über alle Delnete öes Hcbeiren.
17. Ltück.
Lrsckeint
cnn Anfang und in der INitte
Dcrausgcbcr:
zferdinrmd Anenartus.
Kestellpreis:
vierteljährlich 21/2 Mark. ^
Anzeigen: 3 gesp. Nonp.-Zeile ^0 j)f. —^
DLe Musik uls LrziekuugsmLtteL.
Lur wettcren Lrläutcrung.*
^fch inußte darauf gsfaßt sein, daß meine
> Auregungen, die Musik als Lrziehuugsmittel
D-betreffend, allgemeines verständnis
^ffnden würden. Sie haben aber das Be-
dürsnis nach Lrläuterungen wach gerufen. Das ist
erfreulich genug, denn es beweist, daß die Behandlung
der Lrage in dem von mir verfochtenen Sinne Interesse
erweckt hat. wer würde die hohe Bedeutung der
Lrziehung unterschätzen? U)er würde den wert der
Musik leugneu? Aber die Bkusik eiu Lrziehungs-
mittel? Uuserer Ästhetik ist sie ein Tonformenspiel und,
wenn es hochkommt, eine Aombination von Gehörs-
reizen; im Leben wird sie ats ein Mttel betrachtet,
Fertigkeiten an den Tag zu legen; im Hause wird
sie gepslegt, um den Söhnen Broterwerb, den Töchtern
kseiratsgelegenheiten zu verschaffen. Ulan bildet sich
für Musik, nicht aber durch Ulusik. kvie kommt
die Musik nun dazu, mit der Lrziehung, soweit diese
nicht etwa blos Aneignung von Geschicklichkeiten und
Renntnissen bedeuten soll, in verbindung gebracht zu
werden?
lvir werden uns darüver verständigen müssen,
was unter Lrziehung, sowie auch, was unter Akusik
verstanden werden will. Lrziehung will ich im höchsten
Sinne des kvortes ausgefaßt wissen, in dem Sinne,
in welchem sie die Großen unseres volkes, I. G.
Fichte und Schiller, aufgefaßt haben, wenn sie ihr die
* Der Leitaufsatz im vierteii kseste des „Aunstwarts"
hat so tebhafte Tciliiahme erregt, ist aber auücrerseits in
Folge der Ungewohntheit der von bsausegger vertretenen
Üleinungen vielfach so wenig verstanden worden, daß wir uns
bei der Nlichtigkeit der Sache für berechtigt hielten, den kserrn
Verfasser um nochnialige Besxrechung des Gegenstandes zu
bitten. N?ir dürfen die Frage der „lllusik als Lrziehnngs-
inittel" sür unser Blatt nnn wohl eine Weile ruhen lassen.
A.-L.
Aufgabe zumaßen, umgestaltend und veredelnd zu
wirken und eine schönere Zukunft vorzubereiten.
Iene Lrziehung also meine ich, von welcher Fjchte
sagt: „Das ermangelude Durchgreifen bis in die
lvurzel der Lebensregung hätte diese neue Lrziehung
der bisherigen hinzu zu fügen, und wie die bisherige
höchstens etwas am Menschen, so hätte diese den
Menschen selbst zu bilden und ihre Bildung keines-
wegs wie bisher zu eineni Besitztume, sondern viel-
mehr zu einem persönlichen Bestandteil des Zöglings
zu machen" (Neden an die deutsche Nation). Und
daran soll die Musik teiluehmen? Fichte beschwört
in den erwähntsn Reden die Zünglinge, die Alten,
die Geschäftsmänner, die Denker, Gelehrten und
Achriftsteller, die Fürsten, selbst die ungeborenen Nach-
kommen, an dem Lrziehungswerke mitzuwirken. Nur
die Musiker sind nicht genannt.
Seit Fichte seine Reden gehalten hat, haben wir
Deutschen Großes erlebt. Z. S. Bachs aus den Tiefen
des deutschen Geistes geschöpste Tonwerke haben ver-
ständnis gefunden, Beethoven hat dem Liebesdrange
in der deutschen Brust gewaltigen Ausdruck gegeben,
Richard Lvagner hat in kvort und That gelehrk,
welche Bedentung dem Tone in seiner Beziehung zu
Allem, was unser IVesen berührt, zukomme. Unser
geschichtlicher Lntwicklungsgang erfuhr mit einem
Male eine neue Beleuchtung. Nicht die Linien der
Lchönheit sind es, welche unsre alte bildende Unnst
auszeichnen. Zn ihren Formen und Bewegungen
will ein Drang zur Gestaltnng kommen, welcher in
ihnen die Uüttel zur vollen, ungehemmten Aussprache
nicht findet. Uütleid heischsnd, nach Ausdruck ringend,
treten sie uns, wie erlösungsbedürftig, entgegen; sie
wollen uns Runde geben von tiefem Schmerze, wollen
uns rühren, wollen unser Uütgesühl in Anspruch
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17. Ltück.
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DLe Musik uls LrziekuugsmLtteL.
Lur wettcren Lrläutcrung.*
^fch inußte darauf gsfaßt sein, daß meine
> Auregungen, die Musik als Lrziehuugsmittel
D-betreffend, allgemeines verständnis
^ffnden würden. Sie haben aber das Be-
dürsnis nach Lrläuterungen wach gerufen. Das ist
erfreulich genug, denn es beweist, daß die Behandlung
der Lrage in dem von mir verfochtenen Sinne Interesse
erweckt hat. wer würde die hohe Bedeutung der
Lrziehung unterschätzen? U)er würde den wert der
Musik leugneu? Aber die Bkusik eiu Lrziehungs-
mittel? Uuserer Ästhetik ist sie ein Tonformenspiel und,
wenn es hochkommt, eine Aombination von Gehörs-
reizen; im Leben wird sie ats ein Mttel betrachtet,
Fertigkeiten an den Tag zu legen; im Hause wird
sie gepslegt, um den Söhnen Broterwerb, den Töchtern
kseiratsgelegenheiten zu verschaffen. Ulan bildet sich
für Musik, nicht aber durch Ulusik. kvie kommt
die Musik nun dazu, mit der Lrziehung, soweit diese
nicht etwa blos Aneignung von Geschicklichkeiten und
Renntnissen bedeuten soll, in verbindung gebracht zu
werden?
lvir werden uns darüver verständigen müssen,
was unter Lrziehung, sowie auch, was unter Akusik
verstanden werden will. Lrziehung will ich im höchsten
Sinne des kvortes ausgefaßt wissen, in dem Sinne,
in welchem sie die Großen unseres volkes, I. G.
Fichte und Schiller, aufgefaßt haben, wenn sie ihr die
* Der Leitaufsatz im vierteii kseste des „Aunstwarts"
hat so tebhafte Tciliiahme erregt, ist aber auücrerseits in
Folge der Ungewohntheit der von bsausegger vertretenen
Üleinungen vielfach so wenig verstanden worden, daß wir uns
bei der Nlichtigkeit der Sache für berechtigt hielten, den kserrn
Verfasser um nochnialige Besxrechung des Gegenstandes zu
bitten. N?ir dürfen die Frage der „lllusik als Lrziehnngs-
inittel" sür unser Blatt nnn wohl eine Weile ruhen lassen.
A.-L.
Aufgabe zumaßen, umgestaltend und veredelnd zu
wirken und eine schönere Zukunft vorzubereiten.
Iene Lrziehung also meine ich, von welcher Fjchte
sagt: „Das ermangelude Durchgreifen bis in die
lvurzel der Lebensregung hätte diese neue Lrziehung
der bisherigen hinzu zu fügen, und wie die bisherige
höchstens etwas am Menschen, so hätte diese den
Menschen selbst zu bilden und ihre Bildung keines-
wegs wie bisher zu eineni Besitztume, sondern viel-
mehr zu einem persönlichen Bestandteil des Zöglings
zu machen" (Neden an die deutsche Nation). Und
daran soll die Musik teiluehmen? Fichte beschwört
in den erwähntsn Reden die Zünglinge, die Alten,
die Geschäftsmänner, die Denker, Gelehrten und
Achriftsteller, die Fürsten, selbst die ungeborenen Nach-
kommen, an dem Lrziehungswerke mitzuwirken. Nur
die Musiker sind nicht genannt.
Seit Fichte seine Reden gehalten hat, haben wir
Deutschen Großes erlebt. Z. S. Bachs aus den Tiefen
des deutschen Geistes geschöpste Tonwerke haben ver-
ständnis gefunden, Beethoven hat dem Liebesdrange
in der deutschen Brust gewaltigen Ausdruck gegeben,
Richard Lvagner hat in kvort und That gelehrk,
welche Bedentung dem Tone in seiner Beziehung zu
Allem, was unser IVesen berührt, zukomme. Unser
geschichtlicher Lntwicklungsgang erfuhr mit einem
Male eine neue Beleuchtung. Nicht die Linien der
Lchönheit sind es, welche unsre alte bildende Unnst
auszeichnen. Zn ihren Formen und Bewegungen
will ein Drang zur Gestaltnng kommen, welcher in
ihnen die Uüttel zur vollen, ungehemmten Aussprache
nicht findet. Uütleid heischsnd, nach Ausdruck ringend,
treten sie uns, wie erlösungsbedürftig, entgegen; sie
wollen uns Runde geben von tiefem Schmerze, wollen
uns rühren, wollen unser Uütgesühl in Anspruch
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