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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 19
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B: Sprechsaal: in Sachen: Widmungen
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Aus der Bücherei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0312

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ein 5ammler einmal eine Handooll der schnnrrigsten
Dedikationen auch aus der Gegenwart zusammen,
wie sie sich in der von Spitteler erwähnten Bücher-
klasse sindeiu

Des weitercn kominen noch jene Fälle in Betracht,
in denen andere personen, als der eigentliche ver-
fasser, noch großen Anteil an der Lntstehung von
Büchern haben, — sei's, daß sie den versasser ange-
regt, daß sie ihn in der Arbeit unterstützt, sei's, daß
sie ihm die materielle Aiöglichkeit zur Arbeit verschafft
oder gesichert haben. Der Autor fühlt sich verpslichtet,
diese mittelbare Urheberschaft oder Mitwirkung irgend-
wie auszudrücken, Und er findet häufig keine andere
Form, als die der Midmung.

Schließlich kann ja doch thatsächlich ein ganzes
Buch, z. B. ein Gedichtbuch, ebenso wie ein einzelnes Ge-
dicht an eine person gecichtet sein. Ljier gehört die
Dedikation nicht nur zum Titel, sondern sie ist unter
Umständen der einzige richtige Titel.

j)m Allgemeinen, glaube ich, gilt demnach dieses
Gesetz: Besteht irgeud ein geistiger Zusammenhang
(wenn auch der feinste und nur eben erkenntliche)
zwischen der Vidmung und dem Znhalt des Buchs,
nach Lharakter, Form, Tendenz, lassen sich also Be-
ziehungen herstellen von der j)erson zum Buch, vom
Buch zur person — dann ist die Vidmung auch
berechtigt, dann ist sie ein Teil des Buches.

B.

Aus der Wücberei

v/: Grapbiscbe L.itcratur-Gatol. vie dentsche Literatur
uiid der Linftuß fremdcr Literaturen auf ihren verlauf von
Beginn oiner fchriftlichen Uberlieferung an bis hento, in
graphischer Varstcllung von Läsar Flaischlen. (Stnttgart,
G. I. Göschen, Nk. 2). — Fachgelehrte werden mit dicsem
Oersuche, auch hier die Nrethode der tluschauung einziiführcn,
nicht vicl anzufangen wissen: jede feincre Aonnzcichnung der
literaturgcschichtlichcn Porioden nnd nun gar ihrer persönlich-
kciteu vcrbictet sich in ihm. Aber für wcitere Areise giebt
Flaischlcns Bersuch doch mehr nls eine Spiclcrei: ein Bc-
schauer, der die Tafel cum z;rauo salis aber doch mit gutem
tvillen ansieht, wird in ihr cin Rcpetitorinm seincr literar-
geschichtlicheil Aenntnisse ijicht nur, sondern auch cine höchst
anregende Nbcrsicht erkenncn, die cben, weil sie wirklich eiue
Übcrsicht lst, weil sie wirklich ein Bild gicbt, sich auch vor-
trefflich einprägt. Zuin mindestcn ist er sehr sortbildungs-
fähig, dieser versuch, den Flaischlen mit sehr viel Fleiß
nud Aenntiiisscn iintcrnommcn und mit klarcm Bewußtsein
von scineu Nkäiigeln vcröffentlicht hat. Natürlich bleibt hier,
wie in der Litcraturgeschichtsschreibung, noch immer sehr viel
dem eigenen Lrmcssen überlassen, und jeder Aundige wird
dies oder jenes seiner Benrteilung cntsprechend geändert
wünschcn. kkns ffel am meisten anf, daß Flaischlen dio jüngeren
Linflüsse vom älteren deutschon Schrifttum her gar nicht
berücksichtigt hat. 5chr erivünscht wärc, die Zeit seit Anfang
des vorigen Iahrhunderts noch einmal in größerem klkaß-
stabe ebenso dargestellt zu sehon und dann vielleicht zugleich
mit den „Parallelströmen" der französischen und der englischen
Literatur.

Ä/t Wrtcrmccbscl zwiscbcn Nldvritz von Lcbwtnd
und Ldnrrrd /Ibörike, mitgcteilt von I. Bächtold. (Leipzig,
verlag des literarischen Iahresberichts, A. Seemann'. Aus
den Lcbensbeschreibuiigcn Lchwinds und Nkörikcs wußte man
schon längere Zeit, daß der große österrcichische Nkaler und
der große schwäbische Dichter trotz ihrer späten Bekanntschast
treue Freundschaft gcschlosscn nud gehaltcn habcn. In Nkörikes
Lebensbild, das Notter nach dessen Tode veröffentlichte, heißt
es: „Es waren zwei völlig anfeinander angelegto Naturen,
und beide Nkänner traten in einen Briefwechsel, der wohl
der veröffentlichnng wert sein würde." Ietzt hat ihn uns
der Züricher Litcrarhistoriker Bächtold als Leitenstiick zu dem
Briefwechsel zwischen Nkörike und bjcrmann Aurz bescheert.
Leider sind von Nkörike nur füuf Briefe erhalten, die übrigen
(gcgcn zo) stammen von Lchwind. Sie sprudeln von »nmittcl-
barcr sdoesie, köstlicher Laune, gemütvoller Innigkeit nnd oft
derbem Sarkasmus. Der gauze Schwind lobt in ihncn. Der
Nkaler arbeitete gerade in den Iahren der Freundschaft zu Nkörike
an seinen großen kverken, wie an den beiden Freskenfolgen
für das ncue Gpcrnhans in kvicn und an dem Nkärchen von
dcr schönen Nkelusine. Nkancherlei hören wir über diese kvcrke,
vieles auch über die köstlichen Zeichnungen zn Nkörikes
Dichtungen, die gerade entstanden, und von denen dem Buche
eiuige in jdhotographiedrnck beigegebeu sind — wic übrigcus
auch ein trcfflichos Bildnis Nkörikes im Schattcnriß von der
kjand Aonewkas u. a. Ls ist cin ganz auserlesener Gcnuß,
die beiden kniistbegnadoten und innig verwandten Natnren

im gegenseitigen Gefallen aneinander sich zwanglos hingeben
und aussprechen zu hören.

*

-«> Nkit lllunstblättcrn in Illndirung nnd ipbow-
grnvüre hat sich wohl noch kein jnnger verlag mehr unter
dem Zeichen der Gediegenheit eingeführt, als der von
Iaeqnes Tasper in Berlin, von dessen Lrstlingsblättcrn
uns heute cine Anzahl zur Beurteilung vorliegt. Sie ver-
dienen samt und sonders die Becichtung gerade derer, die ein
längerer verkehr mit der Aunst zu Aennern in gutem Sinne
gemacht hat. kvir ncnnen zuerst ein kverk des schottischen
Nkalcrradircrs kkkilliam Strang, „Nach der Arbeit'tz das
aus der Ausstetlung der Itoval 8oeist)- ok Naiutsr-Ltcbers sehr
rege bcachtet wurdo. Lin klrbeiter und scin lveib, anf dem
Felde ausruhend, dunkel abgehoben vom Abendhimmel —
dargestellt in jener wundersam stimmungsvollen Linfachheit
Nkillets, dem Strang nachstrebt, radirt init vorzüglicher Technik
zu brcitcn nnd doch feinon malerischcn Reizen.' kvollten wir
keunzeichneii, worin der lvcrt des Auiistivcrks bcruht, wir
müßten noch einmal schildern, was die Nkeister von Fontaine-
blean erstrebten, wir müßten es anf die Aufgabe anwenden,
die der Aünstler sich hier gestellt hat, und könnten dann nur
sagcn: hicr ist das Gewollte erreicht. lvird Strangs Bild in
seiner Sprödigkeit immerhin nur von verhLltuismäßig kvenigcn
gewürdigt werdcn, so finden zwei LandschastsblLtter nach
französischen Nkeistern in Nadirungen von Fritz Arostewrtz
sicherlich ein größeres publikum. Narcisse Diaz, dessen
kvaldlandschaftcii mit Farbenglanz und Sonncngold sich fo
kräftig ins Gcdächtnis hineinspicgeln, macht dem Radirer
seine Arbeit nicht leicht, zumal wenn dieser so gewissenhast ist,
sich nicht dnrch kkbcrtreibnng der Tonwerte nach hell und
dunkel hin mit einer größeron Fülle von Aontrasten auch
größere Lffekte zu verschaffen, die dann doch falsche sind. Der
dentsche Radirer hat ein sehr ansprecheudes, harmonisches
Blatt geboten. Für jene Radirung, durch die er Iules
Dupres „Vor dem Sturm" wiederschuf, bot sich ihm aller-
dings ein Stoff dar, der der Radirknnst noch mehr Gelegen-
heit zum Aufweiseu ihrer Vorzüge brachte. Tin herrlicher alter
Baum, etwas kjaideland, Feld, Tümpelwasser nnd ein Stück
lveg, auf dem ein Bauermvagen eine Steigung überwindet
— der lvagen wird erhellt von einem Sonnenblick, der durch
die aufziehenden kvolken niederschießt —: alles gemalt mit der
Phrasenlosigkeit jcncr Aünstlerschule, dic die frauzösischc Land-
schaftsmalorei reformirto. In außerordentlich kräftiger Technik
vollendete hier Arostewitz ein auch als Radirnng hochmalerisches
Werk. — Line bis jetzt in Dentschland, so viel wir wissen,
als bestimmte Gattung überhanpt noch nicht bczeichneto Art
der vervielfältigenden Aunst ist die „dnrchradirte Photogravüre".
Iacques Tasper scheint ihr besondere U.eilnahme zu ividmen;
er ist mit einer Anzahl beachtenswertcr Blätter hervorgctreten.
In Stiicken wie „8alve rsZiua" nach Nkorelli, dem gefeierten
kjaupt der Neapolitaner Nkalerschule, der leseuden Rokokodamo
nach Lonti und dem „Bittgcsuch" nach kjarburger sind
der erwähnten Techuik verschiedenartige Anfgaben gestellt,
und sic zcigte sich geschickt, sie zu lösen. Nkehr als eine Art
höherer künstlerischer Retouche soll sie ja nicht bieten.

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