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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1920)
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Wirklichkeitfern?: ein Pfingsttraum
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0183

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WirLlichkeiLfern?

Ein Pfingsttraum

^s^-in wirklichkeitferner Traum!"

»VIch will diesen Traum zu erzählen versuchen. Es war nicht einer,
»^^wie man ihn nächtlicherweise sieht. Es war eine Wanderung durch
Gedanken. Aber man nannte sie einen „wirklichkeitfernen Traum". Be-
halten wir die Bezeichnung bei!

Lr handelte von der Arbeit. Es gibt zweierlei körperliche Arbeit. Die
eine wird so verrichtet, daß der Mensch mit seinen Innenkräften an ihr
mitbeteiligt ist, mit seinem Nachdenken, mit seiner Phantasie, nrit seiner
Neugier, Spannung uud Freude, kurz mit seiner Seele. Derart arbeitet
alles Handwerk und aller Landbau. Derart arbeitete zugleich bis vor
kurzem im wesentlichen alle Menschenarbeit, seit Adam grub und Eva
spann.

Die andere Arbeit geht automatisch vor sich. Der Mensch hat nur
bestimmte mechanische Griffe zu tun. Das Arbeitsprodukt ist vorbestimmt
und völlig unabhängig von irgendwelchen Absichten, Vorstellungen oder
Gedanken des Arbeitenden. Diese Art Arbeit hat es bisher in der ganzen
Welt bis auf ein geringfügiges Maß noch nicht gegeben. Nur etwa als
Strase für Verbrecher — Galeerensträflinge — oder als besonders harte
Arbeit für Sklaven, die nicht als volle Menschen galten. So, wie sie
heute — nicht für Ausnahmezeiten, sondern für Tage, Monate und Iahre,
für ein Leben — getrieben wird, ist sie sogar eine verschärftc Form
von Sklavenarbeit. Sie ist entseelt. Der Mensch, der sie leistet, bleibt
während der Leistung innerlich leer. Vorstellungen, Gedanken, Freude
sind von der Arbeit losgelöst. Die gesunde Freude, die jede nicht ver-
sklavende Arbeit bereiten kann, — die nicht aus innerm Triebe, die nur
von außen angestoßene Bewegung kann sie nicht erzeugen. Sie fällt aus.
Än ihre Stelle tritt dann außerhalb der Arbeit das sogenannte „Ver-
gnügen" in einer beschäftigunglosen Freizeit. Das Denken nimmt die
Farbe der Maschine an; auch in ihm fällt die seelische Beteiligung weg,
^ wird materialistisch, rein rechnerisch, rationalistisch; die Phantasie wird
wathematisch, wirklichkeitfern, utopisch.

^ Maiheft (XXXIII, is)
 
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