stellung weiblrcher Beine und Busen reichen nicht entsenrt an das heran,
was man heute in Theatern unbeanstandet gescheheu läßt. Wer darauf
ausgeht, sich sinnlich aufzuregen, konrmt eher aus seine Kosten, wenn er
einer Aufführung von Wedekinds „Büchse der Pandora" oder der Bordell--
szens in der „Liebe" von Wildgans bsiwohnt, als wenn er irgendein
Kino aufsucht. Nicht die Austößigkeit der vorgeführten Bilder nracht die
Aufklärungsfilms zu so minderwertigeu und bedenklichen Darbietungen,
sondern die Verlogenheit ihrer Tendenz. Nm wirklich über die Gefahren
der Prostitution aufzuklären, nrüßten sie die Verhältnisse zeigen, wie sie
wirklich und einigermaßen typisch sind. Statt dessen schildern sie ganz
unwahrscheinliche, offenbar unmögliche* Zustände. Die Absicht abzu-
schreckerr kommt ja ab und zu zum Vorschein, aber sie ist nicht gerade
überzeugend. Die Stücke sind nach dem Schillerschen Rezept verfaßt:
„Willst du zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
Male die Wollust, — nur male den Teufel dazrr!"
Man darf sagen, daß die ost mit Schmunzeln und Behagen genralte Wollust
die eigentliche Hauptsache ist. Immerhin ist unverkennbar ein Abschreckungs--
teufel daneben gestellt; vielleicht ein kleiner uud harmloser Teufel, aber
doch ein Teufel. Insofern steht — immer vom erzieherischen Standpunkt
aus gesprochen — diese Filmgattung noch nicht auf der alleruntersten
Stufe. Es waltet noch eine gewisse Scheu, und nran hält es für nötig,
ein Anstandsmäntelchen umzuwerfen. —
Von den anderen der beanstandeten Filmarten, den „Detektivstücken", hat
man behauptet, sie verrohten durch die anschauliche, alle schaurigen Einzel--
heiterr wiedergebende Ausmalung von Greueltaten, rind sie seien geradezu eine
Schule des Verbrechens. Beide Vorwürfe sind unzutreffend oder doch
stark übertrieben. Grauen erregende Vorgänge, wie sie im Theätre des
Epouvantes in Paris gang und gäbe waren, wo z. B. mit vollendeter
Naturtreue vorgeführt wurde, wie ein sadistischer Zuhälter dem maso--
chistischen Gaste seiner Dirne, der sich auf einem Stuhle hatte festbinden
lassen, die Augen herausriß, wobei — eine Glanzleistung des betreffenden
Schauspielers! — das Opser in ein grauenvolles Wut- und Angstgebrüll
ausbrach: solche Auftritte wird man in den landläufigen Detektivfilms
gewiß nicht finden. Nm eine „Schule des Verbrechens" zu sein, dazu sind
sie doch von einer zu kindlichen Phantastik. Sie gehen von Vorausseßungen
aus, die sich nirgends verwirklicht finden, und verlangen von ihren Helden
* Iu einem solchen Machwerk sah man als öffentliches Haus eiuen frei--
stehenden, mit Säulenhallen nnd Freitreppen geschmückten Palast, vor dem
Equipagen hielten und reich gekleidete Türhüter die Gäste empfingen. Dort
verkehrten und tanzten neben gewerbsmäßigen Dirnen steinreiche, bildschöne,
blutjunge Mädchen dcr besten Gesellschaft. Ls mag ja vorkommen, daß solche
Mädchen, von Sinnengier gepackt, sich gleichzeitig vielen MLunern an den
Hals werfen. Nur treffen sie dann unter den zahlreichen Bcwerbern eine
ihnen Lenehme Auswahl. Aber welche Albernheit, glauben zu machen, diese
in Luxus lebenden Geschöpfe, die mit ihrem bürgerlichen Ruf alles zu ver--
lieren Gefahr laufen, könnten ihre Photographie in einem öffentlichen Haus
niederlegen, so daß sie jeder beliebige Gast — im betreffenden Stück war
es der eigene Vater — Wiedererkennen kann; sie könnten sich bereit finden
lasscn, jederzeit „auf Bestellung" (trotz häuslicher Bewachung!) anzutreten, um
sich den widerwärtigsten greisen Wüstlingen preiszugcben. Das sind die
„wirklichen" Zustände, übcr die die viel besser unterrichteten Geschäftsfräulein
und Dienstmädchcn zur Abschreckung aufzuklärcn so dringend nötig ist!
6^
was man heute in Theatern unbeanstandet gescheheu läßt. Wer darauf
ausgeht, sich sinnlich aufzuregen, konrmt eher aus seine Kosten, wenn er
einer Aufführung von Wedekinds „Büchse der Pandora" oder der Bordell--
szens in der „Liebe" von Wildgans bsiwohnt, als wenn er irgendein
Kino aufsucht. Nicht die Austößigkeit der vorgeführten Bilder nracht die
Aufklärungsfilms zu so minderwertigeu und bedenklichen Darbietungen,
sondern die Verlogenheit ihrer Tendenz. Nm wirklich über die Gefahren
der Prostitution aufzuklären, nrüßten sie die Verhältnisse zeigen, wie sie
wirklich und einigermaßen typisch sind. Statt dessen schildern sie ganz
unwahrscheinliche, offenbar unmögliche* Zustände. Die Absicht abzu-
schreckerr kommt ja ab und zu zum Vorschein, aber sie ist nicht gerade
überzeugend. Die Stücke sind nach dem Schillerschen Rezept verfaßt:
„Willst du zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
Male die Wollust, — nur male den Teufel dazrr!"
Man darf sagen, daß die ost mit Schmunzeln und Behagen genralte Wollust
die eigentliche Hauptsache ist. Immerhin ist unverkennbar ein Abschreckungs--
teufel daneben gestellt; vielleicht ein kleiner uud harmloser Teufel, aber
doch ein Teufel. Insofern steht — immer vom erzieherischen Standpunkt
aus gesprochen — diese Filmgattung noch nicht auf der alleruntersten
Stufe. Es waltet noch eine gewisse Scheu, und nran hält es für nötig,
ein Anstandsmäntelchen umzuwerfen. —
Von den anderen der beanstandeten Filmarten, den „Detektivstücken", hat
man behauptet, sie verrohten durch die anschauliche, alle schaurigen Einzel--
heiterr wiedergebende Ausmalung von Greueltaten, rind sie seien geradezu eine
Schule des Verbrechens. Beide Vorwürfe sind unzutreffend oder doch
stark übertrieben. Grauen erregende Vorgänge, wie sie im Theätre des
Epouvantes in Paris gang und gäbe waren, wo z. B. mit vollendeter
Naturtreue vorgeführt wurde, wie ein sadistischer Zuhälter dem maso--
chistischen Gaste seiner Dirne, der sich auf einem Stuhle hatte festbinden
lassen, die Augen herausriß, wobei — eine Glanzleistung des betreffenden
Schauspielers! — das Opser in ein grauenvolles Wut- und Angstgebrüll
ausbrach: solche Auftritte wird man in den landläufigen Detektivfilms
gewiß nicht finden. Nm eine „Schule des Verbrechens" zu sein, dazu sind
sie doch von einer zu kindlichen Phantastik. Sie gehen von Vorausseßungen
aus, die sich nirgends verwirklicht finden, und verlangen von ihren Helden
* Iu einem solchen Machwerk sah man als öffentliches Haus eiuen frei--
stehenden, mit Säulenhallen nnd Freitreppen geschmückten Palast, vor dem
Equipagen hielten und reich gekleidete Türhüter die Gäste empfingen. Dort
verkehrten und tanzten neben gewerbsmäßigen Dirnen steinreiche, bildschöne,
blutjunge Mädchen dcr besten Gesellschaft. Ls mag ja vorkommen, daß solche
Mädchen, von Sinnengier gepackt, sich gleichzeitig vielen MLunern an den
Hals werfen. Nur treffen sie dann unter den zahlreichen Bcwerbern eine
ihnen Lenehme Auswahl. Aber welche Albernheit, glauben zu machen, diese
in Luxus lebenden Geschöpfe, die mit ihrem bürgerlichen Ruf alles zu ver--
lieren Gefahr laufen, könnten ihre Photographie in einem öffentlichen Haus
niederlegen, so daß sie jeder beliebige Gast — im betreffenden Stück war
es der eigene Vater — Wiedererkennen kann; sie könnten sich bereit finden
lasscn, jederzeit „auf Bestellung" (trotz häuslicher Bewachung!) anzutreten, um
sich den widerwärtigsten greisen Wüstlingen preiszugcben. Das sind die
„wirklichen" Zustände, übcr die die viel besser unterrichteten Geschäftsfräulein
und Dienstmädchcn zur Abschreckung aufzuklärcn so dringend nötig ist!
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