Lertigkeiteu uud
Zuwenduug von Reuutuisseu kjaud iu Lsaud mit der
Bilduug des Gehöres uud rhythmischen Gefühles ver-
mitteludeu Uuterrichte, also ueben der Aueignuug von
Dicbtung.
Nund
» von der theoretischen Einleitttng, die Aulius Dart seinem
neiieii Gedichtbuche „Komn üum" vorausschickt, habcn wir im
vorigen bjefte gesprochen. ljart greift nicht das Alte an,
sondern das llnechte: was er von der „Lprik der Zukunft"
sagr, kann vou der Lyrik jeder Zeit gesagt werden und von
der Lyrik der Gegenwart selber da , wo sie wirklich jdoesie ist,
nicht anempfindende Nachahmung also, wie etwa unsere Butzen-
scheiben- und Nagantensingerei oder unsere kkassizistischen
LornikHufteleieii, sondern aus der Tiefe des Ligcneu herans
geschasfener Ausdruck des Lmpfindens, Denkens, Sehens der
dichtenden Persönlichkeit. Um von einer „neuen" Tyrik ini
im eigentlichen Sinne sprechen zu können, müßten wir ein
Ausdrucksmittelu muß auch auf die Wacherhaltuug
des Ausdrucksbedürfuisses Bedacht geuommen werdeu.
Ls muß stets dlureguug geboten werdeu, sich küustlerisch
zu bethätigen. Die angeeigneten Mittel müssen eine
Verweuduug findeu, die ihrer eigentlichen Absicht ent-
spricht, sie müssen sich einem inneren Drange zur ver-
füguug stelleu. Mau hat dies dunkel empfuuden und
allerlei Gegeustände dem Schulplaue uuserer Aouser-
vatorien eiuverleibt, als Ästhetik, Literatur- uud Musik-
geschichte u. dgl. Mit Recbt betont Arthur Seidl, daß
Paragrapheuunterricht uud akademischer Aathederoor-
trag der iuuersten Natur eiues eutsprechenden Musik-
uuterrichtes zuwiderlaufen. Nicht als ob der musika-
lische Unterricht auf Bildung iu einzelnen Lächeru be-
schränkt bleiben dürfe; ganz im Gegenteile. Allge-
meine Bilduug muß dem Auustjüuger vermittelt werden,
diese muß aber in unmittelbare Beziehuug zur Ent-
wickelung seiuer künstlsrischeu Autriebe gebracht werden.
Geschichte und Mythe sollen seine Legeisterung für
großs Thaten, seine Bewunderuug gewaltiger <Lnt-
schlüsse und mächtiger Lmpfindungen wachrufen, Be-
trachtuugen der Natur oder msnschlicher Schicksale
sollen seins Stimmuug beeinsiussen; ist er schöpferischsn
Zmpulsen zugänglich, so solleu sie ihm durch die Be-
handlungsweise solcher Studien geboten werden. Die
erworbene Lertigkeit soll dem Talente stets zur kjand
sein, solchen Zmpulsen deu seiner Lntwickelungsstufe
angepaßten Ausdruck zu geben. Andererseits sollen
Lludien unserer Meisterwerke, welche systematisch vor-
zunchmeu sind, stets begleitet sein von Mitteilungen
über Thatsachen, welche auf dereu Lntstehung und
Tharakter Linfluß geuommen hatten, sowie von Lr-
örterungeu, welche den musikalischen Aufbau betieffen,
und von ksiuweisuugeu auf Schönheiteu uud Ligeu-
tümlichkeiten des Werkes. Bei diesen Gelegenheiten
habeu Ästhetik und Aunstgeschichte einzusetzen; so nur
werden sie befruchtend wirkeu. Stets soll als Ziel
im Auge gehalten werden, Schüler zu bilden, welchen
die Musik ein befruchtendss Llement in ihrem geistigen
Lntwickelungsprozesse werde, derart, daß sie ihr ganzes
IVesen erfasse und alle Äußerungeu desselbeu läuternd
beeinflusse. Die Musik soll den Deutschen werden,
was ^ den Griechen war, kein Lach, kein
einzelner Missenszweig, sondern der Znbegriff eincr
der Ligenart des Volkes entsprecheuden, diese zu den
lichten ksöhen harmonischer Lmpfinduugs- und Aus-
drucksweise leiteuden Bilduug.
Frtedrtcb von Dausegger.
sckau.
iieues Prinzip der LLrik aufstellen, ein neues Wefen dieser
Dichtungsart erkennen. Wenn nicht, fo handelt es sich nur
um die Anwendung des uralten Grundsatzes der künstlerischen
^ Wahrheit, der kennzeichnenden Lchtheit des lVerkes für das,
. was es darstellt. Das ist in der Lyrik der Dichter selber mit
all den vorstellungen nnd Gefühlen, die ihm Gsist und iöerz
bewegen. ifart verlangt, wie jeder vernünftige, die „Lyrik
der Zukunft" einfach als echte Tyrik, also als den Ausdrnck
der neuen jdersönlichkeiten, wie die neue Zeit sie bildet, und
der Welt, wie sie in deren Aöpfen und kserzen sich spiegelt.
Auch seine Dichtungen selber beweisen das. Ls ist keine
Lxperinientaldichterei nach neuen Rezepten darin, wie man
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