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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 20 (Augustheft 1920)
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Avenarius, Ferdinand: Max Klinger
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0390

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Max Klinger -s-

m Sonntage, dem q!. Iuli, ist Max Klinger gestorben.

I Nicht, wie einige nachriefen, aus voller Schaffenskraft heraus, noch,
^»^wie andre schrieben, in seinem Vermögen erst dnrch die Folgen des
Schlaganfalls geschwächt, der ihn im vorigen Spätherbst traf. An dieser
Bahre geziemt sich Wahrheit rückhaltlos: Klingers Können, auffallend un-
gleich zu jeder Zeit, war schon seit „Vom Tode« und „Brahmsphantasie",
seit „Christus im Olymp" und „Beethoven" im Sinken. Auch von seinen
Spätwerken bringt keines „nichts", enthält ein jedes Schönes, Merkwür-
diges und Lrstaunliches, wer aber Gemälde wie das umfangreiche Wand-
bild für Chemnitz und Zyklen wie „Das Zelt" als gleichwertig mit den
Wunderwerken der Klingerfchen Vollkraft preisen konnte, hat uicht in ihres
Schöpfers Seelenwerkstatt geschaut. Es ist tief tragisch, daß auch diesen
Gewaltigeu der Alkohol angegiftet hatte, jetzt aber darf und jetzt muß
das auch ösfentlich gesagt werden. Rnd wir, die wir seine Verkünder waren
und sind, wir am meisten sollten uns davor hüten, Zeichen des Erlahmens
und Erkrankens wegzuleugnen oder gar vor Symptomen des Verfalls im
gleichen Tone zu sprechen, wie vor den Schöpfungen seiner Äbermenschen-
Vollkraft. Das „Thema Klinger" muß fortan anders behandelt werden,
als bisher.

Das wäre das Eine, und was hätte ich sonst noch bei dieses Mannes
Tode zu bekennen? Z u ihm zu bekennen habe ich mich. Nicht zu jeder
Einzelheit, auch nicht zu allen seinen Werken. Von dem, was da ein-
schränkt, sprach ich eben. Aber alle Vorbehalte ändern an der großen
tzauptsache nichts. Ein bewundernder Nekrolog schreibt immerhin: „Daß

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