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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1920)
DOI Artikel:
Münchhausen, Börries von; Schumann, Wolfgang: Gegen und für die Volkshochschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0017

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Gegen und für die Volkshochschulen

1. Gegen die Volkshochschulen!

/^^isweilen will die Verantwortlichkeit für die Kultur ein Bekenntnis
^A-^von uns, wo wir lieber schweigen würden. Die Bequemlichkeit
^^sagt: „Wozu einer Mode ins Gesicht sagen: Du bist nichts als eine
Mode! Las; sie doch laufen! Sie stirbt ja von selber! Wozu einer heißen
Begeisterung wehe tun durch eiskalte Wahrheit!"

Aber das Gefühl der Verantwortung läßt sich nicht beschwichtigen und
antwortet der Bequemlichkeit: „Wohl stirbt die Mode an sich selber,
aber zuvor verführt sie Hunderttausende auf Irr- und Umwege.
Wohl sterben Unwahrheiten, — »aber nur die Schwerthiebe der Wahrheit
schlagen sie tot. Und wem ein Schwert gegeben ist, dem ist auch die
Pflicht zum Dreinschlagen gegeben!"

So sei also folgendes der Mode der Volkshochschulen ins Gesicht gesagt.

Die Volkshochschulen sind kaum anderes, als eine neue Schmeichelei
gegenüber der ungebildeten Masse. Sie sind nichts als planlos neben--
einander gestellte Vortragsreihen von völlig unverantwortlichen Rednern.
Sie sind Eitelkeitszüchter für Vortragende und Hörer, — bald werden wir
wohl „Volkshochschulprofessoren" und ,,-studenten" haben! Sie haben mit
Schule oder gar Hochschule nicht das mindeste zu tun. Sie haben gar
picht die Möglichkeit, eine wahre Bildung zu geben, ebensowenig wie sonst
Vorträge ohne fleißigste häusliche Arbeit das können.

Weshalb?

Den Volkshochschulen fehlt viererlei, das heißt also: so ziemlich alles!
Erstens ein Lehrkörper, der von verantwortlichen und unabhängigen
Beamten nach sorgfältigster Vorbildung und unter Berücksichtigung wissen-
schaftlicher Leistungen ausgewählt wurde. Der Begriff „Hochschule" be°
deutet unbedingt, daß der Staat eine gewisse Verantwortung für den
Wert der wissenschaftlichen Lehre trägt. Es ist töricht, zu glauben, daß Bank-
direktor Meier über Währungsfragen, Pastor Müller über Goethe, Doktor
Schulze über Volkskrankheiten und Zahnarzt Schmidt über Amerika wissen-
schaftlich lehren kann. Die Herren plaudern über ihr Steckenpferd, — das
ist meist die Wahrheit dieser Auslese!

t Aprilheft tyro «XXXIII, ,3)
 
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