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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 17 (1. Juniheft 1920)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0264

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Feil ist in der geschändeten Brnst der Gedanke, die Liebe
Wirft des freien Gefühls göttlichen Adel hinweg.

Deiner heiligen Zeichen, o Wahrheit, hat der Betrug sich
Angemaßt, der Natur köstlichste Stimmen entweiht,

Die das bedürftige Herz in der Freude Drang sich erfindet;

Kaum gibt wahres Gefühl noch durch Verstummen sich kund.

Auf der Tribüne prahlet das Recht, in der Hütte die Eintracht,

Des Gesetzes Gespenst steht an der Könige Thron.

Iahrelang mag, jahrhundertelang die Mumie dauern,

Mag das trügende Bild lebender Fülle bestehn,

Bis die Natnr erwacht, und mit schweren, ehernen Händen
An das hohle Gebäu rühret die Not und die Ieit,

Einer Tigerin gleich, die das eiserne Gitter durchbrochen
And des numidischen Walds plötzlich und schrecklich gedenkt,
Aufsteht mit des Vcrbrechens Wut und 'des Elcnds die Menschheit
Und in der Asche der Stadt sucht die verlorne Natur.

O, so öffnet euch, Mauern, und gebt den Gefangenen ledig!

Zu der verlassenen Flur kehr er gerettet zurück!

(Schiller im „Spaziergang")

Bilder

er schöne farbige Steindruck vor unserm Heft, Ludwig von Hof°
>-D^manns Traumland, ist zu einem großen Gemälde die „Skizze", aber
wird es keiner nennen, den nicht die Modernitis Plagt. So
wäre die Tafel zugleich einc Art Erläuterung zu unserm kleincn Beitrage
„Kitsch". Die Skizze lst aus Hofmanns bcster Zeit, voller Duft, Licht und Ferne,
voller Schönheit und Seligkeit und mit jenem Anhauch antiker Poesie, welcher
die Bildcr jener Hofmannschen Schaffcnsperiode eigentlich alle als Traum-
laild glänzen läßt.

Am Schlusse dcs Heftes etwas für die K r e i d o l f - Verehrer: „Leuzbub
weckt dic Sonne auf" aus einem neuen Iugend-Buche „Lenzbub kommt",
„Vom Werdeu und Vergehen, Märchen, die geschehen" von Hedwig-Bleu-
ler-Waser mit Bildern von Ernst Kreidolf. Das Buch ist bei A. Fraucke
in Bern erschienen, also jenseit der Valutagrenze. Wer unter den Verhältnissen
von heutc nicht hesonders daraus aufmerksam gemacht wird, der könnte es
übersehn. Es enthält aber ganz entzückende Krcidolfs, und daß die kleinen
Märchelldichtnngen von Hedwig Bleuler-Waser gleichfalls feine Dinge sind,
Dinge von litcrarischem Werte, das braucht Kcnneril ihrer Wortkuust nicht erst
versichert zu werden.

Die Kopfleiste über der erstcn Seite ist wicder eine aus dem alten Mouats-
bilder-Zhklus von Moritz von Schwind. Ob nnser lieber Meister damals
daran gedacht haben kann, daß nach einem halben Iahrhundert sein Bildchen
beinahe anzüglich erscheinen würde? Wer kann hcute, o Zeichen der Zeit!
eine Almcrin mit zwei Milcheimern seheu, ohne an irgeud etwas Vcrbotcnes
zn denken, wer eine Herde mit kämpfendem Riudvieh, ohne daß er an den
Wahlkampf dächte, und wer gar das Sternbild des Krebses in solcher Darstel-
luug, ohne daß es ihm schiene, als wiese man da auf die Reaktion hin, als
welche am Horizont aufginge?

tzerausgebcr: llr. b. c. Ferdinand Avenarius in Drcsden-DIascwitz; verantwortlich:^ dcr
Herausgeber. Mitlcitende:Artur Bonus, Or. E. Kurt Fischcr und Wolsgang Schumann-l- In
Österreich-Nngarn fürtzerausgabe u.Schriftleitung verantwortlich: Or.Nichard Batka in Wien II.Taborstr.eo.
Sendungen für den Text ohneAngabeeinesPcrsou enn a m ens an die „Kunstwart-Leitung' in
Drcsden-Blasewitz — Manuskriptc nur nach vorherigcr Dercinbarung, widrigenfalls
keine Berantwortung übernommen werdcn kann — Vcrlag von Gcorg D. W. Lallwcy, Druck von
Kastncr L Lallwey, Buchdruckerei in München — Geschästsstelle für Bcrlin: Gcorg Sicmcns, S7,
Kurfürstenstr. 8 — Gcschäftsstelle für österreich-Ungarn: Buchhandlung Moritz Pcclcs, Wien I, Seilcrgasjc !l
 
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