von Rauch, des großen Aurfürsten von Schlüter,
hinauf bis zum Lolleoui von Verrocchio und dem
Gattamelata von Donatello? Gdersind das keine großen
Denkmäler? Die Rlasse macht es doch wohl nicht?
Das air großen vorzügen reiche Germania-Denk-
mal in Leipzig nenne ich hier nicht, weil mir gerade
die Darstellung des Raisers anfechtbar zu sein scheint.
Siemering gehört aber sicherlich zu den Künstlern,
von denen eine glückliche Lösung der Aufgabe er-
wartet werden darf. —
Ferner heißt es: die Grabfiguren der Medicäer-
gräber sind schön — und leer! leer, weil sie in keinem
anderen als in einem künstlerischen Zusammeuhang
mit den Fürstenfignren stehen. Ächerlich soll hier
künstlich statt künstlerisch stehen; aber auch das kaun
ich nicht zugeben, daß irgend etwas gekünsteltes an
den Figuren sei, die ein Grabdenkmal bilden, wie die
lVelt kein zweites gesehen hat. Die Bedeutnng der
liegenden Figuren ist tief und wahr, wenn sie der
Alage über die Vergäuglichkeit des Lebens Ausdruck
gebe» in veranlassung des Todes der beiden jugend-
lichen kferzöge, denen das Leben viel zu bieten ver-
mochte, die große Dinge für den Staat — der eins
als Denker, der andere als Feldherr — in einem
längeren Leben hätten schaffen können. Mie die
Herzöge wirklich gewesen sind, kommt dabei nicht in
Aus der
Ä/: Die IkrlassiKer-NusgabL» ans dem verlage vcm
Fr. Milh. Grunow in Leipzig komnicn einem Bedürfnis
entgegen, das bisher nur bei uns in Deutschland noch nicht
allgemein empfunden wnrde. lvas verlangt denn derFreund
der Dichtung von seiner Alassiker-Ausgabe? Literaturgeschicht-
liche Anmerknngen? Er sucht doch wohl poetischen Gcnuß.
vergniigen an mehr oder minder hiibschen oder schlechten
Bildcrn, wie sie die illustrirten Ausgaben enthalten? Er ist
doch kein Aind. Erlauben ihm seine kllittel, etwas mehr an
den Aauf zn ivenden, als ein xaar Groschen, so sucht er eine
Ansgabe, deren ruhig vornehme Ausstattung ihn in ruhig
behagliche Stimmung versetzt, und ferner, in der nichts vom
Genusse der Poesie ihn abzieht, nichts ihn stört, in der alles
nach Möglichkeit die Thätigkeit des Lesens selber ausschließt
aus der Aette zwischen seinem Denken und Empfinden und
dem Dcnken und Lmpfinden des Dichters. Also: bcquem
handliches Format, gutcs Papier, dentlichen Druckl Das geben
nun die neuen Ausgaben in schönster kveise. Inhaltlich bieten
sie unr den gut revidirten Text. Es sind also Ausgaben nicht
für den Literaturforscher, sondern für den rein künstlerisch
Genießenden, es sind „Liebhaber-Ausgaben". Bis jetzt liegt
vor: Goethe (in von Adolf Stern besorgten Bänden,
zu zo, -xZ, 60, 80 !N. je nach dem Linband, der übrigens
auch bei der billigsten Ausgabe schon recht gut ist) und
Schiller (von F. A. Arais besorgt, in 5 Bänden zu ss,
22^„, 30, qo !N.). In richtiger Auswahl wird das aus den
Iverken geboten, was Allgemcingut der Gebildeten fein sollte.
Die vcrlagshandlung denkt später noch eine Folge heranszu-
geben, bestimmt für jene, welche die Schriften der Alassiker
ausuahmslos zn besitzen ivünschen. Recht sehr willkommen
wäre eine Shakospeare-Ausgabe solcher Artl — !vir er-
wähnen im Anschluß: von
Gottkricd Nustust äöürgcrs sämtlicben Gcdicbten
eine zweibändige „kfundertjahrs-Iubelausgabe", von Lduard
Grifebach vcranstaltet und von der G. Grotheschen ver-
lagsbuchhandlung in Berlin verlegt. ljinsichtlich der Aus-
stattung dllrfte diefe Ansgabe zum mindeftcii niit gleichem
Fuge als „Liebhaberausgabe" bezeichnet werden, wie die
Grunowschen. Sie sucht abcr ihr Publikum doch auch unter
den Literaturforschern und Frennden der literaturgcschichtlichen
Forschung. Liue längere, von eingehender fachnrännischer
Aenntnis zeugende Linleitnng belehrt über die Gesichtspunkte,
die den kjerausgeber bei diesem seinem iieuen Bürger-tverke
Betracht; cts wortuis rril nisi bsns. Andererseits
bringen die liegenden Figursn, selbst in den halb-
fertigsn A'iännergesichtern, die Rlage über die Un-
vallkommenheit des Lebens znm Ausdruck; vertieft in
trübe Gedanken, mit Sorgen sich zum Schlafe nieder-
legend, im Schlaf vergessenheit suchend, mit wieder-
streben zum neuen Tage sich erhebend, mahnen sie
uns, den wert des Lebens nicht zu hoch anzuschlagen,
erinnern sie uns, daß die dargestellten Ljelden der
Not des Lebens entrückt sind. Das ist mit einer
Großartigkeit der Auffassung und des Darstellungs-
vermögens vom Uünstler geschaffen, daß eine Leerheit
in irgend einer Beziehung ganz ausgeschlossen ist. —
Übrigens war es Michel Angelo durchaus nicht ver-
sagt, milde Töne anzuschlagen; Beweis dafür ist das
Madonnenrelief der Grosoenor-Galerie und Linzelnes
aus der sixtiuischen Decke.
Am wenigsten aber kann ich zugeben, daß Naiser
tVilhelm I. überhaupt eine ungeeignete Aufgabe für
den Bildhauer sei. Die ganzs Größe des Naisers
zu ermesseu, ist allerdings erst der Zukunft vorbehalten;
um so weniger darf der Aünstler von heute seine
Unzulänglichkeit hinter leeren Pomp verstecken, um so
mehr ist er verpflichtet, das Bild des Aaisers durch
sich selber wirken zu lassen; nur wer das vermag,
wird oder sollte wenigstens Sieger im hvettkampf sein.
!v. Aoopmann.
Sücderei.
geleitet haben. 5ie giebt ferner kritische Bemerkungen mancher-
lei Art. Zahlreiche erklärende Anmerknngen sinden sich hinter
dem (dnrchaus vollständigen) Terte; anch alle wichtigern varianten
sind wiedergegeben. Lbenso selbst Aopf- und Scblußkupfer.
!vir haben nicht nur die schönste, sondern die in jeder Beziehung
beste Ausgabe der Bürgerschen Gedichte vor uns.
Ä/: Dr. w. Koopmanns „Illakacl-Sttldtcn" Marburg,
6. G. Llwert) bieten eine willkommene Gelegenheit, um sich
über den Stand dsr sehr verwickelten, aber auch besonders
wichtigen Frage, aus welchen Anfängen sich Rafael entwickelt
habe, zn unterrichten. An der kjand der zahlreichen, meist
originalgroßcn Abbildungen kann jedermann sich selbst ein !lr-
teil darüber zu bilden suchen, wie weit Rafael gleich von vorn
herein dem damals tonangebendcn Meister perugino gegen-
über, in dessen Formensprache er die frühesten Werke schuf,
seine Ligenart zu wahren wußte. Davon wird die Beant-
wortung der Frage abhängen, wic weit ihm gewisse wenig er-
freuliche Zeichnungen, über die während der letzten Iahre ein
erbitterter Aampf geführt worden ist, zuzuschreiben sind oder
nicht. Ie mehr solche zweifelhafte Blätter beseitigt rverden
— für das sogenannte venezianische Skizzenbuch tritt auch
Uoopmann nicht mehr ein —, um so klarer muß sich das
Bild des üleisters gestalten. Gegenüber der jüngst aufge-
tauchten nnd auch hier vertretencn Annahme, daß Timoteo
viti von llrbino sein Lehrmeister gewescn sei, möchten wir
die Leser zu einiger vorsicht ermahnen. Nach all den Zweifeln
und Behauptungen, die aufgeworfen worden sind, wird noch
derjenige am sichersten gehen, der sich im wesentlichen an die
Darstellung hält, die der alte Passavant vor mehr als fünfzig
Iahren von Rafaels Lntwickelungsgang entworfen hat. v. S.
Ä/t Lornelius Gurlitts „Gcscblcbtc dcs Wrircck-
stils. dcs lllokokc und dcs Iklasstzlsmus" (Stuttgart,
Lbner 6c Seubert, 5 Bde.) erschließt uns ein Gebiet der Lunst-
geschichte, über welches wir bisher teils ganz unvollkommen,
teils gar nicht unterrichtet waren. Ls fehlte auch an dem
Bedürfnisse nach eingehender Aunde über jene Ieiten, da die ge-
nannten Stilarten noch durch die Brille des Alassizismus be-
urteilt oder vielmehr ungekannt vernrteilt zn werden pflegten.
Die wiederaufnahme des Barocks und des Rokokos durch
nnsere Baumeister und Gewerbekünstler und die sich mehr und
mehr Bahn brechende gefchichtliche Betrachtungsweise haben
anch nnser Urteil über jene Stilweisen wesentlich umgewandelt.
hinauf bis zum Lolleoui von Verrocchio und dem
Gattamelata von Donatello? Gdersind das keine großen
Denkmäler? Die Rlasse macht es doch wohl nicht?
Das air großen vorzügen reiche Germania-Denk-
mal in Leipzig nenne ich hier nicht, weil mir gerade
die Darstellung des Raisers anfechtbar zu sein scheint.
Siemering gehört aber sicherlich zu den Künstlern,
von denen eine glückliche Lösung der Aufgabe er-
wartet werden darf. —
Ferner heißt es: die Grabfiguren der Medicäer-
gräber sind schön — und leer! leer, weil sie in keinem
anderen als in einem künstlerischen Zusammeuhang
mit den Fürstenfignren stehen. Ächerlich soll hier
künstlich statt künstlerisch stehen; aber auch das kaun
ich nicht zugeben, daß irgend etwas gekünsteltes an
den Figuren sei, die ein Grabdenkmal bilden, wie die
lVelt kein zweites gesehen hat. Die Bedeutnng der
liegenden Figuren ist tief und wahr, wenn sie der
Alage über die Vergäuglichkeit des Lebens Ausdruck
gebe» in veranlassung des Todes der beiden jugend-
lichen kferzöge, denen das Leben viel zu bieten ver-
mochte, die große Dinge für den Staat — der eins
als Denker, der andere als Feldherr — in einem
längeren Leben hätten schaffen können. Mie die
Herzöge wirklich gewesen sind, kommt dabei nicht in
Aus der
Ä/: Die IkrlassiKer-NusgabL» ans dem verlage vcm
Fr. Milh. Grunow in Leipzig komnicn einem Bedürfnis
entgegen, das bisher nur bei uns in Deutschland noch nicht
allgemein empfunden wnrde. lvas verlangt denn derFreund
der Dichtung von seiner Alassiker-Ausgabe? Literaturgeschicht-
liche Anmerknngen? Er sucht doch wohl poetischen Gcnuß.
vergniigen an mehr oder minder hiibschen oder schlechten
Bildcrn, wie sie die illustrirten Ausgaben enthalten? Er ist
doch kein Aind. Erlauben ihm seine kllittel, etwas mehr an
den Aauf zn ivenden, als ein xaar Groschen, so sucht er eine
Ansgabe, deren ruhig vornehme Ausstattung ihn in ruhig
behagliche Stimmung versetzt, und ferner, in der nichts vom
Genusse der Poesie ihn abzieht, nichts ihn stört, in der alles
nach Möglichkeit die Thätigkeit des Lesens selber ausschließt
aus der Aette zwischen seinem Denken und Empfinden und
dem Dcnken und Lmpfinden des Dichters. Also: bcquem
handliches Format, gutcs Papier, dentlichen Druckl Das geben
nun die neuen Ausgaben in schönster kveise. Inhaltlich bieten
sie unr den gut revidirten Text. Es sind also Ausgaben nicht
für den Literaturforscher, sondern für den rein künstlerisch
Genießenden, es sind „Liebhaber-Ausgaben". Bis jetzt liegt
vor: Goethe (in von Adolf Stern besorgten Bänden,
zu zo, -xZ, 60, 80 !N. je nach dem Linband, der übrigens
auch bei der billigsten Ausgabe schon recht gut ist) und
Schiller (von F. A. Arais besorgt, in 5 Bänden zu ss,
22^„, 30, qo !N.). In richtiger Auswahl wird das aus den
Iverken geboten, was Allgemcingut der Gebildeten fein sollte.
Die vcrlagshandlung denkt später noch eine Folge heranszu-
geben, bestimmt für jene, welche die Schriften der Alassiker
ausuahmslos zn besitzen ivünschen. Recht sehr willkommen
wäre eine Shakospeare-Ausgabe solcher Artl — !vir er-
wähnen im Anschluß: von
Gottkricd Nustust äöürgcrs sämtlicben Gcdicbten
eine zweibändige „kfundertjahrs-Iubelausgabe", von Lduard
Grifebach vcranstaltet und von der G. Grotheschen ver-
lagsbuchhandlung in Berlin verlegt. ljinsichtlich der Aus-
stattung dllrfte diefe Ansgabe zum mindeftcii niit gleichem
Fuge als „Liebhaberausgabe" bezeichnet werden, wie die
Grunowschen. Sie sucht abcr ihr Publikum doch auch unter
den Literaturforschern und Frennden der literaturgcschichtlichen
Forschung. Liue längere, von eingehender fachnrännischer
Aenntnis zeugende Linleitnng belehrt über die Gesichtspunkte,
die den kjerausgeber bei diesem seinem iieuen Bürger-tverke
Betracht; cts wortuis rril nisi bsns. Andererseits
bringen die liegenden Figursn, selbst in den halb-
fertigsn A'iännergesichtern, die Rlage über die Un-
vallkommenheit des Lebens znm Ausdruck; vertieft in
trübe Gedanken, mit Sorgen sich zum Schlafe nieder-
legend, im Schlaf vergessenheit suchend, mit wieder-
streben zum neuen Tage sich erhebend, mahnen sie
uns, den wert des Lebens nicht zu hoch anzuschlagen,
erinnern sie uns, daß die dargestellten Ljelden der
Not des Lebens entrückt sind. Das ist mit einer
Großartigkeit der Auffassung und des Darstellungs-
vermögens vom Uünstler geschaffen, daß eine Leerheit
in irgend einer Beziehung ganz ausgeschlossen ist. —
Übrigens war es Michel Angelo durchaus nicht ver-
sagt, milde Töne anzuschlagen; Beweis dafür ist das
Madonnenrelief der Grosoenor-Galerie und Linzelnes
aus der sixtiuischen Decke.
Am wenigsten aber kann ich zugeben, daß Naiser
tVilhelm I. überhaupt eine ungeeignete Aufgabe für
den Bildhauer sei. Die ganzs Größe des Naisers
zu ermesseu, ist allerdings erst der Zukunft vorbehalten;
um so weniger darf der Aünstler von heute seine
Unzulänglichkeit hinter leeren Pomp verstecken, um so
mehr ist er verpflichtet, das Bild des Aaisers durch
sich selber wirken zu lassen; nur wer das vermag,
wird oder sollte wenigstens Sieger im hvettkampf sein.
!v. Aoopmann.
Sücderei.
geleitet haben. 5ie giebt ferner kritische Bemerkungen mancher-
lei Art. Zahlreiche erklärende Anmerknngen sinden sich hinter
dem (dnrchaus vollständigen) Terte; anch alle wichtigern varianten
sind wiedergegeben. Lbenso selbst Aopf- und Scblußkupfer.
!vir haben nicht nur die schönste, sondern die in jeder Beziehung
beste Ausgabe der Bürgerschen Gedichte vor uns.
Ä/: Dr. w. Koopmanns „Illakacl-Sttldtcn" Marburg,
6. G. Llwert) bieten eine willkommene Gelegenheit, um sich
über den Stand dsr sehr verwickelten, aber auch besonders
wichtigen Frage, aus welchen Anfängen sich Rafael entwickelt
habe, zn unterrichten. An der kjand der zahlreichen, meist
originalgroßcn Abbildungen kann jedermann sich selbst ein !lr-
teil darüber zu bilden suchen, wie weit Rafael gleich von vorn
herein dem damals tonangebendcn Meister perugino gegen-
über, in dessen Formensprache er die frühesten Werke schuf,
seine Ligenart zu wahren wußte. Davon wird die Beant-
wortung der Frage abhängen, wic weit ihm gewisse wenig er-
freuliche Zeichnungen, über die während der letzten Iahre ein
erbitterter Aampf geführt worden ist, zuzuschreiben sind oder
nicht. Ie mehr solche zweifelhafte Blätter beseitigt rverden
— für das sogenannte venezianische Skizzenbuch tritt auch
Uoopmann nicht mehr ein —, um so klarer muß sich das
Bild des üleisters gestalten. Gegenüber der jüngst aufge-
tauchten nnd auch hier vertretencn Annahme, daß Timoteo
viti von llrbino sein Lehrmeister gewescn sei, möchten wir
die Leser zu einiger vorsicht ermahnen. Nach all den Zweifeln
und Behauptungen, die aufgeworfen worden sind, wird noch
derjenige am sichersten gehen, der sich im wesentlichen an die
Darstellung hält, die der alte Passavant vor mehr als fünfzig
Iahren von Rafaels Lntwickelungsgang entworfen hat. v. S.
Ä/t Lornelius Gurlitts „Gcscblcbtc dcs Wrircck-
stils. dcs lllokokc und dcs Iklasstzlsmus" (Stuttgart,
Lbner 6c Seubert, 5 Bde.) erschließt uns ein Gebiet der Lunst-
geschichte, über welches wir bisher teils ganz unvollkommen,
teils gar nicht unterrichtet waren. Ls fehlte auch an dem
Bedürfnisse nach eingehender Aunde über jene Ieiten, da die ge-
nannten Stilarten noch durch die Brille des Alassizismus be-
urteilt oder vielmehr ungekannt vernrteilt zn werden pflegten.
Die wiederaufnahme des Barocks und des Rokokos durch
nnsere Baumeister und Gewerbekünstler und die sich mehr und
mehr Bahn brechende gefchichtliche Betrachtungsweise haben
anch nnser Urteil über jene Stilweisen wesentlich umgewandelt.