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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 1
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Vom Tage
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Alberti, Conrad: Sprechsaal: in Sachen: Die Theater-Agenten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0023

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durch Rauchwolken kundgiebt" — und damit dem Beschauer
die Situation verrät. Vder ein anderes Beisxiel: „eine
feuernde Schützenlinie, ein Detaille'scher Straßenkamxf mit
Schüssen ans allen Fenstern und dergleichen bleibt ohne Rauch
eine leere pantomime." kier geht nun freilich löevesi zu
weit — der wäre kein Uünstler, der uns solche Situation
nicht auch ohne Rauch klar zu machen wüßte. Die reinen
Aoloristen unter den Schlachtenmalern werden sreilich dem
Dampse nachklagen, von den Lharakteristikern aber nur die
sogenannten, denen er zu manchem ihrer Lrfolge ein Lsels-
drücklein baute. Ls war ja auch mitunter der Pulverdamxf
auf den Schlachtbildern gewissermaßen ein Rlantel der Liebe,
den die Aunst schonungsvoll um schwache Stellen auf den
Lchöxfungen ihrer Jünger hüllte.

* Neue Denkmüler. Um Robert lsamerling ein
Denkmal zu setzen, hat sich in Graz ein Ausschuß gebildet,
unter dem Dorfitz des Bürgermeisters Portugall. Ulan hosft
aus die Unterstützung der Deutschen im Reich und stcherlich
nicht vergebens. — Für Louis Favre, den Lrbauer des
Gotthardtunncls, und die beim N?erk verunglückten Arbciter
ist in Göschenen ein Denkmal aufgestellt worden; an einem
Vbelisken, der die marmorne Aolossalbüste Favres trägt, lehnt
die Ukarmorgestalt eines sterbenden Arbeiters. — Lin Denk-
mal Ieremias Gotthelfs (Albert Bitzius) wurde zu
LLzelflüh im Aanton Bern enthüllt, dort, wo er einst seine
berühmten volksbücher geschrieben.

* Der Aamxf gegen das Aorsett, das wesxentaillen-
bescherende, wird wieder einmal eröffnet, diesmal vom „volks-
wohl", das geradezu einer Ulassenerklärung der Aünstler gegen
jenen Unfng das lvort redet. „Zahlreiche einzelne Stimmen
von namhaften Bildhauern, Ulalern und Ästhetikern sind ja in
alter und neuer Zeit dagegen und keine einzige jemals dafür ab-
gegeben. Daß die alten griechischen und alle neneren großen
Uleister keines ihrer bewunderten vorbilder weiblicher Schön-
heit jener Ulißgestalt nur annäherten, ist weltbekannt. Glauben
denn die Ulodedamen wirklich, bessercn Geschmack als jene zu
haben?" Ulerkwürdige Frago l Gewiß glauben sie's. Auch
gegen die hohen Stiefelabsätze ruft das „volkswohl" die
Grazien zu ksilse. „Die verfehlte Spiegelsechterei von Dame
nnd Schuster verrät, daß beide den betreffenden Fnß für zu
groß halten und von ihm etwas hinweglügen möchten. lvie
oft soll es wiederholt werden, daß Schönheit auf Ebenmaß
beruht, und jedes Überschreiten derselben Aarrikatur wird?"
Übrigens stand neulich die Frage der Frauenkleidung auf der
Tagesordnung der British Association in London. Line
lvackcro wetterte eben gegen Aorsctt und Stöckclschuhe aufs
kräftigste. Aber die anwesonden Damen wiesen ihr schön die
wege. Nicht nur sür Gesundheit (!) und Bequemlichkeit (l),
sondern auch sür das „Aussehen" der Franen seien sie un-
bedingt notwendig. Ls ist nur gut, daß die Damen dem
Schöpser endlich hinter seine Fehler gekommen sind und sie
nun mit Fischbein und Leder verbessern lassen.


Lprecksaal.

(Mnter sacblicbcr Verantwortung ter Dcrrcn Linscnver.)

))n Sachen: Die Theater-Agenten
erhielten rvir von Herrn T o n r a d 2llberti in Berlin
diese Zuschrift:

„Der Artikel des tzerrn Aöberle, so gut er gemeint
ist, ist hinsichtlich der darin gemachten xraktischen vor-
schläge leider undurchführbar, wie Zeder weiß, der
das Theater fachmännisch kennt.

Der Privat-Agent ist in der Lage, sich durch tausend
Beziehungen (oft unsauberer Art, z. B. als Gelegen-
heitsmacher des Direktors oder Intendanten) frühzeitig
über bevorstehende vakanzen, Abgänge, personenwechsel
an großen Bühnen zu unterrichten. Man kann nun
keinen Schauspieler der lvelt zwingen, auf eine ihm
unter der Lsand angebotene gute Anstellung zu ver-
zichten, blos weil diese Hand die etwas schmutzige eines
Privatagenten ist, und eine schlechtere, geringer bezahlte
Anstellung an einer kleineren Bühne anzunehmen, nur
weil sie die selbstlose Agentur der Genossenschaft bietet.
Das wäre eine Schädigung und Beeinstussung der ge-
wichtigsten persönlichen Interessen, die sich kein Schau-
spieler der kvelt gefallen lassen könnte und wird.
Lin solcher Zwang müßte aber auf die Genossenschafts-
mitglieder ausgeübt werden, schwere Strafen müßten
auf die Benützung einer j)rivatagentur gesetzt sein,
denn sonst würde kein Theaterleiter und kein Schau-
spieler sich bereit finden lassen, ein brauchbares Mtglied
und eine gute Anstellung sich nicht durch den vermittler
öu verschaffen, der sie ihm eben gerade im Augenblick
bieten kann, da er sie braucht. Setzt man aber schwere
Bußen fest, so würden sofort hunderte von Nlitgliedern
aus der Genossenschaft austreten, und diese geriete
in Gefahr, gesprengt zu werden. Dcnu kommt, daß
einige große Agenten, wie Bloch und Lntsch in Berlin,
die meisten Theaterdirektoren dadurch vollständig in

der Tasche haben, daß sie den Alleinvertrieb der
wichtigen dramatischen Neuheiten sich gesichert haben.
Sie erklären also dem Theaterleiter ganz einfach: «lvenn
Du nicht Deine Schauspieler durch mich beziehst, so
erhältst Du auch nicht die neuen Stücke von mir, sondern
ich gebe sie Deinem nächsten Aonkurrenten!» Der
Theaterleiter braucht aber die neuen Stücke, weil ihm
dis lfäuser sonst leer bleiben, er muß also auch seine
Ntitglieder durch die Agentur anstellen lassen, sonst kann
er überhaupt nicht spielen. lvie wollen Sie
dagegen ankämpfen? Die «Genossenschaft» hat es ja
einmal versucht, aber sie hat den versuch einer eigenen
Agentur gleich wieder aufgeben müssen. Dann amtete
bferr Lrelinger in Berlin als Stellenvermittler der
„Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger", im
Großen und Ganzen einer der anständigsten
Agenten, der aber vielleicht gerade deswegen nie eine
besondere Bedeutung fürdas Theatergeschäft erlangthat.

vorschläge und Gedanken wie die des Herrn Aö-
berle sind außerordentlich schön gedacht; in der praxis
liegen die Dinge aber ganz anders, als auf dem pa-
pier, und sind äußerst verwickelter Natur. Im übrigen
darf ich wohl aus meine Schrift «Ghne Schminke!»
verweisen, (Dresden, Pierson, (877), in der diese nnd
ähnliche Zustände der modernen Bühne eingehend in
ihren letzten Nrsachen dargelegt sind."

kferr Generaldirektor a. D. Or. Georg Aöberle
übersandte uns als Antrvort auf die wiedergegebenen
Bemerkungen das Lolgende:

„Herr Alberti sxricht gegen den vorschlag einer
Linrichtung, über deren Grganisation er sich willkür-
lich einen Begriff zurechtgestutzt hat, der unzutreffend
ist. Zn meinem Aufsatze wurde kein, die Bühnenan-
gehörigen zur Benutzung verxflichtendes oder sie
 
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