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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 18 (2. Juniheft 1920)
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Schmidt-Wodder, Johannes: Deutschland und Schleswig, [2]
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0290

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Diesen Flaggen-- und Farbenschmuck gesehen haben und die Siraßen, schwarz
von Menschen, und überall das Singen unserer Lieder und Mitternacht
das Läuten der Kirchenglocken, wer es erlebt, der vergifzt es nie!

<Ls war gemeint zu unserm Schaden, daß alle, die vor chOO tn Zone I
oder II geboren waren, stimmberechtigt waren. Man erwartete davon für
Dänemark die größten Gewinne. Sie fielen uns zu, und der größte
war der, daß das deutsche Volk aufs stärkste empfand, hier wird um deutsche
Belange gekämpft.

Ich habe absichtlich vernrieden, irgendwie in diesem Zusammenhang
darauf einzugehen, wie die Entscheidung jetzt wohl fallen wird. Eben
hat in Dänemark in den Wahlen zum Reichstag ein Volkswille gesiegt, der
Flensburg, das deutsche Flensburg, am liebsten ganz Schleswig wünscht
und eine Politik unterstützt, die auf Umwegen, weil der Friedensvertrag
dazu keinen geraden Weg bietet, dies Ziel erreichen möchte. Die Parole
lautet bis jetzt: „Internationalisierung von Zone II." Ich widerstehe der
Versuchung, mich darüber zu äußern, ob solche Politik ihr Ziel erreichen
wird. Mir scheint es wertvoller, dem deutschen Volk zu sagen: Was erreicht
ist, ist uns Bürge für gute deutsche Zukunft auch in der Nordmark.

Schmidt-Wodder

Lose Blätter

Ein Strauß von Paul Barsch

Zu seinem 60. Geburtstag

sWer kennt außerhalb Schlesiens den einstmaligen Tischlergesellen, der
in größter Armut und körperlichem Elend in dem kleinen tzennersdors
aufgewachsen ist, harte Lehr- und Wanderjahre durchlebte und schließlich,
durch eigenes Verdienst und die Gunst literaturverständiger Menschenfreunde.
den erntereichen Weg des freien Dichtertums betreten konnte? Der jetzige
„Bergstadt"-Helfer Paul Barsch, der mit manchen unserer besten, vor allem
mit Liliencron befreundet war, ist nicht so bekannt geworden wie er es
verdient hätte, vielleicht, weil ihm die „Aufmachung" zn unwichtig war.
Seine Gedichte lassen auf einen liebehungrigen, naturfrohen Durchschnitts-
poeten schließen — wenn man sie erstmals überfliegt. Wer sie mit Ruhe
liest, spürt aber bald in ihnen ein Ewigkeitsgefühl, das nur der wirkliche
Dichter geben kann. So ist es auch mit seinem Erlebnisroman „Von einem,
der auszog". Erst liest man nur das Wanderjahr mit all seinen bunten
Handwerksburschenabenteuern, seinen seltsamen Menschenbegegnungen und
seiner sürchterlichen leiblichen Not, die kein sozialer Tendenzroman eindrucks-
voller geschildert hat. Bald aber merkt man, daß durch all das sich eine
Seele durchringt, die, im steten Wechsel von beschämter Zerknirschung und
flammendem Selbstbewußtsein den Weg zum reifen, willensstarken Menschen
geht, den kein Beruf, keine Kameradschaft, kein Hungerdasein und kein
Mangel an Bildung und Bücherwissen von der Bahn abbringen kann. Dazu
eine Fülle äußeren Abenteuers, das nie den inneren Menschen vergessen
läßt. Aus einem Band Schiller, den er nachts beim Talglicht unter der
Hobelbank verschlingt, aus ein paar Gartenlaubeheften, die er für den
Lehrer von der Post holt und aus seinem Schullesebnch bringt er sich
Kraft und Begeisterung zum Selberdenken und Selberdichten. Die Liebe zu
einer gütigen Gönnerin macht ihn bald zum prahlerischen Toren, bald zum
 
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