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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 13
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Rundschau
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Spitteler, Carl: Sprechsaal: Widmungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0216

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samtbilde zu vereinigen, in dem sie uns jetzt die Lrscheinung
einer ganzen Bevölkerung von hellenistischer Kultur durch eine
Fiille der interessantesten Gestalten vor Augen stellen."

* über Dumor und Aomlk in der griecbtscben
Ikunst veröffentlicht ein Uugenannter eine Abhandlnng in
den „Grenzboten" (7, 8>, die an der Ljand zahlreicher Bci-
spiele zu dem Lrgebnis kommt, „daß in der antiken Aunst
Aomik und lsumor sich auf den mannigfaltigsten Gebieten
geltend machen. Wir finden ebenso den harmlos naiven
ksumor, der sich der komischen lvirkung kaum bewußt ist, mie
die absichtliche lvahl komischer 5toffe oder die humoristische
Behandlung ernster Gegenstände. Mannigfaltigkeit in der
Grfindung, charakteristische Behandlungsweise, treffender Mtz,
das sind dic tsauptoorzüge, die die antikc komische Annst,
welche ihre Stoffe in der Götter- uud lseroenwelt, wie bei
den gewöhnlichen Sterblichen sucht, namentlich auszeichnen.
Große Meister, die sich besonders auf dies Gebiet geworfen
und dadurch Ruhm erlangt haben, wie etwa in der modernen
Nialerei ein Teniers, Vstade, lsogarth usw., hat die antikc
Aunst freilich uur wenig aufzuweisen, aber dafür war das
Talent für komische Darstellung unter den gewöhnlichen
Meistern des ksandwerks und der Aleinknnst allgemeiner ver-
breitet, als in der Gegenwart. venn ein Stück Aünstler
steckte in jedem griechischen lsandwerker, und wie ein Abglanz
der klassischen Schönheit eines Phidias selbst in dem schlichtesten
vasenbilde eines attischen Töpsermeisters des fünften Iahr-
hunderts noch zu erkennen ist, so blitzt auch in den einfachen
Schöpfungen nicht selten ein Funken aristophanischen Mitzes
oder menandrischen Geistes auf."

Ilnmstkandwerk.

* „NM' scbieker Lbene?" fragt unser Aunst-
gewerbe wieder Liner, I. j) ahlen, — in einer Llugschrift
(Berlin, Llemann), deren Geist sich in dieser Zusammen-
fassung kennzeichnet: „Auf dem sicheren Lundament
eines bestimmten Stiles, der deutschen Renaissance,
hier und da unterstützt von der italienischen Renaissance,
erhob sich das stark versumxffte deutsche Aunstgewerbe
in der kurzen Zeit von kaum einem Zahrzehnt bis
zur bsöhe einer imponirenden Nationalmacht. Zum

kleinen Teile infolge der Unfähigkeit, den sehr aus-
bildungssähigen Stil weiter zu bilden, hauptsächlich
aber infolge der gedankenlosen Nachäfferei alter Nluster
entwickelte sich eine Aonkurrenzhetze ohne Scham und
Scheu. Line Reihe von Laktoren, die berufen gewesen
wären, dem entgegen zu arbeiten, unterstühten sie,
teils aus Unfähigkeit, teils aus Geldwut und teils in-
folge des eigentümlichen Dinges, das wir Bildung
nennen. Die produkte wurden gleichzeitig größer und
doch billiger. Zu dem Zwecke hatte man sich einen
Unsinn aus Schnörkelblättern zusammengesetzt, den
man mit dem Namen «barocker Btil» bezeichnete.
Da dieses Zeug nur der Unfähige zu machen ver-
stand, so zogen sich die besten Aräfte zurück, wurden
vertrieben oder gingen künstlerisch zu Grunde. Rlit
notwendiger Lolge entwickelte sich aus der ksetze nach
Gräße und gleichzeitiger Billigkeit die Griginalitäts-
hetze, unterstützt gerade vou dem besseren, gebildeteren
publikum. Zn logischem, schnellem Lortschritte führte
dieselbe zur Tollheit und jetzt stehen wir auf dem
punkte: Da die fähigeren Llemente gerade aus den
wichtigsten Zweigen des Aunstgewerbes zum Teil ver-
schwunden sind, so jagt der größte Teil der Zurück-
gebliebenen noch immer vsutro L tsrrs der «Gri-
ginalität» nach, in je verrückterer, dümmerer Art die-
selbe erhascht wird, desto besser. Die feinfühligeren
Llemente, sowohl des produzirenden wie auch des
kaufenden Teils, sind stutzig geworden und verlangen,
zum Teil schon energisch, nach Linfachheit, Bolidität
und Stil. Das Ausland steht auf dem punkt, seine
bisherigen deutschen gZuellen aufzugeben und sich
anderen Ländern zuzuwenden. Gb wir zurückgreifend
uns wieder eine solide Grundlage schaffen, ob wir
sie fortschreitend erreichen — mir soll's gleich sein.
Lin imponirendes, solid fundirtes Aunstgewerbe ist ein
so notwendiges Lrfordernis des deutschen Reiches,
daß ein versinken desselben in den Bumpf der platten
Bedeutungslosigkeit ganz einfach nicht gestattet werden
kann." Schön gesagt und richtig. Aber die Lrage
ist, wie man, wenn man's „nicht gestattet", seinem
Verbote Geltung schafft.

Lprecdsaal.

(Mnlcr sacbltcber Verantvvortunci der Derren Ltnsender.)

lV i d m u n g e n.

vor mir liegt ein halbes Dutzend im vergangenen
Zahre erschienener und von verschiedenen Verfassern
geschriebener Bücher, welche sämtlich mit einer lVid-
mung „An meine Rlutter" versehen sind. Da ist es
wohl am jAatze, ein lVort, das wis ich vermuten
muß und hoffen darf, schon oft gesagt worden ist,
nochmals zu sagen.

Bücher, die man drucken und durch eine verlags-
handlung kreuz und quer in die unbekannte lVelt ver-
breiten läßt, sind eine Angelegenheit der Geffentlichkeit,
nicht der Lamilie. lVeder die Mutter, noch die Lrau,
noch die Tante des Verfassers kommt hier in Betracht.
Daß ein erwachsener Rleusch, wenn er das unschätz-
bare Glück hat, seine Rkutter noch unter den Letzenden
zu besitzen, ihr seine besten Gefühle der Liebe, Lhr-
furcht und Dankbarkeit widmet, versteht sich von selbst,
ist auch kein Dichtergeheimnis. Lin j)arlamentsredner
giebt an Lamilienpietät dem Schriftsteller nichts nach;

dennoch fällt ihm nicht ein, eine Rede über die Zucker-
steuer mit einer Anhänglichkeitsfloskel an die Adresse
seiner liebsten Angehörigen einzuleiten. Zch verstehe
ja und achte die Gesinnung, ich fühle sogar mit, ich
lasse mich willig rühren und schließe überdies aus der
lVidmung auf die Gutartigkeit und Liebenswürdigkeit
Beider, des Verfassers und der Rlutter. Ls würde
mich aber ein ähnlicher pietätsausdruck auch am
j)arlamentsredner rühren. lVarum thut der j)arla-
mentsredner nichts derglsichsn? lVeshalb läßt er sich
diesen vorteil entgehen? lveil er ein größeres Takt-
gefühl besitzt, weil er spürt, daß man der Gffentlich-
keit nicht vertraulichkeit, sondern Lhrerbietung schuldet.
Line Nation ist ein zu erhabener lVert, um als Rlünze
für ein Lamiliengeschenk zu dienen, und das jZublikum
eine zu hohe person, als daß man ihm zumuten dürfte,
sich in seiner Gesamtheit in unbestimmter Richtung
nach einer unbekannten Dame zu verneigen, wie ehr-
würdig dieselbe an sich sein möge. Zch weiß nicht,




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