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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 14
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Rundschau
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Koopmann, W.: Sprechsaal: wiederum: "künstlerische Persönlichkeit"
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0231

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achtung und nicht nur das diese Beobachtung voll stecken". Aus den Leutlein heraus lacht der Maler.
zum Ausdruck bringende zeichnerische Rönnen, sondern wir glauben nun zu wissen, wie sich Allers ent-
es ist gerade die gute Laune, der böumor, die osfen- wickeln wird. Seine nächste Mappe soll ein Lieb-

kundige Teilnahme, es ist gerade das I ch des Malers, siabertheater schildern — einen Stoff, der ihm besser

das die „Runst der Rüksie" zu einer „Runst der „läge", kann ich mir kaum vorstellen. Vielleicht

kVärme" macht. Sehen wir näher zu, so erkennen macht aber auch die Allerssche Zeichentechnik noch

wir freilich, daß von einer Wesensumwandlung der eine Lntwickelung dvrch. Zch gestehe, sie giebt mir in

Allersschen Aunst, die etwa plötzlich elngetreten wäre, ihrer großen chauberkeit und Sorgfalt gegenwärtig

keine Nede sein dürfte: kaum die Lpur neuer Runstinittel, etwas zu viel, umsomehr, als ja Allers (mit gutem

etwa der Aarrikcrtur, sondern einfach eine innigere Grunde) Tonwirkungen nicht anstrebt. Ze kleiner

Durchtränkung des 5toffs nnt dem eigenen lustigen die Mittel, durch die eine wirkung erreicht wird, je

roten Blut. chie leben für uns bis in jedes Rock- besser — ich glaube, die doch geistige», nicht eigentlich

fältchen hinein, diese köstlichen philister, weil der Maler ^ malerischen, wirkungen, welche der Allersschen Runst
in ihnen selber nüt all seinem Behagen lebt und weil eignen, würden noch feiner und reicher sein, könnte

er stark genug war, uns mit seinem Leben „anzu- sich der Bleistift mit noch weniger Ltrichen begnügen.

Lprecbsaal.

(Mntcr sacblicber Vernntvvertung der Derren Linsender.)

Viederum: „Rünstlerische persönlichkeit."

kferrn Ifelferich kann ich Folgendes erwidern.

wenn Nembrandtische Lharaktertiefe für ein
Raiser Wilhelm-Denkmal verlangt wird, ist als selbst-
verständlich vorausgesetzt, daß der Maler und der
Bildhauer in ihren Mitteln ganz und gar verschieden
von einander sind.

Ls war eine dsr vornehmsten Ursachen von
Raiser wilhelms Lrfolgen, daß er seine xersönlichen
wünsche der Staatsidee unterzuordnen vermochte.
Diese Ligenschaft kann auch Lenbach nicht mit einem
pinselstrich darstellen; indem er abcr das Bild des
Raisers malte, indem er denselben künstlerisch neu
schuf, entstand ein Mann, dem Raiser ähnlich, dein
man nach seiner ganzen bfaltung, nach seinem Ge-
sichtsausdruck, nach dem Ausdruck seiner Augen zu-
traut, daß er fener hohen Tugend fähig war, daß
er die anderen, früher hervorgehobenen Gigenschaften
besaß. wie der Rünstler das macht, das ist seine
Sache, Lenbach hat dis Aufgabe gelöst und giebt
durch sein Bild die Gewähr, daß der Nachwelt ein
treues Bild des Linigers Deutschlands übsrliefert
wird, zum Ruhme des Rünstlers.

Mit anderen Mitteln wird der Bildhauer den
Raiser darstellen; wie er die Demut desselben ohne
allegorischen plunder darstellen soll, vermag ich nicht
anzugeben; das aber weiß ich: wenn Raiser wilhelm
vom Bildhauer künstlerisch so gestaltet wird, wie wir
ihn lebend an seinem Fenster, im wagen, im Raiser-
lichen waffenschmuck zu Pferd, umgeben von seinen
Generalen, gesehen haben, daß dann die dem Raiser
eigene Demut und Selbstlosigkeit zur Darstellung
kommen muß, denn diese Ligenschaften gehörten zu
seiner innersten Natur und kamen in jeder Lebens-
lage zum Vorschein.

Schwierig ist die Aufgabe, aber nicht unlösbar;
je dankbarer sie ist, desto mehr werden die besten
Rräfte angestrengt werden, sie zu lösen, desto mehr
Aeit zum Nachdenken mnß dem Rünstler aber auch
gelassen werden. Anstatt unbegrenzte Mittel für das
Denkmal selber aufzuwenden, kännte man freigebig
gegen die sein, welche dem Ziel nahe kommen, ohne
es ganz zu erreichen. Diese Denkmalsfrage berührt
nicht Berlin allein, sondern die ganze Nation: ganz
Deutschland ninnnt Anteil an der glücklichen Lösung.

Ls ist deshalb nicht zu fürchten, daß der gelungene
Lntwurf übersehen wird; das Bild Raiser wilhelms
wurzelt tief in den Augen und kjerzen der Gegenwart,
wer ihn zu bilden versteht, wird ein oieltausendfaches
Lcho der Anerkennung wach rnfen. Die Lnttäuschung
Raiser wilhelms II. nach der ersten Ausstellung von
Lntwürfen muß einer völligen Befriedigung desselben
weichen, ehe zur Ausführung des Denkmals geschritten
wird. —

Daß es unmöglich ist, ein Rembrandtisches Ge-
mälde plastisch darzustellen, wenn man nicht das
Gemalte nach den Gesetzen der Bildhauerkunst umzu-
gestalten vermag, bewies oor einigen Zahren eine
Bronzegruppe Rembrandts mit seiner Saskia nach
dem Dresdener Bilde; Rembrandt hielt ein gläsernes
Sektglas aus der Puppenküche in der I^and, fein
säuberlich war der gelbe wein des Glases mit Farbe
angegeben, die Falten in Laskias Rock waren in
starrer Greifbarkeit zu fühlen, das Ganze eine Ge-
schmacklosigkeit, ein Armutszeugnis ohnegleichen.

Die Ansicht, daß Rembrandtische Art nicht un°
mittelbar in plastik übertragen werden kann, ist des-
halb vollkommen berechtigt, auch wenn die übrige
Beurteilung Rembrandts nicht als zutreffend erkannt
worden sollte, daß Rembrandt nämlich durch Be-
scheidenheit bis zum Dürftigen, durch Seelenvolles in
verhärmten Formen unsere kserzen gewinne.

Lntspricht dieser Lharakteristik etwa das eben
erwähnte Bild in Dresden? Lsat die ganze wohl-
lebige Gesellschaft von Amsterdam, wie sie sich im
warmen Lounenlicht von Rembrandt malen ließ, ver-
härmte Formen? verraten die Lelbstportraits
gerade Bescheidenheit? Bis ins Greisenalter hinein,
vereinsamt, nachdem er alles verloren hatte, was
seinem Leben außer seiner Runst wert verlieh, behält
Nembrandt eine stolze, königliche bfaltung, sieht er
mit seinen glühenden Rünstleraugen zum Bilde heraus,
die immer tiefer werden, je älter er wird; durch die
Züge des einst lebensfrohen Rlannes zittert der Schmerz
um das verlorene nach, aber als Rünstler ist er un-
gebrochen, thätig schaffend bis zuletzt. Der Iakvbs-
segen in Lassel ist im Zahr lööö gemalt. —

Auch muß ich der Ansicht widersprechen, daß ein
großes Denkmal ohne Theatsrpomp unmöglich wäre;
wo ist denn der am Denkmal Friedrichs des Großen

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