Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 14 (2. Aprilheft 1920)
DOI Artikel:
Erdmann, Karl Otto: Kinomoralisches
DOI Artikel:
Fischer, Eugen Kurt: Erinnerungsbücher von Isolde Kurz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0096

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Es bleibt also nur nbrrg, was mam schon tausendinal, aber ünmer ver--
gebltch getan hat, auf dre Herstellung guter Filnrs zu drrngen. Daß
das Publrkunr den Schund und den Schmutz wrll, ist eine ganz haltlose
Behauptung. Es läuft Zu allen Darbietungen, die ihm Zerstreuung und
Belustigung gewähren; und viele sehnen sich nach einer besseren Kost.
Aber vielleicht wollen die „Veredler" des Kinos gleich zu viel aus einmal
erreichen: sie nehmen auf das weitverbreitete Bedürfnis nach leichter Unter--
haltung und Spannung nicht genügend Rücksicht; sie wollen zu viel be--
lehren, erziehen, bevornrunden, sie wollen arrdere sittliche Maßstäbe an-
legen als an künstlerische Darbietungen, was immer verstimmend wirkt.
Es wäre ja sehr schön, wenn das Kino auch in Hinsicht auf den Geschmack
für den gebitdeten und feiner enrpfindenden Menschen einigermaßen er-
träglich werden könnte. Hier ist nur von der Mindestforderung die Rede,
daß es nicht der allergewöhnlichsten, selbstverständlichen Moral ins
Gesicht schlage. Die Filnrs mögen atle denkbaren Stoffgebiete und auch
die Nachtseiten des nrenschlichen Lebens behandeln,- sie sollen nicht eine
aufdringliche Tendenz zur Schau tragen und geflissentlich das Laster be-
strafen und die Tugend belohnen; nur der Gerst, in dem sie abgefaßt
sind, sei nicht unanständig, pöbelhaft und gemein. Diese Forderung ist
so unendlich bescheiden, daß man glauben könnte, sie sei nicht aussichtslos.

Karl Otto Erdmann

Erinnerungsbücher von Zsolde Kurz*

^^.ersönliche Eitelkeit, Zurechtstutzung der Tatsachen aus einem natür-
^^lichen Rechtfertigungstrieb, Äberwuchern derFreude anr Anekdotischen
das sind die gewöhnlichen Merkmale autobiographischer Werke.
Ihr eigentlicher Zweck aber sollte nicht so sehr Darstellung der eigenen
Person als Schilderung eines Zeitabschnrtts sein, wie er sich inr Leben
und Schicksal des Schreibenden spiegelt. Biographien sind Monographien
zur Kulturgeschichte, wobei diese im weitesten Sinire als Wissenschaft von
denr geistigen und sozialen Leben der Zeiten und Völker betrachtet wird.
Die mancherlei Möglichkeiten solcher nronographischer Arbeit hat jüngst
Werner Mahrholz in seinem Buche „Deutsche Selbstbekenntnisse" (Furche-
verlag) dargestellt, aber gerade die neueren und neuesterr autobiographischen
Leistungen sind noch nicht im Zusammenhang geschildert. So müssen vor-
läufig vereinzelte Versuche genügen, um zu zeigen, ob nnd in welchem Grade
es allmählich gelang, Lebensbeschreibungen in der genannten Weise zu
schaffen. Die Erinnerungsbücher der Isolde Kurz sind ein Versuch,
alles, was sie als Kind, als Schwester, als Künstlerin, als Freundin großer
Männer erlebt, was ihr die Wissenschaft und die klassischen Länder, um
die Forscher und Dichter ihre Gedanken- und Sangeskreise weben, zu
geben hatten, so darzustellen, daß es vom Zentrum einer Persönlichkeit
aus betrachtet und doch um seiner selbst willen geschildert erscheint. Die
schwerste Aufgabe löste Isolde Kurz zuerst: die Schilderung ihres Baters
in dem Buche „Hermann Kurz". Wenn ein Gelehrter über einen
Dichter schreibt, gibt es eine „Untersuchung", deren Ergebnisse, wenn sie
glückt, der Literaturgeschichte und anderen sammelnden und sortierenden
Forschungszweigen zugute kommen. (tzaym, Lrich Schmidt.) Wenn ein
Dichter über einen Dichter schreibt, gibt es ein Kunstwerk, dessen Wert

* Die vier besprochenen Bücher erschienen bei ber Deutschen VerlagSanstalt,
Stuttgart.
 
Annotationen