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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 21 (Septemberheft 1920)
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Konservativismus und Sozialismus: zwei konservative Stimmen, [2]
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Entgiftung, 2: Die Presse, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0461

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Praktisch sind beide Wege gleichzeitig möglich, der von beiden Re-
formern anempfohlene Sozialisierungsweg auf Industriegebiet und der von
Röder empfohlene Weg eines energischen Abbaus des Industrialismus
und des Städtetums, der gleichbedeutend wäre mit der Sozialisierung der
Landwirtschaft, wie das ausgeführt wurde.

Anser Weg ist dunkel. Durch eiu schweres Schicksal müssen wir jeden--
falls hindurch. Stand, wie Spengler meint, auf dem bisherigen Weg
der unter Umständen äußerlich noch sehr glänzende „Untergang" ins
senile Stadium der Kultur vor uns, so mag vielleicht eine Zeit kommen,
in der wir uns des schweren Schicksals segnen, das uns durch äußeren
„Untergang" zu innerer Verjüngung führte. Bonus

Entgiftung

S. Die Presse (Schluß)

^fV^-enn wir erkannt haben, daß die schweren Gebrechen des Zeitung--
) ^wesens Gebrechen nicht der Personen sondern der Linrichtungen,
der Rechtslage und Wirtschaftverfassung sind, so stehen wir nicht
mehr vor einer moralpolitischen oder sozialpädagogischen, sondern in erster
Linie vor einer organisatorisch-politischen oder „gesellschaftstschnischen" Auf--
gabe. Was kann organisatorisch geschehen? Der kürzlich aufgetauchte
Vorschlag, die meisten oder alle Papierfabriken zu verstaatlichen, um so
einer „Papiersperre aus politischen Gründen" vorzubeugen, mag wirt-
schaft- und pressepolitisch sehr erwägenswert sein, würde aber die wich-
tigsten Schäden niemals heilen. Seine Verwirklichung ergäbe zwar ein
äußerstes Notwehrmittel der Allgemeinheit gegen die entsetzlichsten der
Auswüchse, welche drohen, aber nicht mehr. Eine Presseordnung wäre
ersichtlich damit nicht geschaffen. Soweit ich sehe, liegen nur zwei Vor-
schläge vor, die bis ans Ende zielen und deshalb ernstlich zu erörtern
sind. Erstens: die Verstaatlichung der Inserate; zweitens: die öffentlich-
rechtliche Organisation der gesamten Tages- und Wochenpresse.

Die Verstaatlichung der Inserate wird seit Iahrzehnten (schon
von Lassalle) aus diesem oder jenem Grunde befürwortet. Zujüngst von
unserm Mitarbeiter Erich Schairer in einer Schrift „Sozialisierung der
Presse" (Diederichs, Iena (9(9)- Rein „technisch" ist Schairers Vorschlag
äußerst einfach. Er will, daß den Zeitungen das Recht, Inserate zu
bringen, weggenommen werde. Nur staatlich kontrollierte, besondere
Nachrichten- und Anzeigeblätter (Kreisblätter) und daneben textlose
Fach - Inseratblätter sollen noch Inserate bringen dürfen. Schairer will
also privilegierte Kreisblätter, auf welche die Regiernng bedeutenden
Einfluß hätte, und übrigens will er diese allmählich auf ein
heute kaum je erreichtes geistiges und kultürliches Niveau später erhoben
wissen. Das scheint uns eine wohl nicht unbedenkliche Beeinträchtigung
der Pressefreiheit; die Regierung kann und soll eiue e'igne Presse, nichx
aber ihrerseits ein geistiges und politisches Monopol größten Stils haben.
aber ihrerseits ein geistiges und politisches Monopol größten Stils
haben! Schairer sieht einige der notwendigen Folgen eines solchen
Vorgehens auch klar voraus. Er gibt zu, daß dabei die Mehrzahl
der Zeitungen von heute ganz einfach Bankerott machen würde,
denn er weiß wie jeder Iournalist, daß die tzaupteinnahmen der Zeitungen
(vielfach bis zu 60 v. H.) aus Inseraten fließen; da bei Wegfall der Inserate

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