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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 21 (Septemberheft 1920)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Eine noch nicht erkannte Gefahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0450

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Eine noch nicht erkannte Gefahr

^^m vorigen ßefte konnte ich nur mit einem kurzen Vermerk zu dem
^ t eben bekanntgegebenen Plane sprechen, alle Einrichtungen der Reichs -
^Fpost für Reklamezwecke zur Verfügung zu stellen. Schon während
des Krieges hat die Preußische Regierung einen entsprechenden Vertrag
mit Hobbing geschlossen, der das Ausnutzen der Eisenbahn für Re°
klamen diesem Geschäftsmanne übertrug, einen Vertrag, der nach Frie-
densschluß in Wirksamkeit treteu sollte. So ist Gefahr, daß die Eisen--
bahnen auch hier mit der Post im Bunde gehn. Wer weiß, was ihnen
folgeu soll? Ich kann nicht beurteilen, ob die Erpressungen der Entente
auch iu diesen Fällen als höchste Gewalt entscheiden müssen. Aber ich
meine, auch in uusrer Lage noch müssen wir doch wohl Schaden und
Nutzen in jedem Fall prüfen nicht nur aus die Wichtigkeit für heut
und morgen, sondern grundsätzlich auf die Wichtigkeit für die Zukunft
der Kultur hin. Oder wir wissen eben nicht, was wir tun.

Denn das Thema: Reklamehandel durch den Staat ist von einer ganz
unvergleichlich größeren Wichtigkeit, als den meisten bewußt ist. Den meisten
ist ja nicht einmal bewußt, wie tief Reklame an sich schon ins wirt--
schaftliche Leben greift und ganz und gar nicht nur zu dessen Segen,
denn die Presse, überall mit ihr verwachsen, liebt Lrörterungen darüber
nicht, und am wenigsten kritische.

Was kommt bei dem Thema „Der Staat als Reklamehändler" außer
dem Geldmachen in Betracht?

Erstens die Heimatpflege. In die aufgehende Saat derer, die
in Bünden oder als Einzelne dafür wirkten, daß die Aufenthaltsplätze
wieder Heimaten werden, die man lieben kann — in diese grüne Saat
kommt der Staat als Reklame-Geschäfte-Macher, wie die Kuh ins Gartenbeet
kommt. Nur daß es sich jetzt um Dinge von ungleich größerer Wich-
tigkeit, als Beete, handelt, um Dauerschäden und um solche, die tausendfach
wiederkehren. Das ist zu offensichtlich, als daß man's, und gar an dieser
Stelle, zu „spezisizieren" und mit Beispielen zu belegen brauchte. Aber
so wichtig es ist, Weiteres ist noch wichtiger.

Zweitens kommt in Betracht die Frage nach der Würde des Staates.
Wir betreten irgendein Amtsgebäude. Wie öde es im Korridor, wie

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