Ursprungs seii, sollte. Der Ltil, welchem wir iu
unseren Tagen folgen müsseu, ist keiu historischer,
sondern einfach jener, der iu der harmonischeu ver-
einigung vou Material, Technik und Zweck beruht.
Nicht darauf kommt es an, den Gegeuständen irgend
ein Grnament im Lharakter der deutschen Nenaissance
anzukleben, um xathetisch sagen zu können: das Ding
ist in deutscher Nenaissance entworfen, sondern es
kommt vor allem darauf an, daß die Gegeustände
praktisch brauchbar, also zweckeutsxrechend sind, daß
die chchöuheit und Bildungsfähigkeit des Nlaterials
zu charakteristischem Ausdruck kommt und daß die
technische ^erstellungsweise vollendet ist. Das Grna-
meut soll nicht die Lsauptsache sein, sondern es soll
sich uuterorduen der Roustruktion und dem Zwecklichen.
Leider siud wir uuter der Flagge «ornameutale
Runst» iu eiue geradezu eutgegeugesehte Nichtung
hiueiugekommen. Das Gerät wird als Gruameut,
nicht als benutzbarer Gebrauchsgegenstaud betrachtet.
Dekorative Gesichtspunkte wiegeu vor, uicht praktische.
Unbeuutzt stehen Aanneu, Lsumpen, j?latten auf deu
Bordeu der Zimmer, weil sie ebeu uicht zu benutzen
siud. Aastenmöbel werden hergestellt, welche um des
Grnaments willen ihreu Beruf verfehlt habeu: mäch-
tige Möbel, iu welcheu keiu bergender Raum vor-
hauden ist! Gewaltige Paneelsophas mit kerzeu-
gerader Lehne sind eutstanden, welche nicht auf
bequemes Liegeu und Sitzen, sonderu auf die Mög-
lichkeit, obeu etliche Schaustücke aufstelleu zu köuueu,
berechnet sind. Die Ueberfülle des Grnaments ver-
teuert die Gegenstände und macht sie uur dem Be-
mittelten zugäuglich. Ltwas vou der kuappen Rlar-
heit uud Schärfe gotischer Roustruktiousweise uud die
Auffassuug, das auch das Roustruktive zum Schönen
gehört, wäre vor Allem zu wüuscheu. Unter solchen
6k
Aus der
«vr Friedricb Lcbillcr. Geschichte seines Lebens und
Lharakteristik seiner Werke. Untcr kritischem Nachweis der
biographischen Guellen. von Richard Meltrich sStuttgart,
Lotta). — Uon dieser in ihrer Art klassischen Biographie ist
vor Uurzein die zweitc, längsterwartete Licferung erschienen.
Das wcrk errcgte bekanntlich schon bei Ausgabe des erstcn
Tciles berechtigtes Aufsehen nicht nur durch die Grnndlichkcit
geschichtlichcr (yuellcnforschung, durch die kunstbewnßte Dar-
stellnngsweise des lebcnsgeschichtlichen Uorwurfs, sondern vor
Allein auch durch die geistvolle, von reichein poetischen Lm-
pfinden gesättigte und doch niemals kritiklose Auffassung des
Schillerschen Geistes und seiner Bedeutung für nnser volk.
Die vorliegende Lieferung beschäftigt sich mit den Uorgängen
aus Schillers Leben, welche von der Zeit der verhandlnngen
mit Dalberg iiber die Anffnhrung der „Räuber" bis zur zweiten
Reisc nach lllannheim und jenen sogenannten Graubündner
kiändeln reichen, in welche Schiller durch eine unwürdige
Dennnziation gezogen wurde. Ls sind fast dreihundcrt Seiten,
auf denen die Schicksale Schillers in diescm Zeitranme uns
geschildert werden. IVir lernen in die Beweggründe uno
Ursachen fllr Schillers Flncht ans Stuttgart in ciner Weiso
hineinblicken, wie sie uns bisher noch keine Lebensschilderung
in Sachen Schillers geboten hat. Der gcistige Schwerpunkt
des vorliegenden Teils liegt aber in einer eingehenden, höchst
geistreichcn Ilntersuchung und ästhetischen Iergliederung der
Iugendlyrik unseres Dichters, in ciner Analyse der „Antho-
logie" nnd damit verbnndenen Schilderung der lilerarischen
Bewegung in Schwaben nnter den damaligen Dichtern des
Neckarlandes, wie Stäudlin, samt den poetcn des Schwäbischen
Mnsenalmanachs. Die Darstellungsweise lvcltrichs ist bc-
sonöers deshalb wertvoll, weil sie uns im weitesten Maße
durch die Seugnisse der Geschichtc selbst belehrt. Weltrich
versteht es in hohem Grade, uns durch unmittelbare Uunst-
Gesichtspunkteii würde Liufcichheit und Zweckmäßigkeit
ihren lang ersehnten Linzug halten. Die jetzige
Grnamentflunkerei mit ihren gestohlenen Motiven
gehört, osfen gestaiiden, zum kunstgewerblichen Unkraut,
und dieses lustig emporgeschossene Unkraut zu entfernen,
ist eine notwendige Aufgabe. Alle Diejenigen, welche,
«um einem lang gefühlten Bedürfnis zu genügen»,
immer neue Sammlungen von alten Grnameuten
und Gegenständen in Lichtdruck publiziren, nur um
als Lserausgeber zu paradiren, sollten des grausamen
Spiels genug sein lassen und lieber etwas Selbstän-
diges hervorbringen, denn der Lselsbrücken giebt es
sicherlich schon genug. Schnörkel und immer wieder
Schnörkel smachen kein Runstgewerbe aus: sie be-
deuten nur hohlen Schein, sie geben für das lVesent-
liche das Unwesentliche und führen zu nichtigem Luxus
hin. Die große Masse des volkes steht diesem Ljexen-
sabbath von Lchnörkeln unbefriedigt gegenüber und
sehnt sich nach einer einfachen Schönheit, Solidität
und Zweckmäßigkeit, welche allein im Stande ist, das
Bedürfnis zu befriedigen." wir dürfen an unsere
früheren Aufsätze eriiinern, die genau dieselben wege
als dis einzigen bezeichneten, auf denen der Lortschritt
geschehen kann. Die Stimmen, die in ähnlicher weise
sprechen, mehren sich fortwährend.
* Der /lldarmorguss ist jetzt in Nürnberg durch den Guß
einer Gruppe von <L. W. Schoenner praktisch erprobt worden
und scheint sich zu bewähren. Das verwendcte Material ist
gemahlener Marmor, welcher chemisch wieder gebunden wüd
nnd nach seiner Arystallisation gcnau die Eigenschaften des
gebrochenen Marmors zeigen soll. Durch weitere chemische
Bchandlung lassen sich beliebige Farben usw. erzielcn. Ls
dürfte mir von den Uosten des verfahrens abhängen, ob die
neue Technik eine sehr weite verbreitung erreichen wird,
oder nicht.
W
Vückerei.
griffe der Darstellung in die damalige Zeit, in das Land und
unter seine keute zurück zu versetzcn; vicle Eigcutümlichkeiten
der Schillerschen Dichtnng sehen wir aus ihren natürlichen
Bedingungen in der kseimat des Dichters entstehen und wir
folgen der geschichtlichen Darstellunz des verfassers um so
lieber, als wir nirgends den vorgefaßteu Meinungeu gewisser
literarhistorischer Schulen pro et eontra Schiller begegnen, sondern
uns einem Manne gegeuüber finden, dessen Denken und Lm-
xfinden in jeder ksinsicht ursprünglich, eigenwertig ist. Iedem,
der da wünscht, über Schiller sich in unbefangener und an-
regendcr lveise zn belehren, darf das weltrichsche werk in
erster Linie empfohlen sein. M. U.
Eine Merner ScbltLb-und eine LVuard Grülzner-
/Ildrippe bilden die neuestcn beiden Fortsetzungcn der von
uns wiederholt und lebhaft empfohlenen Sammlung „Aus
5tudienmaxpon deutscher Meister" (Breslau, L. T.
Wiskott), dio mit jeder Lieferung zehn treffliche Lichtdrucke
in schöner Ausstattung zu dem mäßigen Preise von (2 Mark
bietet. Täuschen wir uns nicht, so zeigen die beiden neuesten
Nappen noch insofern auch von einem Fortschritt, als dieZorgfalt
der Redaktion dieses von Iulius Lohmeyer geleiteten Unter-
nehmens mehr nnd mehr zu Tage tritt: die Blätter sind zu
möglichst vielseitiger Lharakteristik der einzeliien Neister mit
immer besserem Erfolge gewählt; von Züllsel kann kaum mehr
die Rcde sein. So zeigt sich uns Schuch hier als Uriegs-,
Genre-, wie als Landschaftsmaler und auch in verschiedener
Technik der Darstellung. Aehuliches gilt von Grützner, —-
insbesondere ist es erfreulich, daß einige der ausgezeichneten
Falstaff-Studien dieses Nalers wiedergegeben sind, der vielleicht
in diesen, nicht in den Ulosterbildern, die ksöhe seiner
Leistungen erreicht. Iur Schnch Nappe hat Georg voß den
guten Text geschrieben.
- 284
unseren Tagen folgen müsseu, ist keiu historischer,
sondern einfach jener, der iu der harmonischeu ver-
einigung vou Material, Technik und Zweck beruht.
Nicht darauf kommt es an, den Gegeuständen irgend
ein Grnament im Lharakter der deutschen Nenaissance
anzukleben, um xathetisch sagen zu können: das Ding
ist in deutscher Nenaissance entworfen, sondern es
kommt vor allem darauf an, daß die Gegeustände
praktisch brauchbar, also zweckeutsxrechend sind, daß
die chchöuheit und Bildungsfähigkeit des Nlaterials
zu charakteristischem Ausdruck kommt und daß die
technische ^erstellungsweise vollendet ist. Das Grna-
meut soll nicht die Lsauptsache sein, sondern es soll
sich uuterorduen der Roustruktion und dem Zwecklichen.
Leider siud wir uuter der Flagge «ornameutale
Runst» iu eiue geradezu eutgegeugesehte Nichtung
hiueiugekommen. Das Gerät wird als Gruameut,
nicht als benutzbarer Gebrauchsgegenstaud betrachtet.
Dekorative Gesichtspunkte wiegeu vor, uicht praktische.
Unbeuutzt stehen Aanneu, Lsumpen, j?latten auf deu
Bordeu der Zimmer, weil sie ebeu uicht zu benutzen
siud. Aastenmöbel werden hergestellt, welche um des
Grnaments willen ihreu Beruf verfehlt habeu: mäch-
tige Möbel, iu welcheu keiu bergender Raum vor-
hauden ist! Gewaltige Paneelsophas mit kerzeu-
gerader Lehne sind eutstanden, welche nicht auf
bequemes Liegeu und Sitzen, sonderu auf die Mög-
lichkeit, obeu etliche Schaustücke aufstelleu zu köuueu,
berechnet sind. Die Ueberfülle des Grnaments ver-
teuert die Gegenstände und macht sie uur dem Be-
mittelten zugäuglich. Ltwas vou der kuappen Rlar-
heit uud Schärfe gotischer Roustruktiousweise uud die
Auffassuug, das auch das Roustruktive zum Schönen
gehört, wäre vor Allem zu wüuscheu. Unter solchen
6k
Aus der
«vr Friedricb Lcbillcr. Geschichte seines Lebens und
Lharakteristik seiner Werke. Untcr kritischem Nachweis der
biographischen Guellen. von Richard Meltrich sStuttgart,
Lotta). — Uon dieser in ihrer Art klassischen Biographie ist
vor Uurzein die zweitc, längsterwartete Licferung erschienen.
Das wcrk errcgte bekanntlich schon bei Ausgabe des erstcn
Tciles berechtigtes Aufsehen nicht nur durch die Grnndlichkcit
geschichtlichcr (yuellcnforschung, durch die kunstbewnßte Dar-
stellnngsweise des lebcnsgeschichtlichen Uorwurfs, sondern vor
Allein auch durch die geistvolle, von reichein poetischen Lm-
pfinden gesättigte und doch niemals kritiklose Auffassung des
Schillerschen Geistes und seiner Bedeutung für nnser volk.
Die vorliegende Lieferung beschäftigt sich mit den Uorgängen
aus Schillers Leben, welche von der Zeit der verhandlnngen
mit Dalberg iiber die Anffnhrung der „Räuber" bis zur zweiten
Reisc nach lllannheim und jenen sogenannten Graubündner
kiändeln reichen, in welche Schiller durch eine unwürdige
Dennnziation gezogen wurde. Ls sind fast dreihundcrt Seiten,
auf denen die Schicksale Schillers in diescm Zeitranme uns
geschildert werden. IVir lernen in die Beweggründe uno
Ursachen fllr Schillers Flncht ans Stuttgart in ciner Weiso
hineinblicken, wie sie uns bisher noch keine Lebensschilderung
in Sachen Schillers geboten hat. Der gcistige Schwerpunkt
des vorliegenden Teils liegt aber in einer eingehenden, höchst
geistreichcn Ilntersuchung und ästhetischen Iergliederung der
Iugendlyrik unseres Dichters, in ciner Analyse der „Antho-
logie" nnd damit verbnndenen Schilderung der lilerarischen
Bewegung in Schwaben nnter den damaligen Dichtern des
Neckarlandes, wie Stäudlin, samt den poetcn des Schwäbischen
Mnsenalmanachs. Die Darstellungsweise lvcltrichs ist bc-
sonöers deshalb wertvoll, weil sie uns im weitesten Maße
durch die Seugnisse der Geschichtc selbst belehrt. Weltrich
versteht es in hohem Grade, uns durch unmittelbare Uunst-
Gesichtspunkteii würde Liufcichheit und Zweckmäßigkeit
ihren lang ersehnten Linzug halten. Die jetzige
Grnamentflunkerei mit ihren gestohlenen Motiven
gehört, osfen gestaiiden, zum kunstgewerblichen Unkraut,
und dieses lustig emporgeschossene Unkraut zu entfernen,
ist eine notwendige Aufgabe. Alle Diejenigen, welche,
«um einem lang gefühlten Bedürfnis zu genügen»,
immer neue Sammlungen von alten Grnameuten
und Gegenständen in Lichtdruck publiziren, nur um
als Lserausgeber zu paradiren, sollten des grausamen
Spiels genug sein lassen und lieber etwas Selbstän-
diges hervorbringen, denn der Lselsbrücken giebt es
sicherlich schon genug. Schnörkel und immer wieder
Schnörkel smachen kein Runstgewerbe aus: sie be-
deuten nur hohlen Schein, sie geben für das lVesent-
liche das Unwesentliche und führen zu nichtigem Luxus
hin. Die große Masse des volkes steht diesem Ljexen-
sabbath von Lchnörkeln unbefriedigt gegenüber und
sehnt sich nach einer einfachen Schönheit, Solidität
und Zweckmäßigkeit, welche allein im Stande ist, das
Bedürfnis zu befriedigen." wir dürfen an unsere
früheren Aufsätze eriiinern, die genau dieselben wege
als dis einzigen bezeichneten, auf denen der Lortschritt
geschehen kann. Die Stimmen, die in ähnlicher weise
sprechen, mehren sich fortwährend.
* Der /lldarmorguss ist jetzt in Nürnberg durch den Guß
einer Gruppe von <L. W. Schoenner praktisch erprobt worden
und scheint sich zu bewähren. Das verwendcte Material ist
gemahlener Marmor, welcher chemisch wieder gebunden wüd
nnd nach seiner Arystallisation gcnau die Eigenschaften des
gebrochenen Marmors zeigen soll. Durch weitere chemische
Bchandlung lassen sich beliebige Farben usw. erzielcn. Ls
dürfte mir von den Uosten des verfahrens abhängen, ob die
neue Technik eine sehr weite verbreitung erreichen wird,
oder nicht.
W
Vückerei.
griffe der Darstellung in die damalige Zeit, in das Land und
unter seine keute zurück zu versetzcn; vicle Eigcutümlichkeiten
der Schillerschen Dichtnng sehen wir aus ihren natürlichen
Bedingungen in der kseimat des Dichters entstehen und wir
folgen der geschichtlichen Darstellunz des verfassers um so
lieber, als wir nirgends den vorgefaßteu Meinungeu gewisser
literarhistorischer Schulen pro et eontra Schiller begegnen, sondern
uns einem Manne gegeuüber finden, dessen Denken und Lm-
xfinden in jeder ksinsicht ursprünglich, eigenwertig ist. Iedem,
der da wünscht, über Schiller sich in unbefangener und an-
regendcr lveise zn belehren, darf das weltrichsche werk in
erster Linie empfohlen sein. M. U.
Eine Merner ScbltLb-und eine LVuard Grülzner-
/Ildrippe bilden die neuestcn beiden Fortsetzungcn der von
uns wiederholt und lebhaft empfohlenen Sammlung „Aus
5tudienmaxpon deutscher Meister" (Breslau, L. T.
Wiskott), dio mit jeder Lieferung zehn treffliche Lichtdrucke
in schöner Ausstattung zu dem mäßigen Preise von (2 Mark
bietet. Täuschen wir uns nicht, so zeigen die beiden neuesten
Nappen noch insofern auch von einem Fortschritt, als dieZorgfalt
der Redaktion dieses von Iulius Lohmeyer geleiteten Unter-
nehmens mehr nnd mehr zu Tage tritt: die Blätter sind zu
möglichst vielseitiger Lharakteristik der einzeliien Neister mit
immer besserem Erfolge gewählt; von Züllsel kann kaum mehr
die Rcde sein. So zeigt sich uns Schuch hier als Uriegs-,
Genre-, wie als Landschaftsmaler und auch in verschiedener
Technik der Darstellung. Aehuliches gilt von Grützner, —-
insbesondere ist es erfreulich, daß einige der ausgezeichneten
Falstaff-Studien dieses Nalers wiedergegeben sind, der vielleicht
in diesen, nicht in den Ulosterbildern, die ksöhe seiner
Leistungen erreicht. Iur Schnch Nappe hat Georg voß den
guten Text geschrieben.
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