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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 3
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Rundschau
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0049

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zahlte, ist unwahrscheinlicb. Dagegen ist es ziemlich
wahrscheinlich, daß eine Subskrixtion, besonders wenn
ste von einstußreicher Aeite befürwortet wird, nicht
ohne -Lrfolg bleiben wird. Der Büynenkartellverein,
welcher stier eine Gelegenheit findet, seine oft be-
wicsene Linmütigkeit zum ^eile der Aunst zu be-
währen, verxstichtet sich, von den Linnahinen aller j
tantismefreien GpLrn t v. Ls. an den Baufonds ab-
Zuliefern." Vereine, insbesondere gerade die Wagner-
^ereine, die jetzt nach Neitzels Meinung „Propaganda
für eine Bache machen, die deren - gar nicht mehr
bedarf", fänden nach ihm hier ein weites und frucht-
bares Feld ihrer Thätigkeit. Sie „hätten auf lange
Iahre Beschäftigung, wenn sie zunächst einmal die
Anforderungen an eine gute Mxernaufführung klar-
stellen, den dramatischen Gehalt der Gperntexte er-
örtern und endlich in der pflege der Rammermusik
den abgeftumpsten Binn für musikalische Formschönheit
erwecken wollten. Mit der Ansammlung des Ber-
mögens für die deutsche volksoper darf jedoch nicht
eher innegehalten werden, als bis nicht allein die
Baukosten, sondern auch die vollständigen Betriebs-
kosten für die ersten drei sZahre gedeckt sind. Denn
da das Unternehmen sich zunächst gegen die herrschende
Mode richtet, so ist anzunehmen, daß es erst nach
und nach sich hinlänglich in der Gunst des j?ublikumu
befestigen wird, um ausschließlich durch dieses erhalten
werden zu können. Die weitere Mrganisation würde
wcnig Schwierigkeiten bieten. Die Stifter des Ge-
bäudes, die Direktoreu der Aartellbühnen und die
Vorstände der Mpernvereine treten zu eiuem Ausschuß

zusammen. Sie einigen sich zunächst über den platz
des Theaters und berufen sachoerständige Architekten,
um sie über den Bau und die Linrichtungen des
Bühnenhauses zu HLre». Der Bau wird bewerk-
stelligt. Der Ausschuß eruennt einen Mpernleiter.
Derselbe wählt den Negisseur und den Aapellmeister
^ und hat diese vom Ausschuß bestätigen zu lassen.
Die Zusammenstellung des personals wird von dem
Gpernleiter unter ksinzuziehung seines Negisseurs und
seines Aaxellmeisters besorgt und bedarf keiner Be-
stätigung seitens des Ausschusses. Lin Iahr, beoor
die wirklichen Aufführungen beginnen, vereinigt sich
das personal zu den j)roben, in welchen der Gxern-
leiter und seine Beistände die ausgewählten Gpern
in dem mustergültigen Sinne erläutern und in vor-
proben einstudiren. Dieses erste probejahr ist nötig,
damit die Rünstler sich in die neuen Anforderungen
des Bühnengesanges zu rechter Zeit einzuleben Ge-
legenheit erhalten. Nach Beendigung des Sxielmonats
tritt der Ausschuß zusammen und ernennt den Gpern-
leiter für das nächste Zahr." „Mir haben," so schließt
der Verfasser, „freimütig die Gebrechen gezeigt, an
denen die heutige Gper krankt. wir haben einen
weg zur bseilung vorgezeichnet. Das deutsche Volk
hat schon oft schwerere und weniger ersprießliche
Aufgaben gelöst, als die von uns beschriebene. Ge<
lingt es, sie zu verwirklichen, so ist ein bedeutender
Schritt zur Hebung eines Runstzwsiges geschehen, der
bis jetzt verkümmert darniederliegt, der deutschen Gper,
ja, ein Schritt zur Lrstarkung des deutschen volks-
bewußtseins."

Vom Tage.





* Line dentsche Sprachakademie will ein in Paris
lcbcnder Deutscher, kserr bseinrich Arohn, auf seine eigenen
Aosten begründen. „Die Akadeinie soll die deutsche Lxrache
ausbilden, feststellen und zur Weltsxrache machen, wie die
^eaäeiuie lrau^g.iss es für die französische Sprache gethan.
Die Regierung soll den Akadcmikern kein Gehalt geben. Der
Derkauf der lverke der deutschen Akademie, durch das Reichs-
wapxen ausgezeichnet, sichert derselben ein bedeutendes Lin-
koinmen. lvenn die bisher gewährten tvoooo Mk. zur
Griindung der deutschen Akadcmie nicht ausreichcn, so ver-
pftichte ich mich, das Fehlende zu beschaffen." Eine solche
Äpferfreudigkeit fllr einen geistigen Zweck ist gcwiß aller
Achtung und Anerkennung wert, ob aber die von ljerrn
Arohn geplante Akademie der Sacho zum Segeu gereichen
würde, ist cine Frage. Wir glauben sio aus jenen Grün-
deu verneinen zu müssen, die Gtto Lyon s. Z. in der „T.
Rschau" svergl. Aw. II, 2) und im „Uunstwart" selber (II, (2)
eutwickelt hat.

* Auf die nach unserer Uberzeugung sehr nngewöhnliche
dichterische Araft Ularia Ianitscheks haben wir schon
Nuher (i^ m einem eigenen Aufsatze hingewiesen. Uiit
^tticin zyklischen IVerke „Verzaubcrt" (Stuttgart Spemann),
üud^ Dichterin jetzt „einc Herzoiisfabel in vcrsen". Ts

die Aämpfe eincr Frau, in der zum Freunde ihrcs
tt ten eine Lcidenschaft erwacht, die Ularia Ianitschek gleich-
iii n'^ ^Zebuchforni, tz, h, Niederschriften des leidenden
s ii, dichterischer Form schildert; die kseldin versöhnt

.ittm ivchliisse die entzweiten Frcunde und tritt selbst weg von
> ?nen, fern von Beiden, entsagend, für Andere zu leben. Ls

ist eine iiberzeugende Araft in diesem Bnche, die vielleicht
nur von einer so hochbegabtcn Fr an ausgehcn konnte: cin Nkann
würde sich schwerlich in solcher Weise in den Geist gerade
einer solchen kjeldin versetzen können, denn die behandelten
Scelenvorgänge sind dann und wann nichts weniger, als einfach,
und die Stimmungen, aus dencn sie sich zusammensetzen, oft
ganz eigentümlich weiblich. Sich in dem zu zeigen, was wir
an ihr bisher am ksöchsten geschäht haben, im breiten ksin-
malen mächtig-kühner jdhantasieanschauungen, findet Uiaria
Ianitschek in „Vcrzaubert" keinen Anlaß, und vielleicht liegt
es nur daran, nnr an einem falschen „Linstellen" unserer
Lrwartungen also, daß der Eindruck der Dichtung hinter dem
ihrer früheren beidcn Bücher sür uns immerhin znrückblicb.

* Utax Lugen Burckhard bietet uns mit seinem
romantischen Gedicht „Das Lied vom Tannhäuser" (Lcipzig,
I. Alinkhardt) den Daseinsbeweis eines bisher noch unbe-
kannten frischen und mutigen dichterischen Talentes. Das
wagnis, den bereits unzählige Utale behandelten Sagenstoff
noch einmal zu bearbeiten, ist ihm so gut gelungen, daß der
Leser nirgends gelangweilt wird. Gerade im Augenblicke
scheinbarer Rettung, wo sich das gute jdrinzix (dio heil. Iung-
frau) Tannhäusers erbarmt und das böse (venus-ksolda) ihn
bedingungswcise freigiebt, hat sich der Schicksalsknoten unlös-
bar verschlungen. So zeigt der alte Stoff neue Seiten. Und
von da an, wo Tannhäusers Bild mehr und mehr Faustische
Iüge annimmt, hebt sich die Lrzählung bis zur tragischen
Lsöhe. Niemand, der Sinn für Poesie hat, wird die letzten
Gesänge ohne das Gefühl läuternder Lrschütterung lesen. —
Das Gedicht ist reich an schönen Schilderungen der Natur,

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