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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 16 (2. Maiheft 1920)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0220

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einen Grenzpunkt im Bestehenden, wo
dieser sein Trieb zur Mechanisierung
den Menschen in Gefahr bringt, „Scha-
den an seiner Seele zu nehmen". Da
pflegt dann eine Kraft aufzustehen,
manchmal nnter sonderbaren Verklei-
dungen, welche die von ihr Ergriffenen
mit jenen altchristlichen Enthusiasten
sprechen läßt: „Es vergehe die Welt,
und es komme die Gnade!"

Im Grunde ist ja dieser Kampf des
Lebens gegen die Institntion immer-
fort da und immerfort nötig. Und
Leben ist an sich Neuauffassung. Nur
dasz die Neuauffassung nicht imurer zur
Umformung, zur Neubildung der
Grundformen führen mutz. Sonst käme
keine Entwicklung zustande. Dies ist
das relative Recht der Regierungen und
der Wissenschaften, solange sie nicht
grundsätzlich gegen die selbstverständ-
liche Neuauffassung des Lebens und für
mechanische Handhabung sind. B

Berichtigung

urch Zuschriften werde ich anfmerk-
sam gemacht, daß in dem kleinen
Aufsatz „Keine Reform der Rechtschrei-
bung jetzt!" die Absichtcn der Refor-
mer als „Schamlosigkeit" bezeichnet
wurdcn. Es hat mir völlig fern ge-
legen, dieses ganz uupassende Wort

niederzuschreiben, welches lediglich der
Setzkastenteufel den treulich meinenden
Reformern böswillig an den Kopf wars.
Meine Korrektur des Aufsatzes scheint
infolge der Wirren verloren gegangen
zu sein, so daß auch andere Richtig-
stellungcn unterblieben. S ch

Gcwissen

ewissen" — ein verbrauchter, von
vielen sogar verachteter Name, uud
dennoch der einzige wahre Tempel einer
Menschenreligion; denn dem Gewissen-
losen bleibt nichts übrig, als leere An-
dacht, Meinungcn und Gebräuche. Der
Leichtsinnige achtet nicht darauf, der
Freche verspottct es; beide wollen erst
unter der Geißcl der Furieu, daß es
ein Gewissen gibt, erkennen lernen. And
doch gibt es ein solches, dem Menschen
in seiner Sphäre so sicher und ange-
messen, als dem Tier in der seiuigen
sein Zug, sein Instinkt. Es weckt die
Vernuuft auf, es spornt und warnt.
Gesellend sich zu jedem Triebe, zeigt
es jeder Pflicht ihren Weg und ruft:
„Nicht weiter!" Wer mit ihm zank't
und disputiert, wer es verschraubt und
verwirrt, der hat in kurzem das Richt-
maß sciner innersten Angelegenheiten
wie ein Knabe zerschnitzelt und ver-
derbt. Herder

Unsre Bilder

^^m Frühling" — das Blatt von Karl Th o ma, das vor unserm Hefte
^Tstcht, ist ein gezeichnetes lyrisches Gedicht auf den Frühling. Worte
^Ibraucht's keine dazu.

Auch die chinesische Zeichnung mit den beiden Vögeln braucht keine.
Sie ist nicht mehr aus der allerbesten Zeit, sonst wäre der Blütenzweig klarer,
kräftiger in der Linie, rhythmischer in der Ordnung, schöner in der Einzclheit.
Abcr von welchcr Vertrautheit mit der Natur zeugen die Bewegungen dcr
zwei Vögelchen! Wie sind sie vom Auge gefangen, wie snrd sie „abge-
hascht"! Und welche Liebe zum Tier spricht aus ihnen! Daneben noch diese
besondre Heiterkeit, die uns vor chinesischen Bildern so oft den Eindruck
verschafft, als wären wir mit den Lhincsen näher verwandt als mit deu Iapanern.

Das Kopfstück auf der ersten Seite stammt aus dem „Deutschen Spielmann"
und hat Edmuud Steppes zum Künstler.

Herausgeber: Or. k. e. Ferdinand Avenarius in Dresden-Blasewitz; serantwortlich: der
Herausgeber. Mitleitende:Artur Bonus, Or. E. Kurt Fischer und Wolfgang'Schunrann — In
Hsterreich-Ungarn fürherausgabe u.Schriftleitung verantwortlich: Or.RichardBatka in Wien H.Taborstr.2».
Sendungen für den Text ohneAngabeeinesPersonennamensan die„Kunstwart»Leitung" in
Dresden-Blasewitz — Manuskripte nur nach vorheriger Vereinbarung, widrigenfalls
keine Verantwortung übenrommen werden kann — Verlag von Georg D. W. Eallwey, Druck von,
Kastner L Lallwey, Buchdruckerei in München — Geschäftsstelle für Berlin: Georg Siemens, ^ 57
Kurfürstenstr. 8 — Geschäftsstelle für Ssterreich-Ungarn: Buchhandlung Moritz Perles. Wien l. Seilergasse 4
 
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